Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 B 284/12

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. August 2012 – 5 L 617/12 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu je ½.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller, nach eigener Erklärung Eigentümer des Anwesens S-straße 13-15 in A-Stadt (Flur 1, Parzellen Nr. 187 und 185), begehren einstweiligen Rechtschutz gegen das mit Bauschein vom 8.9.2011 von der Antragsgegnerin genehmigte Neubauvorhaben des Beigeladenen in A-Stadt, S-straße 17 (Flur 1, Parzellen Nr. 140 und 141).

Den Antragstellern war mit Bauschein vom 6.9.1999 der zweigeschossige “Neubau eines Zweifamilienhauses“ mit ausgebautem Mansarddach auf dem vorgenannten Grundstück unter gleichzeitiger Befreiung von § 6 I, II und V LBO 1996 wegen Überschreitens der Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche genehmigt worden.

Unter dem 8.9.2011 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen im Verfahren nach § 65 LBO 2004 – nachstehend: LBO - die Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück S-straße 17, das vom Grundstück der Antragsteller durch den von der S-straße abgehenden, ca. 5 m breiten B-weg getrennt ist, unter Zulassung einer Abweichung nach § 68 LBO wegen Überschreitens der Mitte dieser öffentlichen Verkehrsfläche; den Antragstellern wurde die Genehmigung nicht förmlich bekannt gegeben.

Am 31.5.2012 legten die Antragsteller Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und beantragten am 3.7.2012 beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Der Eilrechtsschutzantrag blieb ohne Erfolg.

II.

Die fristgerecht eingelegte und - bei unterstellter Eigentümerstellung auch des nicht im Liegenschaftskataster eingetragenen Antragstellers zu 2. - auch ansonsten zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.8.2012 – 5 L 617/12 -, mit dem ihr Antrag auf Anordnung der - gemäß §§ 80 II 1 Nr. 3 VwGO, 212a BauGB entfallenen - aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 31.5.2012 gegen den dem Beigeladenen erteilten Bauschein zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück S-straße 17 in A-Stadt und die Zulassung einer Abweichung nach § 68 LBO, jeweils vom 8.9.2011, zurückgewiesen wurde, ist unbegründet.

Die Antragsteller haben ihre Beschwerde im Wesentlichen damit begründet, dass es ihnen als Eigentümer und Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks nicht verwehrt sei, den vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellten Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht durch die erteilte Baugenehmigung und den Befreiungsbescheid geltend zu machen. Nach der nachbarschützenden Bestimmung des § 7 I LBO seien vor den Außenwänden von Gebäuden oder vor den Abschnitten von Außenwänden von Gebäuden Flächen von oberirdischen Gebäuden sowie von Anlagen nach Abs. 7 freizuhalten (Abstandsflächen), die nach § 7 II 1 LBO auf dem Grundstück selbst liegen müssten, nach § 7 II 2 LBO aber auch auf öffentlichen Verkehrsflächen liegen dürften, jedoch nur bis zu deren Mitte. Die letztgenannte Vorschrift diene insoweit dem Nachbarschutz, als dem „Gegenüberlieger“ wegen des Überdeckungsverbots des § 7 III 1 LBO bei Überschreiten der Flächenmitte die rechtliche Möglichkeit genommen werde, die Abstandsfläche bis zur Straßenmitte auszunutzen. Vorliegend habe die Antragsgegnerin dem Beigeladenen mit der Abweichung ein Überschreiten bis an die Grenze des Grundstücks der Antragsteller zugelassen, die dieser insbesondere wegen der Höhe des Vorhabens zum Nachteil der Antragsteller voll ausschöpfe. Darin liege ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts. Hierauf könnten sich die Antragsteller, die davon ausgingen, dass sie selbst das Abstandsflächenrecht einhielten, „ihre Abstandsfläche bis zur Mitte der Verkehrsfläche“ liege, auch berufen. Grundsätzlich könne sich der Nachbar gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen. Allerdings könne er aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung gehindert sein, diese Verletzung des Grenzabstands zu rügen. Zulässig sei eine Abwehrmaßnahme dann, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht vergleichbar sei. Das sei vorliegend der Fall, da die Verletzung der Abstandsregelungen durch das Vorhaben des Beigeladenen schwerer wiege als die Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraums durch die Antragsteller. Dies ergebe sich bereits aus dem konkreten Grenzabstand und auch der Qualität der mit der Rechtsverletzung einhergehenden Beeinträchtigungen durch das Vorhaben des Beigeladenen, aber auch aus dessen Höhe. Darüber hinaus liege eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten der Antragsteller vor. Das Bauvorhaben des Beigeladenen füge sich nicht im Sinne des § 34 I BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verstoße gegen das im Gebot des „Einfügens“ enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Das Bauvorhaben enthalte mehr Geschosse als die sonstigen Gebäude in der näheren Umgebung in der S-straße, es sei höher als die Nachbarbebauung und weiche hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werde, von der vorhandenen Umgebungsbebauung ab. Zudem sei es rücksichtslos, da von ihm eine erdrückende Wirkung ausgehe. Dies zeige ein Vergleich mit dem vom Bundesverwaltungsgericht als rücksichtslos gewerteten „Silo“-Fall. Hinzu komme, dass das geplante Vorhaben eine Wandfläche von – überschlägig – ca. 125 m2 gegenüber ihrem Gebäude aufweise, wobei es wegen seiner Fensterlosigkeit noch größer, massiver und „erdrückender“ gegenüber der Nachbarschaft in Erscheinung trete und wie ein mindestens viergeschossiges Hochhaus – gleichsam in einer Häuserschlucht - wirke. Andere Gründe stünden dem Antragsteller-Begehren nicht entgegen. Insbesondere hätten sie zu keinem Zeitpunkt auf Rechtsmittel verzichtet. Dass keine Verwirkung eingetreten sein könne, zeige zudem die zeitliche Abfolge.

Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung, die den Umfang der gerichtlichen Prüfung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 IV 6 VwGO bestimmt, ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Baugenehmigung gemäß §§ 80a I Nr. 2 und III, 80 V VwGO entspr. zu Recht abgelehnt hat. Die überschlägige Rechtskontrolle ergibt vorliegend jedenfalls mit Blick auf die Rechtsposition der Antragsteller keine – zumindest - gewichtigen Zweifel an der rechtlichen Unbedenklichkeit(zum Maßstab  vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.3.2011 – 2 B 100/11 -, m.w.N.,  stRspr) der nach § 65 LBO erteilten Baugenehmigung; vorab kann auf die erstinstanzlichen Ausführungen zu den Voraussetzungen der begehrten Aussetzungsentscheidung Bezug genommen werden.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verletzt die Antragsteller entgegen ihrer Meinung zunächst bauordnungsrechtlich nicht in eigenen Rechten. Aus dem insofern allein gerügten Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht ergibt sich für sie kein Abwehrrecht.

Auszugehen ist davon, dass die Vorschriften über die Abstandsflächen (§§ 7 und 8 LBO) in ihrer Gesamtheit auch dem Nachbarschutz dienen.(vgl. Bitz/ Schwarz/ Seiler-Dürr/ Dürr, Baurecht Saarland, 2. Aufl. 2005,  Teil VIII, Rdnr. 17) Der baurechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er im Austausch dafür grundsätzlich deren Beachtung auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen.(BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 – 4 C 28.91 -, DVBl. 1994, 284) Daher hat ein Nachbar ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass die im Einzelfall vorgeschriebene Abstandsfläche eingehalten und davon nur im Einklang mit den Ermächtigungen in Bebauungsplänen oder durch Zulassung von Abweichungen – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – abgewichen wird.(vgl. etwa Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, 2008, Art. 6, Rdnr. 607)

