Beschluss vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - 12b K 5804/17.PVB
Tenor
Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird es eingestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmung des Antragstellers hinsichtlich der Ausstattung der in dem von dem Beteiligten geführten Jobcenter (gemeinsame Einrichtung gemäß § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II –) eingerichteten Arbeitsplätze mit Monitoren zur Bearbeitung der elektronischen Akte.
4Die Bundesagentur für Arbeit – BA – hat auf der Grundlage einer im Januar 2016 getroffenen Entscheidung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ab August 2016 zur Durchführung der Leistungsgewährung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende – sukzessive flächendeckend in den gemeinsamen Einrichtungen die elektronische Akte – eAkte – eingeführt, um hiermit ihrer nach § 50 Abs. 3 SGB II bestehenden Pflicht zur Bereitstellung von zentral verwalteten Verfahren der Informationstechnik nachzukommen. Dabei erfolgte die Beteiligung des Hauptpersonalrats der Zentrale der BA. Dieser stimmte der Einführung der eAkte zunächst nicht zu. Dies begründete er mit einer fachtechnischen Stellungnahme des Technischen Beratungsdienstes der BA vom 14. September 2019 zu den arbeitsergonomischen Folgen der Einrichtung eines zweiten Bildschirms, die eine Ein-Monitor-Lösung mit einem 27-Zoll-Monitor präferiert hatte. Das daraufhin stattfindende Einigungsgespräch endete mit einer Einigung. Bei seiner nachfolgenden erneuten Beteiligung verweigerte der Hauptpersonalrat seine Zustimmung unter anderem mit der Begründung, er sei nicht der zuständige Personalrat für die gemeinsamen Einrichtungen. Der Vorstand der BA bewertete die Verweigerung der Zustimmung als unbeachtlich und ging insofern von einer Zustimmungsfiktion aus.
5Die Einführung der eAkte wurde durch eine Weisung der BA Nr. 201604031 vom 18. April 2016 begleitet, die unter Ziff. 2.3 den Geschäftsführungen der gemeinsamen Einrichtungen im Rahmen ihrer Führungsverantwortung und unter Beachtung der zentralen Vorgaben und Rahmenbedingungen die Verantwortung für die Gestaltung des Einführungs- und Änderungsprozesses übertrug. Ziff. 2.3.2 legt fest, dass mit der Einführung der eAkte SGB II alle Arbeitsplätze, an denen mit diesem System gearbeitet wird, grundsätzlich mit einem 24-Zoll-Monitor ausgestattet werden. Grundsätzlich erfolgt die Arbeit mit der eAkte danach unter Nutzung des IT-Standardarbeitsplatzes. Dieser ist ausgestattet mit einem 24-Zoll-Bildschirm. Die Nutzung eines zweiten Bildschirmes ist nur unter bestimmten, explizit genannten Voraussetzungen zulässig. Zu diesen Voraussetzungen zählt insbesondere die Zustimmung des Personalrats und die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie die Einhaltung arbeitsschutztechnischer und sonstiger Vorschriften beim Einsatz des zweiten Bildschirms an den Arbeitsplätzen in der Verantwortung der jeweiligen Geschäftsführung. Das Vorliegen der individuellen Voraussetzungen hinsichtlich des Arbeitsschutzes ist regelmäßig und bei Neueinrichtung für jeden Arbeitsplatz durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder durch eine hierzu ausgebildete und nachweislich sachverständige Stelle zu überprüfen. Ausweislich