Beschluss vom Sozialgericht Ulm - S 1 A 2892/04 ER

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 27.09.2004, mit dem diese die Genehmigung des 4. Satzungsnachtrags der Antragstellerin vom 14.07.2004 zu Art. I Ziff. 2 der Satzung abgelehnt hat.
Der Verwaltungsrat der Antragstellerin hatte in einer außerordentlichen Sitzung vom 14.07.2004 beschlossen, seinen Beschluss vom 17.03.2004 zu Tagesordnungspunkt 5 zum 1. Nachtrag zur Satzung betreffend Art. 1 Ziff. 2 und Art. 2 Satz 2 aufzuheben und in § 34 der Satzung den allgemeinen Beitragssatz auf 13,5 vom Hundert (v. H.), den erhöhten Beitragssatz auf 15,5 v. H. und den ermäßigten Beitragssatz auf 12,6 v. H. ab 01.10.2004 festzusetzen (auf die Nennung des erhöhten bzw. ermäßigten Beitragssatzes wird in den weiteren Ausführungen verzichtet). Die Antragsgegnerin hat die Genehmigung versagt.
In diesem Verfahren (S 1 A 2892/04 ER) begehrt die Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, ihr die Erhebung eines allgemeinen Beitragssatzes von 13,5 v. H. ab 01.10.2004 zu genehmigen, hilfsweise die Genehmigung für die Dauer eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraums auszusprechen. Eine Hauptsache ist derzeit nicht anhängig.
Die Antragstellerin ist eine bundesweit tätige ... mit knapp ... Mitgliedern, einschließlich Rentner. Zum 01.01.2004 hatte die ... (alt) mit der ... – die ... und der ... fusioniert (§ 168 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V). Seit dem 01.01.2004 erhebt die Antragstellerin einen allgemeinen Beitragssatz von 13,9 %.
Der Verwaltungsrat der Antragstellerin hatte am 17./18.03.2004 erstmals zum 01.05.2004 die Senkung der Beitragssätze von 13,9 v. H. auf 13,5 v. H. beschlossen; die Antragsgegnerin versagte mit Bescheid vom 07.05.2004 die Genehmigung. Die Antragstellerin hatte dagegen beim Sozialgericht (SG) Ulm am 11.05.2004 sowohl Klage erhoben (S 1 A 1383/04) und zugleich beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu einer entsprechenden Entscheidung zu verpflichten (S 1 A 1372/04 ER). Dieser Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde durch Beschluss des SG Ulm vom 21.05.2004 abgelehnt. Die Entscheidung blieb unangefochten.
In dem Hauptsacheverfahren S 1 A 1383/04 fand am 28.06.2004 ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten statt, eine Einigung wurde nicht erzielt. Am 30.06.2004 gingen der Antragsgegnerin die Prüfberichte der ... – Prüfung der Jahresrechnungen 2003 gemäß § 31 SVHV der ... (alt), der ... und der ... – zu. Danach wiesen die drei Kassen zusammen im Jahr 2003 bei ... Mitgliedern und beitragspflichtige Einnahmen (AKV und Rentner) von ... EUR einen Gesamtverlust von über .... EUR aus (Einnahmen von .... EUR und Ausgaben von .... EUR).
Am 14.07.2004 folgte eine außerordentliche Verwaltungsratsitzung der Antragstellerin, in welcher – wie bereits dargestellt – beschlossen wurde, die Entscheidung vom 17./18.03.2004 zur Beitragssatzsenkung zum 01.05.2004 zurückzunehmen und einen entsprechenden Beschluss für die Zeit ab 01.10.2004 zu fassen. Das beim SG Ulm anhängige Klageverfahren S 1 A 1383/04 wurde daraufhin am 22.07.2004 von der Antragsgegnerin und am 22.09.2004 von der Antragstellerin in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Mit Schreiben vom 15.07.2004 beantragte die Antragstellerin die Genehmigung des 4. Nachtrags zur Satzung gemäß § 195 SGB V und übersandte der Antragsgegnerin die "vierteljährliche Statistik über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen der gesetzlichen Krankenversicherung (KV 45) – Teil I zum Stichtag 30.06.2004 (getrennt nach West und Ost)" und die fortgeschriebene Einnahmen-/Ausgabenentwicklung sowie die Übersichten der Kreditentwicklung bis August 2004. Danach war als Kreditlimit (aus 2003) weiterhin der Betrag von ... EUR einzuhalten, woraus sich bis zum 31.12.2004 eine Kredittilgungsverpflichtung in Höhe von .... EUR ergibt (darüber besteht unter den Beteiligten kein Streit). Bis einschließlich Juli 2004 sind in den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen tatsächliche Einnahmen von ... EUR und tatsächliche Ausgaben von ... EUR ausgewiesen. Unter der Annahme eines allgemeinen Beitragssatzes von 13,5 v. H. ab Oktober 2004 berechnet die Antragstellerin bis einschließlich Dezember 2004 bei den Einnahmen den Betrag von ... EUR und bei den Ausgaben einen solchen von ... EUR, also einen Überschuss von ... EUR zum 31.12.2004. Nach der Finanzstatistik KV 45, Zweites Quartal 2004 für die Antragstellerin ergab sich ein Bedarfssatz von 13,62 v. H. Nach den Kreditmeldungen für die Monate Juli 2004 und August 2004 lag die höchste Inanspruchnahme mit ... EUR am 06.07.2004 bzw. ... EUR am 05.08.2004 – bei einer durchschnittlichen Inanspruchnahme von ... EUR pro Tag im Juli 2004 und ... EUR pro Tag im August 2004.
Mit Bescheid vom 27.09.2004 lehnte die Antragsgegnerin die Genehmigung der Änderung von Art. 1 Ziff. 2 der Satzung ab. In der Begründung führt sie aus, sie habe im Rahmen der Erörterungen über die Ablehnung der zunächst zum 01.05.2004 beschlossenen Beitragssatzsenkung die Prüfung einer Beitragssatzsenkung zum 01.10.2004 zugesagt, sobald die Finanzstatistik KV 45 für das erste Halbjahr 2004 und die Ergebnisse des Schätzerkreises zum Risikostrukturausgleich (RSA – Schätzerkreis) aus der Septembersitzung vorlägen. Danach werde für das Jahr 2004 ein Ausgleichsbedarfssatz (Bund) von 12,81 v. H. und für das Jahr 2005 von 12,92 v. H. erwartet. Der Beschluss des Verwaltungsrats verletze die Bestimmungen des § 220 Abs. 1, Abs. 4 i. V. m. § 222 Abs. 5 SGB V. Die Antragstellerin müsse das Jahr 2004 mit einem Einnahmenüberschuss von ... EUR abschließen, um den nach § 222 Abs. 5 SGB V geforderten Anteil zur Schuldentilgung zu erreichen. Soweit die Antragstellerin vorbringe, selbst mit einer Beitragssatzsenkung zum 01.10.2004 einen Einnahmenüberschuss von über ... EUR zu erzielen, beruhe dies auf Prognosen, die weder von den Ergebnissen der Halbjahresrechnung 2004 noch von den bisherigen Finanzergebnissen gestützt würden und auch mit den Einschätzungen der Fachleute der Spitzenverbände der Krankenkassen nicht in Einklang zu bringen seien. Ausweislich der amtlichen Statistik KV 45 habe die Antragstellerin für das erste Halbjahr einen Einnahmeüberschuss von rund ... EUR erzielt, daraus lasse sich für das erste Halbjahr 2004 ein ausgabendeckender Beitragssatz vom 13,6 v. H. berechnen. Zuzüglich des Anteils zur Schuldentilgung würde mit dem aktuellen Beitragssatz von 13,9 v. H. exakt die geforderte Schuldentilgung bis zum Jahresende erreicht. Dies decke sich mit dem Ergebnis einer auf der Jahresrechnung 2003 basierenden Bedarfssatzkalkulation. Die Prognose der Antragstellerin stütze sich auf die Erwartung, das zweite Halbjahr 2004 werde deutlich ertragsreicher, weil die Ausgaben geringer und die Einnahmen wesentlich höher seien als im ersten Halbjahr; diese Prognose sei mit erheblichen Annahmerisiken behaftet. Es sei abgesehen von dem bereits in dem Vorprozess ausführlich diskutierten Ergebnis für das Jahr 2003 (worauf Bezug genommen wurde) damit zu rechnen, dass die GMG-bedingten Entlastungen in der zweiten Jahreshälfte 2004 zurückgingen, da verstärkt Versicherte von der Zuzahlung befreit würden. Man gehe allgemein von einer Abschwächung des Rückgangs der Leistungsausgaben gegenüber dem Vorjahr aus. Die Antragstellerin habe ferner damit zu rechnen, dass mit dem sogenannten RSA-Zwischenausgleich eine Zahlungsverpflichtung verbunden sei. Es sei zwar richtig, dass die Krankenkassen im Rahmen der Beitragssatzkalkulation eine Einschätzungsprärogative bei der Beurteilung der Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben hätten. Hier müsse sich die Antragstellerin jedoch an der in Frage zu stellenden Verlässlichkeit ihrer Prognosen in der Vergangenheit messen lassen. Die realisierte Finanzlage sei in den vergangenen Jahren immer deutlich schlechter als die ursprünglich prognostizierte ausgefallen. Eine Krankenkasse müsse bei der Bewertung von Annahme- und Prognoserisiken auf das vom Gesetz als schutzwürdig erachtete Interesse des Verbandes, dem sie angehöre, an einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Vermögens- und Finanzlage einerseits und am Erhalt der Vermögenssubstanz andererseits Rücksicht nehmen. Aufgrund ihrer Größe stelle das Vermögen der Antragstellerin faktisch die gesamte Haftungssubstanz des Arbeiterersatzkassenverbandes (AEV) dar. Das Gläubigerschutzprinzip müsse berücksichtigt werden. Der prognostizierte Überschuss sei mit dem Halbjahresergebnis nicht zu begründen. Das Vorsichtsprinzip sei nicht beachtet. Das ab 01.01.2004 geltende GKV-Modernisierungsgesetz enthalte klare Vorschriften zum Abbau von Schulden und zum Verbot von weiteren Darlehensaufnahmen, mithin Regelungen, die den Prognosespielraum verschuldeter Krankenkassen deutlich einengten. Eine auch nur vorübergehend von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Beitragsgestaltung werde auch nicht durch mögliche Vorteile im Wettbewerb zwischen gesetzlichen Krankenkassen gerechtfertigt. Bei einer Beitragssatzsenkung sei eine Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin zu befürchten.
10 
Mit dem am 29.09.2004 beim SG Ulm eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung führt die Antragstellerin aus, dieser auf § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützte Antrag sei zulässig und begründet. Er sei nicht deswegen unzulässig, weil mit ihm die Hauptsache vorweggenommen werde. Das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung gelte nämlich dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig sei und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spreche. Dies sei der Fall. Eine andere Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen, als in Form des gestellten Antrags, stehe ihr nicht zur Verfügung. Bis zum Vorliegen einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren würden sie und die bei ihr Versicherten einen unzumutbaren Nachteil erleiden. Es spreche ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache.
11 
Ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch seien gegeben.
12 
Das Recht, den Beitragssatz durch Satzung zu regeln, unterliege ihrer Autonomie. Die Genehmigung dürfe nur versagt werden, wenn die beantragte Satzungsänderung formell oder materiell rechtswidrig sei, beides sei nicht der Fall. Sie habe der Antragsgegnerin am 08.12.2003 einen Haushaltsplan vorgelegt, der nicht beanstandet worden sei. Auf der Grundlage des Haushaltsplans habe die Beitragssatzbemessung zu erfolgen. Sie habe bereits in den vorangegangenen Verfahren ausgeführt und dargelegt, dass nach dem verbindlichen Haushaltsplan ein allgemeiner Beitragssatz von 13,9 v. H. für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 30.04.2004 und ein solcher von 13,5 v. H. für die Zeit ab 01.05.2004 kostendeckend sei; das gelte auch weiterhin. Das nach § 222 Abs. 4 und 5 SGB V erforderliche, mit dem AEV abgestimmte Sanierungskonzept liege vor. Die beantragte Genehmigung der Satzungsänderung sei zu erteilen.
13 
Auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse des ersten Halbjahres 2004 ergebe sich, dass der allgemeine Beitragssatz von 13,5 v. H. ab 01.10.2004 unter Berücksichtigung der Vorschriften des GMG kostendeckend sei. Würde der Beitragssatz von 13,9 v. H. beibehalten, ergäbe sich bis zum Jahresende ein Überschuss von ... EUR, was bedeute, dass sie das Kreditvolumen im Jahr 2004 um 54 v. H. reduzieren würde anstelle der im GMG vorgeschriebenen 25 v. H.. Ein unveränderter Beitragssatz von 13,9 v. H. würde damit gegen die ihr auferlegte Verpflichtung zur Beitragssatzermäßigung verstoßen. Dieses Ergebnis würde bei einer Beitragssenkung ab Oktober 2004 vermieden. Es sei eine Unterstellung, wenn die Antragsgegnerin davon ausgehe, dass sich das zweite Halbjahr genauso entwickle wie das erste Halbjahr 2004. In den vergangenen Jahren sei das Ergebnis des zweiten Halbjahres jeweils deutlich besser als das Ergebnis des ersten Halbjahres gewesen, was sie für die Jahre 2000 bis 2003 belegen könne. Sie teile die Einschätzung der Antragsgegnerin nicht, dass die GMG-bedingten Entlastungen in der zweiten Jahreshälfte zurückgehen würden. Aus den Daten für den RSA-Zwischenausgleich für das erste Halbjahr 2004 sei eine Nachzahlung von ... EUR für sie zu errechnen. Diese Nachzahlung sei geringer als die ursprünglich geplante. Die bisher im Jahr 2004 erfassten Berechnungen würden bis zum 31.12.2004 keine relevanten Abweichungen der Ist-Ergebnisse von der Planung belegen. Für das Jahr 2005 sei die Entwicklung durch die beabsichtigten Gesetzesänderungen (Neuregelung Zahnersatz und Erhebung eines Sonderbeitrags für die Arbeitnehmer) nicht abschließend kalkulierbar; sie halte jedoch auch im Jahr 2005 einen Beitragssatz von 13,5 v. H. durchaus für kostendeckend. Eine präzise Berechnung könne erst bei Vorliegen zuverlässiger Faktoren vorgenommen werden. Ihre der Antragsgegnerin offengelegte Ist-Soll-Berechnung bestätigte eine realistische Einschätzung. Eine Zahlungsunfähigkeit werde herbeigeredet. Im Einzelnen seien die Ansätze des Rechenwerks von der Antragsgegnerin nicht substantiiert bestritten worden.
