Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 25 K 1079/19
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung eines Lebensmitteldiscounters von 799,99 m² auf 1.052,71 m² Verkaufsfläche sowie die Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. (Gemarkung X. , Flur 00, Flurstücke 000 und 000), dessen Eigentümerin sie ist.
3Für das streitbetroffene Grundstück liegt derzeit der Bebauungsplan X 000 – Teil X aus dem Jahr 1985 vor, der im Plangebiet vor allem Gewerbegebiete (GE) festsetzt. Lediglich im Bereich der T2. Straße/P. E.---straße setzt der Bebauungsplan ein Kerngebiet (MK) fest. Zuvor galt für weite Teile des Plangebiets der Bebauungsplan X 000 aus dem Jahr 1970, der für den Bereich des Plangebietes eine Mischgebietsfestsetzung vorsah. Im Rahmen einer verwaltungsinternen Überprüfung gelangte die Beklagte zu der Auffassung, dass die beiden Bebauungspläne als unwirksam zu betrachten seien, da es jeweils an Beitrittsbeschlüssen des Rates zu Auflagen des Regierungspräsidenten im damaligen Genehmigungsverfahren fehlte (BA Ht. 9 Bl. 67 ff. und BA Ht. 10).
4Am 14. Juli 2011 beschloss der Rat der Beklagten daher die Aufstellung des Bebauungsplanes X 000 (BA Ht. 8 Bl. 51). Das – in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem Lageplan dargestellte – Plangebiet umfasste den Bereich südlich der T. Straße, westlich der T2. Straße, nördlich der P1. E.---straße und östlich der Straße T. G. . In derselben Sitzung beschloss der Rat der Beklagten zudem für das Plangebiet die Veränderungssperre Nr. 000/000 (BA Ht. 8 Bl. 51). Der Aufstellungsbeschluss sowie die Veränderungssperrensatzung wurden im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 29 vom 21. Juli 2011 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 8 Bl. 56 ff.).
5Unter Berufung auf diese Veränderungssperre lehnte die Beklagte seinerzeit einen Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung eines kleinflächigen Lebensmitteldiscounters (799,99 m²) auf dem Grundstück T. Straße 0 ab.
6Am 6. Dezember 2012 beschloss der Rat der Beklagten erneut die Aufstellung des Bebauungsplanes X 000 (BA Ht. 8 Bl. 108), um einem bereits in Aufstellung befindlichen kommunalen Einzelhandelskonzept Rechnung zu tragen. Das – in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem Lageplan dargestellte – Plangebiet umfasste nunmehr den Bereich südlich und östlich der T. Straße, westlich der T2. Straße und nördlich der P1. E.---straße . Wiederum wurde in derselben Sitzung des Rates der Beklagten für das Plangebiet eine Veränderungssperre (Nr. 000/000, BA Ht. 8 Bl. 108) beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss sowie die Veränderungssperrensatzung wurden im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 50 vom 13. Dezember 2012 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 8 Bl. 135 f.). Im Dezember 2012 beschloss der Rat der Beklagten zudem die Einleitung des Aufhebungsverfahrens hinsichtlich der Bebauungspläne X 000 – Teil B und X 000 (BA Ht. 2 Bl. 89).
7Mit Beschluss vom 8. Februar 2013 (Az.: 10 B 1239/12 – juris) entschied das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: OVG NRW), dass nach § 52 Abs. 3 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) die für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen geltenden Bestimmungen (§ 7 Abs. 4 und 5 GO NRW) auch bei den nach der GO NRW oder anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen sonstigen öffentlichen Bekanntmachungen sinngemäß Anwendung fänden, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt sei. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Baugesetzbuch (BauGB) vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses sei eine sonstige öffentliche Bekanntmachung im Sinne dieser Vorschrift. § 52 Abs. 3 GO NRW verweise nicht lediglich auf die ausdrücklich erwähnten Regelungen des § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW. Auch die Bestimmungen der auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 7 Abs. 5 GO NRW erlassenen Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (BekanntmVO NRW) fänden sinngemäß Anwendung.
8In der Annahme, die Veränderungssperrensatzung vom 6. Dezember 2012 sei mangels Übereinstimmungsvermerks nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung unwirksam, erteilte die Beklagte der Klägerin einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines kleinflächigen Lebensmitteldiscounters (799,99 m²) auf dem Grundstück T. Straße 0. Darauf aufbauend erteilte sie der Klägerin am 19. November 2014 auch die entsprechende Baugenehmigung.
9In seiner Sitzung am 12. Dezember 2013 beschloss der Rat der Beklagten das Kommunale Einzelhandelskonzept für die Stadt T1. (abrufbar: https://www.baufachinformation.de/Kommunales-Einzelhandelskonzept-der-Stadt-T1. /bu/2016099019926, letzter Abruf: 14. August 2020).
10Am 10. April 2014 beschloss der Rat der Beklagten die Neufassung der Hauptsatzung. Am 24. April 2014 bestätigte der damalige Oberbürgermeister der Beklagten, Herr O. G1. , mittels einer Paraphe auf dem Schriftstück, dass der Inhalt/Wortlaut des papiergebundenen Dokuments der Satzung mit dem Ratsbeschluss übereinstimme und dass nach den Vorschriften des § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden sei (BA Ht. 6 Hefter 8 Bl. 20). Die Satzung wurde im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 19 vom 8. Mai 2014 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 6 Hefter 8 Bl. 32 ff.).
11Zudem beschloss der Rat der Beklagten am 11. Dezember 2014 erneut die Aufstellung des Bebauungsplanes X 000. Das – in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss näher beschriebene und zeichnerisch in einem Lageplan dargestellte – Plangebiet umfasst wie gehabt den Bereich südlich und östlich der T. Straße, westlich der T2. Straße und nördlich der P1. E.---straße .
12Zum Planungsanlass führt die Begründung des Aufstellungsbeschlusses vom 13. November 2014 (BA Ht. 4 Bl. 10 ff.) aus:
13„In der Vergangenheit musste im Plangebiet ein Vorbescheid für einen kleinflächigen Lebensmitteldiscounter mit 799 m² Verkaufsfläche erteilt werden, da das damalige Planverfahren, welches eine Steuerung der Zulässigkeit von Einzelhandel zum Ziel hatte, aufgrund einer während des Planverfahrens geänderten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW nicht abgeschlossen werden konnte. Die Erteilung der bereits beantragten Baugenehmigung wird voraussichtlich in Kürze folgen.
14Da sich die ursprünglich verfolgte Zielsetzung für diesen Bereich jedoch nicht geändert hat, ist zur Umsetzung des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes weiterhin eine räumliche Steuerung des Einzelhandels vorgesehen.
15Bei dem zukünftigen Festsetzungsgehalt wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass für einen Lebensmitteldiscounter mit kleinflächiger Verkaufsfläche (< 800 m²) ein positiver Vorbescheid erteilt wurde und in Kürze mit der Erteilung der Baugenehmigung zu rechnen ist.“
16Zur Planungszielsetzung wird ausgeführt:
17„Im Plangebiet sollen künftig – aufbauend auf dem am 12.12.2013 vom Rat beschlossenen Kommunalen Einzelhandelskonzept (KEK) – Einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten zum Erhalt und zur Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt T1. als unzulässig festgesetzt werden.
18Nach dem nunmehr vorliegenden Kommunalen Einzelhandelskonzept (KEK), das am 12.12.2013 vom Rat der Stadt beschlossen wurde und eine ortsspezifische Sortimentenliste für T1. beinhaltet, liegt das Plangebiet nicht integriert außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt T1. . Das Hauptzentrum der T3. Innenstadt reicht in nördlicher Richtung bis zur N.-----straße , die rund 600 m südlich des Plangebiets liegt. Das Hauptzentrum ist zugleich Wohnstandort für zahlreiche Einwohner. Durch die Ansiedlung von Einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches kann das Angebot sowohl an nahversorgungsrelevanten als auch an zentrenrelevanten Sortimenten in der Innenstadt in Frage gestellt werden. Standorte und Ansiedlungsmöglichkeiten für Einzelhandel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten sind im Hauptzentrum vorhanden.
19Das Plangebiet liegt zum Teil in dem 600 m-Radius des zentralen Versorgungsbereichs Hauptzentrum Mitte. Gemäß dem Grundsatz 1 des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes ist die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten nur außerhalb dieser 600 m-Zonen in städtebaulich integrierten Bereichen möglich. Diese Regelung gilt sowohl für kleinflächige als auch für großflächige Einzelhandelsbetriebe. Dementsprechend ist im Plangebiet ein Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten vorgesehen.
20Nach dem Grundsatz 2 des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes soll die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten zukünftig nur noch im Hauptzentrum Mitte sowie den Stadtteilzentren möglich sein. Aus diesem Grunde ist im Plangebiet ebenfalls ein Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten vorgesehen.
21Im Rahmen dieser Einzelhandelssteuerung sind allerdings der erteilte Vorbescheid und die in Kürze zu erwartende, auf den Vorbescheid aufbauende Baugenehmigung für einen kleinflächigen Lebensmitteldiscounter zu berücksichtigen, die aufgrund der o.g. Umstände erteilt werden muss. Die Ziele des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes bestehen auch insofern unverändert fort. Der Lebensmitteldiscounter soll durch die künftigen Festsetzungen gleichwohl, aber auch nur insoweit in seinem Bestand berücksichtigt werden. Gleichzeitig soll durch die Festsetzungen in diesem Teilbereich des Plangebiets ausgeschlossen werden, dass der Discounter insbesondere erweitert oder in seiner Nutzung dahingehend geändert wird, dass die Nutzungsänderung den vorgenannten Planungszielen entgegensteht. Damit soll dafür Sorge getragen werden, dass das Kommunale Einzelhandelskonzept soweit wie möglich auch in diesem Teilbereich des Plangebiets verbindlich umgesetzt wird.“
22Zum Planungskonzept wurde ausgeführt:
23„Zur Umsetzung der Planungsziele ist ein einfacher Bebauungsplan mit räumlich differenzierten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB zur Steuerung der Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen vorgesehen.
24[…].
25Für einen Bebauungsplan mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB ist eine Voraussetzung, dass ein unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB vorliegt. Aufgrund der Erkenntnisse aus den vorangegangenen Planverfahren ist von einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans X 000 – Teil B auszugehen, so dass im Plangebiet bereits faktisch ein unbeplanter Innenbereich vorliegt. Entsprechendes gilt für den noch älteren Bebauungsplan X 000, der durch den Plan X 000 – Teil B überplant wurde. Die Frage einer behördlichen Normverwerfungskompetenz ist höchstrichterlich (noch) nicht beantwortet worden, so dass der Bebauungsplan – schon aus Klarstellungsgründen – förmlich aufgehoben werden muss. Dazu wurde [sic!] im Jahr 2012 Verfahren zur Aufhebung der Bebauungspläne X 000 – Teil B und X 000 eingeleitet, in dem auch bereits eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wurde. Diese Verfahren können parallel zur vorliegenden Bauleitplanung fortgeführt werden.“
26Am 15. Dezember 2014 ordnete der Oberbürgermeister der Beklagten die öffentliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses an und bestätigte, dass der Inhalt/Wortlaut des papiergebundenen Dokuments der Satzung mit dem Ratsbeschluss vom 11. Dezember 2014 übereinstimme und dass nach den Vorschriften des § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden sei (BA Ht. 4 Bl. 26 f.). Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 51 vom 18. Dezember 2014 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 4 Bl. 31 f.).
27Mit Antrag vom 31. Januar 2018, bei der Beklagten am 28. März 2018 eingegangen, beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung der Verkaufsfläche des streitbetroffenen Lebensmittelmarktes von 799,99 m² auf 1.052,71 m² sowie die Erstellung eines Eingangskoffers. Die der Beklagten mit dem Antrag vorgelegte Vollmacht ermächtigte die Grafen Bau GmbH, den besagten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zu stellen, den Schriftverkehr und Verhandlungen mit der Bauaufsichtsbehörde zu führen und Bescheide und Mitteilungen der Bauaufsichtsbehörde einschließlich Zustellungen entgegenzunehmen. Die Beklagte übermittelte daher unter dem 28. März 2018 sowohl die Bestätigung über den Eingang des Antrags als auch die Bitte, weitere Unterlagen vorzulegen, an die H. C. GmbH (BA Ht. 2 Bl. 87 f.). Mit Schreiben vom 3. April 2018 (BA Ht. 2 Bl. 95 ff.) übersandte die H. C. GmbH die erbetenen Unterlagen. Auf die an die Klägerin persönlich gerichtete Anhörung vom 13. Juni 2018 (BA Ht. 2 Bl. 103 f.) bat die bei der Klägerin für den Bereich Immobilien zuständige Frau O1. G2.rings mit E-Mail vom 27. Juli 2018 um die Bestätigung einer bereits durch die Beklagte telefonisch zugesagten Verlängerung der in dem Anhörungsschreiben genannten Stellungnahmefrist sowie einen Termin zur Vorsprache bei der Beklagten (BA Ht. 2 Bl. 105 f.). Die Bestätigung der Fristverlängerung erfolgte sodann mit an die Klägerin gerichtetem Schreiben vom selben Tage (BA Ht. 2 Bl. 106). Selbiges Anliegen äußerte Frau O1. G2. mit E-Mail vom 29. August 2018 (BA Ht. 2 Bl. 107), woraufhin die Beklagte die wiederum telefonisch zugesagte Fristverlängerung mit Schreiben vom 29. August 2018 bestätigte (BA Ht. 2 Bl. 108). Weitere Fristverlängerungen erfolgten mit Schreiben vom 25. September 2018 bis zum 12. Oktober 2018 (BA Ht. 2 Bl. 115) sowie mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 bis zum 30. November 2018 (BA Ht. 2 Bl. 118 f.), jeweils an die Klägerin gerichtet. Letzterer Fristverlängerung war ein Gespräch zwischen der Klägerin, vertreten durch Herrn K. C1. (Bereichsleiter Immobilien, Prokurist), und Vertretern der Beklagten (Herr Oberbürgermeister L. , Herr Stadtdirektor I. ) am 5. Oktober 2018 vorausgegangen. Unter Bezugnahme auf dieses Gespräch übersandte die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten am 22. Oktober 2018 eine E-Mail, in deren Rahmen sie zu dem Vorhaben und etwaigen möglichen Änderungen der als ihre Mandantschaft bezeichneten Klägerin Stellung nahm (BA Ht. 2 Bl. 120 ff.). Daraufhin hörte die Beklagte die Klägerin mit wiederum an sie persönlich gerichtetem Schreiben vom 4. Dezember 2018 (BA Ht. 2 Bl. 138 ff.) zur beabsichtigten Ablehnung ihres Antrages an, woraufhin wiederum die jetzige Prozessbevollmächtigte mit E-Mail vom 20. Dezember 2018 (BA Ht. 2 Bl. 141 f.) Stellung nahm.
28Mit Bescheid vom 15. Januar 2019 (GA Bl. 15 ff.) setzte die Beklagte unter Hinweis auf § 15 Abs. 1 BauGB die Entscheidung über den Bauantrag der Klägerin für die Dauer von 12 Monaten aus. Zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung der Entscheidung an. Der Bescheid wurde der Klägerin am 23. Januar 2019 zugestellt (BA Ht. 2 Bl. 191).
29Die Klägerin hat am 8. Februar 2019 Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 erhoben und zunächst beantragt (GA Bl. 2), die Beklagte unter Aufhebung des Zurückstellungsbescheides vom 15. Januar 2019 zu verpflichten, ihr die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 1 in T1. zu erteilen.
30Am 14. Februar 2019 beschloss der Rat der Beklagten den Erlass der Veränderungssperre Nr. 000/000 für einen Teilbereich des Bebauungsplanes X 000 (BA Ht. 5 Bl. 33). Gemäß § 3 der Veränderungssperrensatzung dürfen im Geltungsbereich der Veränderungssperre Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden (lit. a) und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind (lit. b ), nicht vorgenommen werden. Nach § 6 der Veränderungssperrensatzung tritt die Veränderungssperre Nr. 000/000 am Tage der Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt T1. in Kraft. Sie tritt nach Ablauf von zwei Jahren, vom Tag der Bekanntmachung gerechnet, außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 BauGB abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit der Bebauungsplan für das in § 2 genannte Gebiet rechtsverbindlich wird.
31Zu dem Planungsanlass wie auch den Planungszielen wiederholt die Beschlusserläuterung (BA Ht. 5 Bl. 14 ff.) im Wesentlichen die Ausführungen der Begründung zum Aufstellungsbeschluss. Ergänzend wird – soweit dies für das hiesige Verfahren von Interesse ist – zum Inhalt des Kommunalen Einzelhandelskonzepts ausgeführt:
32„Der erste Grundsatz des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes enthält eine Ausnahmeregelung, nach der je nach Lage und Verkaufsflächendimension Einzelhandelsbetriebe ausnahmsweise auch zur wohnortnahen Grundversorgung an integrierten Nahversorgungsstandorten in den Stadtteilen und Siedlungsbereichen ermöglicht werden können. Eine Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung besteht gemäß dem Kommunalen Einzelhandelskonzept darin, dass der Standort des Einzelhandelsbetriebes außerhalb der 600 m-Schutzzonen um die zentralen Versorgungsbereiche der Stadt T1. liegen muss, was hier vorliegend […] in weiten Teilen nicht der Fall ist.
33Zur Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung wird im Kommunalen Einzelhandelskonzept weiter ausgeführt, dass die Ansiedlung von klein- und großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten in städtebaulich integrierten Lagen außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche sinnvoll und möglich sein kann, wenn dadurch eine Versorgungslücke im Nahbereich geschlossen werden kann. Zwar ist durch die Schließung des Lebensmittelvollsortimenters am Elisabethweg die Nahversorgung im Bereich D. Straße/ L1. Straße entfallen. Ein Teil dieses Bereichs liegt allerdings innerhalb der 600 m-Schutzzone um den zentralen Versorgungsbereich Hauptzentrum Mitte. Darüber hinaus stellen die T2. Straße und die L1. Straße auch aufgrund ihrer Verkehrsdichte räumliche Barrieren dar, so dass sich das Einzugsgebiet des im Plangebiet vorhandenen Lebensmitteldiscounters nur bedingt auf diese Bereiche erstrecken kann. Zudem würde durch den bereits an der Ecke T2. Straße/ T. Straße vorhandenen kleinflächigen Lebensmitteldiscounter durch dessen gewünschte Erweiterung im Plangebiet nicht erstmalig eine Versorgungslücke geschlossen werden, dasselbe gilt für eine Neuansiedlung in dem Bereich.
34Es ist außerdem zu beachten, dass das anteilig in den 600 m-Schutzzonen vorhandene Bevölkerungspotenzial ausdrücklich nicht mit in die Betrachtung der Ausnahmeregelung einzubeziehen ist. Dadurch würde bereits ein großer Teil des fußläufigen 600 m-Bereichs (Kerneinzugsgebiet) um einen möglichen Standort eines Einzelhandelsbetriebes mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten im Plangebiet entfallen, so dass für eine Nahversorgungsfunktion lediglich ein vergleichsweise geringes Bevölkerungspotenzial verbleibt. Die Erweiterung des Einzelhandelsbetriebes mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten innerhalb des Plangebiets würde somit absehbar nicht ausschließlich und auch nicht überwiegend der Nahversorgung dienen, zumal es sich um einen klar autoorientierten Standort an einer Hauptausfallstraße inmitten eines überwiegend gewerblich geprägten Bereichs handelt.
35Die Ausnahmeregelung im ersten Grundsatz des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes beinhaltet zudem keinen Automatismus. Selbst wenn rechnerisch der Nachweis geführt werden könnte, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt sind, muss die Ausnahme keine Anwendung finden. Zudem entspricht eine Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten aufgrund der teilweisen Lage des Plangebiets innerhalb der 600 m-Schutzzone nicht den Zielen des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes, wodurch die Anwendung der Ausnahmeregelung bereits ausgeschlossen ist. Die Erweiterung des ansässigen Discounters in die Großflächigkeit besitzt durch die Attraktivitätssteigerung erst recht Konkurrenzpotenzial gegenüber den Lebensmittelanbietern in der Innenstadt.“
36Am 15. Februar 2019 ordnete der Oberbürgermeister der Beklagten die öffentliche Bekanntmachung der Veränderungssperrensatzung Nr. 000/000 an und bestätigte, dass der Inhalt/Wortlaut des papiergebundenen Dokuments der Satzung mit dem Ratsbeschluss vom 14. Februar 2019 übereinstimme und dass nach den Vorschriften des § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden sei (BA Ht. 5 Bl. 40). Die Veränderungssperre wurde im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 08 vom 21. Februar 2019 öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 5 Bl. 54 f.).
37Mit Bescheid vom 30. April 2019 – der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8. Mai 2020 zugestellt – widerrief die Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 (BA Ht. 11 Bl. 221). Nach Anhörung mit Schreiben vom 30. April 2019 (BA Ht. 11 Bl. 225) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juli 2019 (GA Bl. 51 ff.) den Bauantrag der Klägerin vom 23. März 2018 unter Hinweis auf die dem Vorhaben entgegenstehende Veränderungssperre Nr. 000/000 ab. Zudem seien die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB nicht gegeben, da das Vorhaben der Klägerin ein mit den Entwicklungszielen des Bebauungsplan X 000 unverträgliches Vorhaben darstelle.
38Die Klägerin hat den Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2019 am 13. August 2019 in das Verfahren einbezogen (GA Bl. 57). Zudem hat sie am 31. Juli 2020 ihre Klage um einen Hilfsantrag ergänzt, mit dem Ziel der Feststellung, dass die Beklagte bis zum 20. Februar 2019 verpflichtet war, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 1 in T1. zu erteilen (GA Bl. 171 ff.). Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. August 2020 haben die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der gegen den Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 erhobenen Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt.
39Zur Begründung ihrer im Übrigen aufrechterhaltenen Klage trägt die Klägerin hinsichtlich des Hauptantrages im Wesentlichen Folgendes vor (GA Bl. 105 ff., 171 ff.):
40Die Erteilung der Baugenehmigung könne nicht aufgrund der am 21. Februar 2019 im Amtsblatt der Beklagten bekanntgemachten Veränderungssperre Nr. 000/000 abgelehnt werden, da diese schon nicht wirksam bekannt gemacht worden sei. Es fehle mangels des nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW erforderlichen Übereinstimmungsvermerks des Bürgermeisters bereits an einer wirksamen Bekanntmachung der Hauptsatzung der Beklagten vom 1. Mai 2014. Dieser Mangel schlage auf die Wirksamkeit der Bekanntmachung der Veränderungssperre Nr. 000/000 durch. Die Veränderungssperre sei auch aufgrund ihrer Unbestimmtheit formell unwirksam. Es sei im Hinblick auf die von der Veränderungssperre umfassten Flurstücke nicht möglich, sich verlässlich von dem genauen Geltungsbereich Kenntnis zu verschaffen. Zudem ergebe sich die Unwirksamkeit der Veränderungssperre auch daraus, dass ihr keine sicherungsfähige Planung zugrunde liege. Der Bebauungsplan, dessen Erlass die Beklagte anstrebe und sichern wolle, wäre offensichtlich unwirksam. Die im Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 umrissenen Planungsabsichten der Beklagten könnten mit einem Bebauungsplan auf der Rechtsgrundlage von § 9 Abs. 2a BauGB nicht erreicht werden, da dessen
41Voraussetzungen nicht vorlägen. Die von der Beklagten angestrebte Planung scheitere schon daran, dass sich die Planung nicht auf einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 9 Abs. 2a BauGB beschränke. Für den geplanten Geltungsbereich gelte zumindest in formeller Hinsicht weiterhin der Bebauungsplan X 000 – Teil B, der den ebenfalls noch nicht aufgehobenen rechtskräftigen Bebauungsplan S 117 überlagere. Auch sei zu bezweifeln, dass die Planung der Beklagten tatsächlich auf die Umsetzung des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes abziele. So laufe die Erstreckung des Geltungsbereiches des geplanten Bebauungsplanes auf die Flächen, die außerhalb der 600m-Schutzzone liegen, der ausdrücklich im Einzelhandelskonzept vorgesehenen Ausnahmeregelung für integrierte Nahversorgungsstandorte zuwider. Des Weiteren stehe auch der Ausschluss des Einzelhandels mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten bei gleichzeitiger Zulassung von nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten auf der Teilfläche 1 im Widerspruch zu dem Kommunalen Einzelhandelskonzept der Beklagten. Schließlich genüge die Veränderungssperre auch nicht den strengen Anforderungen an eine erneute Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 BauGB. Zwar seien die formalen Anforderungen für eine neue Veränderungssperre erfüllt, da die angegriffene Veränderungssperre der Sicherung des mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 aufgestellten Bebauungsplanes X 000 diene und damit einem anderen Bebauungsplan als die vorangegangene Veränderungssperre Nr. 000/000. Dieser Bebauungsplan verfolge jedoch im Vergleich zu dem am 6. Dezember 2012 beschlossenen Bebauungsplan S 607 ersichtlich keine inhaltlich und zeitlich in keinem Zusammenhang stehende neue Plankonzeption. Insbesondere begründe die zwischenzeitlich erfolgte Zulassung des Lidl-Marktes keine neue Zielsetzung. Auch der Beschluss des Einzelhandelskonzeptes habe die Zielsetzung für die Aufstellung des Bebauungsplanes nicht beeinflusst. Schließlich rechtfertigten weder die räumlichen Veränderungen zum früheren Aufstellungsbeschluss noch die zeitliche Zäsur zwischen der ersten und der zweiten Veränderungssperre die Annahme, es würden neue städtebauliche Ziele verfolgt oder andere gewichtige Festsetzungen in den Blick genommen. Nichts anderes gelte vor dem Hintergrund des Beschlusses des OVG NRW vom 13. Dezember 2013. Darin sei keine Rechtsprechungsänderung zu erblicken. Vielmehr sei die dort angenommene Rechtslage auch zuvor schon bekannt gewesen. Sei die Veränderungssperre damit unwirksam, habe sie einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung. Das Vorhaben sei nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Die zu berücksichtigende nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB umfasse die Bebauung zwischen P2. E.---straße , T. Straße, L0. Straße und T4.------straße . Insbesondere komme der T2. Straße keine trennende Wirkung zu, sodass auch die östlich der T2. Straße vorhandenen baulichen Anlagen zu berücksichtigen seien. Die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks stelle sich nicht als faktisches Mischgebiet, sondern als Gemengelage dar. Der Annahme eines faktischen Mischgebiets stehe schon entgegen, dass die nähere Umgebung keine hinreichende Durchmischung der beiden Hauptnutzungsarten Wohnen und Gewerbe aufweise. Vielmehr finde sich Wohnnutzung verstärkt in den Randbereichen, während sich beidseits der T2. Straße auf dem Abschnitt zwischen T. Straße und L0. Straße schwerpunktmäßig gewerbliche Nutzungen fänden. Darüber hinaus sei das Porsche Zentrum T1. als großflächiger Einzelhandelsbetrieb in einem Mischgebiet unzulässig. Die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung über die bauliche Nutzung – Baunutzungsverordnung (BauNVO) könne nicht widerlegt werden. Das Q. Zentrum könne auch nicht als Fremdkörper außer Acht gelassen werden, denn der Betrieb füge sich – abgesehen von seiner Großflächigkeit – durchaus in die gewerbliche Prägung der näheren Umgebung ein. Dementsprechend füge sich auch das Vorhaben der Klägerin gemäß § 34 Abs. 1 BauGB nach der Art der baulichen Nutzung in die Gemengelage ein, da das Q. Zentrum T1. in circa 100m Entfernung einen ebenso großflächigen Einzelhandelsbetrieb darstelle. Schließlich stehe ihrem Anspruch auch § 34 Abs. 3 BauGB nicht entgegen. Sie habe mit dem Bauantrag eine Auswirkungsanalyse zur geplanten Erweiterung der H1. für N1. - und B. mbH (H2. ) vom 1. März 2018 (BA Ht. 2 Bl. 52 ff.) vorgelegt, die zu dem Ergebnis gelange, dass schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche bei der Realisierung des Erweiterungsvorhabens nicht abzuleiten seien.
42Zur Begründung ihres Hilfsantrages trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor:
43Für den Fall, dass das Gericht die Veränderungssperre für wirksam erachte, stelle sie ihre Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage um. Dieser Antrag sei zulässig. Die Klage sei durch die Aufstellung der Veränderungssperre jedenfalls erst nach Rechtshängigkeit unbegründet geworden; darin sei das erledigende Ereignis zu sehen. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus einem Präjudizinteresse, da sie beabsichtige, die Beklagte bei Erfolglosigkeit des Hauptantrages gemäß § 39 Abs. 1 lit. b) des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden – Ordnungsbehördengesetz (OBG NRW) und § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Ersatz des ihr entgangenen Gewinns in Anspruch zu nehmen. Die Klage sei insoweit auch begründet. Denn bis zum 20. Februar 2019 habe ihr ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zugestanden. Im Zeitraum vom 2. August 2019 [sic!] bis zum 20. Februar 2019 habe das Vorhabengrundstück weder im räumlichen Geltungsbereich einer Veränderungssperre gelegen, noch hätten dem Vorhaben andere Gründe entgegengestanden. Insbesondere sei der Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 nie wirksam geworden, weil er nicht wirksam bekannt gemacht worden sei. So sei der Bescheid entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz – LZG NRW) nicht an die Bevollmächtigte – die H. C. GmbH –, sondern an sie persönlich zugestellt worden. Den Widerruf des Zurückstellungsbescheides habe die Beklagte hinwiederum ihrer Prozessbevollmächtigten zugestellt. Dieser Zustellungsmangel sei auch nicht in Anwendung des § 8 LZG NRW unbeachtlich, weil der Bevollmächtigten der Zurückstellungsbescheid bis dato nicht zugegangen sei. Auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB sei der beantragte großflächige N1. – wie dargelegt – zulässig gewesen.
44Die Klägerin beantragt (GA Bl. 57 f., Bl. 171 f.),
45- 1.46
die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 12. Juli 2019 (Az.: 00-XX-00000.00) zu verpflichten, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. zu erteilen,
- 2.47
hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte bis zum 20. Februar 2019 verpflichtet war, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie die Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. zu erteilen.
Die Beklagte beantragt (GA Bl. 24),
49die Klage abzuweisen.
50Die Beklagte tritt der Klage entgegen und trägt im Hinblick auf den Hauptantrag der Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor (GA Bl. 143 ff., 195 ff.):
51Der Hauptantrag der Klägerin könne keinen Erfolg haben, da ihrem Bauvorhaben die Veränderungssperre Nr. 000/000 entgegenstehe. Diese sei zunächst wirksam ortsüblich im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB bekannt gemacht worden. Es fehle der Hauptsatzung nicht an dem nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW erforderlichen Übereinstimmungsvermerk des Oberbürgermeisters. Dem Verwaltungsvorgang zur Hauptsatzung könne eine auf den 24. April 2014 datierte Bestätigung im Sinne des § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW entnommen werden. Soweit der damalige Oberbürgermeister die Übereinstimmung mittels einer Paraphe bestätigt habe, sei auch dies unbedenklich, weil es dem Schriftformerfordernis genüge. Im Übrigen fehle es auch im Falle ihrer Unwirksamkeit nicht an einer wirksamen Hauptsatzung, denn insoweit würde die Hauptsatzung vom 18. Juni 2008 Geltung beanspruchen, deren § 24 ebenfalls vorsehe, dass Satzungen im Amtsblatt der Stadt T1. „DIE STADT“ öffentlich bekannt zu machen seien. Auch sei der Geltungsbereich der Veränderungssperrensatzung in der Satzung selbst hinreichend bestimmt festgelegt. In § 2 der Satzung würden die Flurstücke, auf die sich die Veränderungssperre erstrecke, namentlich benannt. Des Weiteren könne die Sicherungsfähigkeit der Planung nicht verneint werden. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2a BauGB lägen vor. Zunächst könnten die klägerischen Bedenken dagegen, dass sich die Planung nicht auf einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 9 Abs. 2a BauGB beschränke, nicht geteilt werden. Die Voraussetzung sei auch dann erfüllt, wenn das Gebiet im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liege, der an einem zu seiner Unwirksamkeit führenden Mangel leide. Dies sei hinsichtlich der Bebauungspläne X 000 – Teil X und X 000 der Fall. Ihre Planung ziele auch auf die Umsetzung eines Einzelhandelskonzeptes im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB. Die im Kommunalen Einzelhandelskonzept genannte Möglichkeit, wonach Einzelhandelsbetriebe außerhalb der zentralen Versorgungsbereich in städtebaulich integrierten Lagen unter bestimmten Bedingungen möglich sein könnten, zwinge sie nicht dazu, von der beabsichtigten Planung abzusehen. Zum einen stehe es ihr frei, von dieser Ausnahme Gebrauch zu machen oder nicht. Zum anderen liege das Plangebiet in direkter räumlicher Nähe zum Hauptzentrum Mitte in nicht integrierter Lage, sodass eine Ausweisung der Verkaufsflächen von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten die Erhaltung und die Entwicklung des Hauptzentrums Mitte und des Stadtteilzentrums X. gefährden würde. Darüber hinaus stehe der Planung auch nicht entgegen, dass sie bestandskräftig genehmigte Einzelhandelsnutzungen auf der Teilfläche 1 berücksichtige. Zu einer Planung an der Lebenswirklichkeit vorbei oder gar zu einem Verzicht auf die Bauleitplanung könne sie nicht verpflichtet werden. Schließlich handele es sich bei der Veränderungssperre vom 14. Februar 2019 auch nicht um eine erneute, sondern um eine neue Veränderungssperre. Den Veränderungssperren Nr. 000/000 und Nr. 000/000 lägen eigenständige Aufstellungsbeschlüsse mit unterschiedlichen Zielsetzungen zugrunde. Während mit dem Aufstellungsbeschluss vom 6. Dezember 2012 noch das Ziel verfolgt worden sei, im künftigen Plangebiet mittels einfachem Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 2a BauGB insgesamt Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten auszuschließen, werde diese Zielsetzung mit dem Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 lediglich eingeschränkt weiterverfolgt, nämlich mit einem einfachen Bebauungsplan mit räumlich differenzierten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB. Für eine selbstständige neue Veränderungssperre spreche weiter der zwischen ihnen liegende zeitlich größere Abstand von mehr als 5 Jahren. Dementsprechend fehle es an einem sachlichen wie zeitlichen Zusammenhang zwischen beiden Veränderungssperren. Hilfsweise sei zum Vortrag der Klägerin zur planungsrechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens nach § 34 BauGB anzumerken, dass ausgehend von der trennenden Wirkung der T2. Straße auch bei Annahme einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB in der näheren Umgebung kein Vorbild für das Vorhaben der Klägerin existiere. Selbst wenn man davon ausginge, der T2. Straße komme keine trennende Wirkung zu, handele es sich bei der so bestimmten näheren Umgebung um ein faktisches Mischgebiet, in welchem das Vorhaben der Klägerin planungsrechtlich unzulässig sei. Dieser Einordnung als Mischgebiet stehe das Vorhandensein des Q. Zentrums nicht entgegen, da dieses vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO als unproblematisch anzusehen sei. Im Übrigen stehe dem Vorhaben der Klägerin jedenfalls § 34 Abs. 3 BauGB entgegen, da von ihm schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten seien. Das von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgelegte Gutachten der H2. könne Gegenteiliges nicht belegen, da es nicht den vorgesehenen Endzustand der Baumaßnahme, sondern lediglich die Verkaufsflächenerweiterung seiner Betrachtung zugrunde lege.
52Hinsichtlich des Hilfsantrages trägt die Beklagte im Wesentlichen Folgendes vor (GA Bl. 201 f.):
53Soweit die Klägerin nunmehr ihre Klage durch den Hilfsantrag ergänzt habe, habe auch dieser keinen Erfolg. Der Antrag sei bereits unzulässig, weil es an einer den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen genügenden Darlegung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses fehle. Es mangele dem Antrag nicht nur an einer substantiierten Darlegung der Schadenshöhe, sondern auch des amtspflichtwidrigen Verhaltens bzw. Versäumnisses. Im Übrigen sei der Antrag aber auch unbegründet. Der Zurückstellungsbescheid sei nicht deshalb unwirksam, weil er entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 LZG NRW an die Klägerin selbst und nicht an ihre Bevollmächtigte zugestellt worden sei. So habe sich schon aus dem Verhalten der Klägerin gegenüber der Beklagten mit der notwendigen Eindeutigkeit die konkludente Erklärung der Beendigung des Vollmachtsverhältnisses mit der H. C. GmbH ergeben. Im Übrigen könne sich die Klägerin auch deshalb nicht auf die Fehlerhaftigkeit der Zustellung berufen, weil sie damit in missbräuchlicher Weise gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoße.
54Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
55Entscheidungsgründe:
56Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
57Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Sie hat weder hinsichtlich des Hauptantrages noch hinsichtlich des Hilfsantrages Erfolg.
58Der in zulässiger Weise geänderte Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Einbeziehung des Ablehnungsbescheides vom 12. Juli 2019 unter Aufrechterhaltung des Verpflichtungsbegehrens auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung im Wege der Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO ist jedenfalls nach Einwilligung der Beklagten durch rügeloses Einlassen zu der geänderten Klage zulässig. Die geänderte zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine positive Bescheidung ihres Bauantrags vom 28. März 2018, weil dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, § 75 Abs. 1 Satz 1 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 1. März 2000 (im Folgenden: BauO NRW). Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Termins zur mündlichen Verhandlung steht der Erteilung der Baugenehmigung die Veränderungssperre Nr. 000/000 der Beklagten entgegen.
59Das Vorhaben der Klägerin betrifft die Flurstücke 000 und 000, die nach § 2 der Veränderungssperrensatzung dem räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre unterfallen und auf den wie von der Klägerin beantragte Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen, § 3 lit. a) aa) der Veränderungssperrensatzung.
60Die Veränderungssperre ist formell rechtmäßig. Sie ist wirksam erlassen worden. Sie ist gemäß § 16 Abs. 1 BauGB von der Gemeinde am 14. Februar 2019 als Satzung beschlossen und gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW am 21. Februar 2019 ortüblich im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 08 bekannt gemacht worden. Der öffentlichen Bekanntmachung liegt auch eine – von dem Oberbürgermeister der Beklagten unterzeichnete – Bekanntmachungsanordnung zugrunde, die gemäß § 2 Abs. 3 BekanntmVO bestätigt, dass der Wortlaut der Veränderungssperrensatzung mit dem am 14. Februar 2019 gefassten Ratsbeschluss übereinstimmt. Ferner bestätigte der Oberbürgermeister der Beklagten, dass die nach § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO zu wahrenden Formvorschriften eingehalten worden seien. Die Satzung und diese Bekanntmachungsanordnung wurden gemäß § 3 Abs. 1 BekanntmVO in vollem Wortlaut öffentlich bekannt gemacht.
61Soweit die Klägerin der Auffassung ist, der Wirksamkeit der Bekanntmachung der Veränderungssperre stehe entgegen, dass die Hauptsatzung der Beklagten vom 1. Mai 2014 unwirksam sei, greifen die diesbezüglichen Einwände der Klägerin nicht durch. Die Hauptsatzung ist ihrerseits wirksam bekannt gemacht worden, § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW i.V.m. § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW. Danach setzt die wirksame Bekanntmachung der (Haupt-)Satzung u.a. voraus, dass der Bürgermeister schriftlich bestätigt, dass der Wortlaut des papiergebundenen Dokumentes der Satzung mit den Ratsbeschlüssen übereinstimmt und dass nach § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden ist, und er die Bekanntmachung anordnet. Diesen Anforderungen genügt die Bekanntmachung der Hauptsatzung. Es fehlt nicht an einem Übereinstimmungsvermerk des Bürgermeisters auf der Bestätigung vom 24. April 2014 (BA Ht. 6 Hefter 8 Bl. 20). Bei der linken der beiden rechten Paraphen handelt es sich um diejenige des damaligen Oberbürgermeisters O. G1. , was etwa ein Vergleich mit der Unterschrift unter der Bekanntmachungsanordnung des Aufstellungsbeschlusses zum Bebauungsplan X 000 vom 15. Dezember 2014 (BA Ht. 4 Bl. 25) ohne Weiteres ergibt. Der Wirksamkeit steht auch nicht entgegen, dass die Abzeichnung des Bestätigungsvermerks mittels einer Paraphe erfolgt ist. § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW sieht für die Bestätigungen, die der Bürgermeister danach vorzunehmen hat, die Schriftform vor. Während § 2 Abs. 4 BekanntmVO NRW für die Bekanntmachungsanordnung ausdrücklich Ort und Datum der Unterzeichnung der Bekanntmachung durch den Bürgermeister verlangt, lassen sich § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW über das Schriftformerfordernis hinaus keine weiteren Anforderungen entnehmen. Da der Bestätigungsvermerk als Teil des Bekanntmachungsverfahrens gegenüber der Bekanntmachungsanordnung nach § 2 Abs. 4 BekanntmVO NRW auch nur internen Charakter hat, bestehen keine Bedenken gegen dessen bloße Abzeichnung mit einer Paraphe.
62OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 10 B 140/14 – juris Rn. 15.
63Die Veränderungssperre ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 BauGB, wonach die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes gefasst wurde, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen kann, sind gegeben. Der Veränderungssperre liegt ein wirksamer Aufstellungsbeschluss über den Bebauungsplan zugrunde. Der Rat der Beklagten hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 die Aufstellung des Bebauungsplans X 000 beschlossen (BA Ht. 4 Bl. 22). Dieser Aufstellungsbeschluss wurde ordnungsgemäß am 18. Dezember 2014 im Amtsblatt der Beklagten „DIE STADT“ Nr. 51 öffentlich bekanntgemacht (BA Ht. 4 Bl. 31). Der öffentlichen Bekanntmachung liegt auch eine – von dem Oberbürgermeister der Beklagten unterzeichnete – Bekanntmachungsanordnung zugrunde, die gemäß § 2 Abs. 3 BekanntmVO bestätigt, dass der Wortlaut des Aufstellungsbeschlusses mit dem am 11. Dezember 2014 gefassten Ratsbeschluss übereinstimmt. Ferner bestätigte der Oberbürgermeister der Beklagten, dass die nach § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO zu wahrenden Formvorschriften eingehalten worden seien. Die Satzung und diese Bekanntmachungsanordnung wurden gemäß § 3 Abs. 1 BekanntmVO in vollem Wortlaut öffentlich bekannt gemacht (BA Ht. 4 Bl. 25, 31).
64Die Veränderungssperre weist zudem in § 3 der Veränderungssperrensatzung den nach § 14 Abs. 1 BauGB zulässigen Inhalt auf. Sie sieht vor, dass im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt (a) und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen (b) werden dürfen.
65Auch ist der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre hinreichend bestimmt. Die von der Veränderungssperre erfassten Flurstücke werden abschließend in § 2 der Satzung benannt. Soweit die Klägerin rügt, es könne anhand des Lageplans nicht nachvollzogen werden, ob das Flurstück 000 von der Veränderungssperre erfasst würde, verkennt sie, dass die Beklagte die Bestimmung des räumlichen Geltungsbereiches nicht durch Verweis auf Eintragungen in einen Lageplan vorgenommen, sondern die von der Veränderungssperre erfassten Flurstücke abschließend in § 2 der Satzung benannt hat. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von Konstellationen, in denen sich der Satzungsgeber auf entsprechende Verweisungen beschränkt hat.
66So etwa in BVerwG, Urteil vom 28. November 1963 – I C 74.61 – BVerwGE 17, 192 (196) – juris Rn. 14.
67Der durch diese Flurstücke bestimmte Geltungsbereich der Veränderungssperre überschreitet auch das Plangebiet nicht. Dass er sich nur auf einen Teilbereich dessen beschränkt, ist ebenso nicht zu beanstanden.
68Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 14 Rn. 10.
69Die Veränderungssperre Nr. 000/000 dient auch gemäß § 14 Abs. 1 BauGB der Sicherung der Planung für den von ihr erfassten Planbereich. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll.
70StRspr. BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 4 C 5.15 – BVerwGE 156, 1 Rn. 19 – juris Rn. 19 und Beschluss vom 1. Oktober 2009 – 4 BN 34.09 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 29 – juris Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 – 10 A 1780/17 – juris Rn. 83.
71Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat.
72BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990 – 4 B 191.89 – Buchholz 406.11 § 15 BBauG/BauGB Nr. 6 – juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 – 10 A 1780/17 – juris Rn. 83.
73Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären – auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt.
74BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 13.03 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 26 – juris Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 14 f. m.w.N.
75Um eine unzulässige Negativplanung in diesem Sinne handelt es sich indes nicht schon dann, wenn der Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Ein generelles Verbot negativer Festsetzungen gibt es nicht. Vielmehr sind derartige Festsetzungen etwa durch § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO oder die – hier einschlägige – Vorschrift des § 9 Abs. 2a BauGB gestattet. Sie sind nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem wahren planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur das vorgeschobene Mittel sind, um ohne hinreichend positive städtebauliche Ziele bestimmte (konkrete) Bauvorhaben im Plangebiet zu verhindern.
76OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 17 und Urteil vom 30. November 2010 – 2 D 138/08.NE – juris Rn. 50 f. m.w.N., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 BN 11/11 – juris.
77Für den Beschluss einer Veränderungssperre ist nicht erforderlich, dass bereits ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept vorliegt. Vielmehr ist es gerade Sinn der Veränderungssperre, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. Die mit der Veränderungssperre eintretende Sperrwirkung soll das bestehende Baugeschehen für einen begrenzten Zeitraum konservieren und Veränderungen unterbinden und dadurch der Gemeinde Gelegenheit geben, eine der städtebaulichen Zielsetzung dienende Bebauungsplanung in ihren noch offenen Details zu erarbeiten.
78BVerwG, Urteil vom 9. August 1991 – 4 B 135/91 – Buchholz 406.11 § 14 BBauG/BauGB Nr. 17 – juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2009 – 10 D 40/07.NE – juris Rn. 55.
79Gemessen an diesen Anforderungen waren die Vorstellungen der Beklagten zur künftigen baulichen Nutzung des Plangebietes im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über die Veränderungssperre Nr. 000/ hinreichend konkretisiert. Der Rat der Beklagten verfolgte ausweislich der Begründung zur Beschlussvorlage für den Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 (BA Ht. 4 Bl. 14 f.) das dort genannte hauptsächliche Planungsziel, im Plangebiet zukünftig – aufbauend auf dem am 12. Dezember 2013 vom Rat der Beklagten beschlossenen Kommunalen Einzelhandelskonzept – Einzelhandelsnutzungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten gemäß der T3. Liste aus dem Einzelhandelskonzept zum Erhalt und zur Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt als unzulässig festzusetzen. Zur Umsetzung der Planungsziele soll ein einfacher Bebauungsplan mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB zur Steuerung der Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen beschlossen werden. Dabei hat der Rat der Beklagten differenzierte Festsetzungen in den Blick genommen, um den bestandskräftig genehmigten kleinflächigen Einzelhandelsbetrieb der Klägerin zu berücksichtigen. Insoweit soll dieser Betrieb zwar in seinem Bestand durch die künftigen Festsetzungen Berücksichtigung finden. Um dem Kommunalen Einzelhandelskonzept soweit wie möglich auch in diesem Teilbereich des Planungsgebiets Rechnung zu tragen, soll jedoch gleichzeitig ausgeschlossen werden, dass dieser Einzelhandelsbetrieb erweitert oder in seiner Nutzung dahingehend geändert werden kann, dass die Nutzung den Planungszielen entgegensteht. Angesichts dieser städtebaulichen Zielvorstellungen der Beklagten zur Einzelhandelssteuerung und zum Schutz und zur Stärkung des zentralen Versorgungsbereiches Hauptzentrum Mitte bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die durch die Veränderungssperre gesicherte erneute Aufstellung des Bebauungsplanes X 000 eine reine Negativplanung zur Verhinderung des Vorhabens der Klägerin darstellte und die von der Beklagten dargelegte positive Planungsvorstellung nebst den von ihr angegebenen Gründen für die erneute Aufstellung nur vorgeschoben wären.
80Siehe dazu: OVG NRW, Urteil vom 8. Oktober 2018 – 10 D 56/18.NE – juris Rn. 17 ff.
81Die Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel auch geeignet, weil sich das Planungsziel des Bebauungsplans X 000 rechtmäßig erreichen lässt. Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel ungeeignet, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bebauungsplan der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind. Eine Veränderungssperre, die eine offensichtlich unzulässige Bebauungsplanung sicherstellen soll, ist unwirksam.
82BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 2014 – 4 BN 6.14 – juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 2014 – 2 B 418/14 – juris Rn. 41.
83Das verlautbare Planungsziel der Beklagten lässt sich mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB erreichen. Danach kann für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 BauGB) zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden (Satz 1). Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind, ungeachtet dessen, dass eine vorweggenommene Normenkontrolle des künftigen Bebauungsplans nicht stattfindet,
84hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 46 ff. und vom 11. Februar 2008 – 10 B 1614/07 – juris Rn. 7,
85gegeben.
86Entgegen der Auffassung der Klägerin scheitert die von der Beklagten angestrebte Planung nicht daran, dass sich die Planung nicht auf einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB beschränkt. Es mag zutreffen, dass für den geplanten Geltungsbereich zumindest in formeller Hinsicht weiterhin der Bebauungsplan X 000 – Teil X, der den ebenfalls noch nicht formell aufgehobenen rechtskräftigen Bebauungsplan X 000 überlagert, existiert. Dies steht der Annahme, es handele sich bei dem Plangebiet um einen nach § 34 BauGB zu beurteilenden Bereich, jedoch nicht entgegen, denn die Bebauungspläne X – Teil X und X 000 sind wegen des Fehlens des jeweiligen Beitrittsbeschlusses des Rates zu Auflagen des Regierungspräsidenten von Anfang an unwirksam gewesen (BA Ht. 9 Bl. 67 ff. und BA Ht. 10). Dabei handelt es sich um einen Mangel, der insgesamt zur Unwirksamkeit der Pläne führt.
87BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 31.85 – BVerwGE 75, 262 (264 f.) – juris Rn. 16.
88Allein dies genügt für die Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 BauGB.
89OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2017 – 7 A 1397/15 – juris Rn. 59.
90Im Übrigen bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es der Beklagten unmöglich wäre, noch vor dem Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan X 000 die Bebauungspläne aufzuheben und auch so zum Zeitpunkt der Fassung der Satzung eine nach § 34 BauGB zu beurteilende planungsrechtliche Situation bestünde.
91Ebenso ist auf der Grundlage des Vortrages der Klägerin nicht ersichtlich, dass die geplanten Festsetzungen mit § 9 Abs. 2a Satz 2 BauGB unvereinbar wären. Die Planungen lassen nicht erkennen, dass sie im Widerspruch zum Kommunalen Einzelhandelskonzept vom 12. Dezember 2013 stehen. Die Auffassung der Klägerin, ein solcher Widerspruch ergebe sich daraus, dass die Beklagte von der im Einzelhandelskonzept vorgesehenen Ausnahmeregelung für integrierte Nahversorgungsstandorte außerhalb des 600m-Radius keinen Gebrauch gemacht habe, kann nicht gefolgt werden. Richtig ist, dass das Kommunale Einzelhandelskonzept der Beklagten eine solche Ausnahmeregelung vorsieht (Seite 116). Danach
92„[können] Einzelhandelsbetriebe […] außerhalb der T3. zentralen Versorgungsbereiche in städtebaulich integrierten Lagen (z.B. in Mischgebieten und Allgemeinen Wohngebieten) möglich sein, wenn sie
93- der Nahversorgung dienen (d.h. die Kaufkraftabschöpfung eine Quote von in der Regel 35% der sortimentsspezifischen Kaufkraft im funktional zugewiesenen Versorgungsgebiet nicht übersteigt),
94- städtebaulich in Wohnsiedlungsbereiche integriert sind,
95- auch fußläufig für möglichst viele Menschen erreichbar sind (i.d.R. 600 m-Distanz),
96- außerhalb der 600 m-Zonen um die zentralen Versorgungsbereiche liegen und
97- keine negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche und die wohnortnahen Versorgungsstrukturen zu erwarten sind.“
98Unabhängig davon, dass diese Regelung lediglich die Möglichkeit bietet, vom Grundsatz 1 des Konzepts Ausnahmen zuzulassen, hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme nicht vorliegen, zum einen, weil Teile des Plangebietes schon nicht außerhalb der 600 m-Zonen um die zentralen Versorgungsbereiche – so auch die Grundstücke der Klägerin – liegen, und zum anderen das Erfordernis der Nahversorgungsfunktion nicht erfüllt ist (BA Ht. 4 Bl. 62 f.). Ein Widerspruch zum Kommunalen Einzelhandelskonzept ist daher nicht vorgezeichnet; die beabsichtigten Festsetzungen dienen vielmehr der Umsetzung der Grundsätze 1 und 2 des Kommunalen Einzelhandelskonzepts. Des Weiteren ist ein solcher nicht dadurch vorgezeichnet, dass der beabsichtigte Bebauungsplan für den Teilbereich 1 keinen Ausschluss von nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten für kleinflächige Einzelhandelsunternehmen vorsieht. Insoweit verkennt die Klägerin, dass diese Differenzierung zwischen dem Teilbereich 1 und 2 allein darauf beruht, dass die Beklagte – neben den Grundsätzen des Kommunalen Einzelhandelskonzeptes – auch den sich aus dem Bestandsschutz ergebenden Belangen Rechnung zu tragen hat. Darin eine inkonsistente Planung zu sehen, überzeugt nicht.
99Die von der Beklagten angestrebte Einzelhandelssteuerung kann auch prinzipiell im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich sein.
100OVG NRW, Urteile vom 20. Januar 2020 – 10 A 1780/17 – juris Rn. 53 und vom Oktober 2013 – 2 D 103/12.NE – juris Rn. 36.
101Was danach städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind demgegenüber in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.
102BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 – 4 C 13.11 – BVerwGE 146, 137 Rn. 9 – juris Rn. 9 und vom 27. März 2013 – 4 CN 6.11 – juris Rn. 9.
103Gemessen daran kann der geplante Bebauungsplan S 607 im Anschluss an das oben zur positiven Planungskonzeption und zum Nichtbestehen einer reinen Negativplanung Gesagte ohne Weiteres städtebaulich gerechtfertigt sein. Bei den Zielsetzungen der Beklagten handelt es sich um zulässige städtebauliche Erwägungen im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 4 und Nr. 11 BauGB. Eine ihrer Erhaltung dienende Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche einer Gemeinde ist ein gewichtiger städtebaulicher Belang des Allgemeinwohls und damit grundsätzlich ein tragfähiges städtebauliches Ziel, das den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten in einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB rechtfertigen kann. Bauleitplanung erschöpft sich nicht darin, bereits eingeleitete Entwicklungen zu steuern. Sie ist auch ein Mittel, um städtebauliche Ziele für die Zukunft zu formulieren und aktiv auf eine Änderung des städtebaulichen Status Quo hinzuwirken.
104OVG NRW, Urteil vom 23. April 2020 – 10 D 55/18.NE – juris Rn. 22.
105Es bedurfte für die Annahme der Wirksamkeit der Veränderungssperre über das Vorliegen dieser Voraussetzung hinaus auch nicht der Darlegung besonderer Umstände im Sinne des § 17 Abs. 2 und/oder 3 BauGB. Der Auffassung der Klägerin, es liege mangels identischer Planungsziele keine neue Veränderungssperre vor, vermag die Kammer nicht zu folgen. Denn bei der Veränderungssperre Nr. 000/000 handelt es sich nicht um eine erneute, sondern um eine neue Veränderungssperre, die im derzeit laufenden zweiten Jahr ihrer Geltungsdauer noch nicht durch besondere Umstände im Sinne von § 17 Abs. 2 BauGB oder § 17 Abs. 3 BauGB gerechtfertigt sein muss. Zutreffend ist, dass mit dem Mittel einer neuen Veränderungssperre nicht die strengen Anforderungen an die Verlängerung der Geltungsdauer einer Veränderungssperre nach § 17 Abs. 2 BauGB oder dem erneuten Erlass einer Veränderungssperre nach § 17 Abs. 3 BauGB umgangen werden dürfen.
106BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1992 – 4 NB 44.92 – Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 6 – juris Rn. 11; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 136. EL Oktober 2019, § 17 Rn. 48a.
107Um eine solche Umgehung handelt es sich jedoch – auch bei Unterstellung identischer Planungsziele der Beklagten – nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt,
108Beschluss vom 29. März 2007 – 4 BN 11.07 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 28 – juris Rn. 4 f.,
109dass eine Gemeinde eine neue Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB beschließen kann, wenn ein Normenkontrollgericht ihren Bebauungsplan, der in der Aufstellungsphase durch eine Veränderungssperre gesichert war, für unwirksam erklärt hat und sie für denselben Planbereich erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans beschließt. Dies gilt auch dann, wenn sie im Übrigen an ihrem Planungskonzept festhält. Der hier streitbetroffene Sachverhalt unterscheidet sich zwar darin, dass es an einer gerichtlichen Entscheidung zur Wirksamkeit des Bauleitverfahrens der Beklagten aus dem Jahr 2012 fehlt, und vielmehr die Beklagte aus Anlass einer höchstrichterlichen Rechtsprechungsänderung die Unwirksamkeit ihrer Beschlüsse aufgrund eines Bekanntmachungsmangels annimmt. Auf diesen Unterschied kommt es jedoch nicht an. Maßgeblich ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass den Gemeinden das Recht zusteht, ihre Bauleitplanung durch eine neue Veränderungssperre zu sichern, soweit sie dazu dient, rechtmäßige Verhältnisse herzustellen. Allein dies war das Anliegen der Beklagten. Der vom Rat der Beklagten gefasste Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 sollte nunmehr in einer den Vorgaben des § 2 BekanntmVO NRW entsprechenden Weise bekannt gemacht und damit die insoweit bestehenden Mängel des Bauleitverfahrens aus dem Jahr 2012 behoben werden. Dass dieses Vorgehen der Beklagten in der Folge dazu dienen sollte, § 17 Abs. 2 und/oder Abs. 3 BauGB zu umgehen, ist unter Berücksichtigung der Umstände dieses Einzelfalles nicht ersichtlich. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die erneute Beschlussfassung und Bekanntmachung nur vorgeschoben war, um sodann mit dem Mittel einer neuen Veränderungssperre den strengen Anforderungen an die Verlängerung der Geltungsdauer bzw. dem erneuten Erlass einer solchen zu entgehen. Der Bekanntmachungsfehler war zunächst für die Wirksamkeit der Beschlüsse erheblich. Der Entscheidung des OVG NRW war zweifelsfrei die Folge der Unwirksamkeit der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses mangels der Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 2 BekanntmVO NRW zu entnehmen.
110OVG NRW, vom 8. Februar 2013 – 10 B 1239/12 – juris Rn. 13.
111Die erneute Bekanntmachung erfolgte daher nicht nur auf der Grundlage einer unsicheren Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Infolgedessen war der Beklagten die Sicherung des Bauleitverfahrens nur durch die erneute Bekanntmachung eines Aufstellungsbeschlusses als Voraussetzung für eine wirksame Veränderungssperre möglich. Denn eine wirksame Veränderungssperrensatzung setzt die Wirksamkeit des Aufstellungsbeschlusses voraus, der jedoch ohne die ortsübliche Bekanntmachung nicht wirksam werden kann.
112BVerwG, Beschluss vom 15. April 1998 – 4 N 4.87 – BVerwGE 79, 200 (205) – juris Rn. 26.
113Dieser Bekanntmachungsfehler war auch nicht vermeidbar. Die Entscheidung des OVG NRW vom 8. Februar 2013,
11410 B 1239/12 – juris Rn. 7,
115stellte sich als Rechtsprechungsänderung dar. Das Oberverwaltungsgericht hat seine diesbezüglich noch im Urteil vom 23. April 1996 (Az.: 10 A 620/91) vertretene Auffassung ausdrücklich aufgegeben. Angesichts dessen kann der im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußerten gegenteiligen Ansicht der Klägerin nicht gefolgt werden. Der Beklagten hätte daher nicht bereits im Jahr 2012 die Fehlerhaftigkeit ihres Verfahrens bekannt sein können. Die Beklagte hätte schließlich auch nicht auf andere Art und Weise rechtmäßige Verhältnisse herstellen können. So war hier seitens der Beklagten zu berücksichtigen, dass der Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 2012 nicht mehr den tatsächlichen Bestand im Plangebiet abbildete. Denn durch die Erteilung des Vorbescheides für die Errichtung des kleinflächigen Lebensmitteldiscounters der Klägerin bedurfte es der Berücksichtigung dieses Vorhabens im Rahmen der Bauleitplanung der Beklagten, vor allem auch im Hinblick auf das im Dezember 2013 vom Rat beschlossene Kommunale Einzelhandelskonzept. Der Aufstellungsbeschluss vom 11. Dezember 2014 berücksichtigt gegenüber dem Beschluss vom 6. Dezember 2012 das zwischenzeitlich beschlossene Kommunale Einzelhandelskonzept. Auch liegt gerade in der durch die Bekanntmachungsmängel verursachten neuen Bewertung des seinerzeitigen Antrages der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides bzw. einer Baugenehmigung für die Errichtung eines kleinflächigen Lebensmitteldiscounters die für die Annahme einer neuen Planung der Beklagten erforderliche Andersartigkeit der Planung gegenüber dem Jahr 2012. Eine Wiederholung derselben Planung liegt demgegenüber nicht vor.
116Ein Vorgehen, welches der Entscheidung des OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2013 (Az.: 10 A 2611/11 – juris) zugrunde lag, war der Beklagten daher nicht möglich.
117Die Veränderungssperre steht im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 14. August 2020 der Erteilung der begehrten Baugenehmigung auch in zeitlicher Hinsicht entgegen. Nach § 6 der Veränderungssperrensatzung tritt die Veränderungssperre Nr. 000/000 am Tage der Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt T1. in Kraft. Sie tritt nach Ablauf von zwei Jahren, vom Tag der Bekanntmachung gerechnet, außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 BauGB abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit der Bebauungsplan für das in § 2 genannte Gebiet rechtsverbindlich wird. Der Bebauungsplan X 000 ist noch nicht bekannt gemacht worden. Auch ist die Frist des § 6 Satz 2 – auch unter Berücksichtigung der Anrechnungsregelung des Satzes 3 – noch nicht abgelaufen. Die Veränderungssperre ist am 21. Februar 2019 in Kraft getreten. Sie wird daher mit Ablauf des 20. Februar 2021 außer Kraft treten. Unter Berücksichtigung der Anrechnung vom 29 Tagen der Zurückstellung der Entscheidung nach § 15 Abs. 1 BauGB (23. Januar 2019 bis 20. Februar 2019) kann die Veränderungssperre der Klägerin bis zum 22. Januar 2021 entgegen gehalten werden. Im Übrigen sind zugunsten der Klägerin auch keine Zeiten einer faktischen Zurückstellung des Bauantrags vom 28. März 2018 berücksichtigungsfähig. Von einer faktischen Zurückstellung ist zu sprechen, wenn die Bauaufsichtsbehörde einen an sich (positiv) bescheidungsfähigen Bauantrag verzögerlich bearbeitet und dadurch ein Zeitverlust entstanden ist. Der Zeitraum, der dadurch vergeht, dass ein (positiv) bescheidungsfähiger Bauantrag verzögerlich behandelt wird, ist auf eine nachträglich ausgesprochene Zurückstellung anzurechnen.
118Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2003 – 4 B 75.02 – juris Rn. 19; OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – juris Rn. 55.
119Gemessen an diesen Maßstäben sind zugunsten der Klägerin keine Zeiten einer faktischen Zurückstellung über den bereits verfügten Zurückstellungszeitraum hinaus anzurechnen, da angesichts der zahlreichen Fristverlängerungsanträge der Klägerin keine verzögerliche Behandlung des Bauantrags seitens der Beklagten erkennbar ist. Schließlich ist auch unter Berücksichtigung des Zeitraumes zwischen dem Aufstellungsbeschluss (Dezember 2014) und dem Erlass der Veränderungssperre (Februar 2019) von etwas mehr als 4 Jahren nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Planung aufgegeben hätte. Im Übrigen verlangt § 14 Abs. 1 BauGB nicht, dass zwischen der Fassung des Aufstellungsbeschlusses und dem Erlass der Veränderungssperre höchstens eine bestimmte Zeitspanne liegen dürfe.
120BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 – 4 NB 19.92 – Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 21 – juris Rn. 7; VGH BW, Beschluss vom 18. Mai 2000 – 8 S 410/00 – juris Rn. 9 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Juni 2017 – 25 K 2717/16 – juris Rn. 86 f.
121Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung unter Berücksichtigung des § 14 Abs. 2 BauGB. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Der Sicherungszweck der Veränderungssperre steht als öffentlicher Belang jedoch entgegen, wenn das Vorhaben der beabsichtigten Planung widerspricht oder diese wesentlich erschweren würde; ein solches Vorhaben darf auch im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Wirkung nicht erfüllen.
122BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 – 4 C 1.11 – BVerwGE 144, 82 Rn. 34 – juris Rn. 34 und Beschluss vom 9. Februar 1989 – 4 B 236.88 – juris Rn. 7.
123Das Hauptplanungsziel des Planverfahrens ist der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten im Plangebiet zum Erhalt und zur Entwicklung insbesondere des zentralen Versorgungszentrums Hauptzentrum Mitte. Die Erweiterung des Lebensmitteldiscounters der Klägerin stünde diesem Entwicklungsziel nicht nur entgegen, weil mit der Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Lebensmitteldiscounters die Gefahr einer Erhöhung der Kaufkraftbindung an dem betroffenen Standort verbunden ist. Sie widerspräche auch den beabsichtigten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB.
124Soweit die Klage mit dem Hauptantrag unbegründet und deshalb über den Hilfsantrag zu entscheiden ist, bleibt auch dieser ohne Erfolg. Er stellt sich zwar als zulässige Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO dar,
125OVG NRW, Urteil vom 29. Mai 2013 – 10 A 2611/11 – juris Rn. 66,
126ist jedoch in der Sache jedenfalls unbegründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag nicht bereits unzulässig ist, weil es an einer den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen,
127siehe nur exemplarisch OVG NRW, Urteil vom 25. März 2014 – 2 A 2679/12 – juris Rn. 47 f. m.w.N.
128genügenden Darlegung des Präjudizinteresses der Klägerin, und damit eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses fehlt. Insbesondere dürfte es an der erforderlichen annähernden Angabe der Schadenshöhe mangeln, da die Klägerin sich lediglich darauf beschränkt, das Entgehen eines nicht näher bezifferten Gewinns zu behaupten.
129Der Hilfsantrag ist jedoch jedenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, festzustellen, dass die Beklagte bis zum 20. Februar 2019 verpflichtet war, der Klägerin die mit Formularantrag vom 31. Januar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarktes auf 1.052,71 m² sowie Erstellung eines Eingangskoffers auf dem Grundstück T. Straße 0 in T1. zu erteilen. Denn bis zum 20. Februar 2019 stand der Erteilung der von der Klägerin begehrten Baugenehmigung der rechtmäßige Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 entgegen. Es ist zutreffend, dass der Zurückstellungsbescheid entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 LZG NRW der Klägerin persönlich und nicht dem von ihr im Verwaltungsverfahren bevollmächtigten H. C. GmbH zugestellt worden ist. Die Berufung der Klägerin auf eine fehlerhafte Zustellung des Zurückstellungsbescheids an sie selbst stellt sich jedoch als unzulässige Rechtsausübung dar, denn sie verstößt in missbräuchlicher Weise gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Widersprüchliches Verhalten eines am fraglichen Rechtsverhältnis Beteiligten ist missbräuchlich, wenn entweder aufgrund seines bisherigen Verhaltens für den anderen Teil hinsichtlich eines bestimmten Umstandes ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen.
130Vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2008 – 6 B 14.08 – juris Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2019 – 10 B 516/19 – juris Rn. 8 f. und Urteil vom 5. September 2017 – 7 A 1069/14 – juris Rn. 35.
131So liegt der Fall hier. Die von der Klägerin bevollmächtigte H. C. GmbH wurde letztmalig am 3. April 2018 – mithin nur wenige Tage nach Einreichung des Bauantrages – für die Klägerin im Verwaltungsverfahren tätig. In der Folge trat für die Klägerin die bei ihr beschäftigte Frau O1. G2.rings auf, die die zahlreichen Fristverlängerungsanträge sowohl telefonisch als auch per E-Mail stellte und sich sodann die gewährten Fristverlängerungen in an sie gerichteten Schreiben durch die Beklagte bestätigen ließ. Auch an dem am 5. Oktober 2018 zwischen dem Immobilienbereichsleiter der Klägerin, Herrn K. C1. , und den Vertretern der Beklagten geführten persönlichen Gespräch waren Vertreter der H. C. GmbH – trotz ihrer umfangreichen Bevollmächtigung – nicht beteiligt. Schließlich nahm die jetzige Prozessbevollmächtigte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens die Interessen der Klägerin durch ausführliche Stellungnahmen zur Sache wahr. Diesen Sachverhalt zugrunde gelegt, bestanden aus Sicht der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Zustellung des Zurückstellungsbescheides an die H. C. GmbH wünsche und eine solche an sie selbst nicht gegen sich gelten lassen werde. So trat die umfassend bevollmächtigte H. C. GmbH nach dem 3. April 2018, und damit über den größten Teil des Verwaltungsverfahrens, nicht mehr in Erscheinung. Vielmehr nahm die Klägerin ihre Interessen persönlich durch Frau G2. und Herrn C1. sowohl im Schriftverkehr als auch im persönlichen Gespräch wahr, ohne dass ausdrücklich oder sinngemäß Erwähnung fand, dass sie weiterhin eine Vertretung durch die H. C. GmbH wünsche. Dieser Eindruck musste sich aus Sicht der Beklagten auch deshalb verstärken, weil durch das Auftreten der jetzigen Prozessbevollmächtigten im Verwaltungsverfahren die Klägerin zu erkennen gab, jedenfalls in der Sache nicht mehr durch die H. C. GmbH vertreten werden zu wollen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der von der Beklagten am 30. April 2019 erlassene Widerruf des Zurückstellungsbescheides an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zugestellt worden ist. Denn aus diesem Umstand lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf den bei der Beklagten vor Erlass des Zurückstellungsbescheides entstandenen – maßgeblichen – Eindruck ziehen. Dass die Klägerin – wie sie in der mündlichen Verhandlung angab – in ähnlich gelagerten Fällen ebenso agiert und sich daher dieses Vorgehen aus ihrer Sicht als „Standardprozedere“ darstellt, ändert nichts an den rechtlichen Maßstäben, an denen dieses Vorgehen zu messen ist. Die H. C. GmbH mag daher im Zeitpunkt der Zustellung des Zurückstellungsbescheides formal noch bevollmächtigt gewesen sein. Durch das Verhalten der Klägerin im Verwaltungsverfahren hatte sie jedoch bei der Beklagten das berechtigte Vertrauen entstehen lassen, dass sie auch die Zustellung des Zurückstellungsbescheids an sie selbst gegen sich gelten lassen werde. Wenn die Klägerin sich nunmehr darauf beruft, die Zustellung sei fehlerhaft nicht an ihre Bevollmächtigte erfolgt, verhält sie sich im Widerspruch zu ihrem vorherigen Verhalten und zu dem dadurch bei der Beklagten entstandenen Vertrauen in ihre Stellung als in jeder Hinsicht zuständige Verfahrensbeteiligte und Adressatin jeglichen Schriftverkehrs.
132Der Zurückstellungsbescheid vom 15. Januar 2019 ist auch in rechtmäßiger Weise ergangen. Nachdem der Rat der Beklagten am 11. Dezember 2014 die Aufstellung des Bebauungsplans X 000 beschlossen hatte und der Aufstellungsbeschluss am 18. Dezember 2014 öffentlich bekannt gemacht worden war, lagen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BauGB für eine Zurückstellung vor. Danach hat die Baugenehmigungsbehörde, wenn eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen wurde, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder wenn eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten ist, auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Dies war hier der Fall, da eine Zulassung des Vorhabens der Klägerin – wie dargelegt – den beabsichtigten Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB widerspricht.
133Die Kostenentscheidung folgt, soweit in der Hauptsache zu entscheiden ist, aus § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit das Verfahren bezüglich des zunächst ebenfalls angegriffenen Zurückstellungsbescheides vom 15. Januar 2019 von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 VwGO. Danach entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten. Vorliegend entspricht es der Billigkeit, der Klägerin auch insoweit die Kosten aufzuerlegen, weil der Zurückstellungsbescheid – wie dargelegt – rechtmäßig ergangen war.
134Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).
135Rechtsmittelbelehrung:
136Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
137Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.
138Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
139Die Berufung ist nur zuzulassen,
1401. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1412. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1423. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1434. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1445. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
145Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
146Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
147Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
148Beschluss:
149Der Streitwert wird auf 56.862,- Euro festgesetzt.
150Gründe:
151Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog der Bausenate des OVG NRW vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610) erfolgt. Nach dessen Ziffer 3 lit. a) ist bei Baugenehmigungen für gewerbliche Bauten grundsätzlich der geschätzte Jahresnutzwert anzusetzen. Ist dieser Wert – wie hier – nicht bekannt, sind nach Ziffer 3 lit. b) für Einzelhandelsbetriebe je 1 m² Verkaufsfläche 150,-Euro festzusetzen. Da die Klägerin die Baugenehmigung für eine Erweiterung ihrer Verkaufsfläche um 252,72 m² begehrt, ist der Streitwert für den Hauptantrag mit 37.908,- Euro anzusetzen. Hinzuzurechnen ist nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG der Streitwert für den Hilfsantrag. Nach § 45 Abs. 1 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht und er – wie hier – nicht denselben Gegenstand betrifft. Nach Ziffer 15 des Streitwertkatalogs ist in der Regel bei Fortsetzungsfeststellungsklagen 50% des ursprünglichen Streitwertes anzusetzen, mithin hier 18.954,- Euro (= 1/2 x 37.908,- Euro).
152Rechtsmittelbelehrung:
153Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
154Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
155Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
156Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
157Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
158War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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