Beschluss vom Verwaltungsgericht Ansbach - AN 18 V 19.50750

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt.

2. Die Vollstreckungsschuldnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Vollstreckungsgläubiger haben ihren am 26. Juli 2019 bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Antrag auf Vollstreckung nach § 172 VwGO mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 2. September 2019 zurückgenommen. Deshalb ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch Beschluss einzustellen und über die Rechtsfolgen der Rücknahme, also über die Verfahrenskosten, zu befinden.

In Abweichung zu § 155 Abs. 2 VwGO ist vorliegend eine Kostenentscheidung zu Lasten der Vollstreckungsschuldnerin nach § 155 Abs. 4 VwGO geboten, denn diese hat durch ihr Verschulden den Rechtsstreit erst verursacht. § 155 Abs. 4 VwGO eröffnet dem Gericht bei der Kostenentscheidung die Möglichkeit, einzelfallbezogen das Verhalten der Beteiligten zu berücksichtigen und die typisierenden Regelungen der §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 2 und 3 VwGO nicht oder modifiziert zur Anwendung kommen zu lassen. Voraussetzung ist immer ein vorprozessuales oder prozessuales Verschulden eines Beteiligten (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 155 Rn. 10 und 13). Auch in Vollstreckungsverfahren nach den §§ 167 ff. VwGO sind die allgemeinen Grundsätze des Urteils- bzw. Beschlussverfahrens anzuwenden, z. B. hinsichtlich der Rücknahme eines Vollstreckungsauftrages, der Erledigung der Hauptsache und der Kostenentscheidung (vgl. hierzu: OVG Saarl, B.v. 20.5.1984 - 2 W 355/84 - juris; VG Freiburg (Breisgau), B.v. 24.4.2014 - A 4 K 807/14 - juris Rn. 3 mit weiteren Nachweisen; VG Ansbach, B.v. 4. Juli 2011 - AN 15 V 11.00986 mit weiteren Nachweisen; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 167 Rn. 3).

Vorliegend hat das Verwaltungsgericht Ansbach die Vollstreckungsschuldnerin mit Beschluss vom 2. Juli 2019 (Az.: AN 18 E 19.50459) im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, sich gegenüber dem griechischen Migrationsministerium, Nationales Dublin-Referat, - unter Aufhebung der mit Schreiben vom 28. Dezember 2018 ergangenen Ablehnung des Übernahmeersuchens des griechischen Migrationsministeriums, Nationales Dublin-Referat, vom 14. Dezember 2018 - für die Prüfung der Asylanträge der Vollstreckungsgläubiger zu 1) bis 4) für zuständig zu erklären. Indem die Vollstreckungsschuldnerin den Beschluss des Gerichts vom 2. Juli 2019 jedenfalls bis zum 26. Juli 2019 als dem Zeitpunkt, zu dem der mit Schriftsatz vom 24. Juli 2019 formulierte Antrag der Vollstreckungsgläubiger nach § 172 VwGO auf Androhung eines Zwangsgeldes bei Gericht einging, nicht umsetzte, liegt ein im Rahmen des § 155 Abs. 4 VwGO beachtliches schuldhaftes vorprozessuales Verhalten der Vollstreckungsschuldnerin vor, welches den vorliegenden Rechtsstreit verursacht hat. Somit sind der Vollstreckungsschuldnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, § 155 Abs. 4 VwGO.

Zwar ist die Frage, wann ein Vollstreckungsgläubiger berechtigt ist, einen Antrag auf Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung zu stellen, im Gesetz nicht klar geregelt. Jedenfalls war der unanfechtbare (§ 80 AsylG) Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. Juli 2019, der Vollstreckungsschuldnerin am gleichen Tage per Fax zugestellt, von der Vollstreckungsschuldnerin zumindest bis zum 26. Juli 2019 umzusetzen. Hierfür spricht, dass weitere Überprüfungen oder Ermessenserwägungen seitens der Vollstreckungsschuldnerin vor Umsetzung des Beschlusses gerade nicht nötig waren. Auch in § 5 Abs. 2 Satz 3 Dublin-Durchführungsverordnung wird eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme als ausreichend erachtet. Weiter war es den Vollstreckungsgläubigern nicht zuzumuten, auf einen Antrag gemäß § 172 VwGO zu verzichten oder mit der Antragstellung noch weiter abzuwarten, denn für die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung ist die nicht disponible Vollzugsfrist des § 123 Abs. 3 i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO zu beachten (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 83). Diese Frist von einem Monat beginnt bei der einstweiligen Anordnung mit der Zustellung der einstweiligen Anordnung an den Vollstreckungsgläubiger, welche am 2. Juli 2019 per Fax erfolgte, zu laufen. Wird die Vollzugsfrist versäumt, wird die einstweilige Anordnung gegenstandslos (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 84). Die Antragstellung am 26. Juli 2019 kann daher nicht als verfrüht angesehen werden, zumal die Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckungsschuldnerin im Vorfeld der Antragstellung mit Schreiben vom 15. Juli 2019 und 23. Juli 2019 auf die noch ausstehende Umsetzung und auf den sonst beabsichtigten Vollstreckungsantrag hingewiesen haben. Der Umstand, dass die Vollstreckungsschuldnerin mit Schreiben vom 30. Juli 2019 den Beschluss des Gerichts vom 2. Juli 2019 noch vor Ablauf der Antragsfrist nach § 123 Abs. 3 VwGO, § 929 Abs. 2 ZPO umgesetzt und den Bevollmächtigten der Vollstreckungsgläubiger am gleichen Tage darüber informiert hat, ändert hieran nichts, denn es war den Vollstreckungsgläubigern nicht zuzumuten, mit der Antragstellung noch weiter abzuwarten. Dahinstehen kann, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vollstreckungsantrages und damit auch für die Frage, ob der Vollstreckungsantrag verfrüht gestellt wurde, derjenige der Antragstellung ist (so VG Freiburg (Breisgau), B.v. 24.4.2014 - A 4 K 807/14, juris Rn. 6 ff.) oder ob es der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Sache bzw. der des Eintritts des erledigenden Ereignisses ist (so VG Freiburg (Breisgau), B.v. 7.6.2017 - A 7 K 2879/17 - juris Rn. 5 ff.), denn bereits im Zeitpunkt der Antragstellung war der Antrag, wie bereits ausgeführt, nicht verfrüht.

Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.

gez.

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