14 
Es bestehe auch ein Anordnungsgrund. Sie habe einen Anspruch darauf, die Beitragssenkung auf 13,5 v.H. ab 01.10.2004 genehmigt erhalten, anderenfalls würde sie einen nicht hinnehmbaren Wettbewerbsnachteil mit den mit ihr konkurrierenden Krankenkassen erleiden. Durch eine rückwirkende Beitragssatzsenkung könnten neue Mitglieder nicht hinzugewonnen und ein Verlust an Mitgliedern nicht mehr wettgemacht werden. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens sei ihr nicht zuzumuten.
15 
Die Antragstellerin legt in Ergänzung ihres Vorbringens aus den abgeschlossenen Verfahren S 1 A 1372/04 ER und S 1 A 1383/04 u.a. vor:
16 
- 4. Nachtrag zur Satzung vom 01.01.2004,
17 
- Schreiben vom 15.07.2004 an die Antragsgegnerin
18 
- Schreiben vom 17.08.2004 mit der KV 45 zum Stichtag 30.06.2004 und die bis Ende Juli 2004 fortgeschriebenen Einnahmen-/Ausgabenentwicklung (West und Ost) bei einem Beitragssatz von 13,9 v.H. bis 09/2004 und 13,5 v.H. ab 10/2004.
19 
- Kreditmeldung für die Monate Mai, Juli und August 2004
20 
Die Antragstellerin beantrag,
21 
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, ihr die Erhebung eines Beitragssatzes von allgemein 13,5 v.H. bzw. erhöht 15,5 v.H. und ermäßigt 12,6 v.H. ab 01.10.2004 zu genehmigen,
22 
hilfsweise,
23 
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, ihr für die Dauer eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraums die Erhebung eines Beitragssatzes von allgemein 13,5 v.H. bzw. erhöht 15,5 v.H. und ermäßigt 12,6 v.H. ab 01.10.2004 zu genehmigen.
24 
Die Antragsgegnerin beantragt,
25 
den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zurückzuweisen.
26 
Zum einen bezieht sie sich auf die Ausführungen im Versagungsbescheid vom 27.09.2004. Zum anderen verweist sie auf die Ausführungen des vormaligen Hauptsacheverfahrens S 1 A 1383/04 und die Ausführungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 1 A 1372/04 ER. Auch der neuerliche Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sei als unbegründet zurückzuweisen, die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, die beantragte vorläufige Regelung sei eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
27 
Nach der Formel "Bedarfssatz 2003 plus Anteil Schuldentilgung plus ABS – Veränderung 2004 zu 2003" ergebe sich ein ausgabendeckender Beitragssatz von 13,9 v. H. für das Jahr 2004. Die Antragstellerin habe nämlich praktisch keinen Spielraum, ihre Einnahmen und Ausgaben zu beeinflussen. Aufgrund ihrer hohen und relativ konstanten Versichertenzahl müssten sich die Einnahmen und Ausgaben nach dem "Gesetz der großen Zahl" in etwa mit dem Durchschnitt aller gesetzlichen Krankenkassen entwickeln. Dies sei eine sehr geeignete Prüfmethodik. Die Antragstellerin stütze die Überlegungen zum Jahresergebnis 2004 teilweise auf Geschäftsvorfälle, die wirtschaftlich dem Jahr 2003 zuzuordnen seien. Auf dieser Grundlage könne wohl kaum eine valide Aussage zu den Einnahmen und Ausgaben des Jahres 2004 getroffen werden. Aus der Tendenz der vorvergangenen Jahre lasse sich keine Aussage für das laufende Jahr ablesen. Das Jahr 2004 erlebe eine atypische Entwicklung aufgrund der in der ersten Jahreshälfte extrem hohen, sich im Jahresverlauf aber wieder abschwächenden, nicht auszuschließenden GMG-bedingten Entlastungen. Nach ihrem auch auf die Prognose der jüngsten Schätzerkreis-Sitzung gestützten Kenntnisstand sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin nach einer Beitragssatzsenkung den zwingend vorgeschriebenen Schuldenabbau nicht erreichen werde. Diese Einschätzung werde durch die voraussichtliche Entwicklung des Jahres 2005 bestätigt. Aus Sicht aller Krankenkassen sei bei einer unterjährigen Beitragssatzsenkung im laufenden Jahr besondere Vorsicht geboten, weil eine zu weitgehende Beitragssenkung eine Beitragssatzanhebung zum Jahreswechsel mit sich bringe.
28 
Ein Anordnungsgrund bestehe nicht. Die Antragstellerin liege mit ihrem derzeitigen Beitragssatz von 13,9 v. H. aktuell unter dem durchschnittlichen Beitragssatz aller Krankenkassen, der zur Zeit 14,22 v. H. betrage. Auch der erneute Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zurückzuweisen.
29 
Die Antragsgegnerin legt zu den bereits aus den vorangehenden Verfahren noch vorliegenden Verwaltungsakten die zwischenzeitlich angefallenen weiteren Verwaltungsakten vor; ferner
30 
- Erläuterungen zum RSA-Schätztableau des Gemeinsamen Schätzerkreises GKV vom 08.09.2004
31 
- Übersicht Berechnungsfaktoren nach Schätzerkreis 08.09.2004.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze in diesem neuerlichen Verfahren S 1 A 2892/04 ER sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Vorverfahren S 1 A 1372/04 ER und S 1 A 1383/04 einschließlich der dort von den Beteiligten vorgelegen Unterlagen und Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
33 
Der gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG gestellte Antrag vom 29.09.2004 ist zulässig. Dass (jedenfalls bisher) kein Rechtsstreit in der Hauptsache anhängig ist, steht der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen (vgl. § 86 b Abs. 3 SGG). Ein Antrag nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 926 Zivilprozessordnung (ZPO) ist nicht gestellt.
