I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verkürzung ihres Genesenenstatus in Folge der am 15. Januar 2022 in Kraft getretenen Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV.
Die nicht geimpfte Antragstellerin verfügt über ein digitales COVID-Zertifikat, ausgestellt vom Robert-Koch-Institut, aus dem hervorgeht, dass sie am 5. November 2021 positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Das Zertifikat weist einen Gültigkeitszeitraum vom 3. Dezember 2021 bis 4. Mai 2022 aus.
§ 2 Nr. 4 und 5 der Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung - SchAusnahmV) vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1), gültig bis 14. Januar 2022, enthielt folgende Regelung:
„Im Sinne dieser Verordnung ist (…)
4. eine genesene Person eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Genesenennachweises ist,
5. ein Genesenennachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vorherigen Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt, (…).“
Mit Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 (BAnz AT 14.01.2022 V1) wurde § 2 Nr. 5 der Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 - COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) - mit Gültigkeit ab 15. Januar 2022 wie folgt gefasst:
„Im Sinne dieser Verordnung ist (…)
ein Genesenennachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, engli-scher, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn der Nachweis den vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse www.rki.de/co-vid-19-genesenennachweis unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft veröffentlichten Vorgaben hinsichtlich folgender Kriterien entspricht:
a) Art der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion,
b) Zeit, die nach der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion vergangen sein muss, oder Nachweis zur Aufhebung der aufgrund der vorherigen Infektion erfolgten Absonderung,
c) Zeit, die die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion höchstens zurückliegen darf.“
Die Internetseite des Robert Koch-Instituts (www.rki.de/covid-19-genesenennachweis) veröffentlicht bei ihren fachlichen Vorgaben für Genesenennachweise unter c, mit Wirkung vom 15. Januar 2022, diesbezüglich:
„[D]as Datum der Abnahme des positiven Tests darf höchstens 90 Tage zurückliegen.“
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2022, beim Verwaltungsgericht Ansbach am 18. Februar 2022 eingegangen, begehrte die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigte einstweiligen Rechtschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO und beantragte,
im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass der Genesenenstatus der Antragstellerin wie im Genesenenzertifikat ausgewiesen bis 04. Mai 2022 fortbesteht und durch die Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV zum 15. Januar 2022 (BAnz AT 14.01.2022 V1) keine Änderung erfahren hat.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin strebe im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes das Ziel der Aufrechterhaltung ihres Genesenenstatus entsprechend dem ausgestellten Genesenenzertifikat an, dieser Rechtsschutz sei sinnvollerweise allein mit einer vorläufigen Feststellung im Wege eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO zu erreichen. Der Antrag sei ausnahmsweise mit dem Ziel der vorläufigen Feststellung möglich, da kein anderer sinnvoller Antrag in Betracht gezogen werde könne und kein anderes Verfahren umgangen werde.
Richtiger Antragsgegner sei der Freistaat Bayern als Träger des Staatlichen Gesundheitsamtes …, welches letztlich die für den Vollzug und die Überwachung zuständige Behörde darstelle. Die vorläufige Feststellung beziehe sich auf eine begehrte Tätigkeit des Gesundheitsamtes, sodass dessen Träger auch richtiger Antragsgegner sei.
Zur Begründung ihres Anordnungsanspruchs verweist die Antragstellerin auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 4.Februar 2022 (3 B 4/22, BeckRS 2022, 1153), sowie die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Februar 2022 (AN 18 S 22.00234, BeckRS 2022, 1734) und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Februar 2022 (VG 14 L 24/22). Die zitierten Verwaltungsgerichte seien übereinstimmend der Ansicht, dass über die Geltungsdauer des Genesenenstatus nach den Verordnungsermächtigungen im Infektionsschutzgesetz die Bundesregierung selbst zu entscheiden habe. Durch die Übertragung dieser Entscheidung an das Robert-Koch-Institut als Bundesoberbehörde seien die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung überschritten worden. Schon deshalb bedürfe es unter anderem keiner Entscheidung, ob die zeitliche Verkürzung von sechs auf drei Monate auf ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe, beziehungsweise hinreichend begründet worden sei.
Ein Anordnungsgrund sei für die Antragstellerin gegeben, da diese seit 5. Februar 2022 faktisch vom öffentlichen Leben in Bayern ausgeschlossen sei. Sie könne seitdem aufgrund § 4 der 15. BayIfSMV keine Restaurants, Schwimmbäder, kulturelle Veranstaltungen etc. besuchen. Zudem sei die Antragstellerin Lehrerin und habe vom 26. Februar 2022 bis 5. März 2022 einen Skiurlaub in Österreich geplant und zu diesem Zweck ein Appartement gebucht. Aufgrund der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 15. Januar 2022 bestehe bei der Einreise nach Deutschland mit Voraufenthalt in einem Hochrisikogebiet die Pflicht, sich für zehn Tage in häusliche Quarantäne zu begeben. Ungeimpfte und ungenesene Personen könnten sich frühestens nach fünf Tagen freitesten, sodass die Antragstellerin ihren Urlaub nicht antreten könne und ihr ein Auslandsaufenthalt faktisch unmöglich sei. Dies stelle einen erheblichen Grundrechtseingriff für die Antragstellerin dar.
Für den Antragsgegner hat sich das Landratsamt …nicht geäußert.
Für den Antragsgegner hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit Schriftsatz vom 22. Februar 2022 Stellung genommen und beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antrag sei richtigerweise nicht gegen den Freistaat Bayern zu richten. Allenfalls sei gegebenenfalls ein Antrag gegen die Bundesrepublik Deutschland denkbar. Dazu verwies der Antragsgegner Auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Februar 2022 (20 CE 22.459, BeckRS 2022, 2392).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat Erfolg.
Die Antragstellerin strebt mit ihrem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes das Ziel der Aufrechterhaltung ihres Status als Genesene an, wie dieser in dem digitalen COVID-Zertifikat ausgesprochen wurde. Dieser Rechtschutz ist sinnvollerweise allein mit einer (vorläufigen) Feststellung im Wege eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO zu erreichen. Da die Antragstellerin aufgrund des digitalen COVID-Zertifikats bereits über einen - aus ihrer Sicht inhaltlich richtigen - Genesenennachweis verfügt, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für die Ausstellung eines neuen, inhaltlich gleichlautenden Nachweises, sondern lediglich im Hinblick auf die gerichtliche Bestätigung des Gültigkeitszeitraumes des Nachweises. Dieser ist abhängig von der jeweils zur Anwendung kommenden Fassung der SchAusnahmV und damit von der Rechtmäßigkeit deren Änderung vom 14. Januar 2022 (BAnz AT 14.01.2022 V1).
Anhaltspunkte dafür, dass der Eilantrag gegen § 2 Nr. 5 SchAusnahmV direkt gerichtet ist, und damit keine Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichts vorläge, sind nicht ersichtlich. Ebenso geht es der Antragstellerin ersichtlich nicht um einstweiligen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen die Fünfzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) vom 23. November 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 816) in der aktuell geltenden Fassung. Denn die Antragstellerin wendet sich nicht gegen die Notwendigkeit einer Vorlage eines Genesenennachweises als solche (vgl. nur §§ 3, 4, 5 15. BayIfSMV), sondern begehrt unter Fortgeltung der einschlägigen Bestimmungen der 15. BayIfSMV eine Entscheidung über ihren Genesenenstatus.
Der Antrag ist zulässig (1) und begründet (2).
1. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden (Satz 2).
Der Antrag ist ausnahmsweise und im Hinblick auf die grundgesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes mit dem Ziel der vorläufigen Feststellung möglich, nachdem ein anderer sinnvoller Antrag hier nicht in Betracht kommt und kein anderes Verfahren umgangen wird (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.20 - 20 CE 1388 - juris; vgl. auch Lindner in Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 3. Auflage 2021, § 18 Rn. 132; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 40 Rn. 66; Pietzcker/Marsch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 41. EL Juli 2021, vor § 42 Rn. 25).
Nach Auffassung der hier erkennenden Kammer besteht ein feststellungsfähiges streitiges Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem zuständigen Gesundheitsamt* … (Landratsamt …*). Unter einem Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts ergeben (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 43 Rn. 11). Im Rahmen der Überprüfung einer Rechtsnorm besteht das streitige Rechtsverhältnis im Regelfall zwischen dem Normadressaten und dem Normanwender (vgl. Sodan / Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 43 Rn. 58 b) f m.w.N.). Bei § 4 der 15. BayIfSMV handelt es sich um eine landesrechtliche Vorschrift, für deren Vollzug und Überwachung das Gesundheitsamt die zuständige Behörde darstellt. Auch für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Hinblick auf Verstöße gegen die Vorschriften der 15. BayIfSMV wäre gemäß § 65 Satz 1 i. V. m. § 87 Abs. 1 Satz 1 Zuständigkeitsverordnung (ZustV) die Kreisverwaltungsbehörde zuständig. Damit begründet sich ein hinreichend konkretes mit Rechten und Pflichten ausgestaltetes Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Gesundheitsamt (so auch VG Halle, Beschluss vom 16.2.2022 - 1 B 41/22 HAL, BeckRS 2022, 2190, VG München, Beschluss vom 22.02.2022 - M 26b E 22.730). Ob wie für den Antragsgegner vorgetragen eine Rechtsschutzmöglichkeit auch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland besteht, kann vorliegend dahinstehen (vgl. auch VG München, Beschl v. 22.02.2022 - M 26b E 22.730).
Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ist auch nicht mangels vorheriger Behördenbefassung entfallen. Zwar hat sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag nicht zuvor an das örtlich zuständige Landratsamt bzw. Gesundheitsamt gewandt, allerdings konnte die Antragstellerin aufgrund der derzeit entgegenstehenden Rechtslage und mangels Normverwerfungskompetenz der Verwaltungsbehörde nicht damit rechnen, dass ihrem Anliegen entsprochen wird, sodass ausnahmsweise ein Rechtsschutzbedürfnis für eine sofortige gerichtliche Inanspruchnahme bestand. Der Antragsgegner hat auch nicht geltend gemacht, dass bei vorheriger Antragstellung beim Landratsamt der gerichtliche Eilantrag hätte vermieden werden können.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Richtiger Antragsgegner ist der Freistaat Bayern als Träger des Landratsamts …, welches als Gesundheitsamt bzw. allgemeine Kreisverwaltungsbehörde die für den Vollzug und die Überwachung zuständige Behörde ist.
Die Begründetheit des Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt voraus, dass ein Antragsteller sowohl das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. seine materielle Anspruchsberechtigung, als auch eines Anordnungsgrundes, d.h. eine besondere Dringlichkeit, glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO. Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht regelmäßig nur vorläufige Entscheidungen treffen und einem Antragsteller noch nicht in vollem Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erstreiten könnte. Im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG gilt dieses Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache jedoch nicht, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile des Antragstellers unzumutbar und in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären sowie ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, der Antragsteller dort also schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden, bloß summarischen Prüfung des Sachverhalts erkennbar Erfolg haben würde (vgl. etwa BVerwG, B.v. 26.11.2013 - 6 VR 3.13 - juris Rn. 5, 7).
Gemessen an diesen Voraussetzungen dringt die Antragstellerin vorliegend mit ihrem Begehren durch.
a) Die Dringlichkeit, d. h. das Bestehen des Anordnungsgrundes, besteht für die Antragstellerin darin, dass sie ohne einen Nachweis über einen Genesenenstatus aufgrund der 2G-Maßnahmen der 15. BayIfSMV von weitgehenden Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen ist und ihr daher ein Zuwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann. Der Antragstellerin drohen ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung unzumutbare und irreversible Nachteile, weil sie ihr Rechtsschutzbegehren ohne die begehrte einstweilige Regelung in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr effektiv durchsetzen kann. Denn in Folge der Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV ab 15. Januar 2022 besteht für die Antragstellerin die Gefahr, dass ihr Genesenenstatus nicht anerkannt wird, da das Datum der Abnahme des positiven Tests am 5. November 2021 im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits länger als 90 Tage zurückliegt.
