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| 1. Die Klage ist ausschließlich mit ihrem Anfechtungsantrag zulässig. Die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bei Folge- und Zweitanträgen, die nach aktueller Rechtslage als Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ergeht, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 - juris) mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Die gestellten Verpflichtungsanträge sind demzufolge unzulässig. |
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| 2. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie auch A 1 K 484/14begründet. Die Feststellung, dass die Asylanträge der Kläger unzulässig seien, ist rechtswidrig und verletzt diese in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| Das Bundesamt durfte das Schutzgesuch der Kläger nicht als unzulässig ablehnen. Rechtsgrundlage für diese Entscheidung ist § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unter anderem dann unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Ein Zweitantrag liegt nach § 71a Abs. 1 AsylG vor, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag stellt. Er hat zur Folge, dass ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die in § 71 AsylG vorgesehene besondere Behandlung von Folgeanträgen auf den Fall erstreckt, dass dem Asylantrag des Antragstellers ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder Vertragsstaat vorausgegangen ist. |
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| Hier ist schon nicht nachgewiesen, dass die Kläger überhaupt in Ungarn oder Bulgarien Asylanträge gestellt haben; die Kläger haben dies bestritten. Jedenfalls hat das Bundesamt aber keinerlei Beleg für seine Auffassung geliefert, die dortigen Asylverfahren seien endgültig - mit negativem Ausgang - abgeschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 - (juris) entschieden, dass die Behandlung eines Asylantrags als Zweitantrag ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat voraussetzt. Ein solches liegt nicht vor, wenn das in diesem Staat betriebene und ohne Sachentscheidung eingestellte Asylverfahren in der Weise wiederaufgenommen werden kann, dass eine volle sachliche Prüfung des Antrags stattfindet. |
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| Daraus ist zu folgern, dass - entgegen der im streitgegenständlichen Bescheid vertretenen Auffassung - der vorangegangene negative Ausgang eines Asylverfahrens in einem Mitgliedstaat durch eine bestandskräftige Sachentscheidung positiv festgestellt werden muss; bloße Mutmaßungen genügen insoweit nicht (so zu Recht: VG München, Beschluss vom 27.12.2016 - M 23 S 16.33858 -; Schleswig-Holst. VG, Beschluss vom 07.09.2016 - 1 B 54/16 -; VG Augsburg, Urteil vom 10. Januar 2017 - Au 5 K 16.33029 - jeweils juris). Dies bedeutet, dass das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangen muss, dass das Asylerstverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde, um sich in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken zu dürfen. |
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| Im vorliegenden Fall liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob und mit welchem Ergebnis die von den Klägern möglicherweise in Bulgarien und Ungarn betriebenen Asylverfahren abgeschlossen worden sind. Das Bundesamt kann eine derartige Ermittlung nicht ohne weiteres dem Asylantragsteller auferlegen, da dieser in aller Regel über den Verfahrensablauf keine verlässlichen Angaben machen kann (vgl. BayVGH, Urteil vom 03.12.2015 - 13a B 15.50069 - NVwZ 2016, 625). |
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| Die Sachaufklärung zu der Frage, ob und in welcher Weise ein Asylverfahren in einem Mitgliedstaat abgeschlossen worden ist, obliegt vielmehr grundsätzlich allein dem Bundesamt, denn es hat die Möglichkeit, eine sog. Info-Request-Anfrage durchzuführen. Auf eine solche in Art. 34 Abs. 1 und 2 Dublin-III-Verordnung vorgesehene Anfrage übermittelt jeder Mitgliedsstaat jedem Mitgliedsstaat, der das beantragt, personenbezogene Daten über den Asylbewerber, die sachdienlich und relevant sind und nicht über das erforderliche Maß hinausgehen, für die Prüfung des Asylantrags (vgl. BayVGH, Urteil vom 13.10.2016 - 20 B 14.30212 - juris- Rn. 40). Bei dieser Anfrage darf auch der Stand des Verfahrens und der Tenor der eventuell getroffenen Entscheidung abgefragt werden (Art. 34 Abs. 2g Dublin III-Verordnung). Bereits die Tatsache, dass der Tenor der getroffenen Entscheidung abgefragt werden darf, zeigt, dass Info-Request-Anfragen über das DubliNet auch noch zulässig sind, wenn es nicht mehr um die Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaats geht (ebd.). |
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| Diese Aufklärungsmaßnahme ist dem Gericht selbst nicht möglich. Nach Art. 34 Abs. 6 Dublin-III- Verordnung erfolgt der Informationsaustausch auf Antrag eines Mitgliedstaats und kann nur zwischen den Behörden stattfinden, deren Benennung von jedem Mitgliedstaat der Kommission mitgeteilt wurde, die ihrerseits die anderen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis gesetzt hat. Dies ist im Fall der Bundesrepublik Deutschland das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie das Bundespolizeipräsidium. Nur diese Behörden sind danach berechtigt und auch verpflichtet, entsprechende Anfragen einzuholen und den Verwaltungsgerichten zu übermitteln (Art. 34 Abs. 7 Satz 2 b Dublin III-VO; vgl. BayVGH, Urteil vom 13.10.2016 - 20 B 14.30212 - juris). |
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| Trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts hat das Bundesamt hier keine Info-Request-Anfrage durchgeführt. Bestehende Zweifel gehen daher zu Lasten der Beklagten (VG Augsburg, Urteil vom 10.01.2017 - Au 5 K 16.33029 - juris). |
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| Unabhängig davon ist ein in einem anderen EU-Mitgliedstaat betriebenes und wegen Fortzugs ohne Sachprüfung eingestelltes Asylverfahren nicht in diesem Sinne erfolglos abgeschlossen, wenn das Verfahren nach der Rechtsordnung dieses Staates in der Weise wiederaufgenommen werden kann, dass eine volle sachliche Prüfung des Antrags stattfindet. Dies ist jedenfalls in Bezug auf Ungarn der Fall (vgl. ausführl.: BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 - juris; BayVGH, Urteil vom 03.12.2015 - 13a B 15.50069 u.a. - NVwZ 2016, 625). Gerade auf das (angeblich) in Ungarn durchgeführte Asylverfahren stellt aber die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid ab. |
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| Die Ablehnung der Asylanträge der Antragsteller als unzulässig kann auch nicht auf einer anderen Rechtsgrundlage aufrecht erhalten werden. Insbesondere liegt kein Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG vor, weil kein Übernahmeersuchen an Ungarn oder Bulgarien gerichtet wurde, so dass deren Zuständigkeit nach der Dublin III-Verordnung nicht ersichtlich ist. Angesichts der Ungewissheit des Ausgangs der Asylverfahren in Ungarn oder Bulgarien steht auch keine Unzulässigkeit der Asylanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG im Raum, da bislang keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass den Antragstellern in Ungarn oder Bulgarien internationaler Schutz, d.h. der Flüchtlingsstatus gemäß § 3 AsylG oder subsidiärer Schutz i.S.d. § 4 AsylG, gewährt worden sein könnte. Davon geht auch die Beklagte ersichtlich nicht aus. Des Weiteren liegt hier kein Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vor, da dies nicht nur voraussetzen würde, dass Ungarn oder Bulgarien als sichere Drittstaaten gemäß § 26a AsylG zu betrachten sind, sondern auch, dass diese Länder bereit sind, die Kläger wieder aufzunehmen. Anhaltspunkte für eine solche Übernahmebereitschaft sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Dies wäre auch sehr fernliegend, nachdem keine Zuständigkeit Ungarns oder Bulgariens nach der Dublin III-Verordnung besteht. |
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