Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (10. Senat) - 10 L 8/16

Gründe

1

Der Beklagte hat gegen den Kläger mit Disziplinarverfügung vom 10. November 2015 eine Geldbuße von 400,00 Euro verhängt. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 29. September 2016 die Geldbuße auf einen Betrag von 100,00 Euro reduziert und die Klage im Übrigen abgewiesen.

2

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Kläger fristgemäß Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt; er stützt den Antrag auf die Zulassungsgründe gemäß §§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO. Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg:

3

1. Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, die von ihm geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Insbesondere tritt der Kläger nicht mit Erfolg der Qualifizierung seines streitgegenständlichen Verhaltens als schuldhaftes Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG entgegen.

4

Soweit der Kläger zunächst rügt, das Verwaltungsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Zeugin (K.) auch schon im Ermittlungsverfahren vernommen worden sei, so trifft das angesichts der insoweit eindeutigen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (S. 4 UA): "… aufgrund der Ermittlungen im Disziplinarverfahren sowie der Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht ..." nicht zu. Im Übrigen war - entgegen der Auffassung des Klägers - eine (förmliche) Vernehmung der Zeugin (K.) im behördlichen Verfahren gemäß § 24 Abs. 1 DG LSA auch nicht geboten.

5

Soweit der Kläger sodann rügt, das Verwaltungsgericht habe die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Aussage der Zeugin (K.) fehlerhaft gewürdigt, ist auch dieses Vorbringen nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung infrage zu stellen. Die inhaltliche Wiedergabe der Zeugenaussage in den Entscheidungsgründen entspricht dem Sitzungsprotokoll; die Frage der Glaubhaftigkeit der Aussage unterliegt der richterlichen Überzeugungsbildung, wobei das Verwaltungsgericht in seinem Urteil die Gründe hierfür gemäß § 108 Abs. 1 VwGO angegeben hat.

6

Im Zulassungsverfahren durchgreifende Bedenken gegen die Würdigung der Zeugenaussage durch das Verwaltungsgericht und dessen Feststellung sowie Würdigung des Inhalts des streitbefangenen Telefonats am 7. April 2015 bestehen nicht. Diese ergeben sich insbesondere auch nicht aus den verschiedenen Einwendungen des Klägers hinsichtlich der Unzuverlässigkeit von Zeugenaussagen, der seiner Meinung nach zu kurzen Dauer des Gesprächs, eines vorgeblichen Widerspruchs in der Darstellung der Zeugin, der Duzbekanntschaft zu der Zeugin, des fehlenden Widerspruchs der Zeugin während des Telefonats sowie seiner Unkenntnis von den technischen Möglichkeiten der Zeugin. Vielmehr erachtet der Senat angesichts des Aktenvermerks der Zeugin und ihrer diesen bestätigenden Aussage die Darstellung des Klägers (vgl. Antragsbegründung Bl. 15), er habe „eine Tasse Kaffee für die Prüfung, nicht für das Prüfungsergebnis“ mit der Zeugin trinken wollen und nur deshalb „von einer Spende von 20,00 Euro für die Feuerwehr (...) gesprochen“, weil die Zeugin „sofort gesagt“ habe, „dass sie keinen Kaffee trinkt“, als unglaubhaft und bloße Schutzbehauptung.

7

Mit seiner weiteren Rüge, der Bürgermeister der Beklagten habe das erstinstanzliche Urteil in einer Ratssitzung verlesen und es im Übrigen an die Mitglieder des Ortschaftsrates verschickt, vermag der Kläger schon vornherein keine Zweifel an der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung als solcher zu begründen.

8

Soweit der Kläger schließlich rügt, das Verwaltungsgericht sei fehlerhaft von einer Anwendbarkeit des § 34 S. 3 BeamtStG ausgegangen, hat er auch damit keinen Erfolg. Das sog. Wohlverhaltensgebot dieser Vorschrift richtet sich gemäß § 1 BeamtStG an alle Beamten; das DG LSA gilt seinem § 1 zufolge für "Beamte im Sinne des Landesbeamtengesetzes", mithin - unter Berücksichtigung der Regelung in § 6 LBG LSA - auch für Ehrenbeamte.

