Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 1 W 25/06

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11. Mai 2006 - 1 F 11/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11.5.2006 ist nicht begründet. Das Vorbringen des Antragstellers in seiner Beschwerdebegründung vom 15.5.2006 und in seinem Schriftsatz vom 23.5.2006, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der vom Senat vorzunehmenden Prüfung beschränkt, gibt keine Veranlassung, dem Anordnungsbegehren abweichend von der erstinstanzlichen Entscheidung zu entsprechen.

Dem Antragsteller steht derzeit hinsichtlich der erstrebten Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung der beantragten Verlängerung seines Jagdscheins bis zum 31.3.2007 weder ein Anordnungsanspruch zu noch hat er einen Anordnungsgrund dargetan.

Die Antragsgegnerin hat ihrem unwidersprochenen Vorbringen zufolge anlässlich der Vorsprache des Antragstellers vom 3.4.2006 deutlich gemacht, dass sie seinen Verlängerungsantrag im Hinblick auf die gegen ihn laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Jagdwilderei (§ 292 StGB) zur Zeit nicht verbescheiden werde; sie habe die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten am 14.3.2006 angefordert, um sich diesbezüglich nähere Erkenntnisse zu verschaffen. Diese Verfahrensweise beinhaltet eine formlose Aussetzung des Jagdscheinverfahrens nach Maßgabe des § 17 Abs. 5 Satz 1 BJagdG, die bei der gebotenen summarischen Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden ist und zur Folge hat, dass für die Dauer der rechtmäßigen Aussetzung ein Anspruch auf Verlängerung des Jagdscheins ausgeschlossen ist.( vgl. zu letzterem: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.2.1980 - 9 B 1824/79 -, VwRspr 32, 17, 18 )

Nach § 17 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 d BJagdG steht es im Falle eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat gegen jagdrechtliche Vorschriften im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin, die Entscheidung über die Erteilung eines Jagdscheins bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens auszusetzen. Dass die Voraussetzungen einer Aussetzung vorliegend erfüllt sind, hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss überzeugend dargelegt, worauf gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen wird. Ohne rechtliche Relevanz für die Wirksamkeit der Aussetzung ist, ob sie durch förmliche Aussetzungsverfügung erfolgt oder ob die Behörde - wie vorliegend - lediglich konkludent zum Ausdruck bringt, dass sie wegen der laufenden Ermittlungen derzeit keine Sachentscheidung treffen wird; auch eine förmliche Aussetzungsverfügung ist als behördliche Verfahrenshandlung wegen § 44 a Satz 1 VwGO nicht ohne gleichzeitige Verfolgung des Verpflichtungsbegehrens anfechtbar, (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.2.1980, a.a.O.) weswegen dem Jagdscheinbewerber in beiden Fällen Rechtsschutz über die Möglichkeit eröffnet ist, einen Verpflichtungsanspruch geltend zu machen. Dabei führt eine rechtmäßige Aussetzung dazu, dass das Verpflichtungsbegehren zeitweise - nämlich für die Dauer der Aussetzung - unbegründet ist. Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass (auch) ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO derzeit ausgeschlossen ist. Dieser die Entscheidung selbständig tragenden Feststellung hält der Antragsteller in seinen zur Beschwerdebegründung eingereichten Schriftsätzen keine rechtserheblichen Einwendungen entgegen.

Insbesondere ergibt sich ein Ermessensfehlgebrauch nicht aus der Behauptung einer gleichheitswidrigen Behandlung. Eine solche sieht der Antragsteller darin, dass die Antragsgegnerin den Jagdschein des ebenfalls der Jagdwilderei bezichtigten Herrn Ba. nicht widerrufen habe. Der Antragsteller verkennt, dass beide Sachverhalte infolge unterschiedlicher rechtlicher Ausgestaltung der Verfahrenskonstellationen nicht vergleichbar sind. Vorliegend geht es um die Zulässigkeit der unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 5 BJagdG eröffneten Möglichkeit, die abschließende Entscheidung über die Verlängerung eines Jagdscheins wegen laufender staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zeitweise - bis zu deren Abschluss - auszusetzen. Hiervon zu unterscheiden ist die im Fall Ba eventuell aufgeworfene Frage, ob im Sinne des § 18 BJagdG Veranlassung für die Ungültigerklärung und Einziehung des bereits erteilten Jagdscheins gegeben ist, wobei § 18 BJagdG eine Einschreitensbefugnis nicht bereits für den Fall des Bekanntwerdens staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen eröffnet, sondern gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 BJagdG eine strafgerichtliche Verurteilung voraussetzt.

