Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 LA 107/17

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 7. Kammer – vom 9. Mai 2017 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

1

Der Antrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor; jedenfalls hat die Klägerin die Voraussetzungen hierfür nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

2

I. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

3

1. § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 („zum Zweck der Jagd“), § 39 Abs. 3 und § 33 Abs. 1 LJagdG, jeweils in der hier maßgeblichen Fassung bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2015, sind offensichtlich geeignete Rechtsgrundlagen für die mit der Anfechtungsklage angegriffene Anordnung zur Auflösung des streitbefangenen Jagdgatters.

4

Nach § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. ist es verboten, Jagdbezirke oder Teile von Jagdbezirken zum Zweck der Jagd einzugattern. Entgegen der Auffassung der Klägerin bezieht sich das Verbot nicht nur auf ein aktives Tun, sondern auch auf ein Unterlassen, d.h. auf die Nichtbeseitigung eines bestehenden Gatters. Diese vom Wortsinn her mögliche Auslegung ergibt sich zwingend aus der Zielsetzung des Gesetzes. Es soll nicht der Vorgang des Eingatterns als solches, sondern eine bestimmte Form der „Jagdausübung“ (Überschrift des Abschnitts VI des Landesjagdgesetzes), nämlich die Gatterjagd, unterbunden werden. Damit wäre die Beibehaltung bestehender Jagdgatter unvereinbar. Die Einbeziehung dieser Gatter in den Untersagungstatbestand lässt sich auch aus der Privilegierung in § 39 Abs. 3 LJagdG ablesen. Danach dürfen Eingatterungen zum Zwecke der Jagd, die bei Inkrafttreten des Gesetzes (am 29. Oktober 1999) genehmigt waren, längstens bis zum Ablauf des 28. Oktober 2014 bestehen bleiben. Angesichts dessen unterliegt es keinen Zweifeln, dass das im Eigentum der Klägerin stehende Jagdgatter „Wiedenborstel“ bei Itzehoe nach den Regelungen des Landesjagdgesetzes nicht über den 28. Oktober 2014 hinaus bestehen bleiben darf.

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Die Durchsetzung dieses Verbots durch eine Beseitigungsanordnung ist von der Eingriffsbefugnis des § 33 Abs. 1 LJagdG gedeckt. Danach haben die Jagdbehörden u.a. darüber zu wachen, dass die Bestimmungen nach dem Landesjagdgesetz erfüllt werden, und zu diesem Zweck die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Anordnungen zu treffen. Der Anwendbarkeit dieser Norm steht nicht entgegen, dass der Beklagte möglicherweise an Stelle einer Auflösungsanordnung auch andere Maßnahmen hätte ergreifen könnte. Der Versuch der Klägerin, dies als Zeichen für einen Verstoß gegen den Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit (Art. 20 Abs. 3 GG) zu deuten, geht fehl. Ordnungsrechtliche Generalklauseln sind mit ihren unbestimmten Rechtsbegriffen zwar der Auslegung und Konkretisierung in besonderem Maße bedürftig. Sie sind aber in jahrzehntelanger Entwicklung durch Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend präzisiert, in ihrer Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch verfestigt (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 1980 – 2 BvR 854/79 –, juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – 6 C 3/01 –, juris Rn. 56; Urteil vom 25. Juli 2007 – 6 C 39/06 –, juris Rn. 33).

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2. § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. verstößt unzweifelhaft nicht gegen höherrangiges Recht.

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a) Das betrifft zunächst die Vereinbarkeit mit § 20 Abs. 2 BJagdG.

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Ein Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil dem Landesgesetzgeber in Bezug auf Bundesgesetze auf dem Gebiet des Jagdwesens gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GG eine Abweichungskompetenz zusteht. Diese Abweichungskompetenz ist erst mit der Überführung des Jagdwesens in die konkurrierende Gesetzgebung durch die Föderalismusreform entstanden und gilt daher nur für Landesgesetze, die nach dem 1. September 2006 erlassen worden sind. Das Jagdgatterverbot ist jedoch älter, es entstammt – ursprünglich als § 29 Abs. 4 Nr. 4 – dem Gesetz zur Neufassung des Landesjagdgesetzes vom 13. Oktober 1999 (GVOBl. S. 300).

