Urteil vom Sozialgericht Stralsund (3. Kammer) - 3 KR 183/18

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

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Streitig ist die Fortzahlung von Krankengeld – hier ein Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 7. bis 13. Dezember 2017 auf der Grundlage von § 49 Abs. 1 Nr. 5 des Fünften Soziallgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

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Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger bezog ausweislich des Bescheides vom 5. Juli 2017 seit dem 18. April 2017 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 45,40 € (brutto bzw. nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 39,90 €). Zuletzt zahlte die Beklagte unter Berücksichtigung der durch seinen behandelnden Orthopäden am 20. Oktober 2017 ausgestellten Folgebescheinigung, mit der ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 6. Dezember 2017 attestiert worden war, Krankengeld bis zu diesem Termin.

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Nachdem bei der Beklagten ausweislich eines handschriftlich angebrachten Vermerks am 14. Dezember 2017 die am 6. Dezember 2017 ausgestellte Folgebescheinigung des Orthopäden eingegangen war, mit der der behandelnde Arzt ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bis zum 17. Januar 2018 attestiert hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 mit, dass der Krankengeldanspruch des Klägers deswegen für die Zeit vom 7. Dezember 2017 bis zum 13. Dezember 2017 ruhen würde.

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Hiergegen erhob der Kläger am 4. Januar 2018 ausweislich der in den Verwaltungsakten befindlichen Gesprächsnotiz mündlich Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, dass er die AU-Bescheinigung am Folgetag (7. Dezember) bei der Firma Nordbrief zur Zustellung eingesteckt habe. Insoweit verweist er auf die beigefügte Sendungs-Detail-Übersicht des vorgenannten Postdienstleisters.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung – auf die im Übrigen gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird – führte die Beklagte unter Verweis auf die gesetzlichen Vorgaben in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V im Wesentlichen an, dass die Meldung der Arbeitsunfähigkeit die Pflicht des Versicherten sei, die Meldefrist von einer Woche unter Berücksichtigung des Eingangs der Arbeitsunfähigkeit am 14. Dezember 2017 versäumt worden sei, und auch der geltend gemachte rechtzeitige Versand die Zahlung von Krankengeld nicht begründen könne, weil auf das Datum des tatsächlichen Eingangs abzustellen sei.

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Mit der am 13. Juni 2018 erhobenen Klage verfolgt der Kläger den mit dem Widerspruch geltend gemachten Zahlungsanspruch weiter. Er bestreitet, dass sein Krankenschein vom 6. Dezember 2017 bei der Beklagten erst am 14. Dezember 2017 eingegangen sei. Es würde auffallen, dass der Eingang des Krankenscheines nur handschriftlich vermerkt worden sei, wohingegen der Krankenschein vom 20. Oktober 2017 weder einen Posteingangsstempel noch einen handschriftlichen Vermerk enthalten würde. Es würde daher Anlass zu der Frage geben, wie das Posteingangssystem bei der Beklagten organisiert sei, und welche Vorkehrungen sie getroffen habe, um festzustellen, an welchen Tagen Post tatsächlich eingegangen sei, und wie sichergestellt werden würde, dass beispielsweise ein im Posteingang bei der Beklagten zunächst verlorener Brief, der später aufgefunden würde, dass zutreffende Eingangsdatum erhalten würde. Denn wenn es organisatorisch bedingte Gründe geben sollte, die Ursache für einen verzögerten Posteingang seien, so könne dies nicht zu seinen Lasten gehen. Der Eingangsstempel der Beklagten auf dem von ihm eingereichten Schreiben vom 15. Dezember 2017 (Bl. 13 der VA) würde dem Vortrag der Beklagten zum Einscannen der Post widersprechen. Im Übrigen würde die Berechnung der Wochenfrist durch die Beklagte ihrem Berechnungsbeispiel in ihrem „Merkblatt Krankengeld“ widersprechen. Bezogen auf den streitigen Sachverhalt sei er bis zum 6. Dezember 2017, einem Mittwoch krankgeschrieben gewesen, sodass die Wochenfrist am 7. Dezember 2017 begonnen und dementsprechend am 14. Dezember 2017 geendet habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten eingegangen. Die Beklagte könne sich nicht auf den verspäteten Zugang der Meldung berufen, wenn dieser – wie hier – auf von ihr zu vertretende Organisationsmängeln (fehlerbegünstigendes Beispiel) beruhen würde und der Kläger hiervon werde wusste noch wissen müsste (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 35/14 R).

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid vom 15. Dezember 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 7. Dezember bis 13. Dezember 2017 Krankengeld zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass Briefe, die per Post an sie gesandt würden, an ihr Dienstleistungszentrum gehen würden. Unter Verweis auf die als Anlage übersandte, in ihrem Archivsystem hinterlegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 6. Dezember 2017, und die dort angebrachte, nicht veränderbare, digitale Signatur- und Archivierungsnummer sei jedoch ersichtlich, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei ihr am 14. Dezember 2017 eingegangen sei. In dem Dienstleistungszentrum würde das taggleiche Einscannen und elektronische Archivieren der Ein- und Ausgangspost über 14 Hochleistungsscanner erfolgen. Sie würde die Ein- und Ausgangspost seit 2014 elektronisch gemäß den §§ 110a bis 110d SGB IV archivieren, die die Aufbewahrung schriftlicher Unterlagen auf dauerhaften Datenträgern betreffen würden. Die Unterlagen würden einen verschlüsselten und nicht veränderbaren Datums-/Zeitstempel des Scan- und somit des Eingangszeitpunkts enthalten. Die Signatur würde nach den Regelungen des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (SigG) erfolgen. Da die elektronischen Dokumente durch die Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur als Original gelten würden, würden diese entsprechend nach einer Lagerung von drei Wochen Datenschutzkonform vernichtet. Von der Archivierung der Briefumschläge würde sie absehen, da für die Meldefrist das Eingangsdatum und nicht der Poststempel relevant sei. Bei der Aufbereitung der Widerspruchsakte würde die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur noch digital vorliegen. Nach Ausdruck des Dokuments hätte ein Mitarbeiter einen Bearbeitungsvermerk (kein Eingangsdatum) eingetragen. Somit würden sich Bl. 7 und 8 der Verwaltungsakten erklären. Nicht der das Vorverfahren erleichternde Eingangsvermerk, sondern allein der nicht veränderbare Datums-/Zeitstempel im Rahmen der qualifizierten elektronischen Signatur sei verbindlich.

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Beim „Merkblatt Krankengeld“ würde es sich um eine bedarfsgerechte Information für anspruchsberechtigte Mitglieder handeln. Die dort zu entnehmenden rechtskonformen Inhalte, habe sie eine Berechnung der Wochenfrist vollumfänglich berücksichtigt. Bei laufendem Krankengeldbezug sei danach die Arbeitsunfähigkeit für jeden Abschnitt der Zahlung fristgerechte der Kasse zu melden. Für die Frist würde als Ereignistag der letzte Tag der bisherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, hier also der 6. Dezember 2017, gelten. Die Frist würde nach § 187 Abs. 1 BGB somit am 7. Dezember 2017 beginnen und am 13. Dezember 2017 enden. Sie könne den Eingang der besagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – nach wie vor – für den 14. Dezember 2017 bestätigen. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit sei damit erst nach Ablauf der sogenannten Ausschlussfrist erfolgt.

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Die Kammer hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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1. Die Kammer hat über die Klage unter Berücksichtigung des Einverständnisses der Klägerin vom 25. Oktober 2018 und der Einverständniserklärung der Beklagten vom 26. November 2018 gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.

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2. Die auf die Zahlung von Krankengeld gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 und 4 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie war allerdings als unbegründet abzuweisen, weil die Beklagte zu Recht die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 7. Dezember 2017 bis zum 13. Dezember 2017 mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2018 wegen des Ruhens des Krankengeldanspruchs gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V abgelehnt hat. Der vorgenannte Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die von dem Kläger vorgetragenen Tatsachen und Erwägungen sind nicht geeignet, den von ihm geltend gemachten Zahlungsanspruch zu begründen.

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Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der ihm obliegenden rechtzeitigen Meldung des Fortbestehens seiner Arbeitsunfähigkeit über den zuvor ärztlich bescheinigten Endzeitpunkt um eine empfangsbedürftige Tatsachenmitteilung handelt, die telefonisch, schriftlich, mündlich oder auch in elektronischer Form erfolgen kann. Die Meldung setzt deshalb unter Zugrundelegung des in § 130 Abs. 1 und 3 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) allgemein verkörperten Rechtsgedankens, nach ihrem Zweck und ihrer Rechtsnatur deren Zugang bei der Krankenkasse voraus (Noftz in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch Gesamtkommentar, SGB V, Stand August 2015, Rn. 62). Das bedeutet, dass die Meldung innerhalb des in § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V genannten Zeitraums in den Machtbereich der Krankenkasse gelangt, d.h. eine rechtzeitige Absendung reicht nicht aus. Der für die Zahlung von Krankengeld ausschließlich zuständige 3. Senat des Bundessozialgerichts hat beginnend mit dem Urteil vom 25. Oktober 2018 (B 3 KR 23/17 R = SozR 4-2500 § 49 Nr. 8) und mit einer Reihe weiterer Urteile und Nichtzulassungbeschlüsse (zuletzt mit den Urteilen vom 8. August 2019 in dem Verfahren B 3 KR 6/18 R und vom 26. September 2019 in dem Verfahren B 3 KR 1/19 R) die ständige Rechtsprechung des BSG bekräftigt, wonach

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- die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes angezeigt werden muss, d.h. auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen AU-Feststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist.

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- die Meldung der Arbeitsunfähigkeit eine Obliegenheit des Versicherten ist, deren Folgen bei unterbliebener oder nicht rechtzeitiger Meldung grundsätzlich von diesem selbst zu tragen sind.

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- zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit notwendigerweise der Hinweis auf die ärztliche Feststellung gehört.

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- die Meldung in entsprechender Anwendung von § 130 Abs. 1 und 3 BGB erst dann erfolgt ist, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist.

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- bei einer verspäteten Meldung die Gewährung von Krankengeld selbst dann ausgeschlossen ist, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten kein Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft.

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- auch eine vom Versicherten rechtzeitig zur Post gegebene, aber auf dem Postweg verloren gegangene AU-Bescheinigung den Eintritt der Ruhenswirkung des Krankengeldes selbst dann nicht verhindern kann, wenn die Meldung unverzüglich nachgeholt wird; d.h. der Versicherte grundsätzlich das Risiko der nicht rechtzeitigen Übermittlung einer dem Versicherten ausgehändigten AU-Bescheinigung an die Krankenkasse auf dem Postweg trägt.

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Unter Berücksichtigung der vorgenannten Maßgaben war die Klage deshalb als unbegründet abzuweisen. Dies beruht darauf, dass entgegen der Auffassung des Klägers die maßgebliche Meldefrist bereits am 13. Dezember 2017 geendet hat, und die Kammer hier nicht mit der erforderlichen – an Sicherheit grenzenden – Wahrscheinlichkeit davon überzeugt ist, dass der Kläger die Beklagten rechtzeitig innerhalb der vorgenannten Frist darüber informiert hat, dass sein behandelnder Arzt am 6. Dezember 2017 eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Denn nach den Feststellungen der Kammer ist die vom Kläger per Post versandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 6. Dezember 2017 der Beklagten erst am 14. Dezember 2017 zugegangen. Schließlich ist der verspätete Zugang auch nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen, sodass auch aus diesem Grund kein ausnahmsweises Absehen von dem Ruhen des Krankengeldanspruchs in Betracht kam. Im Einzelnen waren hierfür folgende Erwägungen maßgeblich:

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a) Nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Nach der Konstruktion der Vorschrift knüpft somit das (regelmäßige) Ruhen des Krankengeldanspruchs grundsätzlich an den negativen Tatbestand („solange … nicht gemeldet wird“) an, und bewirkt mit der im nachfolgenden Halbsatz 2 geregelten „Heilungsmöglichkeit“ mittelbar eine Meldefrist (so zu Recht Noftz, a.a.O., Rn. 63, ihm zustimmend Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 49 SGB V (Stand: 10. Dezember 2019), Rn. 47). Die danach erforderliche Meldung der Arbeitsunfähigkeit bezweckt nach allgemeiner Meinung, der Krankenkasse die zeitnahe Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu ermöglichen. Die vorgenannte Ruhensvorschrift soll die Krankenkassen zum einen davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, um beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen können. Überdies sollen die Krankenkassen die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (vgl. statt vieler das bereits oben angeführte Urteil des BSG vom 8. August 2019 – B 3 KR 6/18 R –, juris Rn. 18; vgl. auch Brinkhoff, a.a.O., Rn. 42; Noftz in: Hauck/Noftz, SGB, 10/19, § 49 SGB V, Rn. 14).

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b) Fraglich erscheint allerdings, was unter dem Tatbestandsmerkmal „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ zu verstehen ist, welches für die Bestimmung des Anfangszeitpunkts der einwöchigen Meldefrist ausschlaggebend ist, denn dieses Tatbestandsmerkmal ist im Gesetz nicht näher definiert.

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Bei der erforderlichen Auslegung ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 44 Abs. 1 SGB V zwar dem Grunde nach bereits dann entsteht, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht oder er auf Kosten der Krankenkasse im Krankenhaus oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt wird, dass aber hiervon abweichend in § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V (in der ab dem 23. Juli 2015 geltenden Fassung durch Artikel 1 des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16. Juli 2015 - BGBl. I S. 1211) für den Fall einer „ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit“ im Rahmen einer sogenannten Erst- oder Folgebescheinigung ausdrücklich bestimmt wird, dass der Anspruch auf Krankengeld erst „von dem Tag der ärztlichen Feststellung an“ entsteht. Es kommt daher für den Beginn der Krankengeldzahlung in einem solchen Fall gerade nicht darauf an, ob die die Arbeitsunfähigkeit nachgewiesenermaßen bereits wesentlich früher eingetreten ist. Auch wenn also der Beginn der Arbeitsunfähigkeit auf der ärztlichen Bescheinigung zu einem früheren Zeitpunkt angegeben wird – d.h. die Bescheinigung also in Übereinstimmung mit § 5 Abs. 3 S. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses in der ab 24. Dezember 2016 in Kraft getretenen Fassung vom behandelnden Arzt „rückdatiert“ - worden ist, so ist entscheidend für den Beginn der Leistung dennoch der Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (Sonnhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 46 SGB V (Stand: 19. Dezember 2019), Rn. 23). Für den Fall der hier erfolgten ärztlichen Befristung der Arbeitsunfähigkeit wird in § 46 S. 2 SGB V in der ab dem 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Neufassung weiter bestimmt, dass bei einer Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die (Weiter-)Zahlung des Krankengeldes davon abhängig ist, dass die ärztliche Feststellung (über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen einer sogenannten Folgebescheinigung) spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.

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Die Kammer folgert aus dem Zusammenspiel der vorgenannten Regelungen, dass das in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V verwendete Tatbestandsmerkmal „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ anstelle des eigentlichen Wortlautes, dem jedenfalls weder bei der Entstehung noch bei der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Zahlung von Krankengeld eine entscheidende Bedeutung zukommt, tatsächlich so zu verstehen ist, dass hiermit tatsächlich der Tag der ärztlichen Feststellung gemeint ist, d.h. das zur Berechnung der Meldefrist maßgeblich auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen ist. Sowohl im Falle des Vorliegens einer erstmaligen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (d.h. im Falle einer sog. Erstbescheinigung), als auch im Falle einer – wie hier – ärztlich festgestellten Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den zunächst befristeten Endtermin (d.h. in Form einer sog. Folgebescheinigung) wäre demnach in beiden Fällen eine Meldung an die Krankenkasse innerhalb einer Woche nach der jeweiligen ärztlichen Feststellung erforderlich, um das ansonsten gesetzlich angeordnete regelmäßige Ruhen des Krankengeldanspruchs „zu heilen“. Diese Auslegung entspricht nicht nur der dargestellten Gesetzessystematik, sondern steht auch im Einklang mit dem bereits oben angeführten Sinn und Zweck der Meldeobliegenheit, denn für die Krankenkassen besteht nur dann im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes eine Verpflichtung, das tatsächliche Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen, wenn ein Versicherter erstmalig die Gewährung von Krankengeld unter Verweis auf eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit beantragt, oder – wie hier - wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen Feststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist. Auch im letzteren Fall setzt jedoch eine Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs voraus, dass der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig im Sinne der Vorgaben des § 46 S. 2 SGB V ärztlich feststellen lässt.

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Die Kammer weicht damit von dem Urteil des SG Schwerin in dem Verfahren S 8 KR 302/18 ab, welches dem LSG M-V unter dem Aktenzeichen L 7 KR 163/19 zur Entscheidung vorliegt. Dort hat die 8. Kammer des Sozialgerichts nämlich die Auffassung vertreten, dass im Falle des Vorliegens einer ärztlichen Befristung der Arbeitsunfähigkeit und einer nachfolgenden ärztlichen Feststellung der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den bisherigen Endtermin hinaus im Rahmen einer sog. Folgebescheinigung maßgebend an den konkreten Inhalt der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeits- bzw. der Folgebescheinigung anzuknüpfen sei. Seitens des SG Schwerin wird zwar in der Sache zutreffend angeführt, dass das BSG bislang in zwei Urteilen, bei denen auch über die Einhaltung der Meldeobliegenheiten im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu befinden war, unter Anknüpfung an den konkreten Inhalt der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bekräftigt hat, dass bereits eine einzelne ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen und weitere Meldungen damit erübrigen kann (BSG, Urteil des BSG vom 10. Mai 2012, B 1 KR 20/11 R = SozR 4-2500 § 46 Nr. 4, juris Rn. 16 - 20; ebenso Urteil vom 12. März 2013 – B 1 KR 7/12 R - USK 2013 -11, juris Rn. 16). Im Gegensatz zu den beiden vom BSG entschiedenen Fallgestaltung, bei denen den Krankenkassen tatsächlich jeweils (unbefristete) ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, d.h. ohne Benennung eines voraussichtlichen Endzeitpunkts („weil der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar sei), vorgelegen hat, unterscheidet sich die vorliegenden Fallgestaltung jedoch entscheidungserheblich dadurch, dass der Krankenkasse zuletzt eine auf den Endzeitpunkt 6. Dezember 2017 befristete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen hat bzw. bekannt gewesen ist. Zwar teilt die Kammer die Auffassung des SG Schwerin, dass eine bereits der Krankenkasse gemeldete Arbeitsunfähigkeit jedenfalls bis zum dort ärztlich bescheinigten Endzeitpunkt vor Ablauf dieses Zeitraums nicht erneut gemeldet werden muss. Vielmehr wirkt die einmal gemeldete ärztliche Feststellung für den darin bescheinigten Zeitraum und – unter Verweis auf die beiden vorgenannten BSG-Urteile - unter Umständen sogar unbefristet. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um ein Ruhen des bis zum 6. Dezember 2017 zeitlich befristeten Krankengeldanspruchs, sondern um die (nahtlose) Weitergewährung des Krankengeldanspruchs ab dem 7. Dezember 2017.

