Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - A 4 K 9894/17

Tenor

Es wird festgestellt, dass Ziff. 1 und 3 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2017 unwirksam sind; Ziff. 2 und 4 des Bescheides werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
Die Kläger sind nach eigenen Angaben staatenlose Palästinenser mit gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien. Im Januar 2016 reisten sie ins Bundesgebiet ein. Unter dem 13.06.2016 stellten sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asylanträge.
In ihren Anhörungen vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 07.10.2016 zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats trugen der Kläger Ziff. 1 und die Klägerin Ziff. 2 jeweils vor, dass sie am 22.09.2014 von der Türkei aus in Richtung Italien aufgebrochen seien, aber aufgrund technischer Probleme des Schiffes hätten aus Seenot gerettet werden müssen und daraufhin nach Zypern gebracht worden seien; sie seien ein Jahr und drei Monate auf Zypern gewesen, wo sie Asyl beantragt und internationalen Schutz zuerkannt bekommen hätten.
Auf Anfrage vom 11.05.2017 teilte das zypriotische Innenministerium unter dem 06.06.2017 mit, dass die Klägerin Ziff. 2 in Zypern den Flüchtlingsstatus erhalten habe.
In einer weiteren Anhörung vom 19.10.2017 zur Zulässigkeit des Asylantrags trug der Kläger Ziff. 1 vor: Es sei richtig, dass ihnen in Zypern internationaler Schutz gewährt worden sei. Sie seien dort aber schlecht untergebracht worden, die Kinder hätten in Schule bzw. Kindergarten Probleme gehabt. Seine Ehefrau habe durch die Erlebnisse dort eine Traumatisierung erlitten und sei deshalb in ärztlicher Behandlung. Seine Armverletzung sei erst in Deutschland behandelt worden. Die Klägerin Ziff. 2 schloss sich in ihrer Anhörung den Angaben ihres Ehemannes an und legte eine Stellungnahme der behandelnden psychologischen Psychotherapeutin vor.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte die Anträge der Kläger mit Bescheid vom 24.10.2017, zur Post gegeben am 30.10.2017, als unzulässig ab (Ziff. 1) und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG nicht vorlägen (Ziff. 2). Es forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. im Falle der Klageerhebung 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens zu verlassen, und drohte ihnen für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung in die Republik Zypern an (Ziff. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 4).
Die Kläger haben am 13.11.2017 Klage erhoben. Zur Begründung legen sie ärztliche Berichte betreffend die Klägerin Ziff. 2 vor und führen aus: Die Publikation von borderline europe e.V. komme zu dem Ergebnis, dass in Zypern notwendige Sozialleistungen für viele Geflüchtete unzugänglich blieben und eine Krankenversicherungskarte nur bei Nachweis von Mittellosigkeit ausgestellt werde, so dass viele Geflüchtete keinen Zugang zu medizinischer Versorgung hätten, und dass die Republik Zypern europäische Richtlinien zu Asylverfahren und Aufnahme missachte. Auch aus der Stellungnahme mehrerer humanitärer Organisationen vom 09.05.2018 und einem auf der Internetseite i-cyprus.com am 10.07.2018 veröffentlichten Bericht ergebe sich, dass das Asylsystem in der Republik Zypern nach wie vor gravierende Mängel aufweise.
Die Kläger beantragen,
festzustellen, dass Ziff. 1 und 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2017 unwirksam sind, im Übrigen Aufhebung von Ziff. 2 und 4 des Bescheids;
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hilfsweise, den Bescheid insgesamt aufzuheben;
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weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG hinsichtlich der Republik Zypern vorliegen, und den Bescheid des Bundesamts aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klagen abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorliegenden Verwaltungsakten des Bundesamts verwiesen.
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In der mündlichen Verhandlung sind die Kläger Ziff. 1 und 2 angehört worden. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Mit ihrem Hauptantrag begehren die Kläger festzustellen, dass Ziff. 1 und 3 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2017 unwirksam geworden sind, und Ziff. 2 und 4 des Bescheids aufzuheben. Mit diesem Antrag ist die Klage der Kläger zulässig und begründet.
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1. Der Antrag, mit dem die Kläger beantragen festzustellen, dass Ziff. 1 und Ziff. 3 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2017 unwirksam geworden sind, ist als Feststellungs- und zugleich Anfechtungsklage gemäß § 43 Abs. 1, § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsfrage, ob die Regelungen im Bescheid des Bundesamts vom 24.10.2017 unwirksam sind, begründet ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten. Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem rechtlichen Interesse der Kläger, rechtsverbindlich klären zu lassen, ob die Unzulässigkeitsentscheidung und die Abschiebungsandrohung unwirksam geworden sind, da dies von der Beklagten bestritten wird.
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Die Feststellungsklage ist auch begründet. Denn die angefochtenen Entscheidungen des Bundesamts über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Ziff. 2 AsylG und die Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG in Ziff. 1 und 3 im Bescheid des Bundesamts vom 24.10.2017 sind gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG in analoger Anwendung unwirksam.
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Nach § 37 Abs. 1 AsylG werden die Entscheidung des Bundesamts über die Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Das Bundesamt hat in diesem Fall das Asylverfahren fortzuführen.
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1.1 Der direkte Anwendungsbereich des § 37 Abs. 1 AsylG ist vorliegend nicht eröffnet, da eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf Grundlage von § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorliegt.
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1.2 Die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG ist nach Auffassung der Kammer auf den vorliegenden Fall jedoch analog anzuwenden. Denn das Bundesamt umgeht durch die Festsetzung einer der zwingenden Regelung des § 36 Abs. 1 AsylG widersprechenden Ausreisefrist bewusst die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG, um in Fällen, in denen es selbst Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von ihm getroffenen Entscheidung hat bzw. eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO erwartet, die aus seiner Sicht unerwünschten Rechtsfolgen des § 37 Abs. 1 AsylG zu umgehen. Ein solches Vorgehen, durch das die mit der Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG verfolgten Ziele umgangen werden, widerspricht jedoch auch vom materiellen Ergebnis her der Rechtsordnung; insbesondere könnte das Bundesamt das von ihm gewünschte Ergebnis, nicht erneut mit der Angelegenheit befasst zu werden und eine endgültige Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache zu erreichen, im vorliegenden Fall nicht durch eine Aussetzungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO erreichen. Vor diesem Hintergrund muss sich das Bundesamt an seinen aus seinem Verhalten zu schließenden ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der von ihm getroffenen Entscheidung festhalten und so behandeln lassen, als hätte das Verwaltungsgericht einem Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stattgegeben. § 37 Abs. 1 AsylG enthält für diesen Fall eine planwidrige Lücke, die angesichts der vergleichbaren Interessenlage und mit Blick auf die Ratio des § 37 Abs. 1 AsylG, das Verfahren zu beschleunigen, durch eine analoge Anwendung der Vorschrift zu schließen ist. Im Einzelnen:
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1.2.1 Indem das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid unter ausdrücklichem Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG - entgegen der an sich hier zwingend vorrangig einschlägigen Bestimmung des § 36 Abs. 1 AsylG - gegen das Gesetz eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach Rechtskraft festgesetzt hat, hat es die Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG umgangen (vgl. dazu VG Augsburg, Urteil 06.12.2018 - 6 K 18.31552 -, juris; OVG Nds., Beschl. v. 21.12.2018 - 10 LB 201/18 -, juris; VG Berlin, Beschl. v. 03.08.2018 - 34 L 213.18A -, juris; so jüngst laut Pressemitteilung auch BVerwG, Urt. v. 15.01.2019 - 1 C 15.18 -). Denn aufgrund der Festsetzung einer Ausreisefrist auf einen Zeitpunkt nach Rechtskraft ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der im Falle der Stattgabe die Rechtsfolgen des § 37 Abs. 1 AsylG auslösen könnte, mangels Statthaftigkeit bzw. mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. dazu nur VG Freiburg, Beschl. v. 02.08.2018 - A 4 K 3698/18 -, juris; VG Schleswig-Holst., Beschl. v. 01.02.2019 - 10 B 150/18 -, juris; VG Göttingen, Beschl. v. 13.07.2018 - 1 B 377/18 -, juris; VG Arnsberg, Beschl. v. 05.09.2018 - 5 L 1270/18.A -, juris; jeweils m.w.N.).
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1.2.2 Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Anwendung des § 38 Abs. 1 AsylG durch das Bundesamt in diesen Fallkonstellationen nicht auf einer Verkennung der Rechtslage beruht, sondern regelhaft und bewusst erfolgt. Ein solches Vorgehen, das auf den ersten Blick die Rechtsposition des Asylantragstellers gegenüber dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Rechtszustand (Ausreisefrist von einer Woche) verbessert (Ausreisefrist von dreißig Tagen, bei Klagerhebung von dreißig Tagen nach Rechtskraft), ergibt nur Sinn, wenn das Bundesamt aufgrund der schwierigen Sachverhaltskonstellation bei Erlass des Bescheides einem möglichen Antrag des Asylantragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO hinreichende Erfolgsaussichten einräumt, wenn mit anderen Worten das Bundesamt selbst (ernstliche) Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von ihm erlassenen Bescheides hat. In einer solchen Situation nämlich kann der gesetzeswidrige Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG dazu dienen, einen - aus Sicht des Bundesamts unerwünschten - Erfolg des Asylantragstellers im Eilverfahren (§ 80 Abs. 5 VwGO) mit der automatisch eintretenden Rechtsfolge der Unwirksamkeit der getroffenen Entscheidungen gemäß § 37 Abs. 1 AsylG zu vermeiden (vgl. dazu etwa VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.06.2018 - A 5 K 1489/18 -, juris; VG Wiesbaden, Beschl. v. 14.05.2018 - 7 L 482/18.WI.A -, juris).
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1.2.3 Mit seinem Vorgehen durchkreuzt das Bundesamt die nach dem Willen des Gesetzgebers für alle Verfahren, in denen auf Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 2, 4 AsylG entschieden wird, geltende Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG und die dahinter stehenden Regelungszwecke. § 37 Abs. 1 AsylG misst dem Ziel der Beschleunigung des Asylverfahrens im öffentlichen, aber auch im Interesse des Asylantragstellers einen sehr hohen Stellenwert bei. Begründet eine frühzeitige Befassung des Verwaltungsgerichts mit der Sache aufgrund einer summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, wird dieser von selbst unwirksam und das Bundesamt hat unmittelbar das Asylverfahren unter Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht im Eilverfahren geäußerten Zweifeln fortzuführen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2018 - A 4 S 169/18, juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.06.2018 - A 5 K 1489/18, juris; VG Trier, Beschl. v. 13.12.2017 - 7 L 14132/17.TR, juris; vgl. auch Pressemitteilung von BVerwG, Urt. v. 15.01.2019 - 1 C 15.18 -). Diesem Beschleunigungsgedanken steht das Vorgehen des Bundesamts, durch das der angefochtene Bescheid bis zu einer Hauptsacheentscheidung durch das Gericht in der Welt bleibt, entgegen. Gleiches gilt für die in § 37 Abs. 1 AsylG vorgesehene Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung zwischen Bundesamt und Verwaltungsgericht. Denn durch das gewählte Vorgehen unterbleibt die vom Gesetzgeber im Fall ernsthafter Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung gewollte erneute (Sach-)Entscheidung durch das Bundesamt. Diese wird vielmehr unzulässig auf das Gericht verlagert wird, das nunmehr eine - nach dem Willen des Gesetzgebers gerade in diesem Zeitpunkt noch nicht gewollte (VG Wiesbaden, Urt. v. 11.10.2018 - 7 K 184/18.WI.A -, juris) - umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren vorzunehmen hat.
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1.2.4 Eine analoge Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG setzt weiter voraus, dass das Bundesamt das durch den rechtswidrigen Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG erreichte Ergebnis - nämlich den gesetzlich angeordneten Sofortvollzug außer Kraft zu setzen und eine Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache zu erzwingen - nicht auf anderem Wege hätte erreichen können. Denn nur in diesem Fall bestünde eine mit der von § 37 Abs. 1 AsylG geregelten Konstellation vergleichbare Interessenlage, die eine analoge Anwendung der Regelung rechtfertigte. Jedenfalls für den vorliegenden Fall hätte für das Bundesamt jedoch keine Möglichkeit bestanden, im Einklang mit materiellem Recht den Sofortvollzug auszusetzen.
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Allerdings ist hier die Vorschrift des § 80 Abs. 4 VwGO in den Blick zu nehmen. Nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Behörden grundsätzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen. Durch behördliche Entscheidung kann folglich sowohl in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 1 bis 3 und Satz 2 VwGO), als auch in den Fällen, in denen sie aufgrund einer behördlichen Vollzugsanordnung entfallen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 4 VwGO), die Vollziehung ausgesetzt werden, vorausgesetzt, dies ist nicht durch Bundesrecht ausgeschlossen.
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1.2.4.1 Regelungen des Asylgesetzes schließen eine behördliche Aussetzung des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs auf Grundlage von § 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht jüngst für den Fall einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG (Urt. v. 09.01.2019 - 1 C 36.18 -, juris, - 1 C 26.18 -, juris, - 1 C 26.18 -, juris, u. v. 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris) ausdrücklich festgestellt.
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1.2.4.2 Die Ermächtigungsnorm des § 80 Abs. 4 VwGO legt - abgesehen von der einer analogen Anwendung nicht offenstehenden (BVerwG, Urt. v. 09.01.2019 u. v. 08.01.2019, a.a.O.) Regelung des Satzes 3 für die Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten - keinen Maßstab fest, anhand dessen die Verwaltung über die Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden hat. Regelmäßig bedarf es - jedenfalls im zweipoligen Rechtsverhältnis - aus Sicht des Betroffenen keiner Einschränkungen der Befugnis der Behörde, die sofortige Vollziehung auszusetzen, dient eine derartige Entscheidung doch seinem effektiven Rechtsschutz, indem er vor der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts oder dessen Vollstreckung durch die Behörde vor Bestandskraft geschützt wird (Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 80 Rn. 105, 107; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 09/2018, § 80 Rn. 277). Allerdings lässt sich den soeben zitierten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, dass eine Aussetzungsentscheidung nicht unbeschränkt zulässig, sie vielmehr daraufhin zu überprüfen ist, ob sie sachlich geboten, frei von Willkür und nicht rechtsmissbräuchlich ist, und dass in diesem Zusammenhang die rechtliche Normenstruktur, innerhalb derer die Aussetzungsentscheidung ergeht, ebenso zu berücksichtigen ist wie die tatsächlichen Umstände. So hat das Bundesverwaltungsgericht die dort jeweils im Streit stehende behördliche Aussetzungsentscheidung daran gemessen, ob sie den in den einschlägigen Dublin-Regelungen angelegten Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedsstaats hinreichend berücksichtigt hat, und deren sachliche Rechtfertigung mit dem Ziel effektiven Rechtsschutzes bzw. damit begründet, dass in jenem Verfahren das stattgebende erstinstanzliche Urteil Zweifel an der Abschiebungsanordnung begründet habe.
