Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des – gerichtskostenfreien – Verfahrens.
| | Der Kläger ist seinen Angaben zufolge ein am 01.05.1985 geborener nepalesischer Staatsangehöriger. |
|
| | Er stellte am 05.05.2015 einen Asylantrag. |
|
| | Ausweislich eines Fragebogenformulars (BAS 23 -26) hat er angegeben, die 10.Klasse bis zur Mittleren Reife absolviert zu haben und als Kellner berufstätig zu sein und aus dem Heimatland im Mai 2006 ausgereist zu sein. |
|
| | Zur Begründung des Asylantrags gab er im Rahmen seiner Anhörung am 28.06.2018 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF – im Folgenden: Bundesamt) im Wesentlichen an: |
|
| | Er sei am 14.04.2015 auf dem Landweg von Russland aus nach Deutschland eingereist, nachdem er sich zuvor 15 – 20 Tage in Russland aufgehalten habe, wohin er von der Mongolei nach einem dortigen 10 Tage dauernden Aufenthalt geflogen sei. In die Mongolei sei er zuvor von Nepal aus von Kathmandu mit dem Flugzeug eingereist. In Kathmandu habe er sich nur einen Tag aufgehalten, nachdem er zuvor 7 Jahre lang in Indien als Hilfsarbeiter gelebt habe. Er habe auch im Indischen Bundesstaat Tamil Nadu gearbeitet und spreche daher neben Nepali auch Tamilisch. Er könne auch Englisch. Nach Indien sei er ca. 1998/1999 von Nepal aus eingereist. |
|
| | Er habe vor seiner Ausreise aus Nepal nach Indien seinem Vater in dessen ziemlich großer Landwirtschaft geholfen und sich in dem Heimatdorf seit seiner Geburt bis zu seiner Ausreise aufgehalten. Es sei ihnen wirtschaftlich gut gegangen. Er habe die Schule nur 4 – 5 Jahre lang besucht und keine Ausbildung und könne alles arbeiten. In Nepal lebten noch seine Eltern, und seine verheiratete, an einem anderen Ort lebende Schwester sowie seine Brüder, die bei den Eltern lebten. |
|
| | Er habe Nepal verlassen müssen, weil er in der Zeit zwischen 1997 bis 1999 Probleme mit der Kommunistischen Maoistischen Partei Nepals (Maoisten) gehabt habe. Diese seien in diesen drei Jahren in Nepal sehr stark gewesen und hätten das Land fast wie eine Armee beherrscht und von jeder Familie verlangt, dass der älteste Sohn bei ihnen dienen müsse. Sie hätten Leute erschossen und gefoltert. Auch er habe als Ältester seiner Familie Mitglied werden sollen und sei für den Fall der Weigerung mit seiner Erschießung bedroht worden. Er habe nicht Mitglied werden wollen und immer überlegt, wo er sich verstecken könne, aber sich im kleinen Dorf nicht verstecken können und immer Angst vor einer Hinrichtung durch die Maoisten gehabt. Da die nepalesische Regierung mit den Maoisten verbunden sei, habe er keine Sicherheit gehabt und sei deshalb nach Indien geflüchtet. Immer wieder seien bewaffnete Gruppen von ihnen, etwa zwischen vier bis zu zehn Personen, vorbeigekommen und hätten unter anderem auch von seinen Eltern Geld und Verpflegung erpresst, wie sie das auch bei allen anderen Dorfbewohnern getan hätten, denen sie Schutzgeld abverlangt hätten. Sie hätten ihm mit Tötung und Verhaftung/Gefängnis gedroht, falls er nicht mit ihnen fürs Vaterland kämpfe und trainiere. Er sei damals erst zwischen 12 – 14 Jahre alt gewesen. Es sei nicht so gewesen, dass sie ihn drei Jahre lang aufgefordert hätten, aber mehr so in dem Jahr 1998 und 1999. Zum Schluss sei es für ihn akut und lebensbedrohlich geworden. Er habe Angst vor Folter und Hinrichtung gehabt. Als er weggegangen gewesen sei, seien sie bei den Eltern vorbeigekommen und hätten ihn verhaften und töten wollen. Sie hätten nicht gewusst, dass er in Indien sei. Seinen beiden jüngeren, damals ca. 4 – 5 Jahre alten Brüdern hätten sie keine Probleme bereitet, aber ihm als ältestem Sohn. Innerhalb Nepals habe er nirgendwo anders, auch nicht in der Hauptstadt Kathmandu, Sicherheit vor ihnen finden können, da sie überall gewesen seien und ihn überall gefunden hätten und dann weiterhin bedroht hätten. Seine Eltern hätten ihm zur Flucht nach Indien geraten. Sein Land werde von einer kommunistischen korrupten Regierung regiert. Er sei dort nirgendwo sicher. In Deutschland gebe es Menschenrechte. Die Maoisten seien heute nicht mehr so brutal und trainiert wie früher, sondern schwächer geworden und nicht so mächtig. Genau könne er das aber nicht sagen. Zu seinem Vater habe er über Internet noch Kontakt. Der habe ihm berichtet, es gebe keine Menschenrechte, sondern immer Druck. Mit der Polizei habe er vor der Ausreise kein Problem gehabt. Er sei nur einmal einen Tag unter dem Verdacht, Maoist zu sein, von der Polizei festgenommen, aber wieder freigelassen worden. Mit dem Staat und seinen Institutionen habe er keine Probleme gehabt. An die Polizei habe er sich nicht mit der Bitte um Schutz vor einer maoistischen Zwangsrekrutierung wenden können, da die Polizei vor diesen Maoisten Angst gehabt und mit ihnen zusammengearbeitet habe. |
|
| | Aus Indien sei er schließlich weggegangen und nach Deutschland gereist, weil er als Nepalese sich eigentlich nur 4 Monate lang dort hätte aufhalten dürfen und der Arbeitsmarkt für Nepalesen dort eng geworden sei. Deutschland habe auch einen guten Ruf gehabt. Nach Nepal habe er nicht zurückgehen können. Er sei mit Schlepperhilfe für umgerechnet ca. 4000 Euro, die er aus Ersparnissen aber auch von Freunden geliehenem Geld aufgebracht habe, mit Schlepperhilfe mit einem indischen Reisepass eines Dritten ausgereist. Dazu sei er auch einen Tag lang nochmal in Nepal gewesen, nämlich von Indien über Kathmandu und dort nach einem Tag weiter in die Mongolei gereist. Das sei möglich gewesen, weil er zwar Angst in Nepal gehabt habe, aber anders als im Dorf, wo jeder sein Gesicht kenne, man ihn in Kathmandu nicht gekannt habe. |
|
| | Der Kläger legte dem Bundesamt bei der Anhörung auch ein Attest der Universitätsklinik Freiburg vom 06.11.2017 vor, wonach er dort vom 01.- 07.10.2017 stationär wegen des Verdachts eines Schädelhirntraumas nach einem Sturz von einer Leiter aufgenommen worden sei. Ein solches Trauma habe sich aber im bildgebenden Verfahren und mangels sonstiger klinischer Anzeichen nicht bestätigt gefunden, so dass auch kein Operationsbedarf bestanden habe. Auf die symptomatische Behandlung seiner Beschwerden (Übelkeit, Kopfschmerzen) seien diese zurückgegangen. Er sei wach, orientiert und neurologisch unauffällig mit einer Entlassmedikation entlassen worden. |
|
| | Der Kläger gab dazu an, im Asylwohnheim sei nachts ein Mitbewohner, nachdem sie am Abend zuvor Alkohol konsumiert hätten, auf ihn von der Leiter des Stockbetts gestürzt, so dass er bewusstlos geworden sei und motorische Störungen sowie Wortfindungsstörungen gehabt habe. Inzwischen gehe es ihm aber wieder gut, er sei kommunikationsfähig. Die Tabletten, die ihm nach der Entlassung aus der Klinik verordnet worden seien, nehme er heute nicht mehr. Er trinke manchmal mit Freunden Alkohol, auch um sich zu dämpfen und gut zu schlafen. Ungeachtet des Sturzes sei er vergesslich und könne sich Sachen nicht gut merken. |
|
| | Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 11.10.2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab (Ziff.2 des Bescheids), erkannte ihm weder den Flüchtlingsschutz noch subsidiären Schutz zu (Ziff. 1 und 3), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen (Ziff. 4), forderte den Kläger zur Ausreise binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. bei Anfechtung des Bescheids binnen 30 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens auf und drohte ihm für den Fall nicht fristgemäßer Ausreise seine Abschiebung nach Nepal oder Indien oder Sri Lanka oder sonst einen aufnahmebereiten Drittstaat an (Ziff.5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 48 Monate ab dem Tag einer Abschiebung. |
|
| | Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus: |
|
| | Eine Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung könne der Kläger nicht beanspruchen, weil seine Angaben zu seiner angeblichen Verfolgung durch Maoisten zu detailarm, vage und unsubstantiiert und daher nicht glaubhaft seien. |
|
| | Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich der Kläger über drei Jahre hinweg Zwangsrekrutierungsversuchen der Maoisten habe entziehen können. Seine Schilderungen zu angeblich gegen ihn persönlich gerichteten Aufforderungen/Drohungen (Sie haben „gesagt“, ich soll mitkommen) seien auch auf konkrete Nachfrage nach individuellen Details zum genauen Ablauf völlig unkonkret geblieben. Er habe nur allgemeine Floskeln benutzt und berufe sich darauf, nicht persönlich, sondern ganz allgemein wie die sonstige Dorfbevölkerung auch generell von den Maoisten bedroht gewesen zu sein. Seine widersprüchlichen Angaben zur Ausreise aus dem Heimatland (Mai 2006 im Formular bzw. 2015) ließen zudem keine zeitliche Einordnung der Geschehnisse zu. Gegen seine angebliche Verfolgungsfurcht spreche auch, dass er gleichwohl von Indien aus vor seiner Reise nach Deutschland zunächst nach Nepal zurückgekehrt und von dort vom Flughafen Kathmandu weitergereist sei, statt gleich von Indien aus nach Deutschland zu reisen. |
|
| | Schließlich spreche der Umstand gegen eine ernsthafte Verfolgungsfurcht, dass der Kläger während der Anhörung immer wieder gelacht und den Ernst dieser Anhörung offenbar verkannt habe und zuvor, wie das Bundesamt vor der Anhörung festgestellt habe, sogar mit einem Rucksack voller Alkoholika zur Anhörung angereist sei. |
|
| | Es sei nach allem nicht davon auszugehen, dass er tatsächlich gegen ihn individuell gerichtete politische Vorverfolgung der Maoisten in Nepal überhaupt erlitten habe. Das sei vielmehr eine bloß konstruierte Behauptung in Anlehnung an die allgemein bekannten Auseinandersetzungen mit den Maoisten. |
|
| | Jedenfalls hätte dem Kläger die Möglichkeit offengestanden, sich erfolgreich mit einer Schutzbitte an die staatlichen nepalesischen Sicherheitskräfte zu wenden, die gegenüber Maoistenübergriffen durchaus schutzwillig- und fähig seien. |
|
| | Zumindest habe die Möglichkeit internen Schutzes bestanden, da die Maoisten nicht landesweit verfolgungsmächtig seien und er deshalb z.B. auch nach Kathmandu hätte ausweichen können, wohin er ja auch von Indien aus zunächst gegangen sei. Er sei auch gesund, jung und arbeitsfähig und hätte sich daher auch am Ort einer inländischen Alternative ein Auskommen erwerben können, zumal es seiner Familie seinen Angaben zufolge gut gehe und er auch jahrelang in Indien mit Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt bestritten habe. |
|
| | Schließlich drohe zumindest keine „Wiederholung“ einer angeblich drohenden Zwangsrekrutierung durch Maoisten als Kindersoldat, da er heute weit älter als 18 Jahre sei und offenbar auch seine beiden jüngeren Brüder unbehelligt im Heimatdorf lebten. |
|
| | Ungeachtet dessen knüpfe eine wahllose Zwangsrekrutierung nicht an ein durch das Asylgrundrecht bzw. das Flüchtlingsrecht geschütztes besonderes persönliches Merkmal des Klägers an. |
|
| | In jedem Fall aber habe sich heute die politische Lage in Nepal geändert. Nepal habe den Wechsel zu Republik geschafft und die Maoisten hätten sich zurückgezogen und beteiligten sich mit anderen Parteien bzw. Oppositionsarbeit daran, einen stabilen Frieden zu finden und ihre Kämpfer hätten seien großteils in ein bürgerliches Leben zurückgekehrt. |
|
| | Gesundheitlich bestünden keine Einschränkungen des Klägers mehr. Seit 2017 habe er einen stabilen Zustand auch eigenen Angaben zufolge und laut Entlassbericht wiedererlangt und sei ohne Medikation und nicht in ärztlicher Behandlung. Er scheine allenfalls ein Alkoholproblem statt an ein neurologisches Problem zu haben. |
|
| | Da der Kläger keinerlei Personaldokumente auch nicht nachträglich innerhalb der ihm dafür gesetzten Beibringungsfrist vorgelegt habe und zeitlich und räumlich widersprüchliche Angaben zu seinen Aufenthaltsorten in den letzten Jahren gemacht habe, und auch Tamilisch spreche, sei auch nicht auszuschließen, dass er sich in Indien bzw. Sri Lanka aufhalten könne, so dass ihm alternativ auch eine Abschiebung in diese beiden Länder neben der Abschiebung nach Nepal angedroht werde. |
|
| | Der Bescheid wurde am 17.10.2018 zugestellt (BAS 117). |
|
| | Dagegen hat der Kläger am 29.10.2018 die vorliegende Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. |
|
| | Eine Klagebegründung hat der Kläger auch nach dem Klägervertreter gewährte Akteneinsicht nicht vorgelegt, sondern pauschal zur Begründung der Klage auf seine Angaben beim Bundesamt verwiesen und mitgeteilt, weder der Klägervertreter, noch der Kläger würden an dem Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem der Kläger geladen worden war, teilnehmen, vielmehr verzichte der Kläger auf eine mündliche Verhandlung. Der für 14.01.2022 angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung ist daraufhin vom Gericht aufgehoben worden. |
|
|
|
| | die Beklagte zu verpflichten, |
|
| | ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, |
|
| | hilfsweise, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen |
|
|
|
| | sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.10.2018 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht. |
|
|
|
| |
| | Sie verweist auf die Gründe des angefochtenen Bescheids. |
|
| | Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten des Gerichts bzw. der Beklagten (je ein Heft) verwiesen. |
|
| |
| | Die Erklärung, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten bzw. mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden zu sein, ist eine Prozesshandlung (vgl. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 101 Rn. 6). Diese geben die Beteiligten regelmäßig schriftsätzlich im jeweiligen Verfahren konkret ab. |
|
| | Der Kläger hat insoweit seinen Verzicht auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 04.01.2022 ausdrücklich erklärt. |
|
| | Die Beklagte hat durch „allgemeine Prozesserklärung“ vom 27.06.2017 generell erklärt, dass Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht. Dieses generelle Einverständnis ist für eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ausreichend, denn dem Verwaltungsprozessrecht lässt sich ein ausnahmslos geltender Grundsatz des Inhalts nicht entnehmen, dass sich eine Prozesserklärung nur im Hinblick auf ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis abgeben lässt (vgl. Bühs, NVwZ 2020, 1638 f. sowie BVerwGE 99, 38 = NVwZ 1996, 79 für die so genannte Generalbeteiligungserklärung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten). Die Beklagte hat zwar ihre „allgemeine Prozesserklärung“ vom 27.06.2017 mit Schreiben vom 23.12.2020 mit Wirkung zum 01.01.2021 durch Generalerklärung aufgehoben. Das hat jedoch keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren. Vielmehr ist sie für das vorliegende Klageverfahren weiterhin an den zuvor generell erklärten Verzicht auf eine mündliche Verhandlung gebunden. Denn bei einer (wirksamen) Erklärung nach § 101 Abs. 2 VwGO handelt es sich um eine grundsätzlich nicht widerrufliche Prozesshandlung, die die Verfahrensbeteiligten bindet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2014 - 5 B 11/14 -, juris Rn. 11; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 101 Rn. 12). Die Verzichtserklärung ist hier auch nicht etwa deswegen widerruflich, weil sich die Beklagte in der allgemeinen Prozesserklärung vom 27.06.2017 den Widerruf vorbehalten hat. Denn der Verzicht muss als Prozesshandlung vorbehaltlos erklärt werden (vgl. BeckOK, VwGO, 55. Ed. 1.1.2020, § 101 Rn. 8). Die Aufnahme des Widerrufsvorbehalts hat hier auch nicht etwa zur Folge, dass die allgemeine Prozesserklärung insoweit von Anfang an unwirksam gewesen wäre. Vielmehr ist es vor dem Hintergrund der jahrelangen und von der Beklagten unbeanstandet gelassenen Heranziehung ihrer allgemeinen Prozesserklärung in der Verfahrenspraxis sach- und interessengerecht, die Beklagte im Wege einer geltungserhaltenden Auslegung ihrer Erklärung so zu behandeln, als hätte sie die Erklärung ohne den Vorbehalt des Widerrufs abgegeben. Nach alledem wirkt die Aufhebung der allgemeinen Prozesserklärung vom 27.06.2017 somit erst für diejenigen Asylgerichtsverfahren, die ab dem 01.01.2021 anhängig werden, sodass das Gericht im vorliegenden Verfahren aufgrund wirksamer Verzichtserklärungen ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. |
|
| | Für die Entscheidung des Gerichts maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner ohne mündliche Verhandlung getroffenen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 S. 1, 2.HS AsylG). |
|
| | Die Klage ist zu diesem Zeitpunkt zulässig, aber unbegründet. |
|
| |
| | Er hat keinen Anspruch auf die begehrte Flüchtlingsanerkennung und auch nicht auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots. Von daher erweist sich auch die angefochtene Abschiebungsandrohung sowie die Befristung der gesetzlichen Einreise und Aufenthaltsverbots als rechtmäßig. (Die Ablehnung der Asylanerkennung unter Ziff. 2 des Bescheids ist, da die Klage nicht auf Verpflichtung der Beklagten zur Asylanerkennung des Klägers gerichtet ist, ohnehin nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens und damit bereits bestandskräftig geworden). |
|
| | Zur Überzeugung des Gerichts steht nämlich fest, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Nepal jedenfalls heute dort nicht nur nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. im Fall einer Verweigerung die Gefahr von Folter oder Hinrichtung durch die Maoisten droht, sondern vielmehr sogar stichhaltige Gründe dafür vorliegen, dass ihm eine solche Verfolgung nicht droht (Art. 4 Abs. 4 QRL). |
|
| | Deshalb kann dahinstehen, ob die Darstellung der angeblich vom Kläger bereits erlittenen Vorverfolgung überhaupt glaubhaft ist, ob eine solche Zwangsrekrutierung überhaupt auf individuelle persönliche Merkmal abzielt und daher flüchtlingsrechtlich überhaupt relevant wäre und auch, ob demgegenüber staatliche Hilfe vom Kläger in Anspruch genommen werden könnte oder ein inländischer verfolgungsfreier Zufluchtsort für den Kläger in Nepal existierte (interner Schutz). |
|
| | Denn nach allen vorliegenden Erkenntnisquellen und auch verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen ist eine solche Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. Folterung oder gar Hinrichtung durch Maoistische Rebellen heute in jedem Fall mit Sicherheit bereits deshalb auszuschließen, weil es zwar während der Jahre des Bürgerkrieges von 1996 – 2006 solche Zwangsrekrutierungen durch die Maoisten tatsächlich gab, wie sie der Kläger für die Jahre 1998 und 1999 bezüglich der Region geschildert hat, in der auch sein Heimatdorf lag, weil aber mittlerweile der damalige Bürgerkrieg längst durch ein Friedensabkommen (2006) beendet wurde, Nepal in der Folgezeit von einer Monarchie in eine Republik umgewandelt wurde (Verfassungsgebende Versammlung 2008; Wahl der 2. Verfassungsgebenden Versammlung 2013; Verabschiedung der Verfassung 2015; erste Wahl auf aufgrund der neuen Verfassung 2018; siehe dazu Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt – Staatendokumentation Nepal – Stand. 05.08.2019, S.6,7, Ziff.2; ) und die Maoisten bei den ersten Wahlen (zur Verfassungsgebenden Versammlung) 2008 die Mehrheit erzielten (dazu seinerzeit: DER SPIEGEL 17/2008 v. 20.04.2008 – Nepal: Maoisten im Maßanzug,- spiegel online). Heute wird Nepal von der Communist Party – CP regiert, einem 2018 erfolgten Zusammenschluss der Communist Party of Nepal – Unified Marxist/Leninist – CPN-UML und der Communist Party of Nepal – Maoist Centre – CPN-MC: vgl. Bundesamt, Briefing Notes vom 11.01.2021 – Nepal), die – nachdem der Bürgerkrieg längst beendet und von ihnen im Ergebnis auch politisch gewonnen worden ist - keine Zwangsrekrutierungen oder gar nachfolgende Bestrafungen derjenigen durchführen, die sich einer damaligen Zwangsrekrutierung durch ihre ehemaligen Rebellenverbände entzogen haben. Vielmehr sind ihre Kämpfer ins bürgerliche Leben zurückgekehrt und wurden demobilisiert. Die seinerzeit zwangsrekrutierten Kindersoldaten sind inzwischen bis heute alle freigelassen worden (dazu ausführlich mit zahlreichen Quellenangaben Österreichischer Asylgerichtshof – AsylGH, Erkenntnis v. 26.01.2010 – Spruch C 10 -244563-0/2008/4E – https://www.ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYLGHT_20100126_C10_244_ 563_0_2008_00). Die Maoisten haben sich insoweit an ihre Zusagen aus dem Friedensabkommen gehalten. Die Maoisten (United Communist Party of Nepal – Maoist [UCPN-M]) wurden vom Generalsekretär der Vereinten Nationen deshalb schon 2012 von der Liste der für die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten verantwortlichen Gruppierungen und Organisationen gestrichen (Keeping the Promise – An Independetn Review oft he UN´s Annual List of Perpetrators of Grave Violations against Children 2010 – 2020, Eminent Persons Group, Seite 12, 13 und 32 - https://watchlist.org/wp-content/uploads/eminent-persons-group-report-final.pdf). Auch wenn die Schritte zur Vergangenheitsbewältigung mit Hilfe einer Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission – TRC) nur schleppend vorankommen (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt – Staatendokumentation Nepal – Stand. 05.08.2019, 10, 11, Ziff.4; Nepal: Transitional Justice Mechanisms with a Gender Perspective – A Briefing Paper, Internationale Juristenkommission, May 2021, S. 4, 5 - https://www.icj.org/wp-content/uploads/2021/05/Nepal-Transitional-Justice-Gender-Advocacy-Analysis-Brief-2021-ENG.pdf; Human Rights Treaty Monitoring Coordination Center – International Covenant on Civil and Political Rights, Januar 2021, - ecoi.net Dok.Nr. I’D 2043456), steht doch fest, dass jedenfalls Zwangsrekrutierungen nicht mehr stattfinden und auch keine Wehrpflicht existiert, sondern nur ein ab dem Alter von 18 Jahren möglicher freiwilliger Militärdienst (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt – Staatendokumentation Nepal – Stand. 05.08.2019, S. 15, Ziff.8; siehe auch US Dept. of State, 2020 Country Report on Human Rights Practices: Nepal, v. 30.03.2021 – ecoi.net Dok.Nr. ID 2048148, der in den Unterabschnitten zu Zwangsarbeit, Freiheit der Bewegung aber auch zu willkürlichen Tötungen, Verschleppungen oder Folter nichts zu solchen Zwangsrekrutierungen enthält). |
|
| | Vor diesem Hintergrund ist auch in der Rechtsprechung schon im Jahr 2010 mit Blick auf einen stabilen Wandel der politischen Verhältnisse nach Beendigung des Bürgerkriegs 2006 eine Gefahr einer Verfolgung, Erpressung, Zwangsrekrutierung oder Verschleppung durch Maoisten verneint worden (so ausdrücklich aufgrund einer ausführlichen Analyse der Quellen zu einem Fall, in dem der dortige Kläger vergleichbare Angaben zu seiner vor seiner Ausreise erlittenen Verfolgung durch Maoisten wie der Kläger im vorliegenden Verfahren gemacht hatte: Österreichischer Asylgerichtshof – AsylGH, Entscheidung [Erkenntnis/Spruch] v. 26.01.2010, dort unter Ziff. 6 der Entscheidung – C 10 -244563-0/2008/4E – https://www.ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYLGHT_20100126_C10_244_ 563_0_ 2008_ 00; ebenso OVG NdS, B. v. 01.04.2010 – 11 LA 236/09 -, juris, Rn. 8 - 10). Dass der Friedensprozess in Nepal als solcher zwar nicht perfekt, aber stabil und unumkehrbar verlaufen ist, und daher keine aus alten Bürgerkriegskonfliktlagen drohende weitere Verfolgungen mehr drohen, haben zudem Gerichte auch bezüglich einer Verfolgung von ehemaligen Maoisten schon früher entschieden (vgl. VG Frankfurt, U. v. 13.01.2009 – 5 K 388/08.F.A. (2) -, www.asyl.net/rsdb/M15200; VG München, U. v. 19.04.2011 – M 17 K 10.30973 -, juris sowie VG Aachen, U. v. 28.09.2009 – 5 K 951/08.A -, juris; zuletzt auch VG Hannover, U. v. 10.02.2021 – 11 A 2901/19 -, juris). |
|
| | Die Angaben des Klägers belegen im Grunde schon selbst dieses Ergebnis. Denn er hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt selbst erklärt, die Maoisten seien nicht mehr so stark wie früher und er wisse nichts genaues, und seine Brüder leben nach seinen Angaben ebenso wie die eigenen Eltern offenbar auch nach wie vor heute noch unbehelligt in dem Heimatdorf. |
|
| | Dem Kläger droht mithin auch kein ernsthafter Schaden etwa in Form erniedrigender oder menschenrechtswidriger Behandlung durch Zwangsrekrutierung oder in Form der Folter, so dass ihm auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG zusteht. |
|
| | Da er gesund, arbeitsfähig und erst 35 Jahre alt ist und auch jahrelang in Indien durch eigene Erwerbstätigkeit sein Einkommen erzielen konnte, sowie auch schon vor der Ausreise aus Nepal dort in der Landwirtschaft seines Vaters gearbeitet hat, ist auch nicht ersichtlich, dass er im Falle seiner Rückkehr bzw. Abschiebung nach Nepal dort etwa in eine existenzielle wirtschaftliche Notlage verbunden mit der Gefahr einer Verelendung durch Obdachlosigkeit oder Nahrungsmittelmangel verbunden mit entsprechenden Gefahren für Leib und Leben geraten würde, so dass auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots sowohl nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK als auch ein gesundheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu verneinen ist. Das macht im Übrigen auch der Kläger schon selbst nicht einmal für sich geltend. Dass er wohl ein Alkoholproblem hat, worauf hin seine Angaben in der Anhörung vor dem Bundesamt und der Umstand deuten, dass er zur Anhörung Alkoholika mit sich führte und dauernd lachte, steht dem nicht entgegen. Denn dass er etwa infolge Alkoholsucht erwerbsunfähig wäre, folgt daraus nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich oder gar von ihm selbst vorgetragen worden. |
|
| | Insofern sieht das Gericht von einer weiteren eigenen Begründung ab und verweist statt dessen auf die ausführliche und überzeugenden, zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG). |
|
| | Der Kläger selbst hat schon bei der Anhörung vor dem Bundesamt erklärt, seit dem Sturz 2017, der zu seiner stationären Aufnahme in der Universitätsklinik geführt hatte, keine Beschwerden und Einschränkungen mehr zu haben und keine Medikamente mehr zu nehmen. Offensichtlich ist er auch nach wie vor nicht in ärztlicher Behanlung. Vorgetragen hat er zu gesundheitlichen Einschränkungen im Übrigen auch selbst nichts, sondern seine Klage nicht begründet und sogar auf mündliche Verhandlung verzichtet. |
|
| | Was seine wirtschaftliche Lage angeht, hat das Bundesamt zu Recht und seitens des Klägers bislang auch unwidersprochen darauf hingewiesen, dass er sich im Falle seiner Rückkehr auf eine Unterstützung durch seine nach wie vor in Nepal ansässige Familie verweisen lassen müsse, die dort unbehelligt seit Jahren lebt und bei der schon. |
|
| | Vor diesem Hintergrund erweisen sich auch die Abschiebungsandrohung als auch die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenhaltsverbot, gegen das der Kläger ohnehin keine eigenen Einwände erhoben hat, als rechtmäßig. |
|
| | Dass dem Kläger alternativ eine Abschiebung nicht nur in den von ihm benannten Herkunftsstaat Nepal, sondern auch nach Indien bzw. Sri Lanka angedroht worden ist, macht die Abschiebungsandrohung nicht rechtswidrig. |
|