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Bei dieser Sachlage hält die Kammer daher die vom SG Schwerin vertretene Rechtsauffassung im Ergebnis nicht für überzeugend. Rechtsfolge wäre, dass bei dem Vorliegen einer – wie hier - befristeten ärztlichen Bescheinigung die „Arbeitsunfähigkeit“ im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V regelmäßig an dem auf den bescheinigten Endzeitpunkt folgenden Tag „beginnen“ würde. Abgesehen davon, dass in diesem Fall fraglich erscheint, ob bei der Berechnung der einwöchigen Meldefrist überhaupt die Regelung des § 187 Abs. 1 BGB Anwendung finden könnte, weil es sich in diesem Fall nicht um eine sog. Ereignis- bzw. Tageszeitpunktfrist im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB, sondern wegen der dann insoweit „datumsabhängigen“ Bindung (Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf einer logischen Sekunde des Folgetages) tatsächlich um eine sog. „Tagesbeginnfrist“ im Sinne des § 187 Abs. 2 BGB handeln könnte, führt die Rechtsauffassung des SG Schwerin auch zu dem schwerlich zu rechtfertigenden Ergebnis, dass zwar der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit zur Aufrechterhaltung seines Anspruchs auf die Zahlung von Krankengeld erst am Folgetag, unter Umständen bei einem befristeten Ende der Arbeitsunfähigkeit an einem Freitag sogar erst am darauffolgenden Montag, ärztlich feststellen lassen muss, aber in dem gewählten Beispiel die Arbeitsunfähigkeit bereits am Samstag beginnen und die Meldefrist somit schon vorher, nämlich im Falle der Heranziehung der Regelung des § 187 Abs. 1 BGB am Sontag, im Falle der Heranziehung des § 187 Abs. 2 BGB sogar schon am Samstag anfangen würde.

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Im Ergebnis würde die durch das SG Schwerin vertretene Rechtsauffassung jedenfalls in bestimmten Fällen zu einer Verkürzung der ohnehin kurz bemessenen Meldefrist führen. Denn bei einem Aufsuchen des Arztes an einem auf den ursprünglichen Endzeitpunkt folgenden Montag, hätte der Lauf der Meldefrist schon zu einem Zeitpunkt begonnen, an dem der Versicherte noch gar nicht sicher sein kann, ob durch den Arzt eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird. Eine solche Verkürzung dürfte nicht von dem Zweck der Meldeobliegenheit gedeckt sein. Zwar ist einzuräumen, dass die durch die Kammer vertretene Rechtsauffassung jedenfalls in den Fällen, in denen die Versicherten den behandelnden Arzt bereits vor Ablauf des ursprünglichen Endzeitpunkts oder am selben Tag aufsuchen, um eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen, dazu führt, dass auch die Meldefrist terminlich früher abläuft, als wenn man auf den Tag nach dem zuvor befristeten Endzeitpunkt abstellt. Hierdurch wird der Versicherte aber im Gegensatz zu dem vorherigen Beispiel deshalb nicht benachteiligt, weil ihm in jedem Fall eine echte Wochenfrist seit der Kenntnis von der erneuten ärztlichen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit verbleibt. Die zeitliche Vorverlegung des Laufs der Meldefrist wäre in diesem Fall im Übrigen auch von dem Zweck gedeckt, der Krankenkasse zeitnah eine Überprüfung des Vorliegens der bescheinigten Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit zu prüfen.

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Für die von der Kammer vertretene Rechtsauffassung spricht im Übrigen auch die Ergänzung des § 49 Abs. 1 SGB V durch die ab dem 11. Mai 2019 erfolgte Regelung der Nr. 8 durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG vom 6. Mai 2019 – BGBl I 2019, 646) mit der geregelt worden ist, dass der Anspruch auf Krankengeld auch solange ruht „bis die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nach § 46 Satz 3 ärztlich festgestellt wurde“. Auch diese im Zusammenhang mit der in § 46 SGB V erfolgten Neueinfügung eines Satzes 3 erfolgte Ergänzung des § 49 Abs. 1 SGB V, wonach der Anspruch für Versicherte, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vom Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig ist, auch dann bestehen bleibt, wenn die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nicht am nächsten Werktag im Sinne von Satz 2, aber spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, stellt für die Kammer nochmals deutlich heraus, welche besondere Bedeutung der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Zahlung des Krankengeldes zukommt.