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1.2.4.3 Auch bei der Frage, inwieweit die Beklagte vorliegend anstelle des objektiv rechtswidrigen Rückgriffs auf § 38 Abs. 1 AsylG zulässigerweise den Vollzug ihrer auf § 29 Abs. 1 Ziff. 2 AsylG gestützten Entscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO hätte aussetzen können, bedarf es daher einer Prüfung, inwieweit eine solche Aussetzungsentscheidung sachlich gerechtfertigt, willkürfrei und nicht missbräuchlich im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gewesen wäre.
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1.2.4.3.1 Im Gegensatz zu den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen beruht die Unzulässigkeit des Asylantrags hier nicht auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, sondern auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Anders als dort ist hier daher die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG in den Blick zu nehmen. Diese ist deshalb von besonderer Bedeutung bei der Frage, inwieweit eine behördliche Aussetzungsentscheidung willkürlich bzw. rechtsmissbräuchlich ist, weil sie die aus einer Entscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO einerseits und § 80 Abs. 5 VwGO andererseits resultierenden verfahrensrechtlichen Konsequenzen grundlegend verändert:
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Im Regelfall besteht - trotz rechtsdogmatischer Unterschiede - faktisch kein Unterschied zwischen einer durch die Behörde erfolgenden Aussetzung der Vollziehung auf Grundlage von § 80 Abs. 4 VwGO und der durch das Gericht erfolgten Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO; in beiden Fällen ist der Betroffene gleichermaßen gegenüber dem sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts durch die Behörde geschützt, in beiden Konstellationen besteht eine vorläufige Wirksamkeitshemmung des Verwaltungsakts (BeckOK VwGO, Stand 01.07.2018, § 80 Rn. 118, 130; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 09/2018, § 80 Rn. 317).
33 
Bei Entscheidungen über gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2, 4 AsylG unzulässige Asylanträge fehlt es dagegen an diesem Gleichlauf. Vielmehr führt, wie bereits erläutert, in den von § 37 Abs. 1 AsylG erfassten Fällen ein stattgebender Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht nur zu einer - von ihren Rechtswirkungen einer Aussetzungsentscheidung auf Grundlage von § 80 Abs. 4 VwGO ähnelnden - gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Bundesamtsentscheidung, sondern weitergehend zur Unwirksamkeit dieser Entscheidung, verbunden mit der Verpflichtung des Bundesamts zur Fortführung des Verfahrens. Setzt das Bundesamt seine Entscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO aus, werden diese vom Gesetzgeber gewollten weitergehenden Rechtsfolgen eines stattgebenden Beschlusses auf Grundlage von § 80 Abs. 5 VwGO umgangen.
34 
Die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG führt nach Auffassung der Kammer dazu, dass der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angelegten Prüfung der sachlichen Rechtfertigung und Willkürfreiheit einer Aussetzungsentscheidung ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Zwar ist auch im Lichte des § 37 Abs. 1 AsylG behördlichen Aussetzungsentscheidungen nicht bereits grundsätzlich ihre sachliche Rechtfertigung abzusprechen. Gerade in Konstellationen, in denen das Bundesamt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Unzulässigkeitsentscheidung bzw. Abschiebungsandrohung hat, weil insoweit rechtsgrundsätzliche, in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärte Fragen im Raum stehen, und es wegen dieser ungeklärten Fragen zu einer „Endlosschleife im Verfahren“ zu kommen droht, weil auf jeden erneuten Bescheid des Bundesamts ein stattgebender, zur Unwirksamkeit der Entscheidung führender Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO folgt, kann eine Aussetzung sachlich gerechtfertigt und willkürfrei sein, weil nur so die „Endlosschleife“ durchbrochen werden und es zu einer gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren kommen kann (in diese Richtung wohl auch BVerwG, Urt. v. 15.01.2019 - 1 C 15.18 - laut Pressemitteilung). Andererseits liegt es nahe, einer solchen Aussetzungsentscheidung etwa dann die sachliche Rechtfertigung abzusprechen und sie für missbräuchlich zu halten, wenn sie die - vom Gesetzgeber gewollte (§ 37 Abs. 1 AsylG) - erstmalige frühzeitige Befassung des Verwaltungsgerichts im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und die aus einer stattgebenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung resultierende Verpflichtung des Bundesamts, sich im Rahmen der Fortführung des Verfahrens mit den vom Verwaltungsgericht im Eilverfahren geäußerten ernstlichen Zweifeln auseinanderzusetzen, verhindert und so die von Gesetzes wegen zunächst dem Bundesamt obliegende Zuständigkeit zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts auf das Gericht verlagert.
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1.2.4.3.2 Dahinstehen kann, wo im Einzelnen die Grenze einer willkürlichen Verlagerung der Entscheidung auf das Verwaltungsgericht zu ziehen ist, da sie zur Überzeugung der Kammer jedenfalls vorliegend überschritten ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:
36 
Das Bundesamt hat es vor Erlass des angefochtenen Bescheids vom 24.10.2017 versäumt, die tatsächlichen Verhältnisse, die die Kläger bei einer Rückkehr nach Zypern erwarteten, aufzuklären. Damit hat es seiner im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes bestehenden Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung gemäß § 24 Abs. 1 AsylG, zu der auch und gerade die Recherche zu den im Herkunftsstaat herrschenden Verhältnissen gehört (vgl. dazu Hofmann, AuslR, § 24 AsylG Rn. 5; BeckOK AuslR, Stand 11/2018, § 24 Rn. 5; vgl. auch Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl., § 24 AsylG Rn. 4 ff.), nicht genüge getan. Denn die - gerade im Falle Zypern problematische - Frage, ob bei Abschiebung der Familie nach Zypern eine Verletzung des Art. 3 EMRK droht, beantwortet das Bundesamt unter Verweis auf ein einziges Erkenntnismittel (US Department of State, Jahresbericht vom 03.03.2017) in wenigen Zeilen unter alleinigem Verweis darauf, dass die Kläger als anerkannte Flüchtlinge zypriotischen Staatsangehörigen gleich gestellt seien und dass der Kläger Ziff. 1 als gesunder und arbeitsfähiger Mann seiner Familie eine existenzsichernde Grundlage schaffen könne. Dies wird den konkreten, sich bei einer Rückkehr der Familie nach Zypern stellenden Fragen nicht ansatzweise gerecht. Der zitierte Bericht des US Departments beschäftigt sich nur am Rande mit der Situation anerkannter Flüchtlinge im griechischen Teil Zyperns. Mehr als dass die Regierung für anerkannte Flüchtlinge ein Sprachprogramm zum Erlernen der griechischen Sprache sowie in fünf Gemeinden ein Integrationsprogramm finanziere und dass anerkannte Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt zypriotischen Staatsangehörigen gleich gestellt seien, lässt sich dem Bericht nicht entnehmen; gerade zu zentralen Fragen wie dem Zugang zu medizinischer Versorgung, Wohnraum und Unterstützung bei Bedürftigkeit findet sich dort nichts. Insbesondere setzen sich weder das US Department of State noch das Bundesamt mit der Sondersituation auseinander, der sich die Kläger als möglicherweise besonders verletzliche Personen bei einer Rückkehr ausgesetzt sehen.
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Die sich insoweit stellenden Fragen sind auch nicht etwa unter Rückgriff auf andere Erkenntnismittel eindeutig zu beantworten. Vielmehr fehlt es auch gegenwärtig noch an Auskünften, die die spezielle Situation der Kläger bei einer Rückkehr nach Zypern beleuchten. Zwar gibt es gegenwärtig zwar zahlreiche Erkenntnismittel (UNHCR / University of Nicosia, The Living Conditions of Asylum-Seekers in Cyprus, 2018; UNHCR, Towards a Comprehensive Refugee Integration Strategy for Cyprus, Juni 2018; UNHCR, Cyprus - Protecting refugees, Dezember 2017; UNHCR, Reception Conditions für asylum-seekers in the Republic of Cyprus, April 2017; AIDA, Country Report: Cyprus, Update 2017; US Department of State, Cyprus 2017 Human Rights Report; Agapi, Caritas u.a., Joint Statement on the growing problem of homelessness among asylum-seekers in Cyprus, 09.05.2018; Republik Österreich, BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Zypern, Stand 26.03.2018; AA, Auskunft an VG Düsseldorf vom 06.03.2015), die die Annahme nahe legen, dass die Ausgestaltung internationalen Schutzes, insbesondere die Lebensbedingungen in Zypern für anerkannte Flüchtlinge, nicht regelhaft gegen Art. 3 EMRK, Art. 4 GRCh verstößt. So haben anerkannte Flüchtlinge in Zypern grundsätzlich Zugang zur Schulbildung und Studium sowie zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unter den gleichen Bedingungen, wie sie für Inländer gelten. Sozialleistungen erfolgen für anerkannte Flüchtlinge in Höhe des auch für Inländer geltenden „Guaranteed Minimum Income“ (GMI); sie decken auch die Kosten für privaten Wohnraum ab. Anträge von Bewohnern eines Flüchtlingslagers werden priorisiert bearbeitet. Privater Wohnraum ist zwar schwierig zu finden, anerkannte Flüchtlinge, die während des Asylverfahrens im Lager untergebracht waren, dürfen dort jedoch verbleiben, bis sie anderweitigen Wohnraum gefunden haben. Auch der Zugang zum Gesundheitssystem unterscheidet sich nicht von demjenigen für Staatsbürger; für vulnerable, insbesondere psychisch kranke Flüchtlinge gibt es allerdings keine speziellen Hilfs- und Unterstützungsangebote. Bei der Ausstellung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln kann es zu Verzögerungen - und in der Folge zu Schwierigkeiten beim Zugang zu einigen staatlichen Leistungen - kommen. Schwierigkeiten kann es auch geben in dem Zeitraum zwischen Antragstellung und Bewilligung von Sozialleistungen, der bis zu sechs Monate betragen kann; in diesem Zeitraum sind die Antragsteller auf die Beantragung finanzieller Nothilfen beschränkt, die in ihrer Höhe hinter den Sozialleistungen deutlich zurück bleiben. Auch können sich die erhöhten Zuzahlungspflichten im Gesundheitssystem in den ersten drei Jahren, die für einzelne Gruppen wie Schwangere, Arbeitslose oder chronisch Kranke nicht gelten, als ein Zugangshindernis darstellen. Schließlich führt der Umstand, dass die vom Arbeitsamt angebotenen Kurse und Fortbildungen zumeist in griechischer Sprache erfolgen, dazu, dass viele Flüchtlinge daran mangels Sprachkenntnissen nicht teilnehmen können.
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Allerdings lässt sich den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht entnehmen, ob auch die Kläger bei einer Rückkehr mit hinreichender Sicherheit Lebensverhältnisse vorfinden, die in ihrer konkreten Situation einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK, Art. 4 GRCh ausschließen. Bei den Klägern handelt es sich um eine Familie mit zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides absehbar drei minderjährigen Kindern, darunter einem Säugling. Auch gab und gibt es Anhaltspunkte für psychische Probleme der Klägerin Ziff. 2 und des ältesten Sohnes. Die Kläger sind mithin wohl als - auch im Vergleich zu anderen Flüchtlingen - besonders verletzlich anzusehen. Hinzu kommt, dass die Kläger aus dem Ausland nach Zypern zurück kehren; selbst wenn für Flüchtlinge, die nach Abschluss ihres Asylverfahrens in Zypern verbleiben, die grundlegenden Lebensbedürfnisse gedeckt sein sollten, bedeutet dies nicht zwingend, dass dies auch für Rückkehrer aus dem Ausland gilt, die nicht bereits in einem Flüchtlingslager wohnen, gegenwärtig keine Sozialleistungen beziehen und aktuell auch nicht (mehr) über ein im Laufe des Asylverfahrens möglicherweise aufgebautes soziales Netz oder Kontakte zu möglichen Arbeitgebern verfügen. Gerade eine Familie mit mehreren (Klein-)Kindern ist in besonderem Maße auf Obdach, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung und hygienische Verhältnisse angewiesen; dazu, welche (vorübergehenden) Unterbringungsmöglichkeiten für Familien, die mit dem Flüchtlingsstatus aus dem Ausland nach Zypern zurückkehren, existieren und inwieweit ihre grundlegenden Lebensbedürfnisse bis zu einer sich möglicherweise über mehrere Monate hinziehenden Entscheidung über ihren Antrag auf Sozialhilfe gedeckt sind, aber gibt es keine Erkenntnisse.
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Angesichts der somit nahezu vollständig unterlassenen Sachverhaltsaufklärung durch das Bundesamt wäre eine Aussetzungsentscheidung des gemäß § 80 Abs. 4 VwGO nicht sachgerecht gewesen, hätte den Klägern vielmehr willkürlich die Möglichkeit einer erstmaligen, zeitnahen Überprüfung der Entscheidung des Bundesamts durch das Verwaltungsgericht im Eilverfahren mit einer - im Falle des Erfolgs - frühzeitigen erneuten Befassung des Bundesamts genommen und die erstmalige Sachverhaltsaufklärung unzulässig auf das Gericht übertragen.
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1.2.5 Vor diesem Hintergrund ist der bewusst rechtswidrige Rückgriff des Bundesamts auf § 38 Abs. 1 AsylG als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Das Bundesamt muss sich deshalb an seinen aus seinem Vorgehen zu schließenden ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der von ihm getroffenen Entscheidung festhalten und so behandeln lassen, als hätte das Verwaltungsgericht einem Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stattgegeben.
41 
Dieser analogen Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG steht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, als Ausnahme von der Regel, dass in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur über die Vollziehbarkeit eines in seiner Wirksamkeit im Übrigen nicht berührten Verwaltungsakts entschieden wird, sei § 37 Abs. 1 AsylG in seiner damaligen Fassung einer erweiterten Anwendung nicht zugänglich (BVerwG, Urt. v. 07.03.1995 - 9 C 264.94 -, juris). Dem lag jedoch die - vom Bundesverwaltungsgericht verneinte - Frage zugrunde, ob auch ein stattgebender Beschluss des Verwaltungsgerichts in einem Eilverfahren wegen Einstellung des Asylverfahrens (§ 33 AsylVfG a.F.) die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylVfG a. F. auslöst. Diese Ablehnung einer Erstreckung der Regelung auf andere, vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Verfahrenskonstellationen wie etwa auch das Asylfolgeverfahren ist mit Blick auf den Ausnahmecharakter des § 37 Abs. 1 AsylG nachvollziehbar. Vorliegend geht es jedoch nicht um eine solche Erweiterung der Regelung auf neue Fallgestaltungen, sondern nur um eine Anwendung in Situationen, in denen das Bundesamt die vom Gesetz vorgesehene Anwendung der Regelung zu umgehen sucht.
42 
2. Der auf die Ziff. 2 und 4 bezogene Aufhebungsantrag ist ebenfalls begründet. Die Regelungen in Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides des Bundesamts vom 24.10.2017 sind im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO:
43 
Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist die Feststellung über das Vorliegen von Abschiebungsverboten für den Fall der Entscheidung über einen unzulässigen Asylantrag vorgesehen. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht mehr gegeben, nachdem die entsprechende Entscheidung des Bundesamts in Ziff. 1. des angefochtenen Bescheides unwirksam geworden ist.
44 
Für die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG ist ohne die unwirksam gewordene Abschiebungsandrohung kein Raum, § 75 Nr. 12 AufenthG (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2018 - A 4 S 169/18 -, juris).
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG.

Gründe

 
17 
Mit ihrem Hauptantrag begehren die Kläger festzustellen, dass Ziff. 1 und 3 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2017 unwirksam geworden sind, und Ziff. 2 und 4 des Bescheids aufzuheben. Mit diesem Antrag ist die Klage der Kläger zulässig und begründet.
18 
1. Der Antrag, mit dem die Kläger beantragen festzustellen, dass Ziff. 1 und Ziff. 3 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2017 unwirksam geworden sind, ist als Feststellungs- und zugleich Anfechtungsklage gemäß § 43 Abs. 1, § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsfrage, ob die Regelungen im Bescheid des Bundesamts vom 24.10.2017 unwirksam sind, begründet ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten. Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem rechtlichen Interesse der Kläger, rechtsverbindlich klären zu lassen, ob die Unzulässigkeitsentscheidung und die Abschiebungsandrohung unwirksam geworden sind, da dies von der Beklagten bestritten wird.
19 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Denn die angefochtenen Entscheidungen des Bundesamts über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Ziff. 2 AsylG und die Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG in Ziff. 1 und 3 im Bescheid des Bundesamts vom 24.10.2017 sind gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG in analoger Anwendung unwirksam.
20 
Nach § 37 Abs. 1 AsylG werden die Entscheidung des Bundesamts über die Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Das Bundesamt hat in diesem Fall das Asylverfahren fortzuführen.
21 
1.1 Der direkte Anwendungsbereich des § 37 Abs. 1 AsylG ist vorliegend nicht eröffnet, da eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf Grundlage von § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorliegt.
22 
1.2 Die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG ist nach Auffassung der Kammer auf den vorliegenden Fall jedoch analog anzuwenden. Denn das Bundesamt umgeht durch die Festsetzung einer der zwingenden Regelung des § 36 Abs. 1 AsylG widersprechenden Ausreisefrist bewusst die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG, um in Fällen, in denen es selbst Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von ihm getroffenen Entscheidung hat bzw. eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO erwartet, die aus seiner Sicht unerwünschten Rechtsfolgen des § 37 Abs. 1 AsylG zu umgehen. Ein solches Vorgehen, durch das die mit der Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG verfolgten Ziele umgangen werden, widerspricht jedoch auch vom materiellen Ergebnis her der Rechtsordnung; insbesondere könnte das Bundesamt das von ihm gewünschte Ergebnis, nicht erneut mit der Angelegenheit befasst zu werden und eine endgültige Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache zu erreichen, im vorliegenden Fall nicht durch eine Aussetzungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO erreichen. Vor diesem Hintergrund muss sich das Bundesamt an seinen aus seinem Verhalten zu schließenden ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der von ihm getroffenen Entscheidung festhalten und so behandeln lassen, als hätte das Verwaltungsgericht einem Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stattgegeben. § 37 Abs. 1 AsylG enthält für diesen Fall eine planwidrige Lücke, die angesichts der vergleichbaren Interessenlage und mit Blick auf die Ratio des § 37 Abs. 1 AsylG, das Verfahren zu beschleunigen, durch eine analoge Anwendung der Vorschrift zu schließen ist. Im Einzelnen:
23 
1.2.1 Indem das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid unter ausdrücklichem Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG - entgegen der an sich hier zwingend vorrangig einschlägigen Bestimmung des § 36 Abs. 1 AsylG - gegen das Gesetz eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach Rechtskraft festgesetzt hat, hat es die Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG umgangen (vgl. dazu VG Augsburg, Urteil 06.12.2018 - 6 K 18.31552 -, juris; OVG Nds., Beschl. v. 21.12.2018 - 10 LB 201/18 -, juris; VG Berlin, Beschl. v. 03.08.2018 - 34 L 213.18A -, juris; so jüngst laut Pressemitteilung auch BVerwG, Urt. v. 15.01.2019 - 1 C 15.18 -). Denn aufgrund der Festsetzung einer Ausreisefrist auf einen Zeitpunkt nach Rechtskraft ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der im Falle der Stattgabe die Rechtsfolgen des § 37 Abs. 1 AsylG auslösen könnte, mangels Statthaftigkeit bzw. mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. dazu nur VG Freiburg, Beschl. v. 02.08.2018 - A 4 K 3698/18 -, juris; VG Schleswig-Holst., Beschl. v. 01.02.2019 - 10 B 150/18 -, juris; VG Göttingen, Beschl. v. 13.07.2018 - 1 B 377/18 -, juris; VG Arnsberg, Beschl. v. 05.09.2018 - 5 L 1270/18.A -, juris; jeweils m.w.N.).
24 
1.2.2 Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Anwendung des § 38 Abs. 1 AsylG durch das Bundesamt in diesen Fallkonstellationen nicht auf einer Verkennung der Rechtslage beruht, sondern regelhaft und bewusst erfolgt. Ein solches Vorgehen, das auf den ersten Blick die Rechtsposition des Asylantragstellers gegenüber dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Rechtszustand (Ausreisefrist von einer Woche) verbessert (Ausreisefrist von dreißig Tagen, bei Klagerhebung von dreißig Tagen nach Rechtskraft), ergibt nur Sinn, wenn das Bundesamt aufgrund der schwierigen Sachverhaltskonstellation bei Erlass des Bescheides einem möglichen Antrag des Asylantragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO hinreichende Erfolgsaussichten einräumt, wenn mit anderen Worten das Bundesamt selbst (ernstliche) Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von ihm erlassenen Bescheides hat. In einer solchen Situation nämlich kann der gesetzeswidrige Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG dazu dienen, einen - aus Sicht des Bundesamts unerwünschten - Erfolg des Asylantragstellers im Eilverfahren (§ 80 Abs. 5 VwGO) mit der automatisch eintretenden Rechtsfolge der Unwirksamkeit der getroffenen Entscheidungen gemäß § 37 Abs. 1 AsylG zu vermeiden (vgl. dazu etwa VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.06.2018 - A 5 K 1489/18 -, juris; VG Wiesbaden, Beschl. v. 14.05.2018 - 7 L 482/18.WI.A -, juris).
25 
1.2.3 Mit seinem Vorgehen durchkreuzt das Bundesamt die nach dem Willen des Gesetzgebers für alle Verfahren, in denen auf Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 2, 4 AsylG entschieden wird, geltende Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG und die dahinter stehenden Regelungszwecke. § 37 Abs. 1 AsylG misst dem Ziel der Beschleunigung des Asylverfahrens im öffentlichen, aber auch im Interesse des Asylantragstellers einen sehr hohen Stellenwert bei. Begründet eine frühzeitige Befassung des Verwaltungsgerichts mit der Sache aufgrund einer summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, wird dieser von selbst unwirksam und das Bundesamt hat unmittelbar das Asylverfahren unter Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht im Eilverfahren geäußerten Zweifeln fortzuführen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2018 - A 4 S 169/18, juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.06.2018 - A 5 K 1489/18, juris; VG Trier, Beschl. v. 13.12.2017 - 7 L 14132/17.TR, juris; vgl. auch Pressemitteilung von BVerwG, Urt. v. 15.01.2019 - 1 C 15.18 -). Diesem Beschleunigungsgedanken steht das Vorgehen des Bundesamts, durch das der angefochtene Bescheid bis zu einer Hauptsacheentscheidung durch das Gericht in der Welt bleibt, entgegen. Gleiches gilt für die in § 37 Abs. 1 AsylG vorgesehene Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung zwischen Bundesamt und Verwaltungsgericht. Denn durch das gewählte Vorgehen unterbleibt die vom Gesetzgeber im Fall ernsthafter Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung gewollte erneute (Sach-)Entscheidung durch das Bundesamt. Diese wird vielmehr unzulässig auf das Gericht verlagert wird, das nunmehr eine - nach dem Willen des Gesetzgebers gerade in diesem Zeitpunkt noch nicht gewollte (VG Wiesbaden, Urt. v. 11.10.2018 - 7 K 184/18.WI.A -, juris) - umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren vorzunehmen hat.
26 
1.2.4 Eine analoge Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG setzt weiter voraus, dass das Bundesamt das durch den rechtswidrigen Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG erreichte Ergebnis - nämlich den gesetzlich angeordneten Sofortvollzug außer Kraft zu setzen und eine Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache zu erzwingen - nicht auf anderem Wege hätte erreichen können. Denn nur in diesem Fall bestünde eine mit der von § 37 Abs. 1 AsylG geregelten Konstellation vergleichbare Interessenlage, die eine analoge Anwendung der Regelung rechtfertigte. Jedenfalls für den vorliegenden Fall hätte für das Bundesamt jedoch keine Möglichkeit bestanden, im Einklang mit materiellem Recht den Sofortvollzug auszusetzen.
27 
Allerdings ist hier die Vorschrift des § 80 Abs. 4 VwGO in den Blick zu nehmen. Nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Behörden grundsätzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen. Durch behördliche Entscheidung kann folglich sowohl in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 1 bis 3 und Satz 2 VwGO), als auch in den Fällen, in denen sie aufgrund einer behördlichen Vollzugsanordnung entfallen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 4 VwGO), die Vollziehung ausgesetzt werden, vorausgesetzt, dies ist nicht durch Bundesrecht ausgeschlossen.
28 
1.2.4.1 Regelungen des Asylgesetzes schließen eine behördliche Aussetzung des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs auf Grundlage von § 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht jüngst für den Fall einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG (Urt. v. 09.01.2019 - 1 C 36.18 -, juris, - 1 C 26.18 -, juris, - 1 C 26.18 -, juris, u. v. 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris) ausdrücklich festgestellt.
29 
1.2.4.2 Die Ermächtigungsnorm des § 80 Abs. 4 VwGO legt - abgesehen von der einer analogen Anwendung nicht offenstehenden (BVerwG, Urt. v. 09.01.2019 u. v. 08.01.2019, a.a.O.) Regelung des Satzes 3 für die Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten - keinen Maßstab fest, anhand dessen die Verwaltung über die Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden hat. Regelmäßig bedarf es - jedenfalls im zweipoligen Rechtsverhältnis - aus Sicht des Betroffenen keiner Einschränkungen der Befugnis der Behörde, die sofortige Vollziehung auszusetzen, dient eine derartige Entscheidung doch seinem effektiven Rechtsschutz, indem er vor der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts oder dessen Vollstreckung durch die Behörde vor Bestandskraft geschützt wird (Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 80 Rn. 105, 107; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 09/2018, § 80 Rn. 277). Allerdings lässt sich den soeben zitierten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, dass eine Aussetzungsentscheidung nicht unbeschränkt zulässig, sie vielmehr daraufhin zu überprüfen ist, ob sie sachlich geboten, frei von Willkür und nicht rechtsmissbräuchlich ist, und dass in diesem Zusammenhang die rechtliche Normenstruktur, innerhalb derer die Aussetzungsentscheidung ergeht, ebenso zu berücksichtigen ist wie die tatsächlichen Umstände. So hat das Bundesverwaltungsgericht die dort jeweils im Streit stehende behördliche Aussetzungsentscheidung daran gemessen, ob sie den in den einschlägigen Dublin-Regelungen angelegten Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedsstaats hinreichend berücksichtigt hat, und deren sachliche Rechtfertigung mit dem Ziel effektiven Rechtsschutzes bzw. damit begründet, dass in jenem Verfahren das stattgebende erstinstanzliche Urteil Zweifel an der Abschiebungsanordnung begründet habe.
30 
1.2.4.3 Auch bei der Frage, inwieweit die Beklagte vorliegend anstelle des objektiv rechtswidrigen Rückgriffs auf § 38 Abs. 1 AsylG zulässigerweise den Vollzug ihrer auf § 29 Abs. 1 Ziff. 2 AsylG gestützten Entscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO hätte aussetzen können, bedarf es daher einer Prüfung, inwieweit eine solche Aussetzungsentscheidung sachlich gerechtfertigt, willkürfrei und nicht missbräuchlich im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gewesen wäre.
31 
1.2.4.3.1 Im Gegensatz zu den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen beruht die Unzulässigkeit des Asylantrags hier nicht auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, sondern auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Anders als dort ist hier daher die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG in den Blick zu nehmen. Diese ist deshalb von besonderer Bedeutung bei der Frage, inwieweit eine behördliche Aussetzungsentscheidung willkürlich bzw. rechtsmissbräuchlich ist, weil sie die aus einer Entscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO einerseits und § 80 Abs. 5 VwGO andererseits resultierenden verfahrensrechtlichen Konsequenzen grundlegend verändert:
32 
Im Regelfall besteht - trotz rechtsdogmatischer Unterschiede - faktisch kein Unterschied zwischen einer durch die Behörde erfolgenden Aussetzung der Vollziehung auf Grundlage von § 80 Abs. 4 VwGO und der durch das Gericht erfolgten Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO; in beiden Fällen ist der Betroffene gleichermaßen gegenüber dem sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts durch die Behörde geschützt, in beiden Konstellationen besteht eine vorläufige Wirksamkeitshemmung des Verwaltungsakts (BeckOK VwGO, Stand 01.07.2018, § 80 Rn. 118, 130; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 09/2018, § 80 Rn. 317).
33 
Bei Entscheidungen über gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2, 4 AsylG unzulässige Asylanträge fehlt es dagegen an diesem Gleichlauf. Vielmehr führt, wie bereits erläutert, in den von § 37 Abs. 1 AsylG erfassten Fällen ein stattgebender Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht nur zu einer - von ihren Rechtswirkungen einer Aussetzungsentscheidung auf Grundlage von § 80 Abs. 4 VwGO ähnelnden - gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Bundesamtsentscheidung, sondern weitergehend zur Unwirksamkeit dieser Entscheidung, verbunden mit der Verpflichtung des Bundesamts zur Fortführung des Verfahrens. Setzt das Bundesamt seine Entscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO aus, werden diese vom Gesetzgeber gewollten weitergehenden Rechtsfolgen eines stattgebenden Beschlusses auf Grundlage von § 80 Abs. 5 VwGO umgangen.
34 
Die Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG führt nach Auffassung der Kammer dazu, dass der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angelegten Prüfung der sachlichen Rechtfertigung und Willkürfreiheit einer Aussetzungsentscheidung ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Zwar ist auch im Lichte des § 37 Abs. 1 AsylG behördlichen Aussetzungsentscheidungen nicht bereits grundsätzlich ihre sachliche Rechtfertigung abzusprechen. Gerade in Konstellationen, in denen das Bundesamt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Unzulässigkeitsentscheidung bzw. Abschiebungsandrohung hat, weil insoweit rechtsgrundsätzliche, in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärte Fragen im Raum stehen, und es wegen dieser ungeklärten Fragen zu einer „Endlosschleife im Verfahren“ zu kommen droht, weil auf jeden erneuten Bescheid des Bundesamts ein stattgebender, zur Unwirksamkeit der Entscheidung führender Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO folgt, kann eine Aussetzung sachlich gerechtfertigt und willkürfrei sein, weil nur so die „Endlosschleife“ durchbrochen werden und es zu einer gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren kommen kann (in diese Richtung wohl auch BVerwG, Urt. v. 15.01.2019 - 1 C 15.18 - laut Pressemitteilung). Andererseits liegt es nahe, einer solchen Aussetzungsentscheidung etwa dann die sachliche Rechtfertigung abzusprechen und sie für missbräuchlich zu halten, wenn sie die - vom Gesetzgeber gewollte (§ 37 Abs. 1 AsylG) - erstmalige frühzeitige Befassung des Verwaltungsgerichts im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und die aus einer stattgebenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung resultierende Verpflichtung des Bundesamts, sich im Rahmen der Fortführung des Verfahrens mit den vom Verwaltungsgericht im Eilverfahren geäußerten ernstlichen Zweifeln auseinanderzusetzen, verhindert und so die von Gesetzes wegen zunächst dem Bundesamt obliegende Zuständigkeit zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts auf das Gericht verlagert.
35 
1.2.4.3.2 Dahinstehen kann, wo im Einzelnen die Grenze einer willkürlichen Verlagerung der Entscheidung auf das Verwaltungsgericht zu ziehen ist, da sie zur Überzeugung der Kammer jedenfalls vorliegend überschritten ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:
36 
Das Bundesamt hat es vor Erlass des angefochtenen Bescheids vom 24.10.2017 versäumt, die tatsächlichen Verhältnisse, die die Kläger bei einer Rückkehr nach Zypern erwarteten, aufzuklären. Damit hat es seiner im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes bestehenden Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung gemäß § 24 Abs. 1 AsylG, zu der auch und gerade die Recherche zu den im Herkunftsstaat herrschenden Verhältnissen gehört (vgl. dazu Hofmann, AuslR, § 24 AsylG Rn. 5; BeckOK AuslR, Stand 11/2018, § 24 Rn. 5; vgl. auch Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl., § 24 AsylG Rn. 4 ff.), nicht genüge getan. Denn die - gerade im Falle Zypern problematische - Frage, ob bei Abschiebung der Familie nach Zypern eine Verletzung des Art. 3 EMRK droht, beantwortet das Bundesamt unter Verweis auf ein einziges Erkenntnismittel (US Department of State, Jahresbericht vom 03.03.2017) in wenigen Zeilen unter alleinigem Verweis darauf, dass die Kläger als anerkannte Flüchtlinge zypriotischen Staatsangehörigen gleich gestellt seien und dass der Kläger Ziff. 1 als gesunder und arbeitsfähiger Mann seiner Familie eine existenzsichernde Grundlage schaffen könne. Dies wird den konkreten, sich bei einer Rückkehr der Familie nach Zypern stellenden Fragen nicht ansatzweise gerecht. Der zitierte Bericht des US Departments beschäftigt sich nur am Rande mit der Situation anerkannter Flüchtlinge im griechischen Teil Zyperns. Mehr als dass die Regierung für anerkannte Flüchtlinge ein Sprachprogramm zum Erlernen der griechischen Sprache sowie in fünf Gemeinden ein Integrationsprogramm finanziere und dass anerkannte Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt zypriotischen Staatsangehörigen gleich gestellt seien, lässt sich dem Bericht nicht entnehmen; gerade zu zentralen Fragen wie dem Zugang zu medizinischer Versorgung, Wohnraum und Unterstützung bei Bedürftigkeit findet sich dort nichts. Insbesondere setzen sich weder das US Department of State noch das Bundesamt mit der Sondersituation auseinander, der sich die Kläger als möglicherweise besonders verletzliche Personen bei einer Rückkehr ausgesetzt sehen.
37 
Die sich insoweit stellenden Fragen sind auch nicht etwa unter Rückgriff auf andere Erkenntnismittel eindeutig zu beantworten. Vielmehr fehlt es auch gegenwärtig noch an Auskünften, die die spezielle Situation der Kläger bei einer Rückkehr nach Zypern beleuchten. Zwar gibt es gegenwärtig zwar zahlreiche Erkenntnismittel (UNHCR / University of Nicosia, The Living Conditions of Asylum-Seekers in Cyprus, 2018; UNHCR, Towards a Comprehensive Refugee Integration Strategy for Cyprus, Juni 2018; UNHCR, Cyprus - Protecting refugees, Dezember 2017; UNHCR, Reception Conditions für asylum-seekers in the Republic of Cyprus, April 2017; AIDA, Country Report: Cyprus, Update 2017; US Department of State, Cyprus 2017 Human Rights Report; Agapi, Caritas u.a., Joint Statement on the growing problem of homelessness among asylum-seekers in Cyprus, 09.05.2018; Republik Österreich, BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Zypern, Stand 26.03.2018; AA, Auskunft an VG Düsseldorf vom 06.03.2015), die die Annahme nahe legen, dass die Ausgestaltung internationalen Schutzes, insbesondere die Lebensbedingungen in Zypern für anerkannte Flüchtlinge, nicht regelhaft gegen Art. 3 EMRK, Art. 4 GRCh verstößt. So haben anerkannte Flüchtlinge in Zypern grundsätzlich Zugang zur Schulbildung und Studium sowie zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unter den gleichen Bedingungen, wie sie für Inländer gelten. Sozialleistungen erfolgen für anerkannte Flüchtlinge in Höhe des auch für Inländer geltenden „Guaranteed Minimum Income“ (GMI); sie decken auch die Kosten für privaten Wohnraum ab. Anträge von Bewohnern eines Flüchtlingslagers werden priorisiert bearbeitet. Privater Wohnraum ist zwar schwierig zu finden, anerkannte Flüchtlinge, die während des Asylverfahrens im Lager untergebracht waren, dürfen dort jedoch verbleiben, bis sie anderweitigen Wohnraum gefunden haben. Auch der Zugang zum Gesundheitssystem unterscheidet sich nicht von demjenigen für Staatsbürger; für vulnerable, insbesondere psychisch kranke Flüchtlinge gibt es allerdings keine speziellen Hilfs- und Unterstützungsangebote. Bei der Ausstellung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln kann es zu Verzögerungen - und in der Folge zu Schwierigkeiten beim Zugang zu einigen staatlichen Leistungen - kommen. Schwierigkeiten kann es auch geben in dem Zeitraum zwischen Antragstellung und Bewilligung von Sozialleistungen, der bis zu sechs Monate betragen kann; in diesem Zeitraum sind die Antragsteller auf die Beantragung finanzieller Nothilfen beschränkt, die in ihrer Höhe hinter den Sozialleistungen deutlich zurück bleiben. Auch können sich die erhöhten Zuzahlungspflichten im Gesundheitssystem in den ersten drei Jahren, die für einzelne Gruppen wie Schwangere, Arbeitslose oder chronisch Kranke nicht gelten, als ein Zugangshindernis darstellen. Schließlich führt der Umstand, dass die vom Arbeitsamt angebotenen Kurse und Fortbildungen zumeist in griechischer Sprache erfolgen, dazu, dass viele Flüchtlinge daran mangels Sprachkenntnissen nicht teilnehmen können.
38 
Allerdings lässt sich den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht entnehmen, ob auch die Kläger bei einer Rückkehr mit hinreichender Sicherheit Lebensverhältnisse vorfinden, die in ihrer konkreten Situation einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK, Art. 4 GRCh ausschließen. Bei den Klägern handelt es sich um eine Familie mit zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides absehbar drei minderjährigen Kindern, darunter einem Säugling. Auch gab und gibt es Anhaltspunkte für psychische Probleme der Klägerin Ziff. 2 und des ältesten Sohnes. Die Kläger sind mithin wohl als - auch im Vergleich zu anderen Flüchtlingen - besonders verletzlich anzusehen. Hinzu kommt, dass die Kläger aus dem Ausland nach Zypern zurück kehren; selbst wenn für Flüchtlinge, die nach Abschluss ihres Asylverfahrens in Zypern verbleiben, die grundlegenden Lebensbedürfnisse gedeckt sein sollten, bedeutet dies nicht zwingend, dass dies auch für Rückkehrer aus dem Ausland gilt, die nicht bereits in einem Flüchtlingslager wohnen, gegenwärtig keine Sozialleistungen beziehen und aktuell auch nicht (mehr) über ein im Laufe des Asylverfahrens möglicherweise aufgebautes soziales Netz oder Kontakte zu möglichen Arbeitgebern verfügen. Gerade eine Familie mit mehreren (Klein-)Kindern ist in besonderem Maße auf Obdach, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung und hygienische Verhältnisse angewiesen; dazu, welche (vorübergehenden) Unterbringungsmöglichkeiten für Familien, die mit dem Flüchtlingsstatus aus dem Ausland nach Zypern zurückkehren, existieren und inwieweit ihre grundlegenden Lebensbedürfnisse bis zu einer sich möglicherweise über mehrere Monate hinziehenden Entscheidung über ihren Antrag auf Sozialhilfe gedeckt sind, aber gibt es keine Erkenntnisse.
39 
Angesichts der somit nahezu vollständig unterlassenen Sachverhaltsaufklärung durch das Bundesamt wäre eine Aussetzungsentscheidung des gemäß § 80 Abs. 4 VwGO nicht sachgerecht gewesen, hätte den Klägern vielmehr willkürlich die Möglichkeit einer erstmaligen, zeitnahen Überprüfung der Entscheidung des Bundesamts durch das Verwaltungsgericht im Eilverfahren mit einer - im Falle des Erfolgs - frühzeitigen erneuten Befassung des Bundesamts genommen und die erstmalige Sachverhaltsaufklärung unzulässig auf das Gericht übertragen.
40 
1.2.5 Vor diesem Hintergrund ist der bewusst rechtswidrige Rückgriff des Bundesamts auf § 38 Abs. 1 AsylG als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Das Bundesamt muss sich deshalb an seinen aus seinem Vorgehen zu schließenden ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der von ihm getroffenen Entscheidung festhalten und so behandeln lassen, als hätte das Verwaltungsgericht einem Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stattgegeben.
41 
Dieser analogen Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG steht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, als Ausnahme von der Regel, dass in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur über die Vollziehbarkeit eines in seiner Wirksamkeit im Übrigen nicht berührten Verwaltungsakts entschieden wird, sei § 37 Abs. 1 AsylG in seiner damaligen Fassung einer erweiterten Anwendung nicht zugänglich (BVerwG, Urt. v. 07.03.1995 - 9 C 264.94 -, juris). Dem lag jedoch die - vom Bundesverwaltungsgericht verneinte - Frage zugrunde, ob auch ein stattgebender Beschluss des Verwaltungsgerichts in einem Eilverfahren wegen Einstellung des Asylverfahrens (§ 33 AsylVfG a.F.) die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylVfG a. F. auslöst. Diese Ablehnung einer Erstreckung der Regelung auf andere, vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Verfahrenskonstellationen wie etwa auch das Asylfolgeverfahren ist mit Blick auf den Ausnahmecharakter des § 37 Abs. 1 AsylG nachvollziehbar. Vorliegend geht es jedoch nicht um eine solche Erweiterung der Regelung auf neue Fallgestaltungen, sondern nur um eine Anwendung in Situationen, in denen das Bundesamt die vom Gesetz vorgesehene Anwendung der Regelung zu umgehen sucht.
42 
2. Der auf die Ziff. 2 und 4 bezogene Aufhebungsantrag ist ebenfalls begründet. Die Regelungen in Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Bescheides des Bundesamts vom 24.10.2017 sind im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO:
43 
Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist die Feststellung über das Vorliegen von Abschiebungsverboten für den Fall der Entscheidung über einen unzulässigen Asylantrag vorgesehen. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht mehr gegeben, nachdem die entsprechende Entscheidung des Bundesamts in Ziff. 1. des angefochtenen Bescheides unwirksam geworden ist.
44 
Für die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG ist ohne die unwirksam gewordene Abschiebungsandrohung kein Raum, § 75 Nr. 12 AufenthG (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2018 - A 4 S 169/18 -, juris).
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG.

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