Vorliegend hat das Vorhaben des Beigeladenen unstreitig Abstandsflächen einzuhalten (§ 7 I 1 LBO), die nach § 7 II 1 LBO grundsätzlich auf dem Grundstück selbst liegen müssen, jedoch nach § 7 II 2 LBO auch auf öffentlichen Flächen liegen dürfen, allerdings wegen des Überdeckungsverbots des § 7 III 1.HS LBO nur bis zu deren Mitte. Da das angegriffene Mehrfamilienhaus des Beigeladenen an der Grenze zur öffentlichen Fläche des B-wegs errichtet werden soll, die Fläche von der Grundstücksgrenze des Beigeladenen bis zur Mitte des Weges aber nicht für die nach § 7 IV, V LBO erforderlichen Abstandsflächen ausreicht, hat die Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen eine Abweichung zugelassen, so dass die Abstandsflächen auf der öffentlichen Fläche nunmehr – über die Mitte hinaus - teilweise bis zur Grundstücksgrenze der Antragsteller reichen. Die Zulassung dieser Abweichung verstößt jedenfalls formal gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 7 II 2 LBO, die dem Nachbarn („Gegenüberlieger“) die Möglichkeit des eigenen Abstandsflächennachweises auf den dort genannten Flächen sichern soll. (vgl. Bitz/ Schwarz/ Seiler-Dürr/ Dürr, Baurecht Saarland, 2. Aufl. 2005,  Teil XI, Rdnr. 102 m.w.N.) Daraus ergibt sich, dass § 7 II 2 LBO offensichtlich darauf gerichtet ist, den „Gegenüberlieger“ als potentiellen späteren Nutzer des Abstandsflächennachweises vor einem Übergriff des Erstbauenden zu schützen. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Denn den Antragstellern, deren eigenes Grundstück von der zugelassenen Abweichung nicht tangiert ist, wurde bereits 1999 für ihr eigenes Neubauvorhaben im Genehmigungsverfahren eine Befreiung gemäß § 75 LBO 1996 von § 6 I, II i.V.m. V LBO 1996 (nunmehr § 7 I, II, V LBO 2004) „wegen zu geringer Abstandsfläche“ erteilt und sie haben ihrerseits dabei - wie die Verwaltungsunterlagen belegen und die Antragsteller nicht substantiiert in Frage stellen – Abstandsflächen auf der öffentlichen Wegfläche und zwar ebenfalls teilweise über die Mitte des B-wegs hinaus(Bl. 66 Verwaltungsunterlagen) in Anspruch genommen. Durch die Realisierung ihres Vorhabens wurde - ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit der ihnen erteilten Baugenehmigung - der auf Ermöglichung einer Bebauung trotz fehlender Abstandsflächen auf eigenem Grundstück gerichtete Nachbarschutzzweck der Norm jedenfalls im Ergebnis erreicht. Ob § 7 II 2, III LBO bei dieser Fallgestaltung in Bezug auf das Vorhaben des Beigeladenen überhaupt noch hinsichtlich der Antragsteller als nachbarschützend angesehen werden kann, mag indes dahinstehen.