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c) Die hier maßgebliche Meldefrist beginnt nach alledem unter Heranziehung der Berechnungsvorschriften des § 26 Abs. 1 und 3 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1 und 188 Abs. 2 BGB mit dem Tage, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt, und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die ärztliche Feststellung erfolgt ist – bzw. am nächsten Werktag bei Fristende auf einem Samstag, Sonn- und Feiertag. Sie beginnt hier deshalb unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der behandelnde Orthopäde am 6. Dezember 2017 (Mittwoch) eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich bis 17. Januar 2018 festgestellt hatte, am Donnerstag, den 7. Dezember 2017, weil nach § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung der Anfangsfrist der Tag nicht mitgerechnet wird, in welchen das für die Fristberechnung maßgebliche Ereignis (hier die ärztliche Feststellung der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über die bisher ärztlich bescheinigte befristete Dauer der Arbeitsunfähigkeit hinaus) fällt, und endet entgegen der Auffassung des Klägers am Mittwoch, den 13. Dezember 2017. Dies beruht darauf, dass nach § 188 Abs. 2 1. Alternative BGB eine Frist – die wie hier – nach Wochen bestimmt ist, „im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder [..], welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt“.

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d) Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) ist die Kammer nicht mit der erforderlichen – an Sicherheit grenzenden – Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass Kläger der Beklagten das ärztlich attestierte Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig innerhalb der vorgenannten Frist gemeldet hat.

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Wie bereits oben dargelegt, ist die erforderliche Meldung nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in entsprechender Anwendung von § 130 Abs. 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist. Insoweit kommt es vorliegend daher nicht darauf an, dass der Kläger durch Vorlage der Auskunft (Sendungs-Detail-Übersicht) der Firma Nordbrief hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass er den Brief mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 7. Dezember 2017 zur Post aufgegeben hat, bzw. dieser Brief am Abend desselben Tages (19:44:54) am Sortierzentrum angenommen und voraussichtlich am 8. Dezember 2017 zugestellt werden sollte. Hierdurch kann lediglich der Beweis einer rechtzeitigen Absendung der Briefsendung, nicht aber der erforderliche Beweis ihres rechtzeitigen Zugangs bei der Beklagten geführt werden.

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Bei dem rechtzeitigen Zugang der Meldung bei der Krankenkasse handelt es sich aber um eine anspruchsbegründende Tatsache, die von dem Kläger voll bewiesen werden muss. Dies beruht darauf, dass gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5, Halbsatz 1 SGB V der Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld regelmäßig solange ruht, bis die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse gemeldet wird. Aufgrund der bereits oben angesprochenen Normkonstruktion geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der Meldung tatsächlich um eine anspruchsbegründende, und bei der Nichtmeldung gerade nicht um eine lediglich anspruchshindernde und von der Krankenkasse zu beweisende Einrede handelt (wovon offenbar der 5. Senat des LSG Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 31. Oktober 2018 in dem Verfahren L 5 KR 2345/18 NZB auszugehen scheint). Die Rechtsauffassung der Kammer wird durch die Ausführungen des BSG in dem bereits oben angeführten Urteil vom 8. August 2019 bestätigt, in dem der 3. Senat ausdrücklich bekräftigt hat, dass die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krangengeldes angezeigt werden muss, auch dann, wenn diese seit Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen AU-Feststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist (Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 6/18 R –, Rn. 17). Die Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache geht jedoch nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Beweislastgrundsätzen zu Lasten des Anspruchsstellers. Der erforderliche Vollbeweis ist in diesem Fall erst dann erbracht, wenn die Kammer von dem rechtzeitigen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist, die bloße Möglichkeit reicht dagegen nicht aus.

37

Die Beklagte hat hier durch Vorlage des durch sie zuvor offenkundig rechtskonform eingescannten und mit einer qualifizierten Signatur versehenen Ausdrucks der nur noch als elektronisches Dokument vorhandenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 6. Dezember 2017 zur Überzeugung der Kammer hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Brief mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in ihrem Dienstleistungszentrum erst am 14. Dezember 2017 eingegangen und am gleichen Tag eingescannt und mit einer qualifizierten Signatur versehen worden ist. Die vom Kläger angestellten Mutmaßungen sind nicht geeignet, den diesbezüglich Sachvortrag der Beklagten in Zweifel zu ziehen. Er verkennt insoweit, dass nicht die Beklagte für einen Zugang der Meldung am 14. Dezember 2013, sondern vielmehr er die objektive Darlegungs- und Beweisführungslast für einen Zugang der Meldung bis spätestens zum 13. Dezember 2013 trägt. Der Sachvortrag des Klägers ist jedoch nicht geeignet, die Kammer von einem früheren Eingang des Poststücks bzw. von der behaupteten unrichtigen Sachbehandlung des Posteingangs durch die Beklagte zu überzeugen. Die hier einzig glaubhaft gemachte Tatsache, dass der Brief vom Kläger am 7. Dezember 2017 zur Post gegeben worden ist, lässt es zwar als möglich erscheinen, dass der Brief rechtzeitig der Beklagte auf dem Postweg zugegangen ist und seitens der Beklagten möglicherweise aufgrund eines vom Kläger sinngemäß behaupteten Organisationsverschuldens nicht rechtzeitig mit einem entsprechenden Eingangsvermerk versehen worden sein könnte. Diese Möglichkeit ist aber mindestens gleich wahrscheinlich wie die hier ebenfalls nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Zustellung des Briefs tatsächlich bereits auf dem Postweg so verzögert behandelt worden ist, dass dieser tatsächlich erst am 14. Dezember 2017 in den Machbereich der Beklagten gelangt ist. Bei dieser Sachlage überwiegen im Ergebnis daher bei der Kammer die Zweifel an einem rechtzeitigen Zugang der Meldung innerhalb der maßgeblichen Meldefrist.

