Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 MB 43/16

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 7. Kammer – vom 1. September 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

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Die Beschwerde bleibt erfolglos. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

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1. Der für den Erlass der einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller begehrte allgemeine Gestattung der Jagdausübung, selbst wenn diese – entsprechend dem Hilfsantrag – befristet würde.

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a) Das Gesetz sieht eine allgemeine Gestattung der Jagdausübung nicht vor. Nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG ist es verboten, in Jagdgattern die Jagd auszuüben oder die Jagdausübung zuzulassen. Nach § 29 Abs. 8 S.1 LJagdG kann die Jagdbehörde lediglich Ausnahmen von dem Jagdverbot in Jagdgattern zulassen, wenn dies erforderlich ist, um bestehende Jagdgatter aufzulösen. Das Begehren des Antragstellers wird von dieser Norm nicht erfasst. § 29 Abs. 8 S.1 LJagdG kann – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – analog auf Fälle angewandt werden, in denen – wie hier – die Pflicht zur Auflösung des Jagdgatters zwischen den Beteiligten streitig ist. Der Antragsteller erstrebt aber ungeachtet der Wortwahl („ausnahmsweise Gestattung der Jagdausübung“) nicht lediglich eine Ausnahme vom Jagdverbot in dem für die Auflösung des Jagdgatters erforderlichen Umfang. „Erforderlich“ im Sinne von § 29 Abs. 8 S.1 LJagdG ist die Jagd nur dann, wenn sie dazu dient, überhöhte Wildbestände zur Vermeidung von Wildschäden oder im Interesse des Artenschutzes oder der Verkehrssicherung auf ein vertretbares Maß zu reduzieren (LT-Drs. 18/5716, S. 11). Der Antragsteller macht zwar eine drohende Überpopulation des Wildbestandes und damit einen Grund für die Zulassung einer Ausnahme geltend. Dieser Vortrag ist jedoch in Bezug auf den gestellten Antrag, die Jagdausübung allgemein zu gestatten, nicht erheblich. Die Antragstellerin will „nach eigenem Ermessen“ die Jagd im Jagdgatter ausüben. Eine so weitgehende Gestattung ist nicht von § 29 Abs. 8 S.1 LJagdG gedeckt.

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b) An der mangelnden Rechtsgrundlage für die allgemeine Gestattung der Jagd würde sich auch dann nichts ändern, wenn das in § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 2 LJagdG normierte Verbot der Jagdausübung in Jagdgattern gegen höherrangiges Recht verstieße. In einem solchen Fall wäre das Gesetz zwar im Hauptsacherfahren vom Bundes- oder Landesverfassungsgericht für nichtig zu erklären (§§ 78, 82 Abs. 1, 95 Abs. 3 BVerfGG, §§ 42, 46 Satz 2 LVerfGG). Dies hätte jedoch nicht zur Folge, dass der Antragsgegner die Jagd nunmehr dem Grunde nach gestatten müsste. Vielmehr wäre die Jagd mangels wirksamer Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) schon ohne behördliche Gestattung grundsätzlich erlaubt. Will der Antragsteller dieses Recht im Vorgriff auf das Hauptsacheverfahren bereits jetzt im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig durchsetzen, so muss er vorbeugenden Rechtsschutz gegen drohende Verbotsmaßnahmen des Antragsgegners geltend machen.

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Es besteht kein Anlass, dem Antragsteller durch Erteilung eines rechtlichen Hinweises die Gelegenheit zu einer zweckmäßigen Antragsänderung zu geben. Für eine Antragsänderung ist im Rahmen des § 146 Abs. 4 VwGO kein Raum, da die Beschwerde nur zulässig ist, soweit sie der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung dient (OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. Juli 2013 – 8 ME 110/13 –, juris Rn. 10; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch u.a., VwGO, Stand 2016, § 146 Rn. 13c; jeweils m.w.N.). Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann ausnahmsweise etwas anderes gelten. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Der Antragsteller ist nicht gehindert, den in erster Instanz nicht gestellten, nicht fristgebundenen Antrag auf Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht zu stellen.

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2. Zur Vermeidung unnötigen weiteren Streits weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass vorbeugender Rechtsschutz auch bei entsprechender Antragstellung nicht hätte gewährt werden können. Es fehlt jedenfalls ein Anordnungsgrund.

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Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, eine Eilbedürftigkeit sei wegen der vorläufigen Regelungsmöglichkeit nach § 29 Abs. 5 und 8 LJagdG i.V.m. § 27 BJagdG, die sowohl die öffentlichen als auch die privaten Interessen hinreichend berücksichtige, nicht ersichtlich. Aufgrund der bisherigen Nutzung des Jagdgatters sei wohl von einer zu hohen Population von Schwarzwild auszugehen, so dass nicht für die gesamte Dauer bis zur Klärung der streitigen Rechtsfragen von einer Bejagung abgesehen werden dürfe. Indes sei dies eine Frage der Kooperation des Antragstellers mit den zuständigen Behörden. Die Entscheidung stehe im Ermessen der zuständigen Behörde. Der pauschale Verweis auf eine drohende Überpopulation reiche ohne Nennung konkreter Fakten und Daten nicht aus, um eine Grundlage für eine adäquate Entscheidung zu bieten.

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Die hiergegen mit der Beschwerdebegründung vom 28.09.2016 nebst Ergänzung vom 19.12.2016 vorgebrachten Argumente überzeugen insoweit nicht. Der Antragsteller hat zwar sein Vorbringen hinsichtlich der drohenden Überpopulation insbesondere durch Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme von Frau Dr. Christine Miller substantiiert und geltend gemacht, eine Kooperation mit der zuständigen Behörde sei nicht möglich, da die Behörde nicht tätig werde, keine Sachverhaltsaufklärung betreibe und den Vortrag des Antragstellers nicht inhaltlich würdige. Damit ist eine Eilbedürftigkeit jedoch nicht dargetan. Für diese kommt es nicht allein auf das Verhalten der Behörde, sondern ebenso auf die Handlungsmöglichkeiten des Antragstellers an. Der Antragsteller muss gegenüber der Behörde konkret vortragen, welche Ausnahmen vom Jagdverbot zur Vermeidung einer Überpopulation geboten sind. Dass dies geschehen wäre, wird mit der Beschwerde nicht dargelegt. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Behörde unter dieser Voraussetzung nicht dazu bereit wäre, eine erforderliche Ausnahme vom Jagdverbot zuzulassen oder eine entsprechende Anordnung nach § 27 BJagdG zu treffen. Unter Würdigung der Angaben in der Beschwerdebegründung zum Wildbestand im Jagdgatter „Saupark“ hat der Antragsgegner mit Verfügung vom 10. Oktober 2016 den Abschuss von 260 Stück Schwarzwild, davon 170 Frischlinge und 65 Bachen ab einem Jahr, und 4 Stück Rotwild angeordnet. Dies zeigt, dass einer Kooperation mit dem Antragsgegner keine unüberwindlichen Hinderungsgründe entgegenstehen.Bei dieser Sachlage vermag weder der Hinweis des Antragstellers auf seine Pflichten als Tierhalter noch auf die – nicht näher substantiierten - Folgen des Jagdverbots für seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einen Anordnungsgrund zu begründen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.


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