Darüber hinaus besteht für die Antragstellerin eine besondere Dringlichkeit darin, dass sie vom 26. Februar 2022 bis zum 5. März 2022 einen Skiurlaub in Österreich geplant und zu diesem Zweck ein Appartment gebucht hat. Österreich gilt seit dem 16. Januar 2022 gemäß den Informationen zur Ausweisung internationaler Risikogebiete durch das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium des Innern und für Heimat als Hochrisikogebiet, sodass bei der Rückeinreise nach Deutschland gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Verordnung zum Schutz vor einreisebedingten Infektionsgefahren in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Einreiseverordnung - CoronaEinreiseV) eine Verpflichtung zur Absonderung für einen Zeitraum von zehn Tagen gilt. Eine Freitestung ist für ungeimpfte und nicht genesene Personen erst nach Ablauf von fünf Tagen möglich. Zwar tritt die CoronaEinreiseV ausweislich ihres § 14 am 3. März 2022 und damit während des geplanten Urlaubs der Antragstellerin außer Kraft, allerdings ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Neuregelung bekannt, sodass die Antragstellerin weiterhin mit Einschränkungen im Hinblick auf die Rückeinreise nach Deutschland rechnen muss, insbesondere falls sie plant, bereits vor dem 3. März 2022 zurückzureisen.
b) Vorliegend besteht auch ein Anordnungsanspruch.
Die Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in Folge der Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 (BAnz AT 14.01.2022 V1) ist bei summarischer Prüfung verfassungswidrig, so dass der auf Grundlage des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV, gültig ab 9. Mai 2021 bis 14. Januar 2022, erteilte Genesenennachweis der Antragstellerin wie erteilt weitergilt.
Aufgrund des dynamischen Verweises auf die Internetseite des Robert Koch-Instituts im Hinblick auf die Anforderungen an einen Genesenennachweis, insbesondere zur Festlegung dessen Dauer, erweist sich § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 bei summarischer Prüfung jedenfalls aus folgenden Gründen als verfassungswidrig (so auch VG Osnabrück, B.v. 4.2.2022 - 3 B 4/22 - juris; vgl. zu festgestellten Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit in Folge dynamischer Verweisung auf eine Internetseite BVerfG, B.v. 10.2.2022 - 1 BvR 2649/21 Rn. 14).
So verstößt § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG insoweit, als aufgrund des Verweises auf die entsprechenden Vorgaben des Robert Koch-Instituts auf deren Internetseite nicht durch den Verordnungsgeber selbst die nötige Regelung getroffen wird, sondern die Festlegung faktisch durch eine Behörde erfolgt, die selbst nicht Normgeber sein kann. Nach dem Grundsatz der Wesentlichkeit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips, Art. 20 Abs. 3 GG, hat der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen in grundrechtssensiblen Bereichen selbst zu treffen und kann diese nicht durch eine pauschale gesetzliche Ermächtigungsregelung auf die Exekutive delegieren. Dabei umfasst der Wesentlichkeitsgrundsatz nicht nur die Reichweite des Gesetzesvorbehalts, sondern auch seine inhaltlichen Anforderungen (vgl. Grzeszick in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 95. EL Juli 2021, Art. 20 Rn. 106; Huster/Rux in BeckOK, Grundgesetz, Epping/Hillgruber, 49. Edition Stand: 15.11.2021, Art. 20 Rn. 179). § 2 Nr. 5 SchAusnahmV regelt die Anforderungen an einen Genesenennachweis. Hierdurch wird zumindest mittelbar grundlegend in die Grundrechte der von dieser Regelung betroffenen Personen eingegriffen, da ein Genesenennachweis im Rahmen der sogenannten 2G-Maßnahmen, wie sie auch in der 15. BayIfSMV zu finden sind (vgl. oben), für die Teilhabe am öffentlichen Leben neben einer Impfung derzeit Voraussetzung ist. § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 legt jedoch - im Gegensatz zu der vorangegangenen Fassung, welche ab 9. Mai 2021 bis 14. Januar 2022 gültig war - keine Kriterien für das Bestehen einer Immunisierung und deren Dauer fest. Vielmehr wird hierfür auf eine Internetseite des Robert Koch-Instituts verwiesen. Dies stellt bei summarischer Prüfung des Gerichts eine unzulässige Delegation auf eine hierfür nicht zuständige Behörde dar. Der Verordnungsgeber hätte vielmehr - wie in der Vorgängerregelung - die für die Anforderungen an einen Genesenennachweis erforderlichen Regelungen selbst in der Verordnung treffen müssen.
