Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 1 B 298/12

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11. September 2012 - 6 L 515/12 - wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die durch Bescheid des Antragsgegners vom 14. Mai 2012 getroffene Verfügung wiederhergestellt bzw. hinsichtlich des aufschiebend bedingt festgesetzten Zwangsgeldes angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen fallen dem Antragsgegner zur Last.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers zurückgewiesen worden ist, ist begründet.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid des Antragsgegners vom 14.5.2012 ist rechtswidrig. Durch ihn wurde dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung sowie aufschiebend bedingter Festsetzung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung aufgegeben, dem Beigeladenen zu 1) zwecks Durchführung der Feuerstättenschau Zutritt zu seinem Anwesen zu gewähren. Der Beigeladene zu 1) habe sich seit Dezember 2011 erfolglos bemüht, die anstehende Feuerstättenschau durchzuführen, was daran gescheitert sei, dass der Antragsteller ihm das Betreten seines Wohnhauses nicht erlaubt habe. Ein weiteres Zuwarten sei nicht vertretbar, da eine nicht überprüfte und gereinigte Feuerungsanlage mit einer erhöhten Brandgefahr verbunden sei und dies im öffentlichen Interesse nicht hingenommen werden könne.

Diese Verfügung findet weder in den vom Antragsgegner angeführten Regelungen des Schornsteinfegergesetzes bzw. des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes noch in sonstigen Vorschriften eine Rechtsgrundlage. Denn nach der am 15.7.2011 in Kraft getretenen Neufassung des § 17 SchfHwG wäre der Beigeladene zu 1) im Dezember 2011, als er bei dem Antragsteller eine Feuerstättenschau durchführen wollte, auf entsprechendes Verlangen des Antragstellers bzw. wegen der Verweigerung des Zutritts gehalten gewesen, den Feuerstättenbescheid für das Anwesen des Antragstellers auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erstellen. Dies ergibt sich aus § 17 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nrn. 1 und 2 SchfHwG. Hiernach gilt mit Wirkung ab dem 15.7.2011, dass der Bezirksschornsteinfegermeister den Feuerstättenbescheid nicht nur - wie bis dahin - unter der Voraussetzung, dass für eine kehr- und überprüfungspflichtige Anlage bis zum 31.12.2012 keine Feuerstättenschau mehr durchzuführen ist, auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erstellen und dem Eigentümer zuzustellen hat, sondern dass er hierzu auch dann verpflichtet ist, wenn ein Eigentümer einen entsprechenden Antrag stellt (Nr. 1) bzw. ihm die Durchführung der Arbeiten nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 oder nach der Verordnung über kleinere und mittlere Feuerungsanlagen verweigert (Nr. 2). In der Gesetzesbegründung zu Nr. 2 der Neuregelung heißt es, diese sei aus Gründen der Betriebs- und Brandsicherheit erforderlich, da gewährleistet sein müsse, dass für jede Feuerstätte ein Feuerstättenbescheid vorhanden ist, selbst wenn die Feuerstättenschau vom Eigentümer verweigert werde. Denn der Feuerstättenbescheid diene der Konkretisierung der Eigentümerpflichten und sei Grundlage für eventuelle Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung(BT-Drs. 17/5312, S. 11).

Genau diese Situation ist nach dem Vorbringen aller Beteiligten im Dezember 2011 eingetreten, da der Antragsteller dem Beigeladenen zu 1) als dem zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister den Zutritt zu seinem Wohnhaus zwecks Durchführung der Feuerstättenschau verweigert hat. Infolgedessen wäre der Beigeladene zu 1) damals kraft der gesetzlichen Neuregelung verpflichtet gewesen, den Feuerstättenbescheid für das Anwesen des Antragstellers auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erstellen und dem Antragsteller zuzustellen. Gegenteiliges leitet sich insbesondere nicht aus dem Beschluss des Senats vom 4.3.2011 - 1 B 30/11 - her, der noch unter der Geltung der alten Fassung des § 17 SchfHwG ergangen ist und sich demgemäß zu der zwischenzeitlich neu eingeführten entscheidungserheblichen Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 2 SchfHwG nicht verhält.

Da der Beigeladene zu 1) sich weder Ende 2011/Anfang 2012 noch zwischenzeitlich bereit gefunden hat, den Feuerstättenbescheid für das Anwesen des Antragstellers nach den Daten des Kehrbuchs zu erstellen, ist bis heute nicht konkretisiert, welche Arbeiten der Antragsteller an seiner Feuerungsanlage im Zeitraum bis zur nächsten Feuerstättenschau (§ 17 Abs. 3 Satz 3 SchfHwG) zu veranlassen hat. Damit ist faktisch genau der Zustand eingetreten, den der Gesetzgeber durch Einführung der Neuregelung vermeiden wollte. Zu Recht bemängelt der Antragsgegner die hierdurch entstandenen gesetzwidrigen Verhältnisse, verkennt dabei indes, dass das geltende Recht ihm keine Handhabe gibt, den Konflikt durch Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers zu lösen. Denn § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SchfHwG gibt in einer solchen Situation - wie ausgeführt - vor, dass der Bezirksschornsteinfegermeister die Weigerungshaltung des Grundstückseigentümers hinzunehmen und den Feuerstättenbescheid im Interesse der Brandsicherheit auf der Grundlage der Daten des Kehrbuchs zu erstellen hat.

Soweit in dem Schreiben des Verbandes  - des nunmehrigen Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 1) - vom 9.2.2012 (Bl. 74 d.A.) und in dessen Schriftsatz vom 9.8.2012 (Bl. 86 d.A.) sowie in dem in der Beiakte befindlichen Schreiben des Beigeladenen zu 1) an den Antragsgegner vom 29.3.2012 anklingt, das Kehrbuch enthalte in Bezug auf die Feuerungsanlage des Antragstellers nicht alle zur Erstellung eines Feuerstättenbescheids notwendigen Daten, ist dieses Bedenken weder unter konkreter Bezeichnung der angeblich fehlenden Daten substantiiert dargelegt noch findet es in der Begründung des angefochtenen Bescheids bzw. der Antrags- und Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners auch nur ansatzweise Erwähnung. Nach den §§ 14 Abs. 2 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG ist im Feuerstättenbescheid festzusetzen, welche Schornsteinfegerarbeiten nach den dort bezeichneten Verordnungen an den jeweiligen Feuerungsanlagen durchzuführen sind und innerhalb welchen Zeitraums dies zu geschehen hat. Inwiefern hierfür das Ergebnis einer landesrechtlich nicht vorgeschriebenen und daher – ungeachtet des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SchfHwG - im Kehrbuch nicht verzeichneten Bauabnahme von maßgeblicher Bedeutung sein sollte, ist nicht dargetan. Im Übrigen ist nicht erkennbar, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die angebliche Unzulänglichkeit der Eintragungen im Kehrbuch geeignet sein könnte, dem Antragsgegner die Berechtigung zur Ergreifung von Zwangsmaßnahmen gegenüber dem für die angebliche Unzulänglichkeit nicht verantwortlichen Grundstückseigentümer zu verleihen.

Nach alldem steht die durch den verfahrensgegenständlichen Bescheid getroffene Anordnung, dem Beigeladenen zu 1) zeitnah die Durchführung der Feuerstättenschau zu ermöglichen, im Widerspruch zu der die Konfliktsituation regelnden gesetzlichen Vorgabe des § 17 Abs. 3 SchfHwG und ist daher rechtswidrig. Dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist demgemäß vollumfänglich stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung rechtfertigt sich aus den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG und berücksichtigt die Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen