Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 O 8/20

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Der ablehnende Beiladungsbeschluss vom 11. August 2020 ist unwirksam geworden.

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich.

Gründe

1

Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen – nachdem sich das Verfahren über die vom Verwaltungsgericht abgelehnte und vom Oberverwaltungsgericht im Verfahren 5 MB 28/20 inzwischen nachgeholte Beiladung der Beschwerdeführerin zu 2. erledigt hat – in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch den Berichterstatter (§ 87 a Abs. 1 Nr. 3, Nr. 5, Abs. 3 VwGO) einzustellen.

2

Die erstinstanzliche Entscheidung war deklaratorisch für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).

3

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da die Beschwerde bis zu ihrer Erledigung Erfolg gehabt hätte (dazu sogleich) und die Beschwerdeentscheidung damit nur eine unselbstständige Zwischenentscheidung in dem noch anhängigen Rechtsstreit (Az. 5 MB 28/20) dargestellt hätte (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 29. August 2016 – 4 E 409/16 –, Rn. 215, juris; VGH München, Beschluss vom 9. Juli 2001 – 1 C 01.970 –, Rn. 12, juris; VGH Mannheim, Beschluss vom 19. September 2000 – 5 S 1843/00 –, Rn. 7, juris).

4

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht den Antrag der Beschwerdeführerin auf Beiladung zum Verfahren 3 B 64/20 abgelehnt. Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

5

Für die einfache Beiladung einer dritten Person genügt, dass deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung des Gerichts berührt werden. Die Anforderungen, die an die Zulässigkeit einer einfachen Beiladung zu stellen sind, erreichen danach nicht einmal den Grad der Anforderungen, die nach § 42 Abs. 2 VwGO an die Zulässigkeit einer Klage zu stellen wären. Sie sind deshalb bereits gegeben, wenn im Zeitpunkt der Beiladung die Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung in der Hauptsache auf rechtliche Interessen des Beizuladenden einwirken kann, d.h. wenn sich seine Rechtsposition durch das Unterliegen einer der Parteien in dem anhängigen Prozess verbessern oder verschlechtern könnte (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 1995 – 8 B 68.95 –, juris, Rn. 3).

6

Diese Voraussetzung war hier erfüllt; denn in dem anhängigen Verwaltungsrechtsstreit geht es um die aufschiebende Wirkung bzw. die Anordnung des Sofortvollzugs der Rücknahme der Genehmigung gegenüber der Antragstellerin. Die Rechtsposition der Beschwerdeführerin zu 2. als von dem Antragsgegner designierte Genehmigungsinhaberin und unmittelbare Konkurrentin der Antragstellerin könnte sich durch den Ausgang des Verfahrens insofern verbessern oder verschlechtern. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich eine sofort vollziehbare Rücknahme der Genehmigung gegenüber der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Genehmigung als eine stärkere Rechtsposition darstellt.

7

Ist der Tatbestand des § 65 Abs. 1 VwGO erfüllt, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Beiladung. Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Ablehnung trifft das Beschwerdegericht ebenfalls nach eigenem Ermessen, ohne auf die Nachprüfung des Ermessens der Vorinstanz beschränkt zu sein (OVG Münster, Beschluss vom 28. Juni 2018 – 15 E 424/18 –, juris, Rn. 8).

8

Für den Senat war – im Rahmen der inzwischen im Verfahren 5 MB 28/20 nachgeholten Beiladung – maßgeblich und ermessensleitend, dass in dem ohnehin eng verflochtenen Streitgefüge zwischen Antragstellerin, Antragsgegner und Beschwerdeführerin eine erhebliche Verfahrensverzögerung durch die Beiladung der Beschwerdeführerin in diesem Verfahren nicht zu erwarten ist.

9

Für die hier gegenständliche Frage, ob die auf eine Beiladung gerichtete Beschwerde erfolgreich gewesen wäre, kommt es auf die mit der Beschwerde weiterhin aufgeworfene Frage nach einer notwendigen Beiladung nicht mehr an. Der Senat merkt jedoch an – und hat dies durch die einfache Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO bereits erkennen lassen –, dass hier die Voraussetzungen für eine Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer – nicht vorliegen. Wie insoweit zutreffend vom Verwaltungsgericht ausgeführt, ist die Beschwerdeführerin zu 2. nicht derart an dem streitigen Rechtsverhältnis über die Rücknahme der Genehmigung beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen könnte. Auch die Beschwerdeführerin zu 2. kommt in ihrer Beschwerdebegründung zu § 65 Abs. 2 VwGO zu dem Ergebnis (Seite 5 der Beschwerdeschrift vom 23. August 2020 am Ende), dass die Aufhebungsentscheidung des Antragsgegners eine Rechtsposition der Beschwerdeführerin begründe, welche mit der Aufhebung des Sofortvollzugs der Aufhebungsentscheidung (zulasten der Antragstellerin) beeinträchtigt bzw. berührt werde. Damit begründet sie die Voraussetzungen für eine einfache, nicht aber eine notwendige Beiladung.

10

Auch die Ausführungen des Antragsgegners und Beschwerdeführers zu 1. führen zu keiner anderen Bewertung. Auch wenn eine „Vorwirkung“ der Genehmigung erhebliche Auswirkungen auf die Frage hat, wem die einstweilige Erlaubnis zu erteilen ist, ist die Frage gleichwohl davon unabhängig zu beantworten und wird nicht bereits durch die Entscheidung über die Genehmigung bzw. deren Rücknahme beantwortet.

11

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 2, 92 Abs. 3 Satz 2


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