9

Die Ausführungen des Klägers zu einer Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens gemäß § 47 S. 1 S. 2 BeamtStG sind ebenfalls nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung infrage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zum Einen recht umfänglich die Entwicklung der Rechtsprechung zur Disziplinarrelevanz außerdienstlichen Verhaltens dargestellt und zum Anderen auch hervorgehoben, dass die aktuelle Regelung in § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG nicht mehr das Erfordernis des "Ansehensverlustes" vorschreibt. Allerdings bleibt es bei der - auch vom Verwaltungsgericht erkannten - Voraussetzung der Feststellung der Eignung eines Verhaltens "in besonderem Maße", das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Soweit das Verwaltungsgericht diese Voraussetzung durch das von ihm festgestellte Verhalten des Klägers als gegeben ansieht, ist dies nicht zu beanstanden:

10

Das Einwirken eines - im Ehrenbeamtenverhältnis stehenden - Ortsbürgermeisters auf eine Mitarbeiterin der Verwaltung dahingehend, eine zurecht bestehende, gegen ihn oder seine Familie persönlich gerichtete Gebührenforderung "löschen" zu lassen, stellt ohne weiteres ein Verhalten dar, welches geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in das für das Amt eines Ortsbürgermeisters bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie - wie hier - mit dem Ansinnen von "Spenden" , mithin finanzieller Gegenleistungen auch an Dritte verbunden sind, die zumindest von dem betr. Bediensteten als Versuch einer Bestechung gemäß § 334 Abs. 1 StGB ausgelegt werden könnten. Gerade im kommunalen Bereich, wo "man sich kennt", muss eine Beeinflussung von Bediensteten der öffentlichen Verwaltung durch kommunale Mandatsträger unbedingt vermieden werden. Dies ist eine wesentliche Grundlage für das Vertrauen der Bevölkerung in eine stets korrekte Aufgabenerfüllung der Verwaltung.

11

Soweit der Kläger des Weiteren ausführt, das Verwaltungsgericht habe ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 -) falsch angewandt, ist zu bemerken, dass die Wiedergabe der zitierten Entscheidung (betr. die Eignung einer Pflichtverletzung zur Beeinträchtigung "in besonderem Maße") in den Urteilsgründen zutrifft und im Übrigen der abschließenden Bewertung des konkreten Verhaltens des Klägers auch nicht entgegensteht. Mit der Formulierung "unter Berücksichtigung dessen" bezieht sich das Verwaltungsgericht auf seine vorstehenden, die Entwicklung der Rechtsprechung zusammenfassenden Ausführungen.

12

Jedenfalls sieht auch der Senat Veranlassung, das Verhalten des Klägers als ein solches zu bewerten, welches durchaus geeignet ist, die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG für die Disziplinarrelevanz außerdienstlichen Verhaltens zu erfüllen.

13

2. Auch die abschließend geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht geeignet, dem Zulassungsantrag zum Erfolg zu verhelfen. Zutreffend weist der Kläger selbst darauf hin, dass es geboten ist, in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage zu formulieren und zugleich substantiiert vorzutragen, inwiefern deren Klärung eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt.

14

Der bloße Hinweis, es gebe zu der rechtlichen Bewertung von Handlungen ehrenamtlicher Ortsbürgermeister unter dem Maßstab des § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG noch keine obergerichtliche Rechtsprechung, ist hierfür nicht geeignet. Abgesehen davon handelt es sich um einen Einzelfall, der keine Veranlassung zu einer etwaigen fallübergreifenden Klärung bietet.

15

3. Soweit das Vorbringen des Klägers auch dahingehend zu verstehen ist, dass er die schließlich vom Verwaltungsgericht deutlich reduzierte Geldbuße immer noch als überhöht ansieht, hat sein Vorbringen auch diesbezüglich keinen Erfolg. Die Geldbuße von lediglich 100,00 Euro bewegt sich im unteren Rahmen des § 7 Satz 3 DG LSA. Sie erscheint indes als erforderlich, um dem Kläger das Verbotswidrige seines Handelns nachdrücklich vor Augen zu führen.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

17

Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 73 Abs.1 Satz 1 DG LSA.

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 3 DG LSA i. V. m. § 152 Abs. 1 VwGO).


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen