Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
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| Der Berichterstatter durfte am 28.09.2020 verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte nicht anwesend war, denn sie ist in der Ladung, die dem Bundesamt nach dem von ihm erklärten Verzicht auf Ladung gegen Empfangsbekenntnis in der allgemeinen Prozesserklärung vom 27.06.2017 durch einfachen Brief übersandt wurde, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO). |
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| Die Klage ist in dem Hauptantrag als Verpflichtungsklage statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 10.11.2017 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG. |
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| Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.07.1951 (GFK) zuerkannt, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. |
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| a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine begründete Furcht vor Verfolgung anzunehmen, wenn dem Schutzsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine Verfolgung aus einem der genannten Gründen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 – 10 C 23.12, Rn. 19 über juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 42 über juris). Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Schutzsuchenden Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann deshalb auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer „quantitativen“ oder mathematischen Betrachtungsweise weniger als 50 % Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt besteht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden „zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts“ die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 42 über juris). |
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| b) Aus den in Art. 4 RL 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Asylantragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Asylantragstellers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung aus einem der genannten Verfolgungsgründen droht. Hierzu gehört, dass der Asylantragsteller zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Asylantragstellers berücksichtigt werden (zum Ganzen, jeweils m.w.N., VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 54 ff. über juris; VG Aachen, Urt. v. 18.03.2014 – 2 K 1589/10.A; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 25 AsylG Rn. 4). |
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| Für den Kläger ist nach diesen Maßstäben keine Verfolgungsgefahr in dem oben genannten Sinn gegeben. |
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| a) Er hat vorgetragen, er sei mit seiner Familie nach dem Einmarsch des IS aus Mosul nach Zakho geflüchtet. Dort sei er mehrfach wegen seines christlichen Glaubens angegriffen worden. Einmal, als er in Zakho mit einem Freund zusammen unterwegs gewesen sei, sei er von mehreren Männern angegriffen und – nachdem sie ihm sein Geld abgenommen hätten – aufgefordert worden, einen Spruch aufzusagen, wonach er sich zum Islam bekehre. Als er dies verweigert habe, sei er geschlagen worden. Er befürchte, im Irak als Christ Opfer von Angriffen bis hin zu einer Tötung zu werden. Zudem sei er dort als Christ Diskriminierungen und Bedrohungen ausgesetzt. |
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| b) Vor dem Hintergrund der durch die Erkenntnismittel nachgezeichneten Sicherheitslage ist dieser Vortrag nicht geeignet, eine hinreichende Verfolgungswahrscheinlichkeit zu begründen. Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Irak aufgrund seiner christlichen Glaubenszugehörigkeit verfolgt würde. |
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| Der dabei in den Blick zu nehmende, für die anzustellende Betrachtung relevante Ort ist vorliegend Zakho. Bezugspunkt der Gefahrenprognose ist in der Regel der Herkunftsort des Ausländers, in den er typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 – 10 C 15.12, Rn. 13 über juris; Urt. v. 14.07.2009 – 10 C 9.08, BVerwGE 134, 188, Rn. 17 über juris). Dies ist vorliegend Zakho in der Provinz Dohuk. Zwar hat der Kläger nach eigenen Angaben bis 2014 in Mosul gelebt, wo er auch geboren und aufgewachsen sei. Jedoch sei er dann zusammen mit seiner Familie nach Zakho gegangen, wo sie zunächst in einer Schule untergekommen seien und die Angehörigen sodann in einer (wenn auch kleinen) Mietwohnung – mithin außerhalb einer prekären Unterbringung in einem Flüchtlingslager – gelebt hätten und wo er auch bis zu seiner Ausreise erwerbstätig gewesen sei. Auch heute sei jedenfalls seine Mutter auch nach wie vor noch in Zakho, wenngleich sie zu einer Schwester des Klägers in die USA ausreisen wolle. Mit einer Rückkehr nach Mosul ist vor diesem Hintergrund nicht zu rechnen, nachdem der Kläger die Stadt bereits 2014 verlassen habe und dort nach eigenen Angaben offenbar alles aufgegeben hat. Namentlich seien keinerlei Familienangehörige mehr in Mosul. |
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| Die Sicherheitslage in Zakho stellt sich allgemein wie folgt dar: |
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| Der Provinz Dohuk, in der Zakho liegt, wird wie der Region Kurdistan-Irak insgesamt generell eine stabile Sicherheitslage attestiert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 2; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 24; EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 148). Die Anzahl ziviler Todesopfer liegt im Vergleich zu anderen Regionen des Irak im niedrigsten Bereich, im Jahr 2018 bei 3,12 pro 100.000 Einwohnern (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 151 f.). In Dohuk wird für das Jahr 2018 von 20 sicherheitsrelevanten Vorfällen berichtet, die zu 28 zivilen Todesopfern geführt haben (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 152). Gewalt wird dabei insbesondere auch als Mittel in der politischen Auseinandersetzung verwendet, namentlich gegenüber Demonstranten, aber auch gegenüber einzelnen Amtsträgern (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 153). Daneben wird Gewalt von iranischen Gruppierungen und anderen Milizen ausgeübt, wobei jedoch die staatlichen Sicherheitskräfte grundsätzlich – mit Ausnahmen namentlich einzelner örtlicher Gegenden und abhängig von dem Einfluss des konkreten Aggressors und u.U. bei politischen Hintergründen – in der Lage gesehen werden, die Kontrolle auszuüben (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 155 f.). Von sicherheitsrelevanten Vorfällen in der Provinz Dohuk wird vor allem in Form von Angriffen der türkischen Streitkräfte gegen Ziele der PKK berichtet (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 25). Auf Grund der im Vergleich zu anderen Teilen des Iraks relativ guten Sicherheitslage ist die Region Kurdistan-Irak Zufluchtsort von noch etwa 800.000 Binnenvertriebenen (nach zuvor noch etwa 1,2 Millionen, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 12.01.2019, S. 5), die sich hier aufhalten (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 5, 13 und 18). Minderheiten werden als weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt angesehen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 13 und 18). |
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| Die Lage von Christen im Irak stellt sich wie folgt dar: |
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| Jedenfalls außerhalb der Region Kurdistan-Irak werden Christen vielfach faktisch diskriminiert (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 75; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 2), obgleich sie durch das Personenstandsrecht grundsätzlich anerkannt werden und in dem geltenden Quotensystem auch in dem (zentral-)irakischen Parlament vertreten sind (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 69 f.; Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 1). Die irakische Verfassung bestimmt in Art. 2 den Islam zur Staatsreligion und zu einer Hauptquelle der Gesetzgebung, garantiert aber auch Religionsfreiheit für die religiösen Minderheiten (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Religious monorities, Oktober 2019, S. 7; Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 1). Jenseits der faktischen Diskriminierungen findet eine systematische staatliche Verfolgung von Christen im Irak allgemein nicht statt (Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 1). Ein umfassender staatlicher Schutz vor Angriffen, etwa durch radikal-islamische Gruppen, wird allerdings nicht umfassend sichergestellt (Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 2). Insgesamt ist der Großteil der ehemals, vor 2003 ca. 1,5 Millionen Christen im Irak wegen der stark verschlechterten Rahmenbedingungen und Sicherheitssituation zwischenzeitlich ausgereist, sodass heute nur noch etwa 200.000 bis 400.000 Christen im Irak leben (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 81 f.; UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Religious monorities, Oktober 2019, S. 11 f.; EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 20; United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 16; Deutschlandfunk, Christen im Irak – Kampf ums Überleben, 08.02.2017). Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Priester, Bombenanschlägen auf Kirchen und christliche Einrichtungen sowie Übergriffen auf von Christen geführte Lebensmittelgeschäfte, in denen gegebenenfalls auch alkoholhaltige Getränke angeboten werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 82; UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Religious monorities, Oktober 2019, S. 22; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 3; vgl. auch EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 23). Es gab auch immer wieder Berichte, dass Angehörige christlicher Minderheiten von bewaffneten Gruppen aus religiösen oder kriminellen Motiven oder einer Kombination beider Motive ermordet oder gegen Lösegeld entführt wurden (UNHCR, Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen, Mai 2019, S. 90). |
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| In der Region Kurdistan-Irak haben seit 2003 und vor allem auch seit 2014 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 83). Es gibt dort keine Anzeichen für staatliche oder gesellschaftliche Diskriminierung und auch christliche Städte sowie große christliche Viertel in Großstädten wie beispielsweise Ankawa in Erbil, in denen Christen in Frieden leben können (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18 f.; vgl. auch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 83; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 3; EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 17; United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17; Deutschlandfunk, Christen im Irak – Kampf ums Überleben, 08.02.2017). Seitens der kurdischen Regionalregierung gibt es Anstrengungen, die christlichen Minderheiten zu schützen (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17). Gleichwohl gibt es Berichte über Aneignungen von Christen gehörendem Land durch Kurden, vor allem in der Region um Zakho (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17). Daneben findet sich in der christlichen Gemeinde auch die allgemeine Furcht vor wachsendem Extremismus unter den die Mehrheit in der Region bildenden sunnitischen Kurden (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 18). Gleichzeitig wird aber auch unter dort lebenden Christen anerkannt, dass die kurdische Regierung sie bislang geschützt hat (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 18). |
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| Auf der Grundlage der so durch die Erkenntnismittel nachgezeichneten Lage ist nicht davon auszugehen, dass Christen in der Region Kurdistan-Irak und insbesondere in Zakho generell eine Verfolgung nach dem oben dargelegten Maßstab droht (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 20.11.2017 – 4 ZB 17.31502, Rn. 9 ff. über juris; VG Göttingen, Urt. v. 28.01.2020 – 2 A 577/17, Rn. 28 ff. über juris; VG Augsburg, Urt. v. 02.07.2018 – Au 5 K 18.30752, Rn. 24 ff.; VG Karlsruhe, Urt. v. 23.03.2017 – A 3 K 3846/16, Rn. 21 ff. über juris). Vielmehr setzt die Annahme einer solchen voraus, dass Umstände des jeweiligen Falles eine besondere Gefahrendichte für den Betroffenen begründen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. |
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| Aus den von dem Kläger berichteten Angriffen gegen ihn ist nicht aufgrund der Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie ein ernsthafter Hinweis darauf zu entnehmen, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist. |
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| Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie – bei auch dann unverändert geltendem Wahrscheinlichkeitsmaßstab – die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 – 10 C 11.09; Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 5.09; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 47 ff. über juris; Urt. v. 09.11.2010 – A 4 S 703/10; Urt. v. 27.09.2010 – A 10 S 689/08). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29.17, BVerwGE 162, 44, Rn. 15). |
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| Das Gericht ist jedoch bereits nicht davon überzeugt, dass dem Kläger die gegen ihn gerichteten Angriffe wie von ihm geschildert wirklich widerfahren sind. Sein Vortrag hierzu ist nicht glaubhaft. So hat er die Angriffe nur oberflächlich und arm an individuellen Details geschildert. In seinem Bericht hat er vielfach – den konkreten Fall verlassend – darauf abgestellt, dass und wie solche Angriffe allgemein häufiger vorkämen und dann abliefen. Diese Angabe, wonach solche Vorfälle flächendeckend und regelmäßig wiederkehrend aufträten, findet zudem keine Stütze in den vorliegenden Erkenntnisquellen, die keine Berichte über hinreichend wahrscheinlich zu erwartende bzw. systematische gewaltsame Angriffe gegen Christen in der Region Kurdistan-Irak enthalten (siehe oben). Soweit der Kläger weiter berichtet hat, es habe in der Folge, nach dem einen von ihm beschriebenen Vorfall auch noch mehrfach weitere solcher Vorfälle gegeben, hat er diese auch nicht näher spezifiziert. Es verbleiben somit Zweifel daran, dass der Kläger ein selbst erlebtes Geschehen wiedergegeben hat. |
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| Doch selbst dann, wenn man davon ausginge, dass sich das Geschehen so wie von dem Kläger vorgetragen tatsächlich ereignet hätte, wäre in den Angriffen keine Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG zu sehen, da es insoweit an einem Verfolgungsakteur i.S.v. § 3c AsylG fehlte. Nach der Schilderung des Klägers handelte es sich bei den Angreifern um nichtstaatliche Akteure i.S.v. § 3c Nr. 3 AsylG. So hat er vorgetragen, sei er von mehreren Männern, die Tätowierungen gehabt hätten und mit Ketten und Messern bewaffnet gewesen seien, angegriffen worden. Dies lässt – schon mit Blick auf die eher rudimentäre Bewaffnung der Leute – nicht den Schluss zu, dass es sich dabei um Angehörige einer staatlichen (Sicherheits-)Organisation bzw. einer quasi-staatlichen Miliz oder ähnlichen Organisation i.S.v. § 3c Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG gehandelt hätte. Vor dem Hintergrund der durch die Erkenntnismittel nachgezeichneten Sicherheitslage in der Region Kurdistan-Irak ist indes davon auszugehen, dass mit den staatlichen Behörden in der Herkunftsregion des Klägers staatliche Akteure i.S.v. § 3d Abs. 1 Nr. 1 bzw. jedenfalls Nr. 2 AsylG vorhanden sind, die in der Lage und willens sind, einen wirksamen und nicht nur vorübergehenden Schutz i.S.v. § 3d Abs. 2 AsylG zu gewährleisten. |
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| Erforderlich ist ein tatsächlicher, wirkungsvoller Schutz, nicht etwa nur auf dem Papier stehende Vorgaben (Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 3d AsylG Rn. 3; Kluth, in: BeckOK/Ausländerrecht, 26. Edition 01.07.2020, § 3d AsylG Rn. 3). Der Schutz muss dabei nicht schlechthin perfekt und lückenlos sein (BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 – 9 C 1.94, NVwZ 1995, 391, 392; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 3d AsylG Rn. 3). Er ist dann nicht ausreichend, wenn der (staatliche) Akteur gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt, genügt aber umgekehrt dann, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 – 9 C 1.94, NVwZ 1995, 391, 392). |
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| Diesen Vorgaben genügt der Schutz der christlichen Minderheit in der Region Kurdistan-Irak. Insgesamt ist die Rechtsdurchsetzung in der Region Kurdistan-Irak im Vergleich zu anderen Teilen des Irak gut (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 9). Gleichwohl werden in der lokalen Bevölkerung die Polizei und die Gerichte wenig genutzt, um Rechte durchzusetzen, was auch daran liegt, dass der Zugang zu Gerichten insbesondere von der politischen, ethnischen, religiösen und familiären Zugehörigkeit abhängt (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 9 f.). Zugleich wird aber anerkannt, dass die kurdische Regierung grundsätzlich willens ist, Christen als religiöse Minderheit zu schützen, hierzu gezielte Anstrengungen unternimmt – namentlich auch, um dies im Ausland als Erfolge und Zeichen einer Rechtsstaatlichkeit vorzuweisen – und dies in der Vergangenheit auch dergestalt erfolgreich umgesetzt worden ist, dass Christen bislang geschützt worden sind (vgl. die oben skizzierte Sicherheitslage für Christen in der Region Kurdistan-Irak, insb. etwa die Berichte bei United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17 f.). |
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| Mithin verbleibende Schutzlücken, wie sie ausweislich der Erkenntnismittel gleichwohl dennoch vorkommen können – beispielsweise durch islamistische Extremisten und Überfälle bzw. Angriffe in Grenzbereichen zur (organisierten) Kriminalität – sind vor diesem Hintergrund als Ausnahmefälle anzusehen, die von den Sicherheitskräften generell nicht geduldet werden und auch geahndet werden. Für ein allgemeines Klima der Straflosigkeit sind keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit der kurdischen Regionalregierung und den in der Region tätigen Sicherheitskräften schutzbereite staatliche Akteure vorhanden sind, die einen generellen und auch faktisch-real wirksamen – wenngleich nicht lückenlosen – Schutz der christlichen Minderheiten vor Angriffen durch Kriminelle und auch durch Extremisten sicherstellen. |
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| Jenseits dessen greift selbst dann, wenn man eine Vorverfolgung annehmen würde, die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht durch. Die Vermutung ist nämlich jedenfalls durch stichhaltige Gründe widerlegt, weil sich die Angriffe auf den Kläger nur als eine Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos darstellen und es damit an einem inneren Zusammenhang zu einer etwaigen künftigen Verfolgung fehlt. |
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| Die auf Grund einer Vorverfolgung geltende Vermutung kann widerlegt werden. Sie ist widerlegt, wenn stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräften (BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29.17, BVerwGE 162, 44, Rn. 15). Diese Beurteilung unterliegt der freien Beweiswürdigung des Tatrichters (BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29.17, BVerwGE 162, 44, Rn. 15). Ein solcher kann auch darin liegen, dass zwischen der Vorverfolgung und einer künftig zu erwartenden Verfolgung kein innerer Zusammenhang besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 4.09, Rn. 31). Dies ist namentlich dann der Fall, wenn die Vorverfolgung sich als zufälliges, den Kläger nicht individuell-zielgerichtet treffendes Ereignis darstellt, bei dem sich für den Kläger das allgemeine Lebensrisiko realisiert, und sie selbst auch nach ihrem Abschluss keine weitere Gefahrerhöhung impliziert. |
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| Ein solches Verständnis wird insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nur solche Umstände, die zu einer nachträglichen Änderung der Sachlage führen, als stichhaltige Gründe anerkannt würden. Vielmehr können solche stichhaltige Gründe auch bei unveränderter Sachlage in der Natur der konkret betroffenen Vorverfolgung – namentlich etwa dem nur zufälligen Charakter der Maßnahme – liegen. Dieses Verständnis steht in Einklang mit dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie. Dort heißt es nämlich nur, dass die Vorverfolgung ein ernsthafter Hinweis auf eine künftige Verfolgung ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Formulierung enthält insbesondere keine sprachliche Einschränkung etwa dahingehend, dass es sich um stichhaltige, nachträglich eingetretene Gründe handeln müsse. Gleiches gilt auch für die englische („good reasons to consider“), französische („de bonnes raisons de penser“) und italienische („buoni motivi“) Sprachfassung der Qualifikationsrichtlinie. |
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| Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift stützt ein weites Verständnis, das auch unveränderte, in der Art und Weise der konkreten Vorverfolgung liegende Umstände als stichhaltige Gründe gelten lässt. Die der Vorschrift zugrundeliegende Vermutung, erneut von einer Verfolgung wie der bereits erlittenen bedroht zu sein, beruht wesentlich auch auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungswiederholung – bei gleichbleibender Ausgangssituation – aus tatsächlichen Gründen naheliegt (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 4.09, Rn. 31). Wenn nun in der Art und Weise der betreffenden Vorverfolgung liegende tatsächliche Gründe eine Verfolgungswiederholung auch bei gleichbleibender Ausgangssituation gerade nicht nahelegen, dann wird der Sinn und Zweck der Vorschrift auch bei unveränderter Sachlage nicht erfüllt. |
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| Dabei ist jedoch zu sehen, dass eine Vorverfolgung nicht stets als in diesem Sinne „zufällig“ und ohne inneren Zusammenhang zu einer etwaigen künftigen Verfolgung einzustufen ist, wenn sie im Rahmen einer allgemeinen, latenten Gefahrenlage erfolgt, die für sich genommen noch keine hinreichende Gefahrendichte für den Betroffenen aufweist. Vielmehr kann eine erlittene Verfolgung in einem solchen Kontext grundsätzlich als ernsthafter Hinweis darauf gesehen werden, dass bei dem Betroffenen individuelle gefahrerhöhende Umstände vorliegen, die für ihn eine hinreichende Gefährdung begründen (vgl. in Bezug auf die insoweit vergleichbare Situation hinsichtlich des Betroffenseins von willkürlicher Gewalt bei dem Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.v. Art. 15 c) der Qualifikationsrichtlinie BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 4.09, Rn. 31). Ein innerer Zusammenhang zwischen einer Vorverfolgung und einer etwaigen künftigen Verfolgung kann also nur dann fehlen dergestalt, dass ein stichhaltiger Grund i.S.v. Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie vorliegt, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls feststeht, dass die Vorverfolgung nicht (auch) auf einem Umstand beruht, der für den Betroffenen aufgrund der allgemeinen Gefahrenlage eine Gefahrverdichtung begründet. Anderenfalls könnte ein stichhaltiger Grund nur dann angenommen werden, wenn dieser Umstand nachträglich entfallen ist oder aufgrund geänderter Rahmenbedingungen nicht mehr zu einer erhöhten Gefährdung führt. |
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| Nach diesen Vorgaben sind vorliegend stichhaltige, die Wiederholungsträchtigkeit entkräftende Gründe gegeben Ein innerer Zusammenhang zwischen Vorverfolgung und künftiger Verfolgung fehlt. Die von dem Kläger berichteten Vorfälle haben ihn als zufälliges Opfer im Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos ereilt. Weder durch den Vorfall selbst, noch aufgrund der ihn bedingenden Umstände ist eine Gefahrerhöhung gegeben, die weitere Angriffe wahrscheinlicher machen würden als dies aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage der Fall wäre. |
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| Es ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass in der Person des Klägers individuelle Gründe vorliegen, die ihn im Vergleich zu anderen in der Region Kurdistan-Irak lebenden Christen als besonders gefährdet erscheinen ließen. Es ist nicht ersichtlich, dass die von dem Kläger angegebenen Vorfälle zielgerichtet auf ihn gerichtet gewesen wären. Auch für das Vorliegen persönlicher Gefährdungsmerkmale fehlen jegliche Anhaltspunkte. Namentlich ist keine etwaige öffentliche Betätigung des Klägers als Christ zu erkennen, welche ihn verstärkt zum Ziel von religiös motivierten Übergriffen machen könnte. Auch sonstige gefahrerhöhende Merkmale wie – ausweislich der Erkenntnismittel – das Führen eines Lebensmittelgeschäfts, in dem auch Alkohol verkauft wird, sind vorliegend weder aus dem Vortrag des Klägers noch sonst ersichtlich. |
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| Hinzu kommt, dass der Kläger angegeben hat, der Angriff sei so abgelaufen, dass zunächst sein Geld entwendet worden sei, was zumindest zunächst ein kriminelles Motiv – und kein religiöses – nahelegt. Zwar spricht der Umstand, dass er sodann als „Ungläubiger“ einen Spruch zu seiner Bekehrung zum Islam habe aufsagen sollen, dafür, dass jedenfalls die Weiterungen des Überfalls durchaus religiös motiviert gewesen sind. Der Anlass für den Überfall war aber offenbar nicht in der Glaubensüberzeugung des Klägers, sondern in anderen Umständen zu finden. Ein solcher Überfall würde sich also nur dann wiederholen, wenn erneut der Kläger zunächst allgemein – etwa durch Kriminelle – angegangen würde, die ihn sodann zudem auch wegen seines Glaubens bedrohen würden. Nachdem gefahrerhöhende Umstände, die ihn voraussichtlich verstärkt zu dem Opfer eines kriminellen oder auch sonstigen Angriffs machen würden, fehlen, stellen sich erlittene Verfolgungsmaßnahmen auf der Grundlage der nach den Erkenntnismitteln ersichtlichen Situation in der Region Kurdistan-Irak als zufällig und nicht Teil einer erhöhten Gefährdungslage dar, sondern vielmehr als Ausdruck des allgemeinen Lebensrisikos. |
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| Ein innerer Zusammenhang zwischen dem berichteten Vorfall und einem etwaigen erneuten Vorfall ist damit nicht gegeben. Es ist weder mit einem Wiederaufleben der ursprünglichen Verfolgung – also des konkreten Angriffs, der ja bereits vor der Ausreise beendet war – zu rechnen, noch besteht das erhöhte Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung. Die Gefahr, die für den Kläger nach einer Rückkehr in den Irak besteht, entspricht somit derjenigen, in der sich die örtliche (christliche) Bevölkerung allgemein befindet, ohne dass sich aus den Vorfällen, von denen der Kläger berichtet hat, oder den diesen ggf. zugrundeliegenden Umständen eine (individuelle) Erhöhung dieser Gefahr ergeben würde. |
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| Ohne die somit nicht anwendbare Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie ist eine Verfolgung des Klägers nicht als beachtlich wahrscheinlich anzusehen. Dies würde nach der oben anhand der Erkenntnismittel nachgezeichneten Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Klägers nämlich voraussetzen, dass besondere gefahrerhöhende Merkmale für den Kläger vorhanden sind. Wie bereits festgestellt wurde, sind solche aber weder aus den erlittenen Überfällen oder ihren Begleitumständen, noch sonst – etwa aus einer besonders gefahrenträchtigen beruflichen Tätigkeit – abzuleiten. |
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| c) Im Übrigen wäre dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft jedenfalls gemäß § 3e Abs. 1 AsylG nicht zuzuerkennen. Er wäre nämlich auf internen Schutz in einer anderen Gegend der Region Kurdistan-Irak – insbesondere etwa in dem christlichen Viertel Ankawa in Erbil – zu verweisen. |
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| Interner Schutz schließt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus, und zwar dann, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung im vorbeschriebenen Sinne hat und der Ausländer sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt, § 3e Abs. 1 AsylG. |
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| Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, sich an einem Ort als interne Schutzalternative niederzulassen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG), bedarf der Prüfung im Einzelfall unter Berücksichtigung objektiver Gesichtspunkte (darunter insbesondere die wirtschaftlichen und humanitären Verhältnisse einschließlich der Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage am Ort des internen Schutzes) und subjektiver Umstände (etwa Alter, Geschlecht, familiärer und biographischer Hintergrund einschließlich einer ggf. bestehenden Vorverfolgungssituation, Gesundheitszustand, finanzielle Situation bezogen auf Vermögen und Erwerbsmöglichkeiten sowie Leistungen aus Hilfsangeboten für Rückkehrer, Fähigkeiten/Ausbildung/Berufserfahrung, das Vorhandensein von tragfähigen Beziehungen/Netzwerken am Ort des internen Schutzes, Kenntnisse zumindest einer der am Ort des internen Schutzes gesprochenen Sprache, sowie ggf. auch die Volkszugehörigkeit u.a., VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 80 über juris). |
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| Interner Schutz scheidet demnach jedenfalls aus, wenn die Situation am vermeintlichen Schutzort einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 AsylG oder Art. 3 EMRK bedeuten würde (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 85 f. über juris). Ausgehend von diesen Mindestanforderungen bietet ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel dann, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (BVerwG, Urt. v. 01.02.2007 – 1 C 24.06, Rn. 11 über juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 87 über juris). So soll die Gewährleistung dieser Lebensbedingungen verhindern, dass der Betroffene sich letztlich gezwungen sieht, doch wieder seine Herkunftsregion aufzusuchen und sich damit gerade den Gefährdungen auszusetzen, wegen derer er zuvor auf die Möglichkeit internen Schutzes verwiesen worden war. Die entsprechenden Anforderungen dienen damit der Wahrung von Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention. Denn dieser verbietet Maßnahmen, die in irgendeiner Weise zu Refoulementgefahren führen, also gerade auch die Rückführung in unsichere Gebiete und Gebiete, in denen unzumutbare Lebensbedingungen bestehen (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 89 f. über juris). |
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| Ausgehend von diesen Maßstäben ist eine solche interne Schutzalternative vorliegend gegeben. |
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| Zum einen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger in Erbil vor Verfolgung sicher wäre. Aus den vorliegenden Erkenntnismitteln ergibt sich, dass in Ankawa, einem Stadtteil von Erbil, ein sicheres Leben für Angehörige der christlichen Minderheit möglich ist, nachdem dies in den vergangenen 15 Jahren der Fall gewesen ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 83; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 3; EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 17; United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17; Deutschlandfunk, Christen im Irak – Kampf ums Überleben, 08.02.2017). |
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| Nach dem Vortrag des Klägers ist auch davon auszugehen, dass er tatsächlichen und legalen Zugang zu der Stadt Erbil hätte. Nach seinen Angaben lebt namentlich seine Schwester dort, sodass insbesondere auch ein familiärer Kontakt vorhanden ist. Zudem hat der Kläger selbst sich längere Zeit in Zakho aufgehalten, mithin also auch generellen Zugang zu der Region Kurdistan-Irak gehabt. Anhaltspunkte dafür, dass ihm in Abweichung davon nunmehr kein Zugang mehr möglich sein sollte, sind weder aus dem Vortrag des Klägers noch sonst ersichtlich. |
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| Eine Niederlassung in Erbil wäre dem Kläger auch zumutbar. Es ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er dort in eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Lage geraten würde. |
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| Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln ist die Versorgungslage nicht nur allgemein im Irak, sondern namentlich auch in der Region Kurdistan-Irak angespannt. Die öffentliche Stromversorgung ist häufig unterbrochen, die Versorgung mit Mineralöl ist unzureichend, die maroden Wasserleitung bedingen eine hohe Seuchengefahr und die medizinische Versorgung ist – trotz generell guter Qualifikation der Ärzte und des Krankenhauspersonals – ebenfalls nicht zufriedenstellend (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 25 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 20.11.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 09.04.2019, S. 108 ff.). Im gesamten Irak leben ungefähr 4,1 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 6). Etwa ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze von 2 US-Dollar pro Tag (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 24.08.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 18.05.2018, S. 164). Ferner sind die Lebensbedingungen eines großen Teils der städtischen Bevölkerung prekär, ohne ausreichenden Zugang zu Basis-Dienstleistungen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 25). |
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| Ungefähr 4,1 Millionen Menschen im Irak und damit etwa acht bis zehn Prozent der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 5). Etwa ein Drittel lebt unterhalb der Armutsgrenze (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung am 24.08.2017, letzte Kurzinformationen eingefügt am 18.05.2018, S. 165). Trotz einer somit gegebenen großen Bedürftigkeit gerade von Binnenflüchtlingen hat ein Großteil der Bevölkerung keinen Zugang zu humanitärer Hilfe (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 31 ff.). Im gesamten Land leben 29 Prozent der Binnenflüchtlingen – von denen sich die meisten in den Regionen Ninewa und Dohuk befinden – in Lagern (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 8). Der Irak besitzt kaum eigene Industrie jenseits des Ölsektors; Hauptarbeitgeber ist der Staat (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 12.01.2019, S. 24 f.). Die Arbeitslosenquote von Binnenvertriebenen in den Kurdengebieten wird mit ca. 70 Prozent angegeben (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 13). Wegen Günstlings- und Vetternwirtschaft hat diese Bevölkerungsgruppe der Vertriebenen deutliche Nachteile auf dem Arbeitsmarkt gegenüber Ortsansässigen bzw. alteingesessenen ältere Arbeitnehmern (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 13). Ohne soziales Netz werden Rückkehrern in der Region Kurdistan-Irak auf verschiedenen Ebenen erheblichen Schwierigkeiten begegnen (Danish Immigration Service, Landinfo Northern Iraq, November 2018, S. 39). |
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| Gemessen an den irakischen Verhältnissen ist die humanitäre Lage in Kurdistan-Irak eher unterdurchschnittlich. Kurdistan-Irak hat insgesamt ca. 30 % aller Binnenflüchtlinge aufgenommen (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 8 und 20). Personen ohne familiäres Hilfsnetzwerk in der Region Kurdistan-Irak haben nur begrenzte Chancen auf eine Unterkunft; selbst eine Aufnahme in einem der (stark belegten) Flüchtlingslager kann nicht ohne Weiteres erwartet werden (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 12). |
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| Vor dem Hintergrund der so nachgezeichneten Situation ist es jedoch aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger in eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Lage geraten würde. So hat er nach eigenen Angaben in Zakho – wo er sich zuletzt aufgehalten hat – gearbeitet und ein existenzsicherndes Einkommen gehabt. Zudem verfügt er in Erbil über familiäre Kontakte. Der Kläger ist daher nicht der von der humanitären Lage besonders betroffenen Gruppe derjenigen Personen zuzurechnen, die als Binnenvertrieben völlig von der Unterstützung Dritter abhängig wären. So sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger nach einer Rückkehr und Niederlassung in der Region Kurdistan-Irak bzw. in Erbil anders als zuvor in Zakho als gesunder, junger Mann keine Erwerbstätigkeit ausüben könnte und keine Unterkunft finden würde. |
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| Die Klage ist in dem ersten Hilfsantrag ebenfalls als Verpflichtungsklage statthaft und zulässig, aber auch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. |
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| Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. In diesem Rahmen sind gem. § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden. |
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| Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist der bereits oben dargelegte Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Eine konkrete Gefahr eines ernsthaften Schadens i.S.v. § 4 Abs. 1 AsylG liegt nicht vor. |
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| a) Insoweit wird zunächst auf die zu der Begründetheit des Hauptantrags genannten Gesichtspunkte verwiesen. Es ist demnach nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger – sei es aus religiösen Gründen oder als Opfer allgemeiner Kriminalität – einen Überfall oder einen sonstigen ähnlichen Angriff erleiden würde, der dem von § 4 Abs. 1 AsylG vorausgesetzten Maßstab entsprechen würde. |
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| b) Der Kläger hat daneben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes wegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Die skizzierte Sicherheitssituation in der Provinz Dohuk sowie speziell in Zakho lässt nicht den Schluss zu, dass dort ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht. Zudem fehlt es mangels anderweitiger Anhaltspunkte auch insoweit an einer hinreichend wahrscheinlichen individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt. |
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| c) Dem Kläger droht auch insbesondere keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG i. V. m. Art. 3 EMRK wegen der allgemeinen humanitären Lage in Zakho als dem Ort, an dem er sich bei einer Rückkehr in den Irak voraussichtlich wieder niederlassen würde. Zwar kann die allgemeine humanitäre Lage an dem Ort, an dem sich der Ausländer voraussichtlich niederlassen wird, ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen (VG Berlin, Urt. v. 26.07.2018 – 29 K 377.17 A, Rn. 34 über juris m.w.N.). Jedoch muss die schlechte humanitäre Lage dazu auf einen Akteur i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m. § 3c AsylG zurückzuführen sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 168 ff. über juris). |
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| Die humanitäre Lage ist in der Region Kurdistan-Irak insgesamt – wie oben anhand der Erkenntnismittel nachgezeichnet – schwierig. Das gilt nicht nur für Erbil, sondern gleichermaßen auch für Zakho. Hinweise dafür, dass diese Situation einem in Betracht kommenden Akteur direkt oder indirekt anzulasten wäre, sind aus den vorliegenden Erkenntnismitteln indes keine ersichtlich. |
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| Die Klage ist auch hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags als Verpflichtungsklage statthaft und zulässig, jedoch insoweit ebenfalls unbegründet. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. |
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| Diesbezüglich wird zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen. Wie auch bereits bei der Prüfung der Ansprüche auf Zuerkennung internationalen Schutzes dargelegt, hat sich die sehr schwierige Versorgungslage und wirtschaftliche Situation weiter Teile der Bevölkerung im Irak und namentlich auch in der Region Kurdistan-Irak ausweislich der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel auch während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht entscheidend gebessert. Dennoch ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der gesunde und arbeitsfähige Kläger, der nach eigenen Angaben im Irak auch bis zuletzt erwerbstätig gewesen ist sowie noch über (wenn auch nur noch in Person der erkrankten Mutter sowie der in Erbil lebenden Schwester) familiäre Anbindung verfügt, jedenfalls das erforderliche Existenzminimum sichern bzw. erwirtschaften können würde. |
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| Im Übrigen ist die Klage als Anfechtungsklage, gerichtet auf Aufhebung der Ziffern 4 und 5 des angefochtenen Bescheids, statthaft. Der vierte Hilfsantrag, demnach die Verpflichtung der Beklagten zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf „Null“ begehrt wird, ist in Anwendung des § 88 VwGO ebenfalls als Anfechtungsantrag auszulegen (vgl. zu dem in diesen Konstellationen statthaften Rechtsschutz Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 11 AufenthG Rn. 133). Die Klage ist auch insoweit zulässig, aber unbegründet. |
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| Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung ist rechtmäßig. Insbesondere kann in einer behördlichen Befristungsentscheidung regelmäßig der konstitutive Erlass eines befristeten Einreiseverbots gesehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.2018 – 1 C 21.17, juris Rn. 25; Beschl. v. 13.07.2017 – 1 VR 3.17, juris Rn. 72; Urt. v. 27.07.2017 – 1 C 28.16, juris Rn. 42). Die dafür erforderliche Rechtsgrundlage findet sich nunmehr in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, der die nach Art. 3 Nr. 6 und Art. 11 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG unionsrechtliche Voraussetzung einer behördlichen Entscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbotes nun übernimmt (Reg.E. BT-Drs. 19/10047, S. 31, 1. Abs.). Schutzwürdige Belange, die eine kürzere Frist oder ein Absehen von der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. |
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| Der Berichterstatter durfte am 28.09.2020 verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte nicht anwesend war, denn sie ist in der Ladung, die dem Bundesamt nach dem von ihm erklärten Verzicht auf Ladung gegen Empfangsbekenntnis in der allgemeinen Prozesserklärung vom 27.06.2017 durch einfachen Brief übersandt wurde, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO). |
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| Die Klage ist in dem Hauptantrag als Verpflichtungsklage statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 10.11.2017 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG. |
|
| Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.07.1951 (GFK) zuerkannt, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. |
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| a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine begründete Furcht vor Verfolgung anzunehmen, wenn dem Schutzsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles eine Verfolgung aus einem der genannten Gründen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 – 10 C 23.12, Rn. 19 über juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 42 über juris). Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Schutzsuchenden Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann deshalb auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer „quantitativen“ oder mathematischen Betrachtungsweise weniger als 50 % Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt besteht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden „zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts“ die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 42 über juris). |
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| b) Aus den in Art. 4 RL 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Asylantragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Asylantragstellers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung aus einem der genannten Verfolgungsgründen droht. Hierzu gehört, dass der Asylantragsteller zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Asylantragstellers berücksichtigt werden (zum Ganzen, jeweils m.w.N., VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 54 ff. über juris; VG Aachen, Urt. v. 18.03.2014 – 2 K 1589/10.A; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 25 AsylG Rn. 4). |
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| Für den Kläger ist nach diesen Maßstäben keine Verfolgungsgefahr in dem oben genannten Sinn gegeben. |
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| a) Er hat vorgetragen, er sei mit seiner Familie nach dem Einmarsch des IS aus Mosul nach Zakho geflüchtet. Dort sei er mehrfach wegen seines christlichen Glaubens angegriffen worden. Einmal, als er in Zakho mit einem Freund zusammen unterwegs gewesen sei, sei er von mehreren Männern angegriffen und – nachdem sie ihm sein Geld abgenommen hätten – aufgefordert worden, einen Spruch aufzusagen, wonach er sich zum Islam bekehre. Als er dies verweigert habe, sei er geschlagen worden. Er befürchte, im Irak als Christ Opfer von Angriffen bis hin zu einer Tötung zu werden. Zudem sei er dort als Christ Diskriminierungen und Bedrohungen ausgesetzt. |
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| b) Vor dem Hintergrund der durch die Erkenntnismittel nachgezeichneten Sicherheitslage ist dieser Vortrag nicht geeignet, eine hinreichende Verfolgungswahrscheinlichkeit zu begründen. Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Irak aufgrund seiner christlichen Glaubenszugehörigkeit verfolgt würde. |
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| Der dabei in den Blick zu nehmende, für die anzustellende Betrachtung relevante Ort ist vorliegend Zakho. Bezugspunkt der Gefahrenprognose ist in der Regel der Herkunftsort des Ausländers, in den er typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 – 10 C 15.12, Rn. 13 über juris; Urt. v. 14.07.2009 – 10 C 9.08, BVerwGE 134, 188, Rn. 17 über juris). Dies ist vorliegend Zakho in der Provinz Dohuk. Zwar hat der Kläger nach eigenen Angaben bis 2014 in Mosul gelebt, wo er auch geboren und aufgewachsen sei. Jedoch sei er dann zusammen mit seiner Familie nach Zakho gegangen, wo sie zunächst in einer Schule untergekommen seien und die Angehörigen sodann in einer (wenn auch kleinen) Mietwohnung – mithin außerhalb einer prekären Unterbringung in einem Flüchtlingslager – gelebt hätten und wo er auch bis zu seiner Ausreise erwerbstätig gewesen sei. Auch heute sei jedenfalls seine Mutter auch nach wie vor noch in Zakho, wenngleich sie zu einer Schwester des Klägers in die USA ausreisen wolle. Mit einer Rückkehr nach Mosul ist vor diesem Hintergrund nicht zu rechnen, nachdem der Kläger die Stadt bereits 2014 verlassen habe und dort nach eigenen Angaben offenbar alles aufgegeben hat. Namentlich seien keinerlei Familienangehörige mehr in Mosul. |
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| Die Sicherheitslage in Zakho stellt sich allgemein wie folgt dar: |
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| Der Provinz Dohuk, in der Zakho liegt, wird wie der Region Kurdistan-Irak insgesamt generell eine stabile Sicherheitslage attestiert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 2; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 24; EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 148). Die Anzahl ziviler Todesopfer liegt im Vergleich zu anderen Regionen des Irak im niedrigsten Bereich, im Jahr 2018 bei 3,12 pro 100.000 Einwohnern (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 151 f.). In Dohuk wird für das Jahr 2018 von 20 sicherheitsrelevanten Vorfällen berichtet, die zu 28 zivilen Todesopfern geführt haben (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 152). Gewalt wird dabei insbesondere auch als Mittel in der politischen Auseinandersetzung verwendet, namentlich gegenüber Demonstranten, aber auch gegenüber einzelnen Amtsträgern (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 153). Daneben wird Gewalt von iranischen Gruppierungen und anderen Milizen ausgeübt, wobei jedoch die staatlichen Sicherheitskräfte grundsätzlich – mit Ausnahmen namentlich einzelner örtlicher Gegenden und abhängig von dem Einfluss des konkreten Aggressors und u.U. bei politischen Hintergründen – in der Lage gesehen werden, die Kontrolle auszuüben (EASO, Country of Origin Information Report Iraq – Security Situation, März 2019, S. 155 f.). Von sicherheitsrelevanten Vorfällen in der Provinz Dohuk wird vor allem in Form von Angriffen der türkischen Streitkräfte gegen Ziele der PKK berichtet (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 25). Auf Grund der im Vergleich zu anderen Teilen des Iraks relativ guten Sicherheitslage ist die Region Kurdistan-Irak Zufluchtsort von noch etwa 800.000 Binnenvertriebenen (nach zuvor noch etwa 1,2 Millionen, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 12.01.2019, S. 5), die sich hier aufhalten (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 5, 13 und 18). Minderheiten werden als weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt angesehen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 13 und 18). |
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| Die Lage von Christen im Irak stellt sich wie folgt dar: |
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| Jedenfalls außerhalb der Region Kurdistan-Irak werden Christen vielfach faktisch diskriminiert (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 75; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 2), obgleich sie durch das Personenstandsrecht grundsätzlich anerkannt werden und in dem geltenden Quotensystem auch in dem (zentral-)irakischen Parlament vertreten sind (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 69 f.; Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 1). Die irakische Verfassung bestimmt in Art. 2 den Islam zur Staatsreligion und zu einer Hauptquelle der Gesetzgebung, garantiert aber auch Religionsfreiheit für die religiösen Minderheiten (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Religious monorities, Oktober 2019, S. 7; Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 1). Jenseits der faktischen Diskriminierungen findet eine systematische staatliche Verfolgung von Christen im Irak allgemein nicht statt (Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 1). Ein umfassender staatlicher Schutz vor Angriffen, etwa durch radikal-islamische Gruppen, wird allerdings nicht umfassend sichergestellt (Auswärtiges Amt, Antwort an das VG Wiesbaden, 01.02.2019, S. 2). Insgesamt ist der Großteil der ehemals, vor 2003 ca. 1,5 Millionen Christen im Irak wegen der stark verschlechterten Rahmenbedingungen und Sicherheitssituation zwischenzeitlich ausgereist, sodass heute nur noch etwa 200.000 bis 400.000 Christen im Irak leben (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 81 f.; UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Religious monorities, Oktober 2019, S. 11 f.; EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 20; United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 16; Deutschlandfunk, Christen im Irak – Kampf ums Überleben, 08.02.2017). Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Priester, Bombenanschlägen auf Kirchen und christliche Einrichtungen sowie Übergriffen auf von Christen geführte Lebensmittelgeschäfte, in denen gegebenenfalls auch alkoholhaltige Getränke angeboten werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 82; UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Religious monorities, Oktober 2019, S. 22; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 3; vgl. auch EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 23). Es gab auch immer wieder Berichte, dass Angehörige christlicher Minderheiten von bewaffneten Gruppen aus religiösen oder kriminellen Motiven oder einer Kombination beider Motive ermordet oder gegen Lösegeld entführt wurden (UNHCR, Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen, Mai 2019, S. 90). |
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| In der Region Kurdistan-Irak haben seit 2003 und vor allem auch seit 2014 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 83). Es gibt dort keine Anzeichen für staatliche oder gesellschaftliche Diskriminierung und auch christliche Städte sowie große christliche Viertel in Großstädten wie beispielsweise Ankawa in Erbil, in denen Christen in Frieden leben können (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18 f.; vgl. auch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 83; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 3; EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 17; United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17; Deutschlandfunk, Christen im Irak – Kampf ums Überleben, 08.02.2017). Seitens der kurdischen Regionalregierung gibt es Anstrengungen, die christlichen Minderheiten zu schützen (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17). Gleichwohl gibt es Berichte über Aneignungen von Christen gehörendem Land durch Kurden, vor allem in der Region um Zakho (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17). Daneben findet sich in der christlichen Gemeinde auch die allgemeine Furcht vor wachsendem Extremismus unter den die Mehrheit in der Region bildenden sunnitischen Kurden (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 18). Gleichzeitig wird aber auch unter dort lebenden Christen anerkannt, dass die kurdische Regierung sie bislang geschützt hat (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 18). |
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| Auf der Grundlage der so durch die Erkenntnismittel nachgezeichneten Lage ist nicht davon auszugehen, dass Christen in der Region Kurdistan-Irak und insbesondere in Zakho generell eine Verfolgung nach dem oben dargelegten Maßstab droht (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 20.11.2017 – 4 ZB 17.31502, Rn. 9 ff. über juris; VG Göttingen, Urt. v. 28.01.2020 – 2 A 577/17, Rn. 28 ff. über juris; VG Augsburg, Urt. v. 02.07.2018 – Au 5 K 18.30752, Rn. 24 ff.; VG Karlsruhe, Urt. v. 23.03.2017 – A 3 K 3846/16, Rn. 21 ff. über juris). Vielmehr setzt die Annahme einer solchen voraus, dass Umstände des jeweiligen Falles eine besondere Gefahrendichte für den Betroffenen begründen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. |
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| Aus den von dem Kläger berichteten Angriffen gegen ihn ist nicht aufgrund der Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie ein ernsthafter Hinweis darauf zu entnehmen, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist. |
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| Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet gemäß Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie – bei auch dann unverändert geltendem Wahrscheinlichkeitsmaßstab – die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 – 10 C 11.09; Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 5.09; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 47 ff. über juris; Urt. v. 09.11.2010 – A 4 S 703/10; Urt. v. 27.09.2010 – A 10 S 689/08). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29.17, BVerwGE 162, 44, Rn. 15). |
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| Das Gericht ist jedoch bereits nicht davon überzeugt, dass dem Kläger die gegen ihn gerichteten Angriffe wie von ihm geschildert wirklich widerfahren sind. Sein Vortrag hierzu ist nicht glaubhaft. So hat er die Angriffe nur oberflächlich und arm an individuellen Details geschildert. In seinem Bericht hat er vielfach – den konkreten Fall verlassend – darauf abgestellt, dass und wie solche Angriffe allgemein häufiger vorkämen und dann abliefen. Diese Angabe, wonach solche Vorfälle flächendeckend und regelmäßig wiederkehrend aufträten, findet zudem keine Stütze in den vorliegenden Erkenntnisquellen, die keine Berichte über hinreichend wahrscheinlich zu erwartende bzw. systematische gewaltsame Angriffe gegen Christen in der Region Kurdistan-Irak enthalten (siehe oben). Soweit der Kläger weiter berichtet hat, es habe in der Folge, nach dem einen von ihm beschriebenen Vorfall auch noch mehrfach weitere solcher Vorfälle gegeben, hat er diese auch nicht näher spezifiziert. Es verbleiben somit Zweifel daran, dass der Kläger ein selbst erlebtes Geschehen wiedergegeben hat. |
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| Doch selbst dann, wenn man davon ausginge, dass sich das Geschehen so wie von dem Kläger vorgetragen tatsächlich ereignet hätte, wäre in den Angriffen keine Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG zu sehen, da es insoweit an einem Verfolgungsakteur i.S.v. § 3c AsylG fehlte. Nach der Schilderung des Klägers handelte es sich bei den Angreifern um nichtstaatliche Akteure i.S.v. § 3c Nr. 3 AsylG. So hat er vorgetragen, sei er von mehreren Männern, die Tätowierungen gehabt hätten und mit Ketten und Messern bewaffnet gewesen seien, angegriffen worden. Dies lässt – schon mit Blick auf die eher rudimentäre Bewaffnung der Leute – nicht den Schluss zu, dass es sich dabei um Angehörige einer staatlichen (Sicherheits-)Organisation bzw. einer quasi-staatlichen Miliz oder ähnlichen Organisation i.S.v. § 3c Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG gehandelt hätte. Vor dem Hintergrund der durch die Erkenntnismittel nachgezeichneten Sicherheitslage in der Region Kurdistan-Irak ist indes davon auszugehen, dass mit den staatlichen Behörden in der Herkunftsregion des Klägers staatliche Akteure i.S.v. § 3d Abs. 1 Nr. 1 bzw. jedenfalls Nr. 2 AsylG vorhanden sind, die in der Lage und willens sind, einen wirksamen und nicht nur vorübergehenden Schutz i.S.v. § 3d Abs. 2 AsylG zu gewährleisten. |
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| Erforderlich ist ein tatsächlicher, wirkungsvoller Schutz, nicht etwa nur auf dem Papier stehende Vorgaben (Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 3d AsylG Rn. 3; Kluth, in: BeckOK/Ausländerrecht, 26. Edition 01.07.2020, § 3d AsylG Rn. 3). Der Schutz muss dabei nicht schlechthin perfekt und lückenlos sein (BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 – 9 C 1.94, NVwZ 1995, 391, 392; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 3d AsylG Rn. 3). Er ist dann nicht ausreichend, wenn der (staatliche) Akteur gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt, genügt aber umgekehrt dann, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 – 9 C 1.94, NVwZ 1995, 391, 392). |
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| Diesen Vorgaben genügt der Schutz der christlichen Minderheit in der Region Kurdistan-Irak. Insgesamt ist die Rechtsdurchsetzung in der Region Kurdistan-Irak im Vergleich zu anderen Teilen des Irak gut (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 9). Gleichwohl werden in der lokalen Bevölkerung die Polizei und die Gerichte wenig genutzt, um Rechte durchzusetzen, was auch daran liegt, dass der Zugang zu Gerichten insbesondere von der politischen, ethnischen, religiösen und familiären Zugehörigkeit abhängt (United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 9 f.). Zugleich wird aber anerkannt, dass die kurdische Regierung grundsätzlich willens ist, Christen als religiöse Minderheit zu schützen, hierzu gezielte Anstrengungen unternimmt – namentlich auch, um dies im Ausland als Erfolge und Zeichen einer Rechtsstaatlichkeit vorzuweisen – und dies in der Vergangenheit auch dergestalt erfolgreich umgesetzt worden ist, dass Christen bislang geschützt worden sind (vgl. die oben skizzierte Sicherheitslage für Christen in der Region Kurdistan-Irak, insb. etwa die Berichte bei United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17 f.). |
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| Mithin verbleibende Schutzlücken, wie sie ausweislich der Erkenntnismittel gleichwohl dennoch vorkommen können – beispielsweise durch islamistische Extremisten und Überfälle bzw. Angriffe in Grenzbereichen zur (organisierten) Kriminalität – sind vor diesem Hintergrund als Ausnahmefälle anzusehen, die von den Sicherheitskräften generell nicht geduldet werden und auch geahndet werden. Für ein allgemeines Klima der Straflosigkeit sind keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit der kurdischen Regionalregierung und den in der Region tätigen Sicherheitskräften schutzbereite staatliche Akteure vorhanden sind, die einen generellen und auch faktisch-real wirksamen – wenngleich nicht lückenlosen – Schutz der christlichen Minderheiten vor Angriffen durch Kriminelle und auch durch Extremisten sicherstellen. |
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| Jenseits dessen greift selbst dann, wenn man eine Vorverfolgung annehmen würde, die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht durch. Die Vermutung ist nämlich jedenfalls durch stichhaltige Gründe widerlegt, weil sich die Angriffe auf den Kläger nur als eine Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos darstellen und es damit an einem inneren Zusammenhang zu einer etwaigen künftigen Verfolgung fehlt. |
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| Die auf Grund einer Vorverfolgung geltende Vermutung kann widerlegt werden. Sie ist widerlegt, wenn stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräften (BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29.17, BVerwGE 162, 44, Rn. 15). Diese Beurteilung unterliegt der freien Beweiswürdigung des Tatrichters (BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29.17, BVerwGE 162, 44, Rn. 15). Ein solcher kann auch darin liegen, dass zwischen der Vorverfolgung und einer künftig zu erwartenden Verfolgung kein innerer Zusammenhang besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 4.09, Rn. 31). Dies ist namentlich dann der Fall, wenn die Vorverfolgung sich als zufälliges, den Kläger nicht individuell-zielgerichtet treffendes Ereignis darstellt, bei dem sich für den Kläger das allgemeine Lebensrisiko realisiert, und sie selbst auch nach ihrem Abschluss keine weitere Gefahrerhöhung impliziert. |
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| Ein solches Verständnis wird insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nur solche Umstände, die zu einer nachträglichen Änderung der Sachlage führen, als stichhaltige Gründe anerkannt würden. Vielmehr können solche stichhaltige Gründe auch bei unveränderter Sachlage in der Natur der konkret betroffenen Vorverfolgung – namentlich etwa dem nur zufälligen Charakter der Maßnahme – liegen. Dieses Verständnis steht in Einklang mit dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie. Dort heißt es nämlich nur, dass die Vorverfolgung ein ernsthafter Hinweis auf eine künftige Verfolgung ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Formulierung enthält insbesondere keine sprachliche Einschränkung etwa dahingehend, dass es sich um stichhaltige, nachträglich eingetretene Gründe handeln müsse. Gleiches gilt auch für die englische („good reasons to consider“), französische („de bonnes raisons de penser“) und italienische („buoni motivi“) Sprachfassung der Qualifikationsrichtlinie. |
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| Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift stützt ein weites Verständnis, das auch unveränderte, in der Art und Weise der konkreten Vorverfolgung liegende Umstände als stichhaltige Gründe gelten lässt. Die der Vorschrift zugrundeliegende Vermutung, erneut von einer Verfolgung wie der bereits erlittenen bedroht zu sein, beruht wesentlich auch auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungswiederholung – bei gleichbleibender Ausgangssituation – aus tatsächlichen Gründen naheliegt (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 4.09, Rn. 31). Wenn nun in der Art und Weise der betreffenden Vorverfolgung liegende tatsächliche Gründe eine Verfolgungswiederholung auch bei gleichbleibender Ausgangssituation gerade nicht nahelegen, dann wird der Sinn und Zweck der Vorschrift auch bei unveränderter Sachlage nicht erfüllt. |
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| Dabei ist jedoch zu sehen, dass eine Vorverfolgung nicht stets als in diesem Sinne „zufällig“ und ohne inneren Zusammenhang zu einer etwaigen künftigen Verfolgung einzustufen ist, wenn sie im Rahmen einer allgemeinen, latenten Gefahrenlage erfolgt, die für sich genommen noch keine hinreichende Gefahrendichte für den Betroffenen aufweist. Vielmehr kann eine erlittene Verfolgung in einem solchen Kontext grundsätzlich als ernsthafter Hinweis darauf gesehen werden, dass bei dem Betroffenen individuelle gefahrerhöhende Umstände vorliegen, die für ihn eine hinreichende Gefährdung begründen (vgl. in Bezug auf die insoweit vergleichbare Situation hinsichtlich des Betroffenseins von willkürlicher Gewalt bei dem Bestehen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.v. Art. 15 c) der Qualifikationsrichtlinie BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 – 10 C 4.09, Rn. 31). Ein innerer Zusammenhang zwischen einer Vorverfolgung und einer etwaigen künftigen Verfolgung kann also nur dann fehlen dergestalt, dass ein stichhaltiger Grund i.S.v. Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie vorliegt, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls feststeht, dass die Vorverfolgung nicht (auch) auf einem Umstand beruht, der für den Betroffenen aufgrund der allgemeinen Gefahrenlage eine Gefahrverdichtung begründet. Anderenfalls könnte ein stichhaltiger Grund nur dann angenommen werden, wenn dieser Umstand nachträglich entfallen ist oder aufgrund geänderter Rahmenbedingungen nicht mehr zu einer erhöhten Gefährdung führt. |
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| Nach diesen Vorgaben sind vorliegend stichhaltige, die Wiederholungsträchtigkeit entkräftende Gründe gegeben Ein innerer Zusammenhang zwischen Vorverfolgung und künftiger Verfolgung fehlt. Die von dem Kläger berichteten Vorfälle haben ihn als zufälliges Opfer im Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos ereilt. Weder durch den Vorfall selbst, noch aufgrund der ihn bedingenden Umstände ist eine Gefahrerhöhung gegeben, die weitere Angriffe wahrscheinlicher machen würden als dies aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage der Fall wäre. |
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| Es ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass in der Person des Klägers individuelle Gründe vorliegen, die ihn im Vergleich zu anderen in der Region Kurdistan-Irak lebenden Christen als besonders gefährdet erscheinen ließen. Es ist nicht ersichtlich, dass die von dem Kläger angegebenen Vorfälle zielgerichtet auf ihn gerichtet gewesen wären. Auch für das Vorliegen persönlicher Gefährdungsmerkmale fehlen jegliche Anhaltspunkte. Namentlich ist keine etwaige öffentliche Betätigung des Klägers als Christ zu erkennen, welche ihn verstärkt zum Ziel von religiös motivierten Übergriffen machen könnte. Auch sonstige gefahrerhöhende Merkmale wie – ausweislich der Erkenntnismittel – das Führen eines Lebensmittelgeschäfts, in dem auch Alkohol verkauft wird, sind vorliegend weder aus dem Vortrag des Klägers noch sonst ersichtlich. |
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| Hinzu kommt, dass der Kläger angegeben hat, der Angriff sei so abgelaufen, dass zunächst sein Geld entwendet worden sei, was zumindest zunächst ein kriminelles Motiv – und kein religiöses – nahelegt. Zwar spricht der Umstand, dass er sodann als „Ungläubiger“ einen Spruch zu seiner Bekehrung zum Islam habe aufsagen sollen, dafür, dass jedenfalls die Weiterungen des Überfalls durchaus religiös motiviert gewesen sind. Der Anlass für den Überfall war aber offenbar nicht in der Glaubensüberzeugung des Klägers, sondern in anderen Umständen zu finden. Ein solcher Überfall würde sich also nur dann wiederholen, wenn erneut der Kläger zunächst allgemein – etwa durch Kriminelle – angegangen würde, die ihn sodann zudem auch wegen seines Glaubens bedrohen würden. Nachdem gefahrerhöhende Umstände, die ihn voraussichtlich verstärkt zu dem Opfer eines kriminellen oder auch sonstigen Angriffs machen würden, fehlen, stellen sich erlittene Verfolgungsmaßnahmen auf der Grundlage der nach den Erkenntnismitteln ersichtlichen Situation in der Region Kurdistan-Irak als zufällig und nicht Teil einer erhöhten Gefährdungslage dar, sondern vielmehr als Ausdruck des allgemeinen Lebensrisikos. |
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| Ein innerer Zusammenhang zwischen dem berichteten Vorfall und einem etwaigen erneuten Vorfall ist damit nicht gegeben. Es ist weder mit einem Wiederaufleben der ursprünglichen Verfolgung – also des konkreten Angriffs, der ja bereits vor der Ausreise beendet war – zu rechnen, noch besteht das erhöhte Risiko der Wiederholung einer gleichartigen Verfolgung. Die Gefahr, die für den Kläger nach einer Rückkehr in den Irak besteht, entspricht somit derjenigen, in der sich die örtliche (christliche) Bevölkerung allgemein befindet, ohne dass sich aus den Vorfällen, von denen der Kläger berichtet hat, oder den diesen ggf. zugrundeliegenden Umständen eine (individuelle) Erhöhung dieser Gefahr ergeben würde. |
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| Ohne die somit nicht anwendbare Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie ist eine Verfolgung des Klägers nicht als beachtlich wahrscheinlich anzusehen. Dies würde nach der oben anhand der Erkenntnismittel nachgezeichneten Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Klägers nämlich voraussetzen, dass besondere gefahrerhöhende Merkmale für den Kläger vorhanden sind. Wie bereits festgestellt wurde, sind solche aber weder aus den erlittenen Überfällen oder ihren Begleitumständen, noch sonst – etwa aus einer besonders gefahrenträchtigen beruflichen Tätigkeit – abzuleiten. |
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| c) Im Übrigen wäre dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft jedenfalls gemäß § 3e Abs. 1 AsylG nicht zuzuerkennen. Er wäre nämlich auf internen Schutz in einer anderen Gegend der Region Kurdistan-Irak – insbesondere etwa in dem christlichen Viertel Ankawa in Erbil – zu verweisen. |
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| Interner Schutz schließt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus, und zwar dann, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung im vorbeschriebenen Sinne hat und der Ausländer sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt, § 3e Abs. 1 AsylG. |
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| Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, sich an einem Ort als interne Schutzalternative niederzulassen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG), bedarf der Prüfung im Einzelfall unter Berücksichtigung objektiver Gesichtspunkte (darunter insbesondere die wirtschaftlichen und humanitären Verhältnisse einschließlich der Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage am Ort des internen Schutzes) und subjektiver Umstände (etwa Alter, Geschlecht, familiärer und biographischer Hintergrund einschließlich einer ggf. bestehenden Vorverfolgungssituation, Gesundheitszustand, finanzielle Situation bezogen auf Vermögen und Erwerbsmöglichkeiten sowie Leistungen aus Hilfsangeboten für Rückkehrer, Fähigkeiten/Ausbildung/Berufserfahrung, das Vorhandensein von tragfähigen Beziehungen/Netzwerken am Ort des internen Schutzes, Kenntnisse zumindest einer der am Ort des internen Schutzes gesprochenen Sprache, sowie ggf. auch die Volkszugehörigkeit u.a., VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 80 über juris). |
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| Interner Schutz scheidet demnach jedenfalls aus, wenn die Situation am vermeintlichen Schutzort einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 AsylG oder Art. 3 EMRK bedeuten würde (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 85 f. über juris). Ausgehend von diesen Mindestanforderungen bietet ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel dann, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (BVerwG, Urt. v. 01.02.2007 – 1 C 24.06, Rn. 11 über juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 87 über juris). So soll die Gewährleistung dieser Lebensbedingungen verhindern, dass der Betroffene sich letztlich gezwungen sieht, doch wieder seine Herkunftsregion aufzusuchen und sich damit gerade den Gefährdungen auszusetzen, wegen derer er zuvor auf die Möglichkeit internen Schutzes verwiesen worden war. Die entsprechenden Anforderungen dienen damit der Wahrung von Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention. Denn dieser verbietet Maßnahmen, die in irgendeiner Weise zu Refoulementgefahren führen, also gerade auch die Rückführung in unsichere Gebiete und Gebiete, in denen unzumutbare Lebensbedingungen bestehen (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2017 – A 11 S 512/17, Rn. 89 f. über juris). |
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| Ausgehend von diesen Maßstäben ist eine solche interne Schutzalternative vorliegend gegeben. |
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| Zum einen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger in Erbil vor Verfolgung sicher wäre. Aus den vorliegenden Erkenntnismitteln ergibt sich, dass in Ankawa, einem Stadtteil von Erbil, ein sicheres Leben für Angehörige der christlichen Minderheit möglich ist, nachdem dies in den vergangenen 15 Jahren der Fall gewesen ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 18 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 17.03.2020, S. 83; Auswärtiges Amt, Antwort an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 21.07.2017, S. 3; EASO COI Meeting Report Iraq – Practical Cooperation Meeting 25-26 April 2017 Brussels, Juli 2017, S. 17; United States Commission on international religious freedom – Wilting in the kurdish sun – The hopes and fears of religious minorities in northern Iraq, Mai 2017, S. 17; Deutschlandfunk, Christen im Irak – Kampf ums Überleben, 08.02.2017). |
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| Nach dem Vortrag des Klägers ist auch davon auszugehen, dass er tatsächlichen und legalen Zugang zu der Stadt Erbil hätte. Nach seinen Angaben lebt namentlich seine Schwester dort, sodass insbesondere auch ein familiärer Kontakt vorhanden ist. Zudem hat der Kläger selbst sich längere Zeit in Zakho aufgehalten, mithin also auch generellen Zugang zu der Region Kurdistan-Irak gehabt. Anhaltspunkte dafür, dass ihm in Abweichung davon nunmehr kein Zugang mehr möglich sein sollte, sind weder aus dem Vortrag des Klägers noch sonst ersichtlich. |
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| Eine Niederlassung in Erbil wäre dem Kläger auch zumutbar. Es ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er dort in eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Lage geraten würde. |
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| Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln ist die Versorgungslage nicht nur allgemein im Irak, sondern namentlich auch in der Region Kurdistan-Irak angespannt. Die öffentliche Stromversorgung ist häufig unterbrochen, die Versorgung mit Mineralöl ist unzureichend, die maroden Wasserleitung bedingen eine hohe Seuchengefahr und die medizinische Versorgung ist – trotz generell guter Qualifikation der Ärzte und des Krankenhauspersonals – ebenfalls nicht zufriedenstellend (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 25 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 20.11.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 09.04.2019, S. 108 ff.). Im gesamten Irak leben ungefähr 4,1 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 6). Etwa ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze von 2 US-Dollar pro Tag (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung vom 24.08.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 18.05.2018, S. 164). Ferner sind die Lebensbedingungen eines großen Teils der städtischen Bevölkerung prekär, ohne ausreichenden Zugang zu Basis-Dienstleistungen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 25). |
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| Ungefähr 4,1 Millionen Menschen im Irak und damit etwa acht bis zehn Prozent der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 02.03.2020, S. 5). Etwa ein Drittel lebt unterhalb der Armutsgrenze (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, Gesamtaktualisierung am 24.08.2017, letzte Kurzinformationen eingefügt am 18.05.2018, S. 165). Trotz einer somit gegebenen großen Bedürftigkeit gerade von Binnenflüchtlingen hat ein Großteil der Bevölkerung keinen Zugang zu humanitärer Hilfe (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 31 ff.). Im gesamten Land leben 29 Prozent der Binnenflüchtlingen – von denen sich die meisten in den Regionen Ninewa und Dohuk befinden – in Lagern (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 8). Der Irak besitzt kaum eigene Industrie jenseits des Ölsektors; Hauptarbeitgeber ist der Staat (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 12.01.2019, S. 24 f.). Die Arbeitslosenquote von Binnenvertriebenen in den Kurdengebieten wird mit ca. 70 Prozent angegeben (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 13). Wegen Günstlings- und Vetternwirtschaft hat diese Bevölkerungsgruppe der Vertriebenen deutliche Nachteile auf dem Arbeitsmarkt gegenüber Ortsansässigen bzw. alteingesessenen ältere Arbeitnehmern (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 13). Ohne soziales Netz werden Rückkehrern in der Region Kurdistan-Irak auf verschiedenen Ebenen erheblichen Schwierigkeiten begegnen (Danish Immigration Service, Landinfo Northern Iraq, November 2018, S. 39). |
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| Gemessen an den irakischen Verhältnissen ist die humanitäre Lage in Kurdistan-Irak eher unterdurchschnittlich. Kurdistan-Irak hat insgesamt ca. 30 % aller Binnenflüchtlinge aufgenommen (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 8 und 20). Personen ohne familiäres Hilfsnetzwerk in der Region Kurdistan-Irak haben nur begrenzte Chancen auf eine Unterkunft; selbst eine Aufnahme in einem der (stark belegten) Flüchtlingslager kann nicht ohne Weiteres erwartet werden (UK Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 12). |
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| Vor dem Hintergrund der so nachgezeichneten Situation ist es jedoch aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger in eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Lage geraten würde. So hat er nach eigenen Angaben in Zakho – wo er sich zuletzt aufgehalten hat – gearbeitet und ein existenzsicherndes Einkommen gehabt. Zudem verfügt er in Erbil über familiäre Kontakte. Der Kläger ist daher nicht der von der humanitären Lage besonders betroffenen Gruppe derjenigen Personen zuzurechnen, die als Binnenvertrieben völlig von der Unterstützung Dritter abhängig wären. So sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger nach einer Rückkehr und Niederlassung in der Region Kurdistan-Irak bzw. in Erbil anders als zuvor in Zakho als gesunder, junger Mann keine Erwerbstätigkeit ausüben könnte und keine Unterkunft finden würde. |
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| Die Klage ist in dem ersten Hilfsantrag ebenfalls als Verpflichtungsklage statthaft und zulässig, aber auch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. |
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| Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 gilt als ernsthafter Schaden 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. In diesem Rahmen sind gem. § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden. |
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| Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist der bereits oben dargelegte Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Eine konkrete Gefahr eines ernsthaften Schadens i.S.v. § 4 Abs. 1 AsylG liegt nicht vor. |
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| a) Insoweit wird zunächst auf die zu der Begründetheit des Hauptantrags genannten Gesichtspunkte verwiesen. Es ist demnach nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger – sei es aus religiösen Gründen oder als Opfer allgemeiner Kriminalität – einen Überfall oder einen sonstigen ähnlichen Angriff erleiden würde, der dem von § 4 Abs. 1 AsylG vorausgesetzten Maßstab entsprechen würde. |
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| b) Der Kläger hat daneben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes wegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Die skizzierte Sicherheitssituation in der Provinz Dohuk sowie speziell in Zakho lässt nicht den Schluss zu, dass dort ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht. Zudem fehlt es mangels anderweitiger Anhaltspunkte auch insoweit an einer hinreichend wahrscheinlichen individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt. |
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| c) Dem Kläger droht auch insbesondere keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG i. V. m. Art. 3 EMRK wegen der allgemeinen humanitären Lage in Zakho als dem Ort, an dem er sich bei einer Rückkehr in den Irak voraussichtlich wieder niederlassen würde. Zwar kann die allgemeine humanitäre Lage an dem Ort, an dem sich der Ausländer voraussichtlich niederlassen wird, ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen (VG Berlin, Urt. v. 26.07.2018 – 29 K 377.17 A, Rn. 34 über juris m.w.N.). Jedoch muss die schlechte humanitäre Lage dazu auf einen Akteur i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m. § 3c AsylG zurückzuführen sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.01.2018 – A 11 S 241/17, Rn. 168 ff. über juris). |
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| Die humanitäre Lage ist in der Region Kurdistan-Irak insgesamt – wie oben anhand der Erkenntnismittel nachgezeichnet – schwierig. Das gilt nicht nur für Erbil, sondern gleichermaßen auch für Zakho. Hinweise dafür, dass diese Situation einem in Betracht kommenden Akteur direkt oder indirekt anzulasten wäre, sind aus den vorliegenden Erkenntnismitteln indes keine ersichtlich. |
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| Die Klage ist auch hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags als Verpflichtungsklage statthaft und zulässig, jedoch insoweit ebenfalls unbegründet. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. |
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| Diesbezüglich wird zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen. Wie auch bereits bei der Prüfung der Ansprüche auf Zuerkennung internationalen Schutzes dargelegt, hat sich die sehr schwierige Versorgungslage und wirtschaftliche Situation weiter Teile der Bevölkerung im Irak und namentlich auch in der Region Kurdistan-Irak ausweislich der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel auch während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht entscheidend gebessert. Dennoch ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der gesunde und arbeitsfähige Kläger, der nach eigenen Angaben im Irak auch bis zuletzt erwerbstätig gewesen ist sowie noch über (wenn auch nur noch in Person der erkrankten Mutter sowie der in Erbil lebenden Schwester) familiäre Anbindung verfügt, jedenfalls das erforderliche Existenzminimum sichern bzw. erwirtschaften können würde. |
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| Im Übrigen ist die Klage als Anfechtungsklage, gerichtet auf Aufhebung der Ziffern 4 und 5 des angefochtenen Bescheids, statthaft. Der vierte Hilfsantrag, demnach die Verpflichtung der Beklagten zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf „Null“ begehrt wird, ist in Anwendung des § 88 VwGO ebenfalls als Anfechtungsantrag auszulegen (vgl. zu dem in diesen Konstellationen statthaften Rechtsschutz Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 11 AufenthG Rn. 133). Die Klage ist auch insoweit zulässig, aber unbegründet. |
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| Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung ist rechtmäßig. Insbesondere kann in einer behördlichen Befristungsentscheidung regelmäßig der konstitutive Erlass eines befristeten Einreiseverbots gesehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.2018 – 1 C 21.17, juris Rn. 25; Beschl. v. 13.07.2017 – 1 VR 3.17, juris Rn. 72; Urt. v. 27.07.2017 – 1 C 28.16, juris Rn. 42). Die dafür erforderliche Rechtsgrundlage findet sich nunmehr in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, der die nach Art. 3 Nr. 6 und Art. 11 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG unionsrechtliche Voraussetzung einer behördlichen Entscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbotes nun übernimmt (Reg.E. BT-Drs. 19/10047, S. 31, 1. Abs.). Schutzwürdige Belange, die eine kürzere Frist oder ein Absehen von der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. |
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