Beschluss vom Verwaltungsgericht Freiburg - 4 K 168/19

Tenor

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die geplante Information der Öffentlichkeit zu unterlassen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine beabsichtigte Information der Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB.
Die Antragstellerin betreibt eine überregionale Bäckerei. Am 22.11.2018 unterzog die Antragsgegnerin die Filialen der Antragstellerin in der ..., Gemarkung der Antragsgegnerin, einer planmäßigen Routinekontrolle, bei der sie lebensmittel- und hygienerechtliche Verstöße beanstandete. Beide Filialen befinden sich .... Ausweislich des Kontrollberichts vom 06.12.2018 stellte die Antragsgegnerin zumindest Folgendes fest: einen Schadnagerbefall sowie Verunreinigung durch Mäusekot in den Vorbereitungs-, Arbeits- und Verkaufsbereichen beider Filialen (Ziffer 1 der geplanten Veröffentlichung), unzureichend gekühlte Creme- und Sahnetorten (Ziffer 2), die Lagerung von Blattsalaten mit abgelaufenem Verbrauchsdatum (Ziffer 3) sowie altverschmutzte Regalböden (Ziffer 4), auf denen offene Backwaren gelagert wurden. Unmittelbar nach Feststellung dieser Mängel ordnete die Antragsgegnerin die Betriebsschließung beider Filialen an, bis eine Grundreinigung und Desinfektion im Betrieb durchgeführt sei. Um 17:30 Uhr desselben Tages durfte die Antragstellerin, als ein Großteil der Mängel beseitigt worden war, den Betrieb wiederaufnehmen.
Nachdem die Antragsgegnerin das Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg mit Schreiben vom 06.12.2018 in Kenntnis gesetzt hatte, hörte sie die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.12.2018 zur geplanten Veröffentlichung der Mängel auf www.verbraucherinfo.ua-bw.de an und bot ihr die Möglichkeit, sich hierzu bis zum 27.12.2018 schriftlich zu äußern. Am 14./15.12.2018 fand eine Begutachtung ... durch ein Sachverständigenbüro für Schädlingsbekämpfung statt. Bei einer weiteren Nachkontrolle am 17.12.2018 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Antragstellerin sämtliche noch ausstehende Reinigungsmängel beseitigt und Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung getroffen hatte. Mit Schreiben vom 07.01.2019 teilte sie der Antragstellerin mit, dass sie trotz der erhobenen Einwände an ihrer Auffassung festhalte und dass eine Veröffentlichung für den 18.01.2019 geplant sei.
Daraufhin hat die Antragstellerin am 14.01.2019 beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht. Am 16.01.2019 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie bis zur gerichtlichen Entscheidung von der angekündigten Veröffentlichung absehen werde.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
1. Statthaft ist der Antrag nach § 123 VwGO; denn das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin richtet sich auf eine Unterlassung der geplanten Information der Öffentlichkeit, bei der es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG, sondern um einen Realakt handelt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.01.2013 - 9 S 2423/12 -, juris Rn. 4).
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Zum Erlass einer solchen Sicherungsanordnung ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, dass ein Anordnungsgrund besteht, d. h. eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, und ein Anordnungsanspruch gegeben ist, also die tatsächlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt sind.
Im Hinblick auf den Umfang der Prüfung des Gerichts und den Grad der Wahrscheinlichkeit, mit dem Anordnungsgrund und -anspruch vorliegen müssen, sind die Gerichte gehalten, der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Daher hat das Gericht einerseits die Eilbedürftigkeit des Begehrens der Antragstellerin zu berücksichtigen, andererseits aber auch den Zweck des Anordnungsverfahrens in den Blick zu nehmen, nämlich die Schaffung vollendeter Tatsachen vor einer Hauptsacheentscheidung zu verhindern. Um die verfassungsrechtlich verankerten Rechte, insbesondere Grundrechte, zu schützen, muss der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass kein Anordnungsgrund oder -anspruch besteht, umso höher sein je schwerwiegender die drohenden Nachteile und je weniger wahrscheinlich ihre Rückgängigmachung im Falle eines späteren Obsiegens sind. Hält es das Gericht für untunlich, Rechtsfragen – etwa aus Zeitgründen – vertiefend zu behandeln, und kann die Sach- und Rechtslage daher nicht mit dem erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit eines späteren Obsiegens oder Unterliegens festgestellt werden – sind die Erfolgsaussichten demnach offen –, droht aber zugleich die Gefahr einer nicht unbedeutenden Grundrechtsverletzung, hat die Entscheidung des Gerichts auf der Grundlage einer Folgenabwägung zwischen den Beteiligten zu erfolgen (zum Ganzen BVerfG, Beschl. v. 25.07.1996 - 1 BvR 638/96 -; Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, jeweils juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.01.2013 - 9 S 2423/12 -, juris Rn. 9).
