Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 L 93/12
Gründe
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Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 11. Juli 2012 hat in der Sache keinen Erfolg.
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Die gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
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„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).
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Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.
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Soweit der Kläger seinen Anspruch aus § 70 Abs. 1 BBesG herzuleiten sucht, stellt das Antragsvorbringen das Urteilsergebnis nicht schlüssig in Frage. Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BBesG werden für Beamte des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei die Ausrüstung und die Dienstkleidung, für Beamte des gehobenen und des höheren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei die Ausrüstung und die Dienstkleidung, soweit sie zur Einsatz- und Arbeitsausstattung gehören, unentgeltlich bereitgestellt. Den Beamten des gehobenen und des höheren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei wird für die von ihnen zu beschaffende Dienstkleidung ein einmaliger Bekleidungszuschuss und für deren besondere Abnutzung eine Entschädigung gewährt. Die Sätze 1 und 2 gelten für Verwaltungsbeamte der Bundespolizei, soweit sie zum Tragen von Dienstkleidung verpflichtet werden können, entsprechend. Bei der vom Kläger im reinen Verwaltungsdienst getragenen privaten Zivilbekleidung handelt es sich weder um eine Ausrüstung noch um Dienstkleidung (Uniform). Sämtliche Regelungen des § 70 Abs. 1 BBesG über Bereitstellungs-, Zuschuss- oder Entschädigungsansprüche knüpfen aber gerade hieran an. Entschädigungsansprüche für das Tragen privater Bekleidung im Dienst, wie sie der Kläger begehrt, hat § 70 Abs. 1 BBesG damit nicht zum Regelungsinhalt. Es mangelt mithin an der gemäß § 2 Abs. 1 BBesG für die Gewährung von Besoldungsleistungen zwingend erforderlichen gesetzlichen Rechtsgrundlage.
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Soweit das Antragsvorbringen den Entschädigungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruch aus Ziffer 7.2 der „Verwaltungsvorschrift über die Dienstkleidung der Polizeivollzugsbeamten in der Bundespolizei (Erlass Bundesministerium des Innern - Verwaltungsvorschrift über die Dienstkleidung der Polizeivollzugsbeamten in der Bundespolizei - VwV)“ vom 18. Dezember 2008 (GMBl. 2009, 95) herzuleiten sucht, vermag dies den Mangel einer fehlenden gesetzlichen Grundlage für die begehrte Entschädigung schon nicht zu beheben.
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Unabhängig davon stellt das Antragsvorbringen die insoweitigen tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes aber auch nicht schlüssig in Frage, welches die Einschlägigkeit von Ziffer 7.2 VwV unter Hinweis auf die maßgebliche Anwendungspraxis der Beklagten verneint hat. Zwar können untergesetzliche Vorschriften - vorbehaltlich gesonderter gesetzlicher Bestimmungen - im Hinblick auf den aus Art. 3 Abs. 1 GG resultierenden Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung Ansprüche von Beamten auslösen, soweit sie von der Verwaltung in ständiger Praxis angewendet werden. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dabei ausgeführt, dass Verwaltungsvorschriften keine gesetzlichen Regelungen darstellen und daher nicht wie solche auszulegen sind; maßgeblich ist vielmehr die regelmäßige Praxis der anwendenden Behörde (vgl. schon: BVerwG, Urteil vom 23. November 1966 - VI C 94.63 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 3 [m. w. N.]; OVG LSA, Beschluss vom 27. März 2006 - 1 L 1/06 -, juris). Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht eine Handhabung der Ziffer 7.2 VwV durch die Beklagte dergestalt, dass der Beamtengruppe, welcher der Kläger zugehörig ist, unter den vorliegend maßgeblichen Umständen eine Entschädigung gewährt würde, verneint. Dem tritt die Antrags(begründungs)schrift nicht weiter entgegen.
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Unabhängig davon sind die Voraussetzungen, unter denen nach dem vom Kläger geltend gemachten Wortlaut und dem Regelungszusammenhang von Ziffer 7.2 Satz 1 VwV eine entsprechende Bekleidungsentschädigung für das Tragen ziviler Kleidung im Polizeidienst gewährt werden könnte, hier nicht gegeben. Danach setzt die Gewährung der Bekleidungsentschädigung voraus, dass auf dienstliche Anordnung während des Dienstes bürgerliche Kleidung zu tragen ist. Eine derartige Anordnung hat die Beklagte, entgegen dem Antragsvorbringen, indes hier nicht getroffen. In dem bloßen Verbot des Tragens einer Uniform, welche letztlich aus der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers resultiert, ist eine Anordnung, während des Dienstes bürgerliche Kleidung zu tragen, nicht zu sehen.
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Auf die Frage, ob darüber hinaus § 17 BBesG die Gewährung der vom Kläger begehrten Entschädigung rechtlich hindert (vgl. hierzu auch: OVG LSA, Beschluss vom 29. April 2009 - 1 L 39/09 -, juris), kommt es nach alledem vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich an.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 40, 47 GKG
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
- BBesG § 70 Dienstkleidung, Heilfürsorge, Unterkunft für Polizeivollzugsbeamte der Bundespolizei 4x
- §§ 52 Abs. 3, 40, 47 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- 1 BvR 830/00 1x (nicht zugeordnet)
- § 8 BBG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124 2x
- § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 1 L 245/06 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124a 2x
- BBesG § 2 Regelung durch Gesetz 1x
- BBesG § 17 Aufwandsentschädigungen 1x
- 1 L 39/09 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 1 L 1/06 1x (nicht zugeordnet)