9

Zwar hat der Landesgesetzgeber mit der Ergänzung von § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG durch das Gesetz zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes und anderer Vorschriften vom 27. Mai 2016 (GVOBl. S. 162) das Jagdgatterverbot erneut in seinen Willen aufgenommen (zum Bestätigungswillen bei vorkonstitutionellen Gesetzen vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1985 – 1 BvL 14/84 –, juris Rn. 15). Dieser Umstand ist aber im vorliegenden Fall für die Frage der Abweichungskompetenz nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GG ohne Bedeutung, da die Gesetzesänderung erst nach Erlass des Widerspruchsbescheides erfolgt ist.

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Die dem Landesgesetzgeber in § 20 Abs. 2 BJagdG eingeräumte Befugnis, die Ausübung der Jagd in Wildparken zu regeln, wird durch § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. jedoch offensichtlich nicht verletzt. Beide Normen haben einen unterschiedlichen Regelungsgegenstand. § 20 Abs. 2 BJagdG verhält sich nicht zu der Frage, ob ein Wildpark eingerichtet werden darf oder aufgelöst werden muss, sondern begründet eine Kompetenz der Länder zur Regelung der Jagdausübung für bestehende Wildparke. Umgekehrt regelt § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. die Jagdausübung in bestehenden Jagdgattern gerade nicht. Dies ist erst mit der Ergänzung durch das Gesetz vom 27. Mai 2016 geschehen. Davon abgesehen weist das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hin, dass § 20 Abs. 2 BJagdG schon im Hinblick auf die Überschrift „Örtliche Verbote“ eine umfassende Regelungsbefugnis der Länder begründet, die eine vollständige Untersagung der Jagdausübung einschließt.

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b) § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. ist mit Art. 14 Abs. 1 GG, mit Art. 1 Abs. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK sowie mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar. Ernstliche Zweifel daran sind nicht dargelegt.

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Das Jagdgatterverbot stellt in Bezug auf bestehende Gatter – wie im Fall der Klägerin – keine grundrechtswidrige Enteignung dar. Es handelt sich nicht um eine Enteignung im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 1 GG, sondern um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 GG.

13

Die Enteignung ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver, durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet. Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen von Eigentümerbefugnissen können daher keine Enteignung sein, selbst wenn sie die Nutzung des Eigentums nahezu oder völlig entwerten (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 – 1 BvR 2821/11 –, juris Rn. 245). Das Verwaltungsgericht verneint nach dieser Maßgabe zwanglos eine enteignende Wirkung der angegriffenen Norm, weil lediglich die Modalitäten des Jagdausübungsrechts verändert werden und auch die Substanz des Gatters selbst nicht entzogen wird. Dies wird vom Zulassungsvorbringen, das sich insoweit in einer wörtlichen Wiederholung der einschlägigen Abschnitte aus der Klagebegründung erschöpft, nicht ansatzweise in Frage gestellt. Weder stellt die Verringerung von (Jagd-)Ertragschancen eine Eigentumsentziehung dar noch wird die Klägerin daran gehindert, das abgebaute Gatter anderweitig zu nutzen oder zu verwerten.

14

Als Inhalts- und Schrankenbestimmung ist § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. verhältnismäßig.

15

Die Norm will sicherstellen, dass die Jagdausübung nach dem Grundsatz der naturnahen Jagd (§ 1 Abs. 1 und 2 LJagdG) so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe eingreift. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers rechtfertigt die mit der Eingatterung bewirkte Erleichterung der Jagd nicht die damit zugleich verbundene ständige Behinderung der natürlichen Wildeinstandsverhältnisse und die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, LT-Drs. 14/1942, S. 26). Das Verwaltungsgericht bejaht mit nachvollziehbarer Begründung die Legitimität dieser Ziele und die Geeignetheit, Erforderlichkeit Angemessenheit des Eingriffs. Die hiergegen erhobenen Einwände lassen dies nicht als ernstlich zweifelhaft erscheinen.

16

Soweit die Klägerin darauf abhebt, dass Jagdgatter – etwa unter einem historischen oder einem ökologischen Blickwinkel – als wertvoll angesehen werden könnten, weist das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hin, dass es in der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers liegt, welche Ziele er im Rahmen der naturnahen Jagd erreichen will. Damit setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.

17

Das Vorbringen zur Geeignetheit leidet unter dem Mangel, dass es nicht die allgemeinen Folgen des Gesetzes in den Blick nimmt, sondern stattdessen die Gegebenheiten in einem einzelnen Jagdgatter beschreibt. Die Klägerin behauptet, durch ihr eigenes Jagdgatter würden weder die Wildeinstandsverhältnisse behindert noch das Landschaftsbild beeinträchtigt. Zu der Frage, nach welchen rechtlichen Maßgaben sich die Situation in einem Einzelfall auf die Verfassungsmäßigkeit eines abstrakt-generellen Rechtssatzes auswirken kann, d.h. insbesondere dazu, inwieweit der Gesetzgeber zu differenzierenden Regelungen verpflichtet ist oder umgekehrt typisierende oder generalisierende Erwägungen ausschlaggebend sein dürfen, verhält sich die Antragsbegründung nicht.

18

Abgesehen von der daraus resultierenden unzureichenden verfassungsrechtlichen Tragfähigkeit fehlt dem klägerischen Vorbringen auch für sich betrachtet jede Überzeugungskraft.

19

Dies gilt zunächst für den Vortrag, durch das Jagdgatter der Klägerin würden die Wildeinstandsverhältnisse nicht behindert. Die Klägerin ist der Auffassung, dieses Ziel sei bereits dann erreicht, wenn alle nutzbaren Flächen von Wildarten genutzt werden könnten. Eine solche Interpretation des Normzwecks ist schon deshalb verfehlt, weil sie einen Bezug zur wesentlichen Funktion von Jagdgattern vermissen lässt, nämlich das Wild daran zu hindern, von einer Seite des Gatters auf die andere Seite zu wechseln. Es ist offensichtlich dieser Umstand, der in der Begründung der Gesetzesvorlage als „ständige Behinderung der natürlichen Wildeinstandsverhältnisse“ beschrieben wird.

20

Die hierzu vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung wird von der Klägerin nicht mit Erfolg angegriffen. Im angefochtenen Urteil heißt es, es sei nichts dafür ersichtlich, dass für die wildlebenden Tiere gar keine Erweiterung ihres Lebensraums nach Entfernung der Gatter möglich sei. Das Zulassungsvorbringen hält dem entgegen, die an das streitbefangene Gatter z.B. angrenzenden Waldflächen seien keine natürlichen Wildeinstandsgebiete, weil dort Holzgewinnung stattfinde. Es gebe überhaupt keine natürlichen Flächen. Damit wird der dem Jagdrecht zu Grunde liegende Naturbegriff ersichtlich überdehnt. Wenn die Begründung des Gesetzentwurfs von „natürlichen“ Wildeinstandsverhältnissen spricht, so sind damit offensichtlich die Verhältnisse gemeint, die sich ergeben, wenn das Wild nicht daran gehindert wird, Einstände außerhalb des Gatters aufzusuchen.

21

Soweit die Klägerin auf die Ausweisung von „damwildfreien Gebieten“ anspielt, fehlt es an Angaben dazu, inwieweit die Umgebung des streitbefangenen Gatters hiervon betroffen ist. Zu der Frage, ob für das Muffelwild Einstände außerhalb des Gatters in Betracht kommen, äußert sich der Zulassungsantrag nicht. Davon, dass Schwarzwild durch das Gatter behindert wird, geht das Verwaltungsgericht nicht aus.