Den Antragstellern stehen jedenfalls auf der Grundlage des Abstandsflächenrechts schon deshalb keine Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung des Beigeladenen zu, weil sie selbst in Realisierung ihrer Baugenehmigung unter Inanspruchnahme von Abstandsflächen über die Mitte des B-wegs hinaus gegen § 7 II 2 LBO (= § 6 II 2 LBO 1996) verstoßen haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie – wie sie hilfsweise vortragen - mit ihrem Bauvorhaben die Grenze der Mitte des B-wegs für die nachzuweisenden Abstandsflächen in deutlich geringerem Maße überschritten haben als dies bei dem Beigeladenen der Fall sein soll. Aus dem System des nachbarlichen Austauschverhältnisses folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, billigerweise – vorbehaltlich der Grenze des in planungsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Rücksichtnahmegebotes - nicht verlangen kann, dass der Nachbar seinerseits die Abstandsfläche freihält; dies gilt nach der Rechtsprechung des Senats seit Inkrafttreten der LBO 2004 – in Abgrenzung von der bisher dahin geltenden, erstinstanzlich dargestellten Rechtslage - für den Eigentümer eines nicht im Einklang mit den Grenzabstandserfordernissen bebauten Grundstücks auch dann, wenn der abzuwehrende Eingriff in die Abstandsflächenfunktionen darüber hinausgeht.(Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – und Beschluss vom 25.5.2010 – 2 A 31/10 -) Gesehen werden muss in diesem Zusammenhang, dass die in § 7 II 2 LBO angelegte hälftige Aufteilung der Breite öffentlicher Verkehrsflächen zur Aufnahme von Abstandsflächen vor Gebäudewänden auf gegenüberliegenden Baugrundstücken zunächst einmal dadurch zu Lasten des Beigeladenengrundstücks verschoben wurde, dass die Abstandsfläche des Gebäudes der Antragsteller die Mitte dieser Verkehrsfläche überschreitet, die Antragsteller mithin „nichts“ in das nachbarliche Austauschverhältnis einbringen, sondern ihren „Anteil“ an der Verkehrsfläche mehr als ausschöpfen. Im Weiteren kann keine Rede davon sein, dass die Antragsteller auf ihrem Grundeigentum ein Mehr an Grenzabstand zur Herstellung des prinzipiell die Summe der wechselseitig freizuhaltenden Abstandsflächentiefen ausmachenden Gebäudeabstandes in das Austauschverhältnis „einbrächten“ als der Beigeladene. Beide privaten Beteiligten lösen die Abstandsflächenproblematik ihrer Gebäude ausschließlich unter Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsfläche und zwar jeweils in Abweichung von § 7 II 2 LBO.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung stellt sich auch unter bauplanungsrechtlichen Aspekten nachbarrechtlich nicht als unzulässig dar. Entgegen der Meinung der Antragsteller verstößt das genehmigte Bauvorhaben nicht gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot. Dieses ergibt sich für die vorliegend gegebene nicht beplante Ortslage aus dem Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ in § 34 I BauGB. Inhaltlich bedeutet das Gebot der Rücksichtnahme die Verpflichtung des Bauherrn, bei der baulichen oder gewerblichen Nutzung seines Grundstücks auf die berechtigten Interessen der Nachbarschaft Rücksicht zu nehmen; der Bauherr muss unter Umständen eigene Interessen zurückstellen, wenn dadurch gewichtigere Belange der umgebenden Grundstücke betroffen werden.(Grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.2.1977 – IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122 = BauR 1977, 244;  vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28/91 -,  BRS 55 Nr.110) Das Gebot der Rücksichtnahme gebietet in seinem Kerngehalt also eine Abwägung der beiderseitigen Belange, wobei sich deren Gewichtung aus dem Kriterium der Unzumutbarkeit ergibt. Unzumutbar sind solche Einwirkungen, die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls den Betroffenen billigerweise nicht mehr zugemutet werden können.(vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 – 4 C 34/85 -, BRS 46 Nr. 176)

Entgegen der Meinung der Antragsteller ist nicht feststellbar, dass sich das Bauvorhaben des Beigeladenen nicht in die nähere Umgebung im Sinne des § 34 I BauGB einfüge, weil es mehr Geschosse enthalte und höher sei als andere Gebäude und auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werde, von der Umgebungsbebauung abweiche. Wie die Antragsgegnerin bereits mit in ihrer Stellungnahme vom 11.10.2012 in Bezug genommenem Schriftsatz vom 19.7.2012 unwidersprochen vorgetragen hat, verfügt das Anwesen S-straße 21 nach Augenschein über drei Vollgeschosse (einschließlich des Dachgeschosses) und ein weiteres zurückgesetztes Staffelgeschoss und ist daher mit dem Bauvorhaben des Beigeladenen (drei Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss) offensichtlich vergleichbar. Auch bleibt das Vorhaben des Beigeladenen hinsichtlich der absoluten Höhenentwicklung unter der Höhe des bestehenden Wohngebäudes S-straße 21. Der Vergleich mit dem Anwesen der Antragsteller, das ausweislich der vorliegenden Nordostansicht(Bl. 65 Verwaltungsunterlagen) eine Höhe von 10,08 m aufweist, ergibt, dass das Vorhaben des Beigeladenen an der dem Antragsteller-Anwesen zugewandten Seite(Bl. 62a Verwaltungsunterlagen) maximal 12,90 m hoch und somit nicht wesentlich höher ist. Auch mit Blick auf die überbaute Fläche, die nachbarrechtlich allerdings als solche unerheblich ist, unterscheiden sich das angegriffene Bauvorhaben mit rund 137 m2 und das antragstellerische Anwesen mit rund 129 m2 nicht erheblich. Dass sich das Bauvorhaben somit nicht im Rahmen der Bebauung in der näheren Umgebung hielte, lässt sich jedenfalls aus der Beschwerdebegründung nicht ableiten.