34 
Die allgemeinen Prozessvoraussetzungen liegen vor. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht. Der Antrag führt teilweise zum Erfolg.
35 
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 86 b, Rn. 29 ff. m. w. H.). Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ihm aus dem Rechtsverhältnis ein Recht zusteht, für das wesentliche Gefahren drohen (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O.). Zwar darf die einstweilige Anordnung des Gerichts grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen, es kann aber im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst ein Rechtsschutz nicht erreicht und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre (vgl. Meyer-Ladeweg, SGG, § 86 b, Rn. 31 m. w. H.). Dies ist hier teilweise bzw. für die Zeit bis zum Ende des Jahres 2004 der Fall.
36 
Einstweilige Anordnungen setzen nach herrschender Rechtsprechung und Literatur einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch voraus; beides ist glaubhaft zu machen. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens die wegen des Eilbedarfs notwendige summarische Überprüfung der Rechtslage eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren ergibt, wobei Rechtsfragen nur vorläufig entschieden werden, was unter dem Vorbehalt der Überprüfung im Hauptsacheverfahren geschieht. Rechtsfragen sind nicht vertiefend zu behandeln; das Gericht kann die Entscheidung aufgrund einer Interessenabwägung fällen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 86 b Rn. 40 m. H. auf BVerfG NVwZ-RR 01, 694).
37 
Unter Beachtung vorstehender Vorgaben erfüllt der Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung diese Anforderungen nur teilweise, weil nach der gebotenen summarischen Überprüfung allenfalls für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 Überwiegendes dafür spricht, dass die Versagung der Genehmigung teilweise rechtswidrig ist, weshalb die entsprechende Regelungsanordnung durch das Gericht zu erfolgen hat. Darüber hinaus – für die Zeit ab 01.01.2005 – kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht für ein Obsiegen in der Hauptsache gesehen werden. Der Bescheid vom 27.09.2004 erweist sich bei summarischer Prüfung für drei Monate als rechtswidrig, die Antragsgegnerin hätte die Genehmigung zunächst aussprechen müssen.
38 
Der Beschluss des Verwaltungsrat der Antragstellerin zu Beitragssatzsenkung verletzt keine zu beachtenden Bestimmungen. Nach § 220 Abs. 1 SGB V sind die Beiträge so zu bemessen, dass sie zusammen mit den sonstigen Einnahmen die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben und die vorgeschriebene Auffüllung der Rücklage decken. Für die Bemessung sind der Betrag der vorgesehenen Einnahmen um den zu Beginn des Haushaltsjahres vorhandenen Betriebsmittelüberschuss und der Betrag der vorgesehenen Ausgaben und die erforderliche Auffüllung des Betriebsmittelbestandes zu erhöhen. § 220 Abs. 4 SGB V bestimmt, dass ein Großteil der durch das GMG erzielten Entlastungen für Beitragssatzsenkungen zu verwenden ist.
39 
Zugleich aber ist den Krankenkassen, die – wie die Antragstellerin – bis zum 31.12.2003 Darlehen zum Haushaltsausgleich aufgenommen haben, in § 222 Abs. 5 SGB V aufgegeben, die Verschuldung spätestens bis zum 31.12.2007 jährlich zu mindestens einem Viertel abzubauen. Darlehensaufnahmen nach dem 31.12.2003 sind nicht zulässig.
40 
Der Beschluss des Verwaltungsrats der Antragstellerin hat diese Bestimmungen nicht missachtet. Auch bei der beschlossenen unterjährigen Beitragssatzsenkung wird die Antragstellerin nach dem vorliegenden Zahlungsmaterial in der Lage sein, einen Einnahmenüberschuss von 55,3 Mio. EUR zu erwirtschaften, um den Anteil an Darlehensrückführung – wie in § 222 Abs. 5 SGB V gefordert – bewerkstelligen zu können.
41 
Die von der Antragstellerin vorgelegten Zahlen rechtfertigen die getroffene Entscheidung. Die Einnahmen-/Ausgabenentwicklung 2004 liegt für die ersten sieben Kalendermonate als Ist- und als Plan-Rechnung vor, ab dann Monat für Monat als Plan-Rechnung, jedenfalls für die Monate bis Juli 2004 kann ein direkter Vergleich der Planung mit dem tatsächlichen Ergebnis vorgenommen werden. Das tatsächliche Ergebnis weicht im Bereich des Ist-Ergebnisses nach oben, also in den günstigeren Bereich ab als die Planung, die sich als mithin nicht als unwirtschaftlich oder leichtsinnig oder unrealistisch qualifizieren lässt. Wenn die Antragstellerin für das letzte Quartal des Jahres 2004 eine günstige Prognose annimmt, so ist dies belegt durch ihre Erfahrungen der Vergangenheit – was sie durch den Jahresvergleich belegt hat –, durch die Tatsache der größeren Beitragsdichte im vierten Quartal wegen der höheren Beitragszuflüsse aus dem Weihnachtsgeld oder 13. Gehalt und aus den zu erwartenden Zahlungen der zweiten Rate der Tabaksteuer. Ausweislich der amtlichen Statistik KV 45 hat die Antragstellerin für das erste Halbjahr bereits einen Einnahmeüberschuss von rund ... EUR erzielt. Die Verschuldung ist parallel zu den steigenden Einnahmen in den zurückliegenden Monaten des Jahres 2004 insoweit gesunken, als die Kreditlinie von ... EUR – anders als in den ersten Monaten des Jahres 2004 – in den zuletzt abgelaufenen Monaten an keinem Tag mehr erreicht wurde. War der durchschnittliche Kredit im Juli 2004 noch bei .... EUR pro Tag, verringerte er sich im August 2004 auf ... EUR pro Tag. Die durchschnittliche Kredithöhe ist insgesamt rückläufig. Die Kreditspitze, die im Februar 2004 bei ... EUR, im März 2004 bei ... EUR, im April 2004 bei ... EUR, im Mai 2004 bei ... EUR, im Juni 2004 bei .... EUR, im Juli 2004 bei ... EUR und im August 2004 schließlich bei noch .... EUR lag, entfernt sich zunehmend von der Kreditlimitgrenze von ... EUR. Die Tage, an denen die Antragstellerin ohne Kreditinanspruchnahme ihre Ausgaben erfüllen kann, nehmen zu, wie dies die von ihr vorgelegten Unterlagen klarstellen.