22

Auch die Ausführungen zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sind nicht nachvollziehbar. Die Klägerin meint, ihr Gatter werde nicht als störend wahrgenommen, weil sich Anwohner und Spaziergänger daran gewöhnt hätten und weil der Zaun gegebenenfalls durch eine Bepflanzung „vollständig unsichtbar“ gemacht werden könne. Mit dieser Einlassung setzt die Klägerin lediglich ihre Wertung zu der Frage, wann eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorliegt, an die Stelle der Wertung des Gesetzgebers. Welche Funktion einem in diesem Zusammenhang von der Klägerin geltend gemachten Bestandsschutz zukommen soll, erschließt sich nicht.

23

Da eine Enteignung nicht vorliegt, kommt es auf die weiteren Ausführungen der Klägerin zum Fehlen einer an eine Enteignung anknüpfenden Entschädigung nicht an. Mit den Argumenten, die das Verwaltungsgericht gegen die Notwendigkeit einer Entschädigung bei einer Inhalts- und Schrankenbestimmung anführt, setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.

24

Einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung verneint, hier gelte kein anderer Maßstab als bei Art. 14 Abs. 1 GG. Dazu verhält sich die Antragsbegründung nicht. Die Klägerin wiederholt lediglich ihr erstinstanzliches Vorbringen.

25

Der Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts entsprechend der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bei Art. 14 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Auch hiergegen werden mit dem Zulassungsantrag keine erheblichen Argumente vorgebracht.

26

c) § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. ist unzweifelhaft auch mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh vereinbar.

27

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das allgemeine Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG im vorliegenden Zusammenhang die Funktion eines Willkürverbots hat. Diesen rechtlichen Ansatz stellt die Klägerin nicht in Frage.

28

Die Klägerin ist der Meinung, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liege darin, dass Jagdgatter verboten, landwirtschaftliche Produktionsgatter jedoch erlaubt seien.

29

Dieser Vorwurf ist bereits aus kompetenzrechtlichen Gründen unstatthaft. § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. enthält lediglich eine Regelung zu Jagdgattern, aber nicht zu landwirtschaftlichen Produktionsgattern. Eine Befugnis des Landesgesetzgebers zu einem generellen Verbot von landwirtschaftlichen Produktionsgattern ist angesichts der Regelungen in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. a i.V.m. Abs. 6 TierSchG und § 43 BNatSchG nicht erkennbar. Diese Befugnis wäre aber Voraussetzung für einen möglichen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, denn ein Anspruch auf Gleichbehandlung steht dem Einzelnen nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987 – 2 BvR 1226/83 –, juris Rn. 151; Beschluss vom 9. August 2001 – 1 BvR 1262/01 –, juris Rn. 16).

30

Selbst wenn aber das Land zu einem Verbot landwirtschaftlicher Produktionsgatter befugt wäre, könnte von Willkür keine Rede sein. Willkür des Gesetzgebers kann nicht schon dann bejaht werden, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat, vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden lässt. Dabei genügt Willkür im objektiven Sinn, das heißt die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand. Der Spielraum des Gesetzgebers endet dort, wo die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt. Willkür in diesem Sinne kann erst festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (BVerfG, Beschluss vom 29. März 2017 – 2 BvL 6/11 –, juris Rn. 101).

31

Willkür durch ungleiche Behandlung von Jagdgattern und landwirtschaftlichen Produktionsgattern liegt schon deshalb fern, weil das Zulassungsvorbringen nicht verdeutlicht, welche Verbindung das denkbare Verbot landwirtschaftlicher Produktionsgatter zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel aufweist, die Jagdausübung möge so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe eingreifen. Gegen eine Zweckdienlichkeit in diesem Sinne spricht, dass – wovon die Klägerin zu Recht ausgeht – das Jagdrecht auf die landwirtschaftliche Wildhaltung keine Anwendung findet. Landwirtschaftliche Tierhaltungen rechnen in der Regel zu den Tiergärten im Sinne von § 6 Satz 3 BJagdG. Darunter werden zum Festhalten von Wild dauernd und vollständig umschlossene Räume verstanden, die nach ihrer Flächengröße das Einfangen, das Ergreifen und das Töten der dort gehaltenen Tiere jederzeit ohne Bejagung im eigentlichen Sinne ermöglichen. Werden Wildtiere zum Zweck der Fleischproduktion gehalten, kann in der Regel von einer solchen begrenzten Flächengröße ausgegangen werden (BayObLG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – RReg 2 St 134/87 –, juris Rn. 12 ff.; Frank, in: Schuck, BJagdG, 2. Auflage 2015, § 6 Rn. 26 ff.). Das in Tiergärten befindliche Wild ist gemäß § 960 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht herrenlos, darin liegt der Grund für die Unanwendbarkeit des Jagdrechts (Mitzschke/Schäfer, BJagdG, 4. Auflage 1982, § 6 Rn. 35). Der Unterschied zu „Wildparken“ wie dem von der Klägerin betriebenen Jagdgatter Wiedenborstel besteht darin, dass die Tiere dort über ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit hinaus sich wie in freier Wildbahn bewegen, daher ihnen in waidmännischer Weise nachgestellt werden kann (Metzger, in: Lorz u.a., Jagdrecht Fischereirecht, 4. Auflage 2011, BJagdG § 2 Rn. 5). Angesichts dessen geht das Verwaltungsgericht zu Recht davon aus, dass gewerbliche Fleischproduktion und Jagd verschiedene Zwecke verfolgen. Die Auffassung der Klägerin, der Gesetzgeber handele willkürlich, wenn er in Bezug auf eine nicht jagdbare Fläche keine jagdrechtlichen Ziele verfolge, ist unverständlich.

32

Zudem würde ein Verbot von landwirtschaftlichen Produktionsgattern auf ein Verbot der landwirtschaftlichen Wildhaltung überhaupt hinauslaufen und damit erheblich stärker in das Eigentum eingreifen als das Jagdgatterverbot, welches das Jagdausübungsrecht nur modifiziert. Auch aus diesem Grund kann von Willkür keine Rede sein.

33

Die Klägerin wendet sich ferner gegen die Ungleichbehandlung von Jagdgattern und künstlich angelegten Angelteichen. Hier leidet das Zulassungsvorbringen ebenfalls unter einer unzureichenden normativen Durchdringung der zu vergleichenden Regelungsmaterien. Das Verwaltungsgericht hält richtigerweise für entscheidend, dass Fische nicht zu den jagdbaren Tieren gehören (§ 2 BJagdG, § 2 Abs. 1 LFischG). Der Versuch der Antragsbegründung, durch eine Aufzählung von Äußerlichkeiten die Forderung nach einer rechtlichen Gleichbehandlung von Angeln und Jagen einzufordern, kann keinen Erfolg haben, denn er lässt eine vergleichende Betrachtung der mit dem Fischereirecht einerseits und dem Jagdrecht andererseits verfolgten Ziele vermissen. Insbesondere fehlt eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass das Landesjagdgesetz auf die Verwirklichung einer naturnahen Jagd ausgerichtet ist (§ 1 Abs. 2 LJagdG), während das Landesfischereigesetz die Erhaltung der Fischerei als wichtigen wirtschaftlichen und soziokulturellen Bestandteil der schleswig-holsteinischen Gesellschaft anstrebt und die Existenz von Teichwirtschaften bzw. angelegten stehenden Gewässern anerkennt (Präambel, § 2 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 26 Abs. 2 Satz1 LFischG). Was daran willkürlich sein soll, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf.

34

Im Übrigen ist zu beachten, dass ein Verbot von künstlich angelegten Angelteichen erheblich stärker als das Jagdgatterverbot in das Eigentum eingreifen würde, denn die Folge wäre, dass auf den betroffenen Flächen überhaupt nicht mehr gefischt werden könnte. Auch aus diesem Grund liegt eine willkürliche Ungleichbehandlung völlig fern.

35

Ein Verstoß gegen Art. 20 GRCh ist auszuschließen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Prüfungsmaßstab entspreche insoweit weitgehend dem des Art. 3 Abs. 1 GG, sodass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden könne. Zudem dürfte schon der Anwendungsbereich der EU-Grundrechtecharta nach Art. 51 GRCh nicht eröffnet sein, da das allein landesrechtlich geregelte Jagdgatterverbot keine Durchführung des Rechts der Union zum Gegenstand habe. Insofern sei auch die von der Klägerin dargelegte unterschiedliche Regelung in anderen Mitgliedsstaaten unbeachtlich. Das Zulassungsvorbringen enthält hierzu keine weiterführenden Argumente.

36

II. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, erschließt sich die Erfolglosigkeit der angestrebten Berufung mit Hilfe naheliegender und einfacher Überlegungen.

37

III. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die Rechtssache eine – in der Zulassungsbegründung zu bezeichnende – konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des materiellen Rechts aufwirft, die bislang nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Dies ist in der Begründung des Zulassungsantrags darzulegen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Eine obergerichtliche Klärung durch eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. November 2010 – 10 LA 135/09 –, juris Rn. 19; OVG Greifswald, Beschluss vom 10. Dezember 2012 – 1 L 169/09 –, juris Rn. 8; VGH Mannheim, Beschluss vom 29. April 2015 – 3 S 2101/14 –, juris Rn. 16; VGH München, Beschluss vom 12. Mai 2015 – 13a ZB 14.50052 –, juris Rn. 3; OVG Bautzen, Beschluss vom 1. Juli 2016 – 3 A 632/15 –, juris Rn. 9; OVG Münster, Beschluss vom 21. Februar 2017 – 8 A 2071/13 –, juris Rn. 47; OVG Koblenz, Beschluss vom 11. Dezember 2017 – 2 A 11328/17 –, juris Rn. 13; zum insoweit inhaltsgleichen Revisionsgrund in § 132 Abs. 3 Nr. 1 VwGO vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 4 B 43/16 –, juris Rn. 3). Aus den bereits genannten Gründen ist das hier der Fall, jedenfalls ist Gegenteiliges nicht dargelegt.

38

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Frage der Vereinbarkeit von § 29 Abs. 5 Nr. 5 Fall 1 LJagdG a.F. mit § 20 Abs. 2 oder § 28 Abs. 1 BJagdG auch deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil sie sich für die Zukunft nicht mehr stellt. Der Landesgesetzgeber hat, wie erwähnt, mit der Ergänzung von § 29 Abs. 5 Nr. 5 LJagdG durch das Gesetz vom 27. Mai 2016 das Jagdgatterverbot erneut in seinen Willen aufgenommen. Damit könnte sich diese Regelung nunmehr ggf. auf die Abweichungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GG stützen.

39

IV. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Der Zulassungsgrund verlangt, dass die Abweichung einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz betrifft und nicht allein in der fehlerhaften Anwendung eines obergerichtlichen Rechtssatzes besteht. Der Antragsteller muss zum einen die Entscheidung des Gerichts, von der abgewichen worden sein soll, sowie einen in dieser Entscheidung enthaltenen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz so bezeichnen, dass er ohne weiteres auffindbar ist. Zum anderen muss er einen gleichfalls entscheidungserheblichen ebenso abstrakten Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung anführen bzw. – soweit ein solcher in der Entscheidung nicht ausdrücklich ausgesprochen ist – herausarbeiten. Der Antragsteller hat ferner zu verdeutlichen, worin die geltend gemachte Abweichung zu sehen ist und warum die angegriffene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (OVG Schleswig, Beschluss vom 25. Januar 2018 – 2 LA 35/16 –, juris Rn. 2).

40

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Januar 1991 – 1 BvR 929/89 – abweicht. Sie erfüllt jedoch die aufgezeigten Voraussetzungen einer Darlegung nicht. Ein der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entgegenstehender Rechtssatz wird nicht bezeichnet. Es wird lediglich aus dieser Entscheidung zitiert.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

42

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

43

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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