Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 MB 5/20

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 8. Januar 2020 wird verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf € 7.613,94 festgesetzt.

Gründe

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Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Januar 2020 ist bereits unzulässig. Sie wurde nicht innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingelegt.

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Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Abschiebungshaftvollzugsanwärter eingestellt zu werden. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Januar 2020, dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 10. Januar 2020 zugestellt, abgelehnt. Hiergegen richtet sich die am 10. Februar 2020 unter Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung seines Antrags bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die für die Fristenkontrolle zuständige Büroangestellte seines Prozessbevollmächtigten lediglich die Frist zur Beschwerdebegründung, nicht jedoch zu deren Einlegung, notiert habe.

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Gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Beschwerde innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts einzulegen. Hierauf ist der anwaltlich vertretene Antragsteller in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses zutreffend hingewiesen worden (Seite 7 Beschlussabdruck). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist dem Antragsteller am 10. Januar 2020 zugestellt worden. Demzufolge hätte die Beschwerde bis zum 24. Januar 2020 eingelegt werden müssen. Dies erfolgte indes erst – unter gleichzeitiger Begründung – mit am selben Tage bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 10. Februar 2020.

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Hinsichtlich der versäumten Frist (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist dem Antragsteller auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO zu gewähren, da mit dem Antrag nicht dargelegt wird, dass der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ohne Verschulden daran gehindert war, die Frist zur Einlegung der Beschwerde einzuhalten.

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Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Verschulden ist dabei dann anzunehmen, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist (stRspr. vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2002 – 5 C 47.01 –, Juris Rn. 2 m.w.N.). Das Verschulden eines Bevollmächtigten ist dabei dem Beteiligten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1986 – 3 C 46/84 –, Juris Rn. 36).

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Insoweit kann offenbleiben, ob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers aufgrund der Besonderheiten der Fristen hinsichtlich der Einlegung der Beschwerde sowie deren Begründung (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 und § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) ohnehin die Aufgaben der Fristenberechnung und -überwachung nicht auf eine (wenn auch in diesen Belangen geschulte und erfahrene) Hilfsperson hätte delegieren dürfen und bereits dieser Umstand einer Wiedereinsetzung entgegensteht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. August 2012 – 2 LB 16/12 –, Rn. 9-11 <n.v.> und vom 2. Juni 2008 – 2 LB 15/08 –, Juris Rn. 8, jeweils zur Berufungsbegründungsfrist; Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss vom 27. März 2014 – 1 LA 10/14 –, Rn. 11 m.w.N. <n.v.>, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. August 2011 – 1 A 2050/09 –, Juris Rn. 8, jeweils zur Frist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; Bayerischer VGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – 4 B 11.2325 –, Juris Rn. 11 zur Berufungsbegründungsfrist; BVerwG, Beschlüsse vom 25. März 1998 – 9 B 806.97 –, Juris Rn. 6 und vom 10. Dezember 1991 – 5 B 125.91 –, Juris Rn. 2, jeweils zum Revisionsverfahren). Denn auch im Falle einer wirksamen Delegation dieser Aufgaben trifft den Rechtsanwalt die (hier verletzte) Verpflichtung, das Empfangsbekenntnis über die Zustellung einer Entscheidung erst dann zu unterzeichnen und zurückzusenden, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2002 – 1 B 429.02 –, Juris Rn. 8; Bayerischer VGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – 4 B 11.2325 –, Juris Rn. 13. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Juni 2011 – 1 A 1756/09 –, Juris Rn. 6 f. m.w.N.).

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Dass eine solche Prüfung geschehen ist, wird mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht dargelegt und kann auch nicht erfolgt sein. Andernfalls wäre dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers aufgefallen (und hätte auch auffallen müssen), dass trotz des Umstandes, dass mit Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Januar 2020 sowohl die gesetzliche Frist zur Einlegung der Beschwerde gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO als auch zu deren Begründung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zu laufen begonnen haben, lediglich eine Frist notiert worden ist. Mithin hätten sich dem Prozessbevollmächtigten anlässlich der Vorlage des Beschlusses zwecks Abgabe des Empfangsbekenntnisses Zweifel an der ordnungsgemäßen Eintragung aller relevanten Rechtsmittelfristen aufdr28;ngen und ihn zu weitergehenden Ermittlungen veranlassen müssen, die zur Aufdeckung der fehlerhaften Fristenkontrolle der Rechtsanwaltsgehilfin und zur Einhaltung der Beschwerdefrist geführt hätten.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 6 Nr. 2 GKG.

9

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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