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e) Der geltend gemachte Zahlungsanspruch rechtfertigt sich hier auch nicht unter Berücksichtigung des von dem Kläger angeführten Urteils des BSG vom 16. Dezember 2014 (B 1 KR 35/14 R). Das BSG hat zwar mit dem genannten Urteil ebenso wie mit dem am selben Tag ergangenen Urteil in dem Verfahren B 1 KR 37/14 R die ständige Rechtsprechung des BSG bekräftigt, dass trotz der den Regelungen des § 46 Abs. 1 Nr. 2 und des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu Grunde liegenden gemeinsamen Zwecke, welche eine grundsätzlich strikte Handhabung gebieten, um beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen können, in engen Grenzen Ausnahmen von den genannten Grundsätzen anerkannt, wenn

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(1) die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem des Versicherten zuzurechnen sind,

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(2) die Krankenkasse den Versicherten durch Fehlberatung von der zeitgerechten ärztlichen Feststellung der AU abhält, oder

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(3) Versicherte aufgrund ihrer Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit besonders schutzbedürftig sind (vgl. zusammenfassend das BSG-Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 35/14 R –, Rn. 25, juris).

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An dieser ständigen Rechtsprechung hat auch der nunmehr für diese Fälle zuständige 3. Senat des BSG z.B. in dem bereits angeführten Urteil vom 25. Oktober 2018 (B 3 KR 23/17 R = SozR 4-2500 § 49 Nr. 8, Rn. 22) unter Verweis auf die bisher entschiedenen Ausnahmefälle ausdrücklich festgehalten. So könne sich die Krankenkasse beispielsweise nicht auf den verspäteten Zugang der dem Versicherten obliegenden Meldung der Arbeitsunfähigkeit berufen, wenn die Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruhte, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen und der Versicherte weder wusste noch wissen musste, dass die KK von der Arbeitsunfähigkeit keine Kenntnis erlangt hatte (vgl. dazu BSGE 52, 254, LS und 258 ff = SozR 2200 § 216 Nr. 5). Die fehlende Feststellung oder Meldung der Arbeitsunfähigkeit dürfe dem Versicherten ausnahmsweise auch nicht entgegengehalten werden, wenn er entweder geschäfts- bzw. handlungsunfähig war, oder aber, wenn er seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde (vgl. BSGE 85, 271, 276 f = SozR 3-2500 § 49 Nr. 4; BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr. 1, Rn. 17 ff). Damit habe – so der 3. Senat - die Rechtsprechung auf Grundsätze zurückgegriffen, die schon zum Recht der RVO entwickelt wurden, und die durch das SGB V nicht überholt sind (vgl. zuletzt BSG Urteil vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R, BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr. 8, Rn 22 mit weiteren Nachweisen).

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Im vorliegenden Fall ist jedoch gerade nicht mit der erforderlichen – an Sicherheit grenzenden – Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 6. Dezember 2017 die Beklagte aufgrund eines von ihr zu vertretenden Organisationsmangels nicht rechtzeitig erreicht hat. Vielmehr ist es ebenso wahrscheinlich, dass der Brief aufgrund eines von ihr gerade nicht zu vertretenen Organisationsverschuldens des Postunternehmens nicht rechtzeitig erreicht hat. Entgegen der Auffassung des Klägers rechtfertigen auch die von ihm angeführten Ausführungen der Beklagten in dem in den Verwaltungsakten befindlichen Merkblatt sowie insbesondere auch nicht das von ihm angeführte Berechnungsbeispiel ein ausnahmsweises Absehen von der strikten Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen würde, dass die Beklagten diesen aufgrund des in dem Merkblatt enthaltenen Berechnungsbeispiels fehlerhaft über den Beginn der Wochenfrist informiert hätte, fehlt es hier bereits an der erforderlichen Ursächlichkeit dieser angeblichen Fehlinformation für die Versäumung der Meldefrist, weil der Kläger nämlich schon nach eigenem Sachvortrag den Brief am Folgetag der ärztlichen Feststellung zur Post gegeben hatte, sodass er bei einem regelmäßigen Verlauf mit einem rechtzeitigen Zugang des Briefs innerhalb der Wochenfrist rechnen konnte. Hieran ändert auch die angeführte Tatsache nichts, dass er unter Berücksichtigung des in dem Berechnungsbeispiel geschilderten „Beginns der Wochenfrist am 30. September“ in dem vorliegenden Fall davon ausgehen konnte bzw. tatsächlich ausgegangen sei, dass die Wochenfrist in seinem Fall erst am 7. Dezember 2017 begonnen habe. Mit aller Deutlichkeit ist vielmehr festzustellen, dass in dem vorliegenden Fall für die Fristüberschreitung gerade nicht die in dem Merkblatt enthaltene Information über die Berechnung und insbesondere den Beginn der Meldefrist, sondern tatsächlich eine unvorhergesehene, der Beklagte gerade nicht zurechenbare, Verzögerung der Briefbeförderung ursächlich war. Bei dieser Sachlage lag daher kein, den verspäteten Zugang, heilender Ausnahmefall vor.

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f) Schließlich ist dem Kläger wegen der Versäumung der Meldefrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zwar bestimmt § 27 Abs. 1 S. 1 SGB X, dass demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Eine Wiedereinsetzung ist hier jedoch gemäß § 27 Abs. 5 SGB X unzulässig. Danach ist eine Wiedereinsetzung unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. Zwar enthält § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ausweislich seines Wortlauts keine Regelung, die bei einer Versäumung der rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit eine Wiedereinsetzung ausschließt. Dies ist jedoch für den Ausschluss der Wiedereinsetzung nicht zwingend, sondern es ist allgemein anerkannt, dass die Regelung des § 27 Abs. 5 SGB X auch dann eingreift, wenn sich durch Auslegung einer Vorschrift zeigt, dass es sich um eine materiell-rechtliche absolute Ausschlussfrist handelt. Dies ist dann der Fall, wenn sich aus dem Wesen der Frist ergibt, dass Ziel und Zweck der jeweiligen Fristbestimmung und der ihr zugrundeliegenden Interessenabwägung der Ausschluss der Wiedereinsetzung ist (vgl. z.B. Franz in: jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 27, Rn. 49 m. w. N.). So verhält es sich hier, weil eine Wiedereinsetzung mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V unvereinbar ist. Diese Regelung bezweckt, der Krankenkasse zeitnahe Kenntnis vom Eintritt bzw. dem Bestehen von Arbeitsunfähigkeit zu geben, um deren Voraussetzungen rechtzeitig – ohne die typischen Erschwerungen nachträglicher Feststellungen, insbesondere Beweisschwierigkeiten – zu prüfen (Noftz, a.a.O., Rn. 14). Sie soll – wie das BSG in dem bereits angeführten Urteil vom 8. Februar 2000 sowie auch in der Folgezeit immer wieder bekräftigt hat - die Krankenkasse davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, und ihr die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher ausgeschlossen (ebenso Noftz, a.a.O., § 49 Rn. 63 unter Verweis auf BSGE 29, 271, 273 und BSGE 52, 254, 257). Auch der inzwischen zuständige 3. Senat hat in dem bereits mehrfach angeführten Urteil vom 25. Oktober 2018 bekräftigt, dass es sich bei der Wochenfrist, innerhalb derer die Meldung der Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Krankenkasse erfolgen muss, mit Rücksicht auf die oben angeführten Argumente um eine Ausschlussfrist handelt (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2018 – B 3 KR 23/17 R = SozR 4-2500 § 49 Nr. 8, Rn. 18).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache.

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4. Das Rechtsmittel der Berufung bedurfte hier gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG einer ausdrücklichen Zulassung durch das Sozialgericht, weil der geltend gemachte Zahlungsanspruch den dortigen Grenzbetrag von mindestens 750,00 € unterschreitet und auch keine laufenden Leistungen von mehr als einem Jahr im Streit sind. Die Kammer hat hier die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil – soweit ersichtlich – bislang weder seitens des LSG M-V noch des BSG über die konkrete Berechnung, insbesondere über den tatsächlichen Beginn der Meldefrist, entschieden worden ist. Die hier streitige Rechtsfrage hat insbesondere deshalb auch unter Berücksichtigung der ab dem 11. Mai 2019 erfolgten Neuregelungen im Bereich der Krankengeldzahlung bzw. Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs und der Mitgliedschaft bei gleichzeitigem Ruhen der Krankengeldzahlung nach wie vor die Bedeutung der Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V erhalten bleibt und die durch das SG Schwerin abweichend vertretene Rechtsauffassung zum Zeitpunkt des Beginns der Meldefrist in dem vorliegenden Falle zu einem Zahlungsanspruch des Klägers führen würde.

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