2. Ausgehend von diesen Maßstäben hat die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht, sodass ihrem Antrag im Ergebnis stattzugeben ist. Denn die geplante Information der Öffentlichkeit durch Veröffentlichung von Betriebsbezeichnung, Anschrift, Betreiber, Feststellungstag, Sachverhalt/Grund der Beanstandung, Rechtsgrundlage sowie Hinweisen zur Mängelbeseitigung auf der Internetseite www.verbraucherinfo.ua-bw.de ist nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage rechtswidrig. Daher überwiegen die grundrechtlichen Positionen der Antragstellerin die an der Veröffentlichung bestehenden Interessen der Allgemeinheit.
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a) Zunächst hat die Antragstellerin einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn ein solcher ergibt sich bei Fällen wie hier aus der weitreichenden wirtschaftlichen Bedeutung der geplanten Veröffentlichung: Verwaltungshandeln durch amtliche Information ist in der Außendarstellung (meist) irreversibel, weil daran bei Fehlinformationen auch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen nichts ändern, da die faktischen Wirkungen von Information regelmäßig nicht mehr eingefangen und umfassend beseitigt werden können (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.09.2010 - 10 S 2/10 -, juris Rn. 25; Beschl. v. 28.01.2013 - 9 S 2423/12 -, juris Rn. 6).
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b) Auch einen Anordnungsanspruch hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht. Denn die Veröffentlichungen sind nach summarischer Prüfung rechtswidrig und greifen daher voraussichtlich auf nicht gerechtfertigte Weise in die Grundrechte der Antragstellerin ein – vor allem in das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG (ausführlich BVerfG, Beschl. v. 21.03.2018 - 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 25 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.01.2013 - 9 S 2423/12 -, juris Rn. 10; Hess. VGH, Beschl. v. 08.02.2019 - 8 B 2575/18 -, abrufbar unter: lareda.hessenrecht.hessen.de) –, sodass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs gerechtfertigt ist.
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aa) Rechtsgrundlage für die beabsichtigten Veröffentlichungen ist § 40 Abs. 1a Nr. 3 (vormals Nr. 2) LFGB (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch) in der Fassung von Artikel 1 Nr. 1c des Ersten Gesetzes zur Änderung des Lebens- und Futtermittelgesetzbuchs vom 30.04.2019 (BGBl. I, S. 498). Danach informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 39 Abs. 1 Satz 2 auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen durch eine Stelle nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass [...] gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist (Nr. 3 der Vorschrift).
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Mit der Einführung des § 40 Abs. 1a LFGB verfolgt der Gesetzgeber generalpräventive Zwecke, um die Durchsetzung einschlägiger lebensmittel- und hygienerechtlicher Vorschriften zu verbessern. Die Regelung zielt dementsprechend nicht nur auf den legitimen Zweck des Gesundheitsschutzes, sondern in der Folge auch auf den Schutz von Konsumentscheidungen und damit den Verbraucherschutz insgesamt (zum Normzweck etwa BVerfG, Beschl. v. 21.03.2018 - 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 32, 35 und 38).
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Gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (mehr), nachdem der Gesetzgeber nunmehr die Veröffentlichung von Informationen zeitlich beschränkt (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG, Beschl. v. 21.03.2018 - 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 56 ff.) und § 40 LFGB zum 30.04.2019 neugefasst hat (BGBl. I, S. 498, vgl. BT-Drs. 19/4726 und 19/8349; BR-Drs. 124/19). Nach § 40 Abs. 4a LFGB n.F. sind Informationen nunmehr sechs Monate nach der Veröffentlichung zu entfernen.
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bb) Die geplante Veröffentlichung erfüllt nicht alle hierfür erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB. Da es sich auf Rechtsfolgenseite um eine Veröffentlichungspflicht der zuständigen Behörde mit einer erheblichen Eingriffsschwere handelt und demzufolge kein Raum für eine einzelfallbezogene Ermessensprüfung eröffnet ist, kommt den Tatbestandsvoraussetzungen im Rahmen der Rechtmäßigkeitsüberprüfung eine besondere Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2018 - 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 50; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.01.2013 - 9 S 2423/12 -, juris Rn. 27 f.; Pache/Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Aufl. 2012, § 40 LFGB, Rn. 28 f.).
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(1) Zunächst ist mit Blick auf das notwendige Verfahren festzustellen, dass die nach § 40 Abs. 3 Satz 1 LFGB vor Veröffentlichung der Informationen erforderliche Anhörung der Antragstellerin mit Schreiben vom 12.12.2018 und unter Fristsetzung bis zum 27.12.2018 stattgefunden hat. Nicht erforderlich ist hingegen, dass bereits eine Anhörung im Ordnungswidrigkeitsverfahren erfolgt ist. Die Anhörung gemäß § 40 Abs. 3 LFGB hat sich nur auf die gerügten Rechtsverstöße gegen die Vorschriften im Anwendungsbereich des LFGB zu erstrecken. Sie entspricht § 28 LVwVfG, der sich nur auf Verwaltungsakte bezieht. Wie bei einer Anhörung in einem Verwaltungsverfahren gemäß § 9 LVwVfG macht eine unzutreffend angegebene Rechtsnorm, gegen die der Betroffene verstoßen haben soll, die Anhörung nicht fehlerhaft, solange die bezeichnete Rechtsnorm der angekündigten Veröffentlichung nicht eine grundsätzlich andere rechtliche und/oder tatsächliche Bedeutung verleiht (vgl. Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 41 m.w.N.).
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(2) Weiterhin kann sich die Antragstellerin bezüglich der Darstellung der geplanten Veröffentlichung nicht darauf berufen, dass es dieser an einem konkreten Lebensmittelbezug fehle. Denn in der beabsichtigten Veröffentlichung sind, anders als etwa in dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.11.2012 (- 2 K 2430/12 -, juris: „Mängel bei der Betriebshygiene bzw. Reinigungsmängel“) zugrundeliegenden Sachverhalt, die von dem Vorgang betroffenen Lebensmittelprodukte ausdrücklich und in hinreichend konkreter Form bezeichnet (Ziffer 1: „nachteilige Beeinflussung der Backwaren und Backzutaten z.B. Sesam, Brezelsalz etc.“; Ziffer 2: „Creme- und Sahnetorten“, Ziffer 3: „zubereitete Blattsalate“, Ziffer 4: „offene Backwaren“). Auch derartige Sammelbezeichnungen können den Anforderungen an einen konkreten Lebensmittelbezug dann genügen, wenn eine konkretere Bezeichnung der betroffenen Produkte nur eingeschränkt möglich und sinnvoll erscheint (vgl. VG Oldenburg, Beschl. v. 18.01.2019 - 7 B 4420/18 -, juris Rn. 18: „im Betrieb verarbeitete und hergestellte Fleischwaren“; OVG NRW, Beschl. v. 15.01.2019 - 13 B 1587/18 -, juris Rn. 38: „Kulturheidelbeeren“; VG Stuttgart, Beschl. v. 11.02.2019 - 16 K 11936/18 -, liegt den Beteiligten vor: „Teigwaren“). Die Genauigkeit der Bezeichnung des Lebensmittels richtet sich nach dem jeweiligen Verstoß und ist ausgehend von diesem zu bestimmen. Dementsprechend muss die Veröffentlichung – gerade bei umfassenden Verstößen – keine vollständige Aufzählung aller betroffenen Lebensmittel beinhalten, sondern vor allem aus der Sicht des Normzwecks – Gesundheits- und Verbraucherschutz – hinsichtlich der genannten Lebensmittel zutreffend sein. Freilich hat die Bezeichnung aufgrund der erheblichen Wirkungen einer Veröffentlichung schonend für den Betroffenen und damit so genau wie möglich zu erfolgen, um dem Eindruck vorzubeugen, es seien Lebensmittel betroffen, bei denen das gar nicht der Fall ist. Eine Spezifizierung hat gegebenenfalls inhaltlich (Produktart), räumlich oder auch zeitlich zu erfolgen (Produktchargen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt hergestellt wurden).
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Ausgehend von diesen Maßstäben dürfte es wohl nicht ausreichend sein, die allgemeine „Betriebshygiene“ (VG Karlsruhe Beschl. v. 07.11.2012 - 2 K 2430/12 -, juris) oder alle „Speisen“ (Hess. VGH, Beschl. v. 08.02.2019 - 8 B 2575/18 -, abrufbar unter: lareda.hessenrecht.hessen.de) in einem Restaurant zu bemängeln.
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Vorliegend sind in der beabsichtigen Veröffentlichung der Antragsgegnerin die „Backwaren und Backzutaten“, „Creme- und Sahnetorten“, „zubereiteten Blattsalate“ und „offene Backwaren“ zwar nicht näher nach Herstellungsdatum, Produktart oder Charge spezifiziert. Indes ergibt sich bei Lebensmitteln wie „offene Backwaren“ ohnehin, dass sie in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum festgestellten Verstoß hergestellt worden und damit aufgrund der kurzen Haltbarkeit zum Verzehr bestimmt sind, sodass sich schon daraus eine Bestimmbarkeit ergibt. Des Weiteren beziehen sich die Verstöße vor allem auf flächendeckende Verunreinigungen und Unzulänglichkeiten der Betriebsstätten. Aufgrund des durch den Beseitigungsvermerk in der Veröffentlichung eingeschränkten zeitlichen Rahmen von wenigen Stunden ist für den Verbraucher offensichtlich, dass die bezeichneten Lebensmittel nur in diesem von den entsprechenden Verstößen betroffen gewesen sein können, sodass sie sich auch hinreichend zeitlich eingrenzen lassen.
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Des Weiteren enthalten die geplanten Veröffentlichungen auch jeweils den bei verfassungskonformer Auslegung und nunmehr auch nach § 40 Abs. 4 Satz 2 LFGB erforderlichen Hinweis zur Mängelbeseitigung – die am 22.11.2018 stattgefunden hat –, weil andernfalls nämlich der Eindruck entstehen könne, der jeweilige Grund für die Beanstandungen bestünde fort (BVerfG, Beschl. v. 21.03.2018 - 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 40; vgl. auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 15.10.2018 - 16 L 2978/18 -, juris).
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Auch im Übrigen ist die geplante Veröffentlichung in ihrer Darstellungsform und -inhalt nicht zu beanstanden. Denn insoweit hat der Gesetzgeber der Verwaltung außer Bezeichnung des Lebensmittels und Nennung des Lebensmittelunternehmens keine weiteren Vorgaben gemacht: Folglich obliegt die Ausgestaltung der Darstellung im Wesentlichen der Antragsgegnerin. Sie ist solange nicht zu beanstanden, wie sie inhaltlich richtig und damit möglichst schonend für die Betroffenen erfolgt sowie den Zwecken der Vorschrift dient. Einzelne Normen müssen nicht zwingend bezeichnet werden, dienen aber der Information des Verbrauchers und der Rechtsklarheit. Die in der Veröffentlichung angegebene „Rechtsgrundlage“ kann sich folglich auf den gerügten Gesetzesverstoß und muss sich nicht auf die einschlägigen Bußgeldvorschriften beziehen.
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(3) Des Weiteren handelt es sich bei der Antragstellerin um ein Lebensmittelunternehmen, unter dessen Namen Lebensmittel hergestellt oder behandelt werden oder in den Verkehr gelangen i.S.d. Art. 3 Nrn. 2 und 3 VO (EG) Nr. 178/2002.
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(4) Nach vorläufiger Einschätzung liegt in Teilen auch ein durch Tatsachen hinreichend begründeter Verdacht vor, dass durch die Antragstellerin gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich des LFGB, die der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, verstoßen worden ist.
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(a) Für die Frage, ob ein durch Tatsachen hinreichend begründeter Verdacht besteht, genügen ein in tatsächlicher Hinsicht unaufgeklärter Verdacht oder theoretische Überlegungen der Behörde nicht. Die den Verdacht begründenden Tatsachen müssen aus Sicht der Behörde aufgeklärt und in den Überwachungsergebnissen entsprechend dokumentiert sein (BVerfG, Beschl. v. 21.03.2018 - 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 44; dazu auch bereits BT-Drs. 17/7374, S. 20). Damit bedarf es einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass ein Verstoß auch tatsächlich gegeben ist. § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB verlangt, dass sich der begründete Verdacht auf Verstöße gegen Vorschriften bezieht, die dem Schutz vor Gesundheitsgefährdungen oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen. Dabei sind sowohl Verstöße gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 als auch gegen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II VO (EG) Nr. 852/2004 sowie § 3 LMHV erfasst (vgl. Boch, LFGB, 7. Online-Auflage 2018, § 40 Rn. 45). Im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals kommt es – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – jedoch nicht entscheidend darauf an, ob die Vorschrift, bei welcher der hinreichend begründete Verdacht eines Verstoßes besteht, auch selbst bußgeldbewehrt ist. § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB stellt seinem Wortlaut nach für dieses Tatbestandsmerkmal lediglich auf „Vorschriften im Anwendungsbereich“ des Gesetzes ab und setzt zunächst nicht voraus, dass diese auch eigenständig bußgeldbewehrt sind. Die aufgeworfene Frage ist vielmehr im Rahmen der Prognose des zu erwartenden Bußgelds zu beantworten.
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(b) Ausgehend von diesen Maßstäben kann der Sachverhalt bezüglich der vorgeworfenen Verstöße in tatsächlicher Hinsicht nur teilweise für ausreichend aufgeklärt erachtet werden. Zwar hat die Antragsgegnerin die Verstöße bei einer Routinekontrolle am 22.11.2018 beanstandet und im Bericht vom 06.12.2018 umfassend und nachvollziehbar dokumentiert. Darin führt sie die einzelnen Verstöße getrennt nach den beiden betroffenen Filialen auf und verortet sie soweit möglich. Auch hat sie umfassende Lichtbildaufnahmen von den Verstößen gefertigt und vorgelegt. Weitere erreichbare Beweismittel haben sich für die Antragsgegnerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Verstoßes nicht aufgedrängt. Da die Verstöße bereits am gleichen Tag weitestgehend beseitigt wurden, sind die Tatsachen, welche einen Verdachtsverstoß begründen, hinsichtlich der Verstöße Ziffer 1 bis 3 ausreichend aufgeklärt.
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Jedoch ist der Verstoß Ziffer 4 der geplanten Veröffentlichung (altverschmutzte Regalböden) in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichend aufgeklärt. Diesen stützt die Antragsgegnerin auf § 3 LMHV i.V.m. Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. V Nr. 1 lit. a i.V.m. Kap. IX Nr. 3 VO (EG) Nr. 852/2004. Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 852/2004 verweist für die Anforderungen an Lebensmittelunternehmer, die – wie die Antragstellerin – auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, welche der Primärproduktion nachgeordnet sind, auf die allgemeinen Hygienevorschriften in Anhang II. Nach Anh. II Kap. V Nr. 1 lit. a VO (EG) Nr. 852/2004 müssen Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründlich gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden. Die Reinigung und die Desinfektion muss so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht. Gemäß Kap. IX Nr. 3 VO (EG) Nr. 852/2004 sind Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre. Hiergegen wendet die Antragstellerin ein, dass eine Reinigung nur so erfolgen müsse, dass kein Kontaminationsrisiko entstehe. Dies sei hier erfolgt, da allenfalls die Querböden verunreinigt seien, sodass eine Kontamination ausgeschlossen sei. Zwar spricht aufgrund der umfassenden Hygienemängel einiges dafür, dass auch insoweit ein Kontaminationsrisiko und mithin ein hygienerechtlicher Verstoß anzunehmen wäre. Indes ergibt sich aus Lage der Akten nicht eindeutig, was die Antragsgegnerin mit „Altverschmutzung“ genau beanstandet. Auch finden sich keine einschlägigen Bildaufnahmen, die eine solche eindeutig nachwiesen.
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(c) Es liegt ein hinreichend begründeter Verdacht eines Verstoßes für Ziffer 1 der geplanten Veröffentlichung (Schadnagerbefall) vor. Diesen stützt die Antragsgegnerin zu Recht vor allem auf Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 2 lit. b VO (EG) Nr. 178/2002: Demnach dürfen Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in den Verkehr gebracht werden (Abs. 1), wobei sie als nicht sicher gelten, wenn davon auszugehen ist, dass sie für den Verzehr durch Menschen ungeeignet sind (Abs. 2 lit. b.). Gemäß Art. 14 Abs. 3 (EG) Nr. 178/2002 sind bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel sicher ist oder nicht, die normalen Bedingungen seiner Verwendung durch den Verbraucher und auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen zu berücksichtigen (lit. a). Nach Art. 14 Abs. 5 (EG) Nr. 178/2002 ist bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht – möglicherweise ein Redaktionsversehen – für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist. Nach den weiterhin von der Antragsgegnerin angeführten Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 852/2004 i.V.m. Anhang II Kap. V Nr. 1 lit. a VO (EG) Nr. 852/2004 müssen Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründlich gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden. Die Reinigung und die Desinfektion müssen so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht. Weiterhin beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass nach Anhang II Kap. IX Nr. 3 VO (EG) Nr. 852/2004 Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen sind, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.
28 
Nach vorläufiger Einschätzung ist von einem hinreichend begründeten Verdacht einer Kontamination und damit eines Normverstoßes auszugehen. Soweit die Antragstellerin unter Verweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts im Verfahren C-347/17 vom 29.11.2018 die Auffassung vertritt, dass ein Verstoß gegen Art. 14 VO (EG) Nr. 178/2002 eine nachgewiesene Kontamination erfordere, da erst dann eine Ungeeignetheit zum Verzehr angenommen werden könne, ist dies für den vorliegenden Fall unerheblich. Denn es ist bereits fraglich, ob Art. 14 VO (EG) Nr. 178/2002 in Abgrenzung zu § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB tatsächlich nur Fälle äußerlich erkennbarer Veränderung einschließt (so VG Stuttgart, Beschl. v. 11.02.2019 - 16 K 11936/18 -, liegt den Beteiligten vor; Grube, in: Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl. 2016, Art. 7 Rn. 316 ff.; Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Aufl. 2012, Art. 14 BasisVO, Rn. 38; a.A. VG München, Beschl. v. 06.04.2016 - M 18 S 16.793 -, juris Rn. 36; VG Regensburg, Beschl. v. 15.11.2012 - RO 5 K 12.619 -, juris; VG Augsburg, Urt. v. 27.07.2011 - Au 1 K 11.717 -, juris Rn. 43 f.; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 171. EGL 2018, Art. 14 BasisVO, Rn. 56a). Im Übrigen kann bei weitreichenden Verunreinigungen eine Kontamination auch unterstellt werden (Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Aufl. 2012, Art. 14 BasisVO, Rn. 39).
29 
In jedem Fall bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass vorliegend eine Kontamination von Lebensmitteln tatsächlich auch stattgefunden hat. So kann nach vorläufiger Einschätzung unter Berücksichtigung des hiesigen Einzelfalls der Antragsgegnerin in ihrer Argumentation gefolgt werden, welche den Verdacht eines Verstoßes gegen Art. 14 VO (EG) Nr. 178/2002 in ihrem Kontrollbericht vom 06.12.2018 unter anderem auf die durch den erheblichen ammoniakalischen Geruch begründete Gefahr einer aerogenen Kontamination stützt, also auf die Abgabe erregerhaltiger Schwebstoffe durch den Schadnagerbefall und die damit einhergehenden Verunreinigungen. Daher dürften die Backwaren auch für die normale Verwendung durch den durchschnittlichen Verbraucher, nämlich den Verzehr, ungeeignet und inakzeptabel sein.
30 
(d) Weiter liegt ein hinreichend begründeter Verdacht eines Normverstoßes bezüglich Ziffer 2 der geplanten Veröffentlichung (unzureichend gekühlte Creme- und Sahnetorten) vor. Diesen stützt die Antragsgegnerin auf Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kap. IX Nr. 5 VO (EG) Nr. 852/2004. Demnach dürfen Rohstoffe, Zutaten, Zwischenerzeugnisse und Enderzeugnisse, die die Vermehrung pathogener Mikroorganismen oder die Bildung von Toxinen fördern können, nicht bei Temperaturen aufbewahrt werden, die einer Gesundheitsgefährdung Vorschub leisten könnten. Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden. Es darf jedoch für begrenzte Zeit von den Temperaturvorgaben abgewichen werden, sofern dies aus praktischen Gründen bei der Zubereitung, Beförderung und Lagerung sowie beim Feilhalten und beim Servieren von Lebensmitteln erforderlich ist und die Gesundheit des Verbrauchers dadurch nicht gefährdet wird. Lebensmittelunternehmen, die Verarbeitungserzeugnisse herstellen, bearbeiten und umhüllen, müssen über geeignete, ausreichend große Räume zur getrennten Lagerung der Rohstoffe einerseits und der Verarbeitungserzeugnisse andererseits und über ausreichende, separate Kühlräume verfügen.
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Nach Auffassung der Antragstellerin habe sie gegen diese Vorschrift nicht verstoßen, da bei den Torten allenfalls eine begrenzte Zeit von den Temperaturvorgaben abgewichen worden sei. Die Torten würden jeden Morgen gekühlt geliefert. Ein Verderb zwischen Lieferung und Verkauf stehe daher nicht zu erwarten.
32 
Dieser Vortrag überzeugt jedoch nicht, da ein Abweichen von der Kühlkette nur in Ausnahmefällen aus „praktischen Gründen“ und nicht gewissermaßen regelhaft erfolgen darf. Ein tatsächlicher Verderb ist nicht erforderlich, da einem solchen durch die Vorgaben gerade vorgebeugt werden soll. Außerdem kann bei der von der Antragstellerin unterlassenen Kühlung nicht ohne Weiteres von einer begrenzten Zeitspanne ausgegangen werden, da unklar – und auch nicht glaubhaft gemacht – ist, seit wann die Kühlung nicht funktioniert hatte. Insofern besteht ein hinreichend begründeter Verdacht, dass die Creme- und Sahnetorten bei Temperaturen aufbewahrt wurden, die einer Gesundheitsgefährdung Vorschub leisten könnten.
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(e) Wohl kein hinreichend begründeter Verdacht eines Normverstoßes besteht hinsichtlich Ziffer 3 der geplanten Veröffentlichung (abgelaufenes Verbrauchdatum von Blattsalaten). Hier sieht die Antragsgegnerin einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 2 lit. b VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 2 VO (EU) Nr. 1169/2011. Demnach gilt nach Ablauf des Verbrauchsdatums ein Lebensmittel als nicht sicher im Sinne von Art. 14 Abs. 2 bis 5 VO (EG) Nr. 178/2002. Zwar bestand durch die Lagerung der Blattsalate im Kühlhaus die Gefahr, dass diese durch Unachtsamkeit tatsächlich in den Verkehr gelangen, insbesondere da sie nicht klar trennbar von den anderen Lebensmitteln aufbewahrt waren. Jedoch dürfte mit der bloßen Lagerung von Lebensmitteln mit abgelaufenem Verbrauchsdatum noch kein Inverkehrbringen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 2 lit. b VO (EG) Nr. 178/2002 vorliegen. Auch hing ein solches, da der Salat nicht bereits zum Verkauf angeboten war, nicht nur noch vom bloßen Zufall ab.
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(4) Die verbleibenden beiden Verstöße Ziffer 1 und 2 sind nicht nur unerheblichen Ausmaßes. Dabei können im Rahmen der Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs „in nicht nur unerheblichem Ausmaß“, der einer vollen gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, nur solche Verstöße als erheblich gelten, die von hinreichendem Gewicht sind, um die für die betroffenen Unternehmen mit einer Veröffentlichung verbundenen potentiell gravierenden Folgen zu rechtfertigen. Ein solcher könnte etwa anzunehmen sein, wenn es sich um einen Verstoß mit besonders nachteiligen Folgen für den einzelnen Verbraucher handelt oder wenn eine Vielzahl von Verbrauchern betroffen sind (BVerfG, Beschl. v. 21.03.2018 - 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 54). In quantitativer Hinsicht kann bei der Bestimmung, ob ein Verstoß als erheblich zu bewerten ist, zwar nicht auf die Häufigkeit abgestellt werden, da es sich bei Wiederholungen um eine eigenständige Tatbestandsalternative handelt. Jedoch kann im Rahmen einer Quantitätsbemessung neben der Anzahl der betroffenen Verbraucher auch auf die Dauer der Verstöße abgestellt werden. Weiterhin kann der räumliche Umfang der Verstöße Berücksichtigung finden. In qualitativer Hinsicht ist vor allem auf den Unrechtsgehalt abzustellen: Dabei dürfte neben den besonders nachteiligen Folgen vor allem die Schwere des Verstoßes im Einzelfall ausgehend von möglichen Gesundheitsgefahren maßgeblich sein.
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Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe spricht für die Erheblichkeit der vorgeworfenen Verstöße, dass beide Filialen der Antragstellerin schon aufgrund ihrer Lage täglich von sehr vielen Verbrauchern ausgesucht werden. Weiterhin geht die Antragsgegnerin aufgrund des Umfangs der Verunreinigungen in ihrem Kontrollbericht von „mehrtägigen“ Missständen aus, die sich zudem auf zwei Filialen erstrecken. Dem ist die Antragstellerin nicht entgegengetreten. Der Unrechtsgehalt der Verstöße wiegt zudem schwer: So besteht der Verdacht, dass die Antragstellerin jeweils gegen zahlreiche lebens- und hygienerechtliche Vorschriften verstoßen hat. Vor allem sind aber mit einer möglichen Kontamination durch Mäusekot ganz erhebliche gesundheitliche Risiken verbunden.
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ee) Jedoch ist die weitere Erheblichkeitsschwelle für eine Veröffentlichung nicht mit der für eine Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB erforderlichen Sicherheit erreicht. Denn es kann keine ausreichend sichere Prognose getroffen werden, dass die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,00 Euro zu erwarten steht. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass dieses zusätzliche Erfordernis nicht nur im Fall von wiederholten, sondern auch bei erstmaligen, aber nicht nur unerheblichen Verstößen gilt.
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Weil sich ein Verdacht grundsätzlich auf Tatsachen bezieht, ist für die Beurteilung nicht maßgeblich, ob ein hinreichend begründeter Verdacht besteht, sondern es ist auf die Erwartbarkeit des Bußgeldes im Sinne einer Prognoseentscheidung abzustellen (a.A. VG Trier, Beschl. v. 29.11.2012 - 1 L1339/12.TR -, juris Rn. 20 f.). Gleichsam ist für die Prognose ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit anzusetzen. Dabei ist jeder Verstoß für sich daraufhin zu würdigen, ob ein Bußgeld von mindestens 350,00 Euro zu erwarten steht und ob dieser folglich veröffentlichungsfähig ist. Andernfalls könnten auch geringfügigere Verstöße zur Veröffentlichung gelangen, was der gebotenen zurückhaltenden Anwendung der Norm widerspräche.
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In Ermangelung eines einschlägigen Bußgeldkataloges (vgl. zu den Forderungen des Bundesrats für eine Vollzugsvereinheitlichung BR-Drs. 789/12; 151/13; 369/18; 124/19) hängt die Höhe der Geldbuße neben den festgestellten Mängeln, die den objektiven Tatbestand erfüllen, von subjektiven Merkmalen wie Vorsatz, Häufigkeit der Verstöße, Erstmaligkeit der Verstöße, Einsichtsfähigkeit und weiteren Kriterien ab. Zwischen den einzelnen Behörden dürften erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Festsetzung eines Bußgelds bestehen (VG München, Beschl. v. 03.12.2012 - M 18 E 12.5736 -, juris Rn. 46; vgl. auch Kühne/Preuß, ZLR 2012, 284 [298 f.]). Als Anhaltspunkte für seine Prognoseentscheidung könnten dem Gericht entsprechende Ausführungen der Antragsgegnerin, wie im konkreten Fall verfahren werden soll, ein – auch noch nicht rechtskräftiger – Bußgeldbescheid oder eine entsprechende Verwaltungspraxis dienen. Hingegen liefe die weitere Erheblichkeitsschwelle, die mit der Bußgeldsumme eingeführt wurde, weitestgehend leer, wenn alleine auf den Bußgeldrahmen abzustellen wäre, weil die Obergrenzen der meisten Bußgeldtatbestände im Lebensmittelrecht deutlich über 350,00 EUR hinausgehen.
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Die Antragsgegnerin hat ihre Annahme, dass ein entsprechendes Bußgeld zu erwarten stehe, nicht weiter begründet. Sie hat nach Aufforderung des Gerichts einen (teilweise) vergleichbaren lebensmittelrechtlichen Fall aus ihrer Verwaltungspraxis vorgelegt, der ihre vorläufige Einschätzung nachvollziehbar machen soll. In diesem hatte sie ein Bußgeld in Höhe von 400,- EUR verhängt, wobei die dort gegebenen Verstöße wohl schwerwiegender waren als die im hier zu beurteilenden Fall. Zudem hat die Antragsgegnerin einen „Bußgeldrahmen zur Ahndung von Ordnungswidrigkeit im Bereich der Lebensmittelüberwachung“ des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.11.2007 vorgelegt (vgl. VG Stuttgart, Beschl. v. 11.02.2019 - 16 K 11936/18 -, liegt den Beteiligten vor). Weitere Anhaltspunkte liegen nicht vor. Die Prognose der Antragsgegnerin ist daher für das Gericht nicht nachprüfbar. Zwar ist nachvollziehbar, dass eine ständige Verwaltungspraxis zu § 40 Abs. 1a Nr. 3 (vormals Nr. 2) LFGB noch nicht bestehen kann. Jedoch müssten zur Verhängung von Bußgeldern im Bereich der Lebensmittelhygiene langjährige und umfassende Erfahrungen vorliegen. Aus verschiedenen Quellen im Internet ergibt sich zudem eher der Eindruck, dass die verhängten Bußgelder bei erstmaligen, aber erheblichen Verstößen bemerkenswert gering ausfallen. Auch mit den schon in der Anhörung vorgebrachten Einwänden der Antragstellerin zur zu erwartenden Bußgeldhöhe hat sich die Antragsgegnerin nicht näher auseinandergesetzt.
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Wenn eine Prognose des zu erwartenden Bußgeldes nicht mit der erforderlichen Sicherheit gestellt werden kann, ist es im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund der erheblichen Wirkungen einer Information der Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1a LFGB geboten, der grundrechtlich geschützten Position des Lebensmittelunternehmers den Vorzug gegenüber den Interessen der Öffentlichkeit einzuräumen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG. In Anlehnung an Nr. 25.2 und Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 ist der Auffangwert anzusetzen und von einer Reduzierung des Betrags im Eilverfahren abzusehen, weil aufgrund der Vorwegnahme der Hauptsache die Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens dem Hauptsacheverfahren entspricht (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.01.2013 - 9 S 2423/12 -, juris Rn. 36).

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