Es spricht auch nichts durchgreifend dafür, dass von dem realisierten Bauvorhaben eine erdrückende Wirkung auf die Antragsteller zu erwarten wäre und es sich daher ihnen gegenüber als rücksichtslos darstellte. Nach Aktenlage ist schon nicht wahrscheinlich, dass das Bauvorhaben sich erheblich nachteilig auf das Nachbaranwesen auswirken kann. Denn auf der dem Bauvorhaben zugewandten Seite des grenzständig errichteten Anwesens der Antragsteller befinden sich keine Aufenthaltsräume, sondern lediglich das Treppenhaus, in das die Hauseingangstür unmittelbar von dem in diesem Bereich als Treppe ausgestalteten B-weg führt und das auf dieser Seite nur ein Dachgeschoss-Fenster aufweist(Bl. 63 Verwaltungsunterlagen), welches angesichts seiner Lage im dritten Geschoss durch das im Nordosten vorgesehene Nachbargebäude wohl kaum eine deutliche Einschränkung hinsichtlich des Lichteinfalls erfahren wird. Soweit das angefochtene höher liegende Bauvorhaben wegen der starken Hanglage der S-straße aus Sicht der Antragsteller als Unterlieger höher und massiver wirkt als dies bei auf gleicher Höhe liegenden Nachbargrundstücken der Fall wäre, hätten die Antragsteller dies als lagebedingte Vorbelastung ihres Grundstücks hinzunehmen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Bauvorhaben eine für die Antragsteller objektiv “erdrückende“ oder „einmauernde“ Wirkung, die die Rechtsprechung bisher nur in Ausnahmefällen angenommen hat(bejaht:  BVerwG, Urteile vom 13.3.1981 – 4 C 1/78 -, DVBl. 1981, 928 (2 1/2 -geschossiges Haus zu 12-geschosssigem Hochhaus in 15 m Entfernung) und vom 23.5.1986 – 4 C 34/85-, DVBl. 1986, 1271 (drei 11,50 m hohe Silos im Abstand von 6 m zu 2-geschossigem Wohnhaus); verneint etwa: BayVGH, Beschluss vom 15.9.1998 – 1 B 96.4115 - (zwei 2-geschossige Sechsfamilienwohnhäuser mit ausgebautem Dachgeschoss (6,36 m Wandhöhe, 9,50 m Firsthöhe) zu 3 m hohem Flachdachbungalow), zitiert nach juris,  bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11.1.1999 – 4 B 128/98 -, BauR 1999, 615), und damit unzumutbare Auswirkungen auf ihr Eigentum zugemessen werden können, vermag der Senat daher nicht zu erkennen. Dies gilt auch mit Blick auf den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen „Silo-Fall“ (BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 – 4 C 34/85-, DVBl. 1986, 1271), auf den sich die Antragsteller berufen. Für die insofern angenommene Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens war, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, entscheidend, dass die Silos „industriell“ und „wie eine riesenhafte metallische Mauer“ wirkten und den Eindruck vermittelten, als sei das (Wohn-) Grundstück der dortigen Klägerin „in eine Industrieanlage einbezogen und selbst Teil einer solchen“. Mit derartigen industriellen Anlagen kann das geplante Mehrfamilienhaus des Beigeladenen offensichtlich nicht verglichen werden.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 II, 159 ZPO, 100 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich des Beigeladenen, der einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 III VwGO), folgt aus § 162 III VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 II, 47, 53 II Nr. 2, 52 I GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

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