| | Denn der in der Abschiebungsandrohung benannte Zielstaat muss nicht mit dem Herkunftsland im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylG identisch sein. Auch ist nicht erforderlich, dass der Ausländer Bindungen zu dem Zielstaat hat. Vielmehr kommt grundsätzlich jeder beliebige Staat als Zielstaat der Abschiebung in Betracht, sofern insoweit keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen und sofern nicht zweifelsfrei feststeht, dass eine zwangsweise Abschiebung und eine freiwillige Rückkehr in diesen Staat praktisch auf unabsehbare Zeit unmöglich erscheinen (vgl. BVerwG, U. v. 10.07.2003 – BVerwG 1 C 21.02 –, BVerwGE 118, 308-313, juris, Leitsatz). Dies ist etwa der Fall, wenn die Behörden des Zielstaates sich systematisch weigern, Personen bestimmter Herkunft aufzunehmen bzw. einreisen zu lassen (vgl. BeckOK, Ausländerrecht, AsylG, Stand: 1. August 2017, § 34, Rn. 31). Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Fall die Androhung der Abschiebung des Klägers nach Indien bzw. Sri Lanke gewissermaßen nur auf Vorrat ergangen, für den Fall, dass er dorthin überhaupt abgeschoben werden könnte, weil ihn einer dieser Staaten aufnehmen würde. Insoweit aber ist es das Risiko der Beklagten, dass sich etwa im Rahmen eines Vollzugs herausstellt, dass der Kläger gar nicht dorthin abgeschoben werden kann, weil diese Staaten für ihn keine Rückübernahmeerklärung abgeben oder ihm keine Papiere ausstellen, weil er gar nicht ihr Staatsangehöriger ist. Dass bezüglich dieser Staaten zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote vorlägen, welche der Rechtmäßigkeit der Androhung einer Abschiebung des Klägers dorthin entgegenstünde, trägt jedenfalls der Kläger selbst nicht vor und dafür sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich. |
|
| |
| |
| | Die Erklärung, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten bzw. mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden zu sein, ist eine Prozesshandlung (vgl. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 101 Rn. 6). Diese geben die Beteiligten regelmäßig schriftsätzlich im jeweiligen Verfahren konkret ab. |
|
| | Der Kläger hat insoweit seinen Verzicht auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 04.01.2022 ausdrücklich erklärt. |
|
| | Die Beklagte hat durch „allgemeine Prozesserklärung“ vom 27.06.2017 generell erklärt, dass Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht. Dieses generelle Einverständnis ist für eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ausreichend, denn dem Verwaltungsprozessrecht lässt sich ein ausnahmslos geltender Grundsatz des Inhalts nicht entnehmen, dass sich eine Prozesserklärung nur im Hinblick auf ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis abgeben lässt (vgl. Bühs, NVwZ 2020, 1638 f. sowie BVerwGE 99, 38 = NVwZ 1996, 79 für die so genannte Generalbeteiligungserklärung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten). Die Beklagte hat zwar ihre „allgemeine Prozesserklärung“ vom 27.06.2017 mit Schreiben vom 23.12.2020 mit Wirkung zum 01.01.2021 durch Generalerklärung aufgehoben. Das hat jedoch keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren. Vielmehr ist sie für das vorliegende Klageverfahren weiterhin an den zuvor generell erklärten Verzicht auf eine mündliche Verhandlung gebunden. Denn bei einer (wirksamen) Erklärung nach § 101 Abs. 2 VwGO handelt es sich um eine grundsätzlich nicht widerrufliche Prozesshandlung, die die Verfahrensbeteiligten bindet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2014 - 5 B 11/14 -, juris Rn. 11; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 101 Rn. 12). Die Verzichtserklärung ist hier auch nicht etwa deswegen widerruflich, weil sich die Beklagte in der allgemeinen Prozesserklärung vom 27.06.2017 den Widerruf vorbehalten hat. Denn der Verzicht muss als Prozesshandlung vorbehaltlos erklärt werden (vgl. BeckOK, VwGO, 55. Ed. 1.1.2020, § 101 Rn. 8). Die Aufnahme des Widerrufsvorbehalts hat hier auch nicht etwa zur Folge, dass die allgemeine Prozesserklärung insoweit von Anfang an unwirksam gewesen wäre. Vielmehr ist es vor dem Hintergrund der jahrelangen und von der Beklagten unbeanstandet gelassenen Heranziehung ihrer allgemeinen Prozesserklärung in der Verfahrenspraxis sach- und interessengerecht, die Beklagte im Wege einer geltungserhaltenden Auslegung ihrer Erklärung so zu behandeln, als hätte sie die Erklärung ohne den Vorbehalt des Widerrufs abgegeben. Nach alledem wirkt die Aufhebung der allgemeinen Prozesserklärung vom 27.06.2017 somit erst für diejenigen Asylgerichtsverfahren, die ab dem 01.01.2021 anhängig werden, sodass das Gericht im vorliegenden Verfahren aufgrund wirksamer Verzichtserklärungen ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. |
|
| | Für die Entscheidung des Gerichts maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner ohne mündliche Verhandlung getroffenen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 S. 1, 2.HS AsylG). |
|
| | Die Klage ist zu diesem Zeitpunkt zulässig, aber unbegründet. |
|
| |
| | Er hat keinen Anspruch auf die begehrte Flüchtlingsanerkennung und auch nicht auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots. Von daher erweist sich auch die angefochtene Abschiebungsandrohung sowie die Befristung der gesetzlichen Einreise und Aufenthaltsverbots als rechtmäßig. (Die Ablehnung der Asylanerkennung unter Ziff. 2 des Bescheids ist, da die Klage nicht auf Verpflichtung der Beklagten zur Asylanerkennung des Klägers gerichtet ist, ohnehin nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens und damit bereits bestandskräftig geworden). |
|
| | Zur Überzeugung des Gerichts steht nämlich fest, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Nepal jedenfalls heute dort nicht nur nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. im Fall einer Verweigerung die Gefahr von Folter oder Hinrichtung durch die Maoisten droht, sondern vielmehr sogar stichhaltige Gründe dafür vorliegen, dass ihm eine solche Verfolgung nicht droht (Art. 4 Abs. 4 QRL). |
|
| | Deshalb kann dahinstehen, ob die Darstellung der angeblich vom Kläger bereits erlittenen Vorverfolgung überhaupt glaubhaft ist, ob eine solche Zwangsrekrutierung überhaupt auf individuelle persönliche Merkmal abzielt und daher flüchtlingsrechtlich überhaupt relevant wäre und auch, ob demgegenüber staatliche Hilfe vom Kläger in Anspruch genommen werden könnte oder ein inländischer verfolgungsfreier Zufluchtsort für den Kläger in Nepal existierte (interner Schutz). |
|
| | Denn nach allen vorliegenden Erkenntnisquellen und auch verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen ist eine solche Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. Folterung oder gar Hinrichtung durch Maoistische Rebellen heute in jedem Fall mit Sicherheit bereits deshalb auszuschließen, weil es zwar während der Jahre des Bürgerkrieges von 1996 – 2006 solche Zwangsrekrutierungen durch die Maoisten tatsächlich gab, wie sie der Kläger für die Jahre 1998 und 1999 bezüglich der Region geschildert hat, in der auch sein Heimatdorf lag, weil aber mittlerweile der damalige Bürgerkrieg längst durch ein Friedensabkommen (2006) beendet wurde, Nepal in der Folgezeit von einer Monarchie in eine Republik umgewandelt wurde (Verfassungsgebende Versammlung 2008; Wahl der 2. Verfassungsgebenden Versammlung 2013; Verabschiedung der Verfassung 2015; erste Wahl auf aufgrund der neuen Verfassung 2018; siehe dazu Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt – Staatendokumentation Nepal – Stand. 05.08.2019, S.6,7, Ziff.2; ) und die Maoisten bei den ersten Wahlen (zur Verfassungsgebenden Versammlung) 2008 die Mehrheit erzielten (dazu seinerzeit: DER SPIEGEL 17/2008 v. 20.04.2008 – Nepal: Maoisten im Maßanzug,- spiegel online). Heute wird Nepal von der Communist Party – CP regiert, einem 2018 erfolgten Zusammenschluss der Communist Party of Nepal – Unified Marxist/Leninist – CPN-UML und der Communist Party of Nepal – Maoist Centre – CPN-MC: vgl. Bundesamt, Briefing Notes vom 11.01.2021 – Nepal), die – nachdem der Bürgerkrieg längst beendet und von ihnen im Ergebnis auch politisch gewonnen worden ist - keine Zwangsrekrutierungen oder gar nachfolgende Bestrafungen derjenigen durchführen, die sich einer damaligen Zwangsrekrutierung durch ihre ehemaligen Rebellenverbände entzogen haben. Vielmehr sind ihre Kämpfer ins bürgerliche Leben zurückgekehrt und wurden demobilisiert. Die seinerzeit zwangsrekrutierten Kindersoldaten sind inzwischen bis heute alle freigelassen worden (dazu ausführlich mit zahlreichen Quellenangaben Österreichischer Asylgerichtshof – AsylGH, Erkenntnis v. 26.01.2010 – Spruch C 10 -244563-0/2008/4E – https://www.ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYLGHT_20100126_C10_244_ 563_0_2008_00). Die Maoisten haben sich insoweit an ihre Zusagen aus dem Friedensabkommen gehalten. Die Maoisten (United Communist Party of Nepal – Maoist [UCPN-M]) wurden vom Generalsekretär der Vereinten Nationen deshalb schon 2012 von der Liste der für die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten verantwortlichen Gruppierungen und Organisationen gestrichen (Keeping the Promise – An Independetn Review oft he UN´s Annual List of Perpetrators of Grave Violations against Children 2010 – 2020, Eminent Persons Group, Seite 12, 13 und 32 - https://watchlist.org/wp-content/uploads/eminent-persons-group-report-final.pdf). Auch wenn die Schritte zur Vergangenheitsbewältigung mit Hilfe einer Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission – TRC) nur schleppend vorankommen (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt – Staatendokumentation Nepal – Stand. 05.08.2019, 10, 11, Ziff.4; Nepal: Transitional Justice Mechanisms with a Gender Perspective – A Briefing Paper, Internationale Juristenkommission, May 2021, S. 4, 5 - https://www.icj.org/wp-content/uploads/2021/05/Nepal-Transitional-Justice-Gender-Advocacy-Analysis-Brief-2021-ENG.pdf; Human Rights Treaty Monitoring Coordination Center – International Covenant on Civil and Political Rights, Januar 2021, - ecoi.net Dok.Nr. I’D 2043456), steht doch fest, dass jedenfalls Zwangsrekrutierungen nicht mehr stattfinden und auch keine Wehrpflicht existiert, sondern nur ein ab dem Alter von 18 Jahren möglicher freiwilliger Militärdienst (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt – Staatendokumentation Nepal – Stand. 05.08.2019, S. 15, Ziff.8; siehe auch US Dept. of State, 2020 Country Report on Human Rights Practices: Nepal, v. 30.03.2021 – ecoi.net Dok.Nr. ID 2048148, der in den Unterabschnitten zu Zwangsarbeit, Freiheit der Bewegung aber auch zu willkürlichen Tötungen, Verschleppungen oder Folter nichts zu solchen Zwangsrekrutierungen enthält). |
|
| | Vor diesem Hintergrund ist auch in der Rechtsprechung schon im Jahr 2010 mit Blick auf einen stabilen Wandel der politischen Verhältnisse nach Beendigung des Bürgerkriegs 2006 eine Gefahr einer Verfolgung, Erpressung, Zwangsrekrutierung oder Verschleppung durch Maoisten verneint worden (so ausdrücklich aufgrund einer ausführlichen Analyse der Quellen zu einem Fall, in dem der dortige Kläger vergleichbare Angaben zu seiner vor seiner Ausreise erlittenen Verfolgung durch Maoisten wie der Kläger im vorliegenden Verfahren gemacht hatte: Österreichischer Asylgerichtshof – AsylGH, Entscheidung [Erkenntnis/Spruch] v. 26.01.2010, dort unter Ziff. 6 der Entscheidung – C 10 -244563-0/2008/4E – https://www.ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYLGHT_20100126_C10_244_ 563_0_ 2008_ 00; ebenso OVG NdS, B. v. 01.04.2010 – 11 LA 236/09 -, juris, Rn. 8 - 10). Dass der Friedensprozess in Nepal als solcher zwar nicht perfekt, aber stabil und unumkehrbar verlaufen ist, und daher keine aus alten Bürgerkriegskonfliktlagen drohende weitere Verfolgungen mehr drohen, haben zudem Gerichte auch bezüglich einer Verfolgung von ehemaligen Maoisten schon früher entschieden (vgl. VG Frankfurt, U. v. 13.01.2009 – 5 K 388/08.F.A. (2) -, www.asyl.net/rsdb/M15200; VG München, U. v. 19.04.2011 – M 17 K 10.30973 -, juris sowie VG Aachen, U. v. 28.09.2009 – 5 K 951/08.A -, juris; zuletzt auch VG Hannover, U. v. 10.02.2021 – 11 A 2901/19 -, juris). |
|
| | Die Angaben des Klägers belegen im Grunde schon selbst dieses Ergebnis. Denn er hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt selbst erklärt, die Maoisten seien nicht mehr so stark wie früher und er wisse nichts genaues, und seine Brüder leben nach seinen Angaben ebenso wie die eigenen Eltern offenbar auch nach wie vor heute noch unbehelligt in dem Heimatdorf. |
|
| | Dem Kläger droht mithin auch kein ernsthafter Schaden etwa in Form erniedrigender oder menschenrechtswidriger Behandlung durch Zwangsrekrutierung oder in Form der Folter, so dass ihm auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG zusteht. |
|
| | Da er gesund, arbeitsfähig und erst 35 Jahre alt ist und auch jahrelang in Indien durch eigene Erwerbstätigkeit sein Einkommen erzielen konnte, sowie auch schon vor der Ausreise aus Nepal dort in der Landwirtschaft seines Vaters gearbeitet hat, ist auch nicht ersichtlich, dass er im Falle seiner Rückkehr bzw. Abschiebung nach Nepal dort etwa in eine existenzielle wirtschaftliche Notlage verbunden mit der Gefahr einer Verelendung durch Obdachlosigkeit oder Nahrungsmittelmangel verbunden mit entsprechenden Gefahren für Leib und Leben geraten würde, so dass auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots sowohl nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK als auch ein gesundheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu verneinen ist. Das macht im Übrigen auch der Kläger schon selbst nicht einmal für sich geltend. Dass er wohl ein Alkoholproblem hat, worauf hin seine Angaben in der Anhörung vor dem Bundesamt und der Umstand deuten, dass er zur Anhörung Alkoholika mit sich führte und dauernd lachte, steht dem nicht entgegen. Denn dass er etwa infolge Alkoholsucht erwerbsunfähig wäre, folgt daraus nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich oder gar von ihm selbst vorgetragen worden. |
|
| | Insofern sieht das Gericht von einer weiteren eigenen Begründung ab und verweist statt dessen auf die ausführliche und überzeugenden, zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG). |
|
| | Der Kläger selbst hat schon bei der Anhörung vor dem Bundesamt erklärt, seit dem Sturz 2017, der zu seiner stationären Aufnahme in der Universitätsklinik geführt hatte, keine Beschwerden und Einschränkungen mehr zu haben und keine Medikamente mehr zu nehmen. Offensichtlich ist er auch nach wie vor nicht in ärztlicher Behanlung. Vorgetragen hat er zu gesundheitlichen Einschränkungen im Übrigen auch selbst nichts, sondern seine Klage nicht begründet und sogar auf mündliche Verhandlung verzichtet. |
|
| | Was seine wirtschaftliche Lage angeht, hat das Bundesamt zu Recht und seitens des Klägers bislang auch unwidersprochen darauf hingewiesen, dass er sich im Falle seiner Rückkehr auf eine Unterstützung durch seine nach wie vor in Nepal ansässige Familie verweisen lassen müsse, die dort unbehelligt seit Jahren lebt und bei der schon. |
|
| | Vor diesem Hintergrund erweisen sich auch die Abschiebungsandrohung als auch die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenhaltsverbot, gegen das der Kläger ohnehin keine eigenen Einwände erhoben hat, als rechtmäßig. |
|
| | Dass dem Kläger alternativ eine Abschiebung nicht nur in den von ihm benannten Herkunftsstaat Nepal, sondern auch nach Indien bzw. Sri Lanka angedroht worden ist, macht die Abschiebungsandrohung nicht rechtswidrig. |
|
| | Denn der in der Abschiebungsandrohung benannte Zielstaat muss nicht mit dem Herkunftsland im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylG identisch sein. Auch ist nicht erforderlich, dass der Ausländer Bindungen zu dem Zielstaat hat. Vielmehr kommt grundsätzlich jeder beliebige Staat als Zielstaat der Abschiebung in Betracht, sofern insoweit keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen und sofern nicht zweifelsfrei feststeht, dass eine zwangsweise Abschiebung und eine freiwillige Rückkehr in diesen Staat praktisch auf unabsehbare Zeit unmöglich erscheinen (vgl. BVerwG, U. v. 10.07.2003 – BVerwG 1 C 21.02 –, BVerwGE 118, 308-313, juris, Leitsatz). Dies ist etwa der Fall, wenn die Behörden des Zielstaates sich systematisch weigern, Personen bestimmter Herkunft aufzunehmen bzw. einreisen zu lassen (vgl. BeckOK, Ausländerrecht, AsylG, Stand: 1. August 2017, § 34, Rn. 31). Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Fall die Androhung der Abschiebung des Klägers nach Indien bzw. Sri Lanke gewissermaßen nur auf Vorrat ergangen, für den Fall, dass er dorthin überhaupt abgeschoben werden könnte, weil ihn einer dieser Staaten aufnehmen würde. Insoweit aber ist es das Risiko der Beklagten, dass sich etwa im Rahmen eines Vollzugs herausstellt, dass der Kläger gar nicht dorthin abgeschoben werden kann, weil diese Staaten für ihn keine Rückübernahmeerklärung abgeben oder ihm keine Papiere ausstellen, weil er gar nicht ihr Staatsangehöriger ist. Dass bezüglich dieser Staaten zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote vorlägen, welche der Rechtmäßigkeit der Androhung einer Abschiebung des Klägers dorthin entgegenstünde, trägt jedenfalls der Kläger selbst nicht vor und dafür sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich. |
|
| |