Ebenso wenig sind die Vermutungen des Antragstellers betreffend den Jagdschein des nicht im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin wohnenden Herrn Be. geeignet, eine gleichheitswidrige Handhabung der jagdrechtlichen Vorschriften durch die Antragsgegnerin darzutun, was der Antragsteller ausweislich seiner diesbezüglichen Formulierungen selbst nicht ernsthaft in Abrede zu stellen scheint.

Eine zu zögerliche oder den Antragsteller willentlich schädigende Sachbehandlung kann der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen werden. Sie hat das Landeskriminalamt bereits am 15.2.2006, also sechs Wochen vor Ende des Jagdjahres, angeschrieben und um Mitteilung gebeten, ob Verfahren schweben, die die Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 WaffG ausschließen können; das Antwortschreiben vom 24.2.2006 ist ihr am 3.3.2006 zugegangen, woraufhin sie am 14.3.2006 die Akten der Staatsanwaltschaft angefordert hat. Veranlassung, den Antragsteller über ihre Ermittlungen in Kenntnis zu setzen, bestand zu dieser Zeit nicht, da dieser den Verlängerungsantrag erst am 3.4.2006 und damit erst nach Ablauf der Gültigkeit seines Jagdscheins gestellt hat. Dass er seine Haftpflichtversicherung zur Zeit der Antragstellung bereits für ein Jahr verlängert hatte, ohne sich zuvor Gewissheit über die Verlängerung seines Jagdscheins zu verschaffen, geht mit ihm heim. Er wusste von den gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren und hätte daher Anlass gehabt, frühzeitig abzuklären, ob sein Jagdschein verlängert wird.

Rechtlich bedenklich ist sein Einwand, das Ermittlungsverfahren wegen Jagdwilderei sei von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden und dies sei der Antragsgegnerin schon vor Ergehen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bekannt gewesen, wobei sie das Gericht pflichtwidrig nicht in Kenntnis gesetzt habe. Seitens der zuständigen Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft A-Stadt wurde der Berichterstatterin am 6.6.2006 auf telefonische Anfrage mitgeteilt, die Ermittlungen im Verfahren 31 Js 229/06 seien noch nicht abgeschlossen, das Verfahren sei nicht eingestellt (vgl. Aktenvermerk vom 6.6.2006, Bl. 104 R). Dementsprechend findet die Aussetzung der Entscheidung über den Verlängerungsantrag nach wie vor ihre Grundlage in den laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen.

Der behauptete Anordnungsanspruch scheitert nach alledem derzeit daran, dass die Antragsgegnerin die Entscheidung über den Verlängerungsantrag im Hinblick auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zulässigerweise ausgesetzt hat.

Des Weiteren steht der begehrten Verlängerung des Jagdscheins für das Jagdjahr 2006/2007 und damit einem entsprechenden Anordnungsanspruch - wie das Verwaltungsgericht mit überzeugender Begründung entschieden hat - im Hinblick auf die im Jahr 1999 erfolgte Verurteilung ein zwingender Versagungsgrund nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 b WaffG entgegen. Der diesbezügliche Einwand des Antragstellers, die Verurteilung sei der Antragsgegnerin zur Zeit der Erteilung des Jagdscheins im Dezember 2002 sowie anlässlich der 2003, 2004 und 2005 erfolgten Verlängerungen bekannt gewesen und könne daher eine erneute Verlängerung nicht ausschließen, ist nicht rechtserheblich. Nach der gesetzlichen Konzeption begründen die genannten Vorschriften die unwiderlegliche Vermutung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit. (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6.4.2005 - 20 B 155/05 -, Juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1.6.2004 - 8 ME 116/94 , NuR 2005, 335, 336) Angesichts des grundrechtlich in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Regelungsziels des § 5 Abs. 1 Nr. 1 b WaffG, jeden Einzelnen vor den Gefahren zu schützen, die aus dem Gebrauchmachen von und dem Umgang mit Waffen resultieren, (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6.4.2005, a.a.O.) ist für den seitens des Antragstellers reklamierten Schutz seines Vertrauens in die Fortführung einer die zwingenden Rechtsvorschriften der §§ 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG, 5 Abs. 1 Nr. 1 b WaffG außer Acht lassenden Handhabung kein Raum.

Schließlich ist dem Verwaltungsgericht auch in seiner Auffassung zuzustimmen, dass die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes nicht schlüssig dargetan sind. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 - vgl. dort Ziffer 20.3 -, wobei - wie das Verwaltungsgericht zutreffend hervorgehoben hat - unter dem Aspekt der Vorwegnahme der Hauptsache von einer Reduzierung des hauptsachebezogen empfohlenen Streitwertes abzusehen ist.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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