42 
Hinzukommt, dass die Antragstellerin weniger als geplant oder von ihr zunächst erwartet für den RSA-Zwischenausgleich aufwenden muss. Bei diesen Vorgaben unter Berücksichtigung des mit dem AEV abgestimmten Sanierungskonzepts ist die Prognose der Antragstellerin für die Zeit ab 01.10.2004 nachvollziehbar und schlüssig. Die Argumentation, die Prognose sei mit erheblichen Annahmerisiken behaftet, ist aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, auch nicht aus den gesamten Akten der Antragsgegnerin. Der als Gegenargument von der Antragsgegnerin ins Feld geführte Ausgabenüberschuss des Jahres 2003 ist in dem Gesamtkredit enthalten, er kann ein weiteres Mal nicht angesetzt werden. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass die GMG-bedingten Entlastungen in der zweiten Jahreshälfte zurückgehen würden, weil verstärkt Versicherte von der Zuzahlung befreit würden, ist durch die Antragsgegnerin nicht belegt. Die Antragstellerin ist auf die Zahlungsverpflichtung aus dem RSA eingestellt und hat ihre Planung darauf bezogen. Die seit langem stabile Zahl an Mitgliedern einerseits und Versicherten andererseits rechtfertigt die Prognose auch unter dem Gesichtspunkt des Gesetzes der großen Zahl. Die angesprochene Einbindung in den AEV ist kein Argument, die Antragstellerin steht zu ihrer Verpflichtung aus dem RSA. Dass die Antragstellerin das Vorsichtsprinzip verletzt und das Gläubigerschutzprinzip nicht berücksichtigen würde, ist nicht erkennbar.
43 
Nach § 195 Abs. 1 SGB V bedarf die Satzung zwar der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde, also durch die Antragsgegnerin. Die Genehmigung der Satzung und auch der Satzungsänderung ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Es hat eine Rechts-, nicht jedoch eine Zweckmäßigkeitsprüfung zu erfolgen. Die Rechtsprüfung hat sich darauf zu erstrecken, ob die Satzung bzw. die beschlossene Änderung der Satzung verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommen ist (vgl. dazu § 197 SGB V), den erforderlichen Mindestinhalt hat (§ 194 Abs. 1 SGB V) und frei von einem Verstoß gegen höherrangiges Recht oder eine Zwecküberschreitung ist. Sind diese drei Punkte zu bejahen, muss die Genehmigung erteilt werden, weil eben eine Zweckmäßigkeitskontrolle durch die Aufsichtsbehörde nicht stattfindet (vgl. Peters in KassKomm, § 195 SGB V Rn. 4 m. w. H.). Die drei Punkte sind erfüllt.
44 
Bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Überprüfung lässt sich die Pflicht der Antragsgegnerin feststellen, die begehrte Satzungsgenehmigung zu § 34 der Satzung zu erteilen. Grundlage der vorzunehmenden Rechtsprüfung sind – wie dargelegt – die Bestimmungen der §§ 220, 222 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung. Die Antragstellerin hat sämtliche ihr vorliegenden Informationen ihrem Verwaltungsrat bei der Sitzung Mitte Juli 2004 zur Verfügung gestellt, woraufhin der Verwaltungsrat den Beschluss gefasst hat, die Beitragssatzsenkung zum 01.10.2004 vorzunehmen. Dabei hat der Verwaltungsrat eine abgewogene Entscheidung getroffen, anders als zum 01.05.2004. Die von dem Antragsgegnerin vorzunehmende Rechtsprüfung hätte ergeben müssen, dass die Voraussetzung für eine Genehmigung der Satzungsänderung nach § 195 SGB V vorliegen.
45 
In diesem Verfahren steht im Gegensatz zu dem Verfahren S 1 A 1372/04 ER fest, dass jedenfalls die Ablehnung der Genehmigung der beschlossenen Satzungsänderung für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 aufgrund des von der Antragstellerin vorgelegten Zahlenmaterials erteilt werden muss. Die Prognose für das vierte Quartal erscheint schlüssig und plausibel, es ist hinreichend deutlich gemacht, dass es der Antragstellerin gelingen wird, und zwar auch bei einem Beitragssatz von 13,5 v. H. ab Oktober 2004 bis zum 31.12.2004, den Kredit um ... EUR zurückzuführen. Es besteht mithin ein Anordnungsanspruch für die Zeit bis zum 31.12.2004.
46 
Hier ist jedenfalls bis zum 31.12.2004 eine Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes notwendig. Diese Entscheidung ist geboten, d. h. es besteht der Anordnungsanspruch, weil neben dem anderenfalls für die Antragstellerin und ihrer von zutreffenden Überlegungen getragene Entscheidung neben dem zu erwartenden unzumutbaren Nachteil ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für den Erfolg auch in der Hauptsache bejaht werden kann. Auch wenn die Kassen mit ihren Beitragssätzen einen durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz von 14,2 v. H. ansetzen, rechtfertigt dies nicht die Versagung der Genehmigung. Das Argument der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung tritt hier in den Hintergrund. Es ist an das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund weiterhin ein strenger Maßstab anzulegen. Diese Vorgabe wird hier nicht verlassen.
47 
Es ist zwar zutreffend, dass eine Beitragssatzsenkung, die im vorläufigen Verfahren genehmigt wird, irreversibel ist, wenn sich im Hauptsacheverfahren bei genauerer Prüfung, u. U. unter Hinzuziehung von Sachverständigen die Unrichtigkeit der Beitragssatzsenkung oder eine für einen zu frühen Zeitraum beschlossene Beitragssatzsenkung herausstellen sollte. Diese Irreversibilität gilt aber auch, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass die Beitragssatzsenkung zu diesem Termin, den der Verwaltungsrat beschlossen hatte, zu genehmigen gewesen wäre. Weder in dem einen noch in dem anderen Fall sind "Reparaturen" rückwirkend möglich, vielmehr sind die jeweilig eingetretenen Ergebnisse der vorläufigen Regelung allenfalls oder jedenfalls nur zukünftig, und nur bei der Beitragssatzgestaltung in der Folgezeit oder im folgenden Kalenderjahr auszugleichen. Dies tangiert die Einschätzungsprärogative im Rahmen der Satzungsautonomie. Die finanziellen Folgen einer Fehleinschätzung mit den Auswirkungen auf das Verhalten der Mitglieder hat letztendlich die Antragstellerin zu verantworten.
48 
Die Frage der finanziellen Zukunft der Antragstellerin insgesamt, die von der Antragsgegnerin unverändert an einer Beitragssatzsenkung von nur 0,4 Prozentpunkten festgemacht wird, stellt sich bei dem vorliegenden Zahlenmaterial nicht. Einen Beleg für diese Vermutung hat die Antragsgegnerin nicht. Die von der Antragstellerin vorgelegten Zahlen lassen diese Zweifel an der Liquidität aus sich heraus nicht aufkommen.