Darüber hinaus verstößt die Regelung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 aufgrund des dynamischen Verweises auf die Internetseite des Robert Koch-Instituts bei summarischer Prüfung auch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Bestimmtheit und Normenklarheit als Teil des Rechtsstaatsgebotes, Art. 20 Abs. 3 GG. Erforderlich ist danach, dass der Betroffene die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung in einer Weise erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm erhöhen sich, wenn die Unsicherheit bei der Beurteilung der Gesetzeslage die Betätigung von Grundrechten erschwert (so BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - juris Rn.103). Da § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 selbst keine eigene Regelung mehr dazu beinhaltet, wann ein Genesenenstatus vorliegt, sondern hierzu lediglich auf die Internetseite des Robert Koch-Instituts verweist, werden diese Anforderungen unter Berücksichtigung der erheblichen Grundrechtssensibilität der Regelung nicht erfüllt. Durch die bloße Verweisung auf eine Internetseite kann der von der Regelung Betroffene die Rechtslage anhand dieser gesetzlichen Regelung nicht mehr derart erkennen, dass es ihm möglich ist, sein Verhalten danach auszurichten. Wie bereits ausgeführt hat der Status als Genesener und damit folglich das Vorliegen eines gültigen Genesenennachweises allerdings entscheidende Auswirkungen im Hinblick auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (vgl. bereits oben). Zwar kann sich der Betroffene durch Aufruf der Internetseite des Robert Koch-Instituts über die aktuell für einen Genesennachweis geltenden Anforderungen informieren. Hier wirkt sich jedoch durchgreifend aus, dass sich der Inhalt einer Internetseite - im Gegensatz zu Normen - jederzeit ändern kann; dies ohne ein Rechtssetzungsverfahren. Daher lässt sich die hier vorliegende Konstellation der Verweisung auf eine Internetseite nicht mit einer dynamischen Verweisung auf Normen einer anderen Normsetzungsinstanz (vgl. hierzu Huster/Rux in BeckOK, Grundgesetz, Epping/Hillgruber, 49. Edition Stand: 15.11.2021, Art. 20 Rn. 183) vergleichen. Darüber hinaus muss der Betroffene ständig überprüfen, ob die Internetseite auch weiterhin denselben Inhalt aufweist, um über die Rechtslage informiert zu bleiben und folglich nachvollziehen zu können, ob er den Anforderungen an den 2G-Status entspricht. Betroffen von dieser Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes sind zudem auch die für die Einhaltung der 2G-Maßnahmen verantwortlichen Stellen und Personen, die bei Verstößen gemäß § 14 Nr. 3 BayIfSMV ordnungswidrig handeln.
Nach alledem erweist sich § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 bei summarischer Prüfung als verfassungswidrig, so dass vorliegend in Bezug auf die Antragstellerin der auf Grundlage des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV, gültig ab 9. Mai 2021 bis 14. Januar 2022, erteilte Genesenennachweis weiter wie erteilt gilt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Das Gericht orientiert sich dabei am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach dessen Ziffer 1.5 beträgt in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes der Streitwert in der Regel ½. Allerdings kann auch in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, welche die Entscheidung in der Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben werden. Hiervon wurde vorliegend Gebrauch gemacht.