49 
Die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen zur Liquiditätsentwicklung bis zum 31.12.2004 unter Zugrundelegung eines weiteren Beitragssatzes von 13,9 % einerseits und die entsprechenden vergleichenden Berechnungen bei einem Beitragssatz von 13,5 % für die Zeit ab 01.10.2004 andererseits belegen, dass die Antragstellerin in der Lage ist, die ihr nach § 222 SGB V obliegende Kredittilgung bis Ende 2004 in Höhe von ... EUR zu bewältigen. Dabei sind die Daten des RSA-Schätzerkreises mit eingearbeitet und von der Antragstellerin berücksichtigt. Die von der Antragstellerin vorgetragene Begründung ihrer mutmaßlichen finanziellen Weiterentwicklung ist zumindest für das Jahr 2004 plausibel; sie belegt einerseits ihre Überlegungen mit den Entwicklungen aus den letzten drei Jahren, andererseits mit ihrem von der Antragsgegnerin nicht beanstandeten Haushaltsansatz. Auch finden sich bestätigende Elemente in den Ausführungen zum Risikostrukturausgleich, dort wird ebenfalls davon ausgegangen, dass in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2004 ein etwas abgeschwächter Rückgang bei den Leistungsausgaben zu erwarten ist, dies entspricht der Prognose der Antragstellerin.
50 
Ein Anordnungsanspruch ist für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 gegeben.
51 
Anders ist dies für die Zeit ab 01.01.2005, hier ist ein Anordnungsanspruch nicht dargetan oder glaubhaft gemacht. Es lässt sich ein Anordnungsanspruch schon allein wegen der Vielzahl der Unwägbarkeiten nicht erkennen, die zum großen Teil darin liegt, dass die angedachten und öffentlich diskutierten zahlreichen gesetzlichen Neuregelungen im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung wie zum Zahnersatz, zur erhöhten Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer oder Anhebung der Beitragssätze für Kinderlose in der Pflegeversicherung etc., die bisher nicht verabschiedet bzw. verkündet oder in Kraft getreten sind. Die Antragstellerin selbst führt aus, dass eine präzise Berechnung für die Zeit ab 01.01.2005 erst bei Vorliegen zuverlässiger Faktoren vorgenommen werden könne. Ein Anordnungsanspruch ist insoweit nicht gegeben.
52 
Ausnahmsweise ist hier auch ein Anordnungsgrund für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 zu bejahen, weil es vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin erfüllten gesetzlichen Vorgaben, bei realistisch möglicher Schuldentilgung den darüber hinaus erwirtschafteten Beitragsüberschuss an den Beitragszahler weiterzugeben, der Antragstellerin nicht zugemutet werden kann, in diesem Jahr weiter zuzuwarten, und zwar nicht so sehr, aber auch wegen der von der Antragstellerin ins Feld geführten Wettbewerbsvorteile oder Nachteile. Vielmehr gilt es vorrangig, ihre Mitglieder jedenfalls für das letzte Quartal des Jahres 2004 verlässlich darüber zu informieren, dass das mit den gesetzlichen Neuregelungen der §§ 220, 222 SGB V verfolgte Ziel einer Beitragssatzsenkung durchführbar und geboten ist. Der Mitgliederstamm der Antragstellerin und damit die Antragstellerin ebenfalls haben einen Anspruch darauf, sich auf die geänderte Situation im Bereich der Beitragshöhe einzustellen.
53 
Nach alledem war die Antragsgegnerin im Eilverfahren zu verpflichten, die vom Verwaltungsrat der Antragstellerin beschlossene Beitragssatzänderung jedenfalls vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 zu genehmigen, darüber hinaus war der Antrag abzulehnen.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. mit § 155 VwGO.

Gründe

 
33 
Der gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG gestellte Antrag vom 29.09.2004 ist zulässig. Dass (jedenfalls bisher) kein Rechtsstreit in der Hauptsache anhängig ist, steht der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen (vgl. § 86 b Abs. 3 SGG). Ein Antrag nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 926 Zivilprozessordnung (ZPO) ist nicht gestellt.
34 
Die allgemeinen Prozessvoraussetzungen liegen vor. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht. Der Antrag führt teilweise zum Erfolg.
35 
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 86 b, Rn. 29 ff. m. w. H.). Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ihm aus dem Rechtsverhältnis ein Recht zusteht, für das wesentliche Gefahren drohen (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O.). Zwar darf die einstweilige Anordnung des Gerichts grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen, es kann aber im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst ein Rechtsschutz nicht erreicht und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre (vgl. Meyer-Ladeweg, SGG, § 86 b, Rn. 31 m. w. H.). Dies ist hier teilweise bzw. für die Zeit bis zum Ende des Jahres 2004 der Fall.
36 
Einstweilige Anordnungen setzen nach herrschender Rechtsprechung und Literatur einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch voraus; beides ist glaubhaft zu machen. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens die wegen des Eilbedarfs notwendige summarische Überprüfung der Rechtslage eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren ergibt, wobei Rechtsfragen nur vorläufig entschieden werden, was unter dem Vorbehalt der Überprüfung im Hauptsacheverfahren geschieht. Rechtsfragen sind nicht vertiefend zu behandeln; das Gericht kann die Entscheidung aufgrund einer Interessenabwägung fällen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 86 b Rn. 40 m. H. auf BVerfG NVwZ-RR 01, 694).
37 
Unter Beachtung vorstehender Vorgaben erfüllt der Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung diese Anforderungen nur teilweise, weil nach der gebotenen summarischen Überprüfung allenfalls für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 Überwiegendes dafür spricht, dass die Versagung der Genehmigung teilweise rechtswidrig ist, weshalb die entsprechende Regelungsanordnung durch das Gericht zu erfolgen hat. Darüber hinaus – für die Zeit ab 01.01.2005 – kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht für ein Obsiegen in der Hauptsache gesehen werden. Der Bescheid vom 27.09.2004 erweist sich bei summarischer Prüfung für drei Monate als rechtswidrig, die Antragsgegnerin hätte die Genehmigung zunächst aussprechen müssen.
38 
Der Beschluss des Verwaltungsrat der Antragstellerin zu Beitragssatzsenkung verletzt keine zu beachtenden Bestimmungen. Nach § 220 Abs. 1 SGB V sind die Beiträge so zu bemessen, dass sie zusammen mit den sonstigen Einnahmen die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben und die vorgeschriebene Auffüllung der Rücklage decken. Für die Bemessung sind der Betrag der vorgesehenen Einnahmen um den zu Beginn des Haushaltsjahres vorhandenen Betriebsmittelüberschuss und der Betrag der vorgesehenen Ausgaben und die erforderliche Auffüllung des Betriebsmittelbestandes zu erhöhen. § 220 Abs. 4 SGB V bestimmt, dass ein Großteil der durch das GMG erzielten Entlastungen für Beitragssatzsenkungen zu verwenden ist.
39 
Zugleich aber ist den Krankenkassen, die – wie die Antragstellerin – bis zum 31.12.2003 Darlehen zum Haushaltsausgleich aufgenommen haben, in § 222 Abs. 5 SGB V aufgegeben, die Verschuldung spätestens bis zum 31.12.2007 jährlich zu mindestens einem Viertel abzubauen. Darlehensaufnahmen nach dem 31.12.2003 sind nicht zulässig.
40 
Der Beschluss des Verwaltungsrats der Antragstellerin hat diese Bestimmungen nicht missachtet. Auch bei der beschlossenen unterjährigen Beitragssatzsenkung wird die Antragstellerin nach dem vorliegenden Zahlungsmaterial in der Lage sein, einen Einnahmenüberschuss von 55,3 Mio. EUR zu erwirtschaften, um den Anteil an Darlehensrückführung – wie in § 222 Abs. 5 SGB V gefordert – bewerkstelligen zu können.
41 
Die von der Antragstellerin vorgelegten Zahlen rechtfertigen die getroffene Entscheidung. Die Einnahmen-/Ausgabenentwicklung 2004 liegt für die ersten sieben Kalendermonate als Ist- und als Plan-Rechnung vor, ab dann Monat für Monat als Plan-Rechnung, jedenfalls für die Monate bis Juli 2004 kann ein direkter Vergleich der Planung mit dem tatsächlichen Ergebnis vorgenommen werden. Das tatsächliche Ergebnis weicht im Bereich des Ist-Ergebnisses nach oben, also in den günstigeren Bereich ab als die Planung, die sich als mithin nicht als unwirtschaftlich oder leichtsinnig oder unrealistisch qualifizieren lässt. Wenn die Antragstellerin für das letzte Quartal des Jahres 2004 eine günstige Prognose annimmt, so ist dies belegt durch ihre Erfahrungen der Vergangenheit – was sie durch den Jahresvergleich belegt hat –, durch die Tatsache der größeren Beitragsdichte im vierten Quartal wegen der höheren Beitragszuflüsse aus dem Weihnachtsgeld oder 13. Gehalt und aus den zu erwartenden Zahlungen der zweiten Rate der Tabaksteuer. Ausweislich der amtlichen Statistik KV 45 hat die Antragstellerin für das erste Halbjahr bereits einen Einnahmeüberschuss von rund ... EUR erzielt. Die Verschuldung ist parallel zu den steigenden Einnahmen in den zurückliegenden Monaten des Jahres 2004 insoweit gesunken, als die Kreditlinie von ... EUR – anders als in den ersten Monaten des Jahres 2004 – in den zuletzt abgelaufenen Monaten an keinem Tag mehr erreicht wurde. War der durchschnittliche Kredit im Juli 2004 noch bei .... EUR pro Tag, verringerte er sich im August 2004 auf ... EUR pro Tag. Die durchschnittliche Kredithöhe ist insgesamt rückläufig. Die Kreditspitze, die im Februar 2004 bei ... EUR, im März 2004 bei ... EUR, im April 2004 bei ... EUR, im Mai 2004 bei ... EUR, im Juni 2004 bei .... EUR, im Juli 2004 bei ... EUR und im August 2004 schließlich bei noch .... EUR lag, entfernt sich zunehmend von der Kreditlimitgrenze von ... EUR. Die Tage, an denen die Antragstellerin ohne Kreditinanspruchnahme ihre Ausgaben erfüllen kann, nehmen zu, wie dies die von ihr vorgelegten Unterlagen klarstellen.
42 
Hinzukommt, dass die Antragstellerin weniger als geplant oder von ihr zunächst erwartet für den RSA-Zwischenausgleich aufwenden muss. Bei diesen Vorgaben unter Berücksichtigung des mit dem AEV abgestimmten Sanierungskonzepts ist die Prognose der Antragstellerin für die Zeit ab 01.10.2004 nachvollziehbar und schlüssig. Die Argumentation, die Prognose sei mit erheblichen Annahmerisiken behaftet, ist aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, auch nicht aus den gesamten Akten der Antragsgegnerin. Der als Gegenargument von der Antragsgegnerin ins Feld geführte Ausgabenüberschuss des Jahres 2003 ist in dem Gesamtkredit enthalten, er kann ein weiteres Mal nicht angesetzt werden. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass die GMG-bedingten Entlastungen in der zweiten Jahreshälfte zurückgehen würden, weil verstärkt Versicherte von der Zuzahlung befreit würden, ist durch die Antragsgegnerin nicht belegt. Die Antragstellerin ist auf die Zahlungsverpflichtung aus dem RSA eingestellt und hat ihre Planung darauf bezogen. Die seit langem stabile Zahl an Mitgliedern einerseits und Versicherten andererseits rechtfertigt die Prognose auch unter dem Gesichtspunkt des Gesetzes der großen Zahl. Die angesprochene Einbindung in den AEV ist kein Argument, die Antragstellerin steht zu ihrer Verpflichtung aus dem RSA. Dass die Antragstellerin das Vorsichtsprinzip verletzt und das Gläubigerschutzprinzip nicht berücksichtigen würde, ist nicht erkennbar.
43 
Nach § 195 Abs. 1 SGB V bedarf die Satzung zwar der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde, also durch die Antragsgegnerin. Die Genehmigung der Satzung und auch der Satzungsänderung ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Es hat eine Rechts-, nicht jedoch eine Zweckmäßigkeitsprüfung zu erfolgen. Die Rechtsprüfung hat sich darauf zu erstrecken, ob die Satzung bzw. die beschlossene Änderung der Satzung verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommen ist (vgl. dazu § 197 SGB V), den erforderlichen Mindestinhalt hat (§ 194 Abs. 1 SGB V) und frei von einem Verstoß gegen höherrangiges Recht oder eine Zwecküberschreitung ist. Sind diese drei Punkte zu bejahen, muss die Genehmigung erteilt werden, weil eben eine Zweckmäßigkeitskontrolle durch die Aufsichtsbehörde nicht stattfindet (vgl. Peters in KassKomm, § 195 SGB V Rn. 4 m. w. H.). Die drei Punkte sind erfüllt.
44 
Bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Überprüfung lässt sich die Pflicht der Antragsgegnerin feststellen, die begehrte Satzungsgenehmigung zu § 34 der Satzung zu erteilen. Grundlage der vorzunehmenden Rechtsprüfung sind – wie dargelegt – die Bestimmungen der §§ 220, 222 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung. Die Antragstellerin hat sämtliche ihr vorliegenden Informationen ihrem Verwaltungsrat bei der Sitzung Mitte Juli 2004 zur Verfügung gestellt, woraufhin der Verwaltungsrat den Beschluss gefasst hat, die Beitragssatzsenkung zum 01.10.2004 vorzunehmen. Dabei hat der Verwaltungsrat eine abgewogene Entscheidung getroffen, anders als zum 01.05.2004. Die von dem Antragsgegnerin vorzunehmende Rechtsprüfung hätte ergeben müssen, dass die Voraussetzung für eine Genehmigung der Satzungsänderung nach § 195 SGB V vorliegen.
45 
In diesem Verfahren steht im Gegensatz zu dem Verfahren S 1 A 1372/04 ER fest, dass jedenfalls die Ablehnung der Genehmigung der beschlossenen Satzungsänderung für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 aufgrund des von der Antragstellerin vorgelegten Zahlenmaterials erteilt werden muss. Die Prognose für das vierte Quartal erscheint schlüssig und plausibel, es ist hinreichend deutlich gemacht, dass es der Antragstellerin gelingen wird, und zwar auch bei einem Beitragssatz von 13,5 v. H. ab Oktober 2004 bis zum 31.12.2004, den Kredit um ... EUR zurückzuführen. Es besteht mithin ein Anordnungsanspruch für die Zeit bis zum 31.12.2004.
46 
Hier ist jedenfalls bis zum 31.12.2004 eine Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes notwendig. Diese Entscheidung ist geboten, d. h. es besteht der Anordnungsanspruch, weil neben dem anderenfalls für die Antragstellerin und ihrer von zutreffenden Überlegungen getragene Entscheidung neben dem zu erwartenden unzumutbaren Nachteil ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für den Erfolg auch in der Hauptsache bejaht werden kann. Auch wenn die Kassen mit ihren Beitragssätzen einen durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz von 14,2 v. H. ansetzen, rechtfertigt dies nicht die Versagung der Genehmigung. Das Argument der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung tritt hier in den Hintergrund. Es ist an das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund weiterhin ein strenger Maßstab anzulegen. Diese Vorgabe wird hier nicht verlassen.
47 
Es ist zwar zutreffend, dass eine Beitragssatzsenkung, die im vorläufigen Verfahren genehmigt wird, irreversibel ist, wenn sich im Hauptsacheverfahren bei genauerer Prüfung, u. U. unter Hinzuziehung von Sachverständigen die Unrichtigkeit der Beitragssatzsenkung oder eine für einen zu frühen Zeitraum beschlossene Beitragssatzsenkung herausstellen sollte. Diese Irreversibilität gilt aber auch, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass die Beitragssatzsenkung zu diesem Termin, den der Verwaltungsrat beschlossen hatte, zu genehmigen gewesen wäre. Weder in dem einen noch in dem anderen Fall sind "Reparaturen" rückwirkend möglich, vielmehr sind die jeweilig eingetretenen Ergebnisse der vorläufigen Regelung allenfalls oder jedenfalls nur zukünftig, und nur bei der Beitragssatzgestaltung in der Folgezeit oder im folgenden Kalenderjahr auszugleichen. Dies tangiert die Einschätzungsprärogative im Rahmen der Satzungsautonomie. Die finanziellen Folgen einer Fehleinschätzung mit den Auswirkungen auf das Verhalten der Mitglieder hat letztendlich die Antragstellerin zu verantworten.
48 
Die Frage der finanziellen Zukunft der Antragstellerin insgesamt, die von der Antragsgegnerin unverändert an einer Beitragssatzsenkung von nur 0,4 Prozentpunkten festgemacht wird, stellt sich bei dem vorliegenden Zahlenmaterial nicht. Einen Beleg für diese Vermutung hat die Antragsgegnerin nicht. Die von der Antragstellerin vorgelegten Zahlen lassen diese Zweifel an der Liquidität aus sich heraus nicht aufkommen.
49 
Die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen zur Liquiditätsentwicklung bis zum 31.12.2004 unter Zugrundelegung eines weiteren Beitragssatzes von 13,9 % einerseits und die entsprechenden vergleichenden Berechnungen bei einem Beitragssatz von 13,5 % für die Zeit ab 01.10.2004 andererseits belegen, dass die Antragstellerin in der Lage ist, die ihr nach § 222 SGB V obliegende Kredittilgung bis Ende 2004 in Höhe von ... EUR zu bewältigen. Dabei sind die Daten des RSA-Schätzerkreises mit eingearbeitet und von der Antragstellerin berücksichtigt. Die von der Antragstellerin vorgetragene Begründung ihrer mutmaßlichen finanziellen Weiterentwicklung ist zumindest für das Jahr 2004 plausibel; sie belegt einerseits ihre Überlegungen mit den Entwicklungen aus den letzten drei Jahren, andererseits mit ihrem von der Antragsgegnerin nicht beanstandeten Haushaltsansatz. Auch finden sich bestätigende Elemente in den Ausführungen zum Risikostrukturausgleich, dort wird ebenfalls davon ausgegangen, dass in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2004 ein etwas abgeschwächter Rückgang bei den Leistungsausgaben zu erwarten ist, dies entspricht der Prognose der Antragstellerin.
50 
Ein Anordnungsanspruch ist für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 gegeben.
51 
Anders ist dies für die Zeit ab 01.01.2005, hier ist ein Anordnungsanspruch nicht dargetan oder glaubhaft gemacht. Es lässt sich ein Anordnungsanspruch schon allein wegen der Vielzahl der Unwägbarkeiten nicht erkennen, die zum großen Teil darin liegt, dass die angedachten und öffentlich diskutierten zahlreichen gesetzlichen Neuregelungen im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung wie zum Zahnersatz, zur erhöhten Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer oder Anhebung der Beitragssätze für Kinderlose in der Pflegeversicherung etc., die bisher nicht verabschiedet bzw. verkündet oder in Kraft getreten sind. Die Antragstellerin selbst führt aus, dass eine präzise Berechnung für die Zeit ab 01.01.2005 erst bei Vorliegen zuverlässiger Faktoren vorgenommen werden könne. Ein Anordnungsanspruch ist insoweit nicht gegeben.
52 
Ausnahmsweise ist hier auch ein Anordnungsgrund für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 zu bejahen, weil es vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin erfüllten gesetzlichen Vorgaben, bei realistisch möglicher Schuldentilgung den darüber hinaus erwirtschafteten Beitragsüberschuss an den Beitragszahler weiterzugeben, der Antragstellerin nicht zugemutet werden kann, in diesem Jahr weiter zuzuwarten, und zwar nicht so sehr, aber auch wegen der von der Antragstellerin ins Feld geführten Wettbewerbsvorteile oder Nachteile. Vielmehr gilt es vorrangig, ihre Mitglieder jedenfalls für das letzte Quartal des Jahres 2004 verlässlich darüber zu informieren, dass das mit den gesetzlichen Neuregelungen der §§ 220, 222 SGB V verfolgte Ziel einer Beitragssatzsenkung durchführbar und geboten ist. Der Mitgliederstamm der Antragstellerin und damit die Antragstellerin ebenfalls haben einen Anspruch darauf, sich auf die geänderte Situation im Bereich der Beitragshöhe einzustellen.
53 
Nach alledem war die Antragsgegnerin im Eilverfahren zu verpflichten, die vom Verwaltungsrat der Antragstellerin beschlossene Beitragssatzänderung jedenfalls vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 zu genehmigen, darüber hinaus war der Antrag abzulehnen.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. mit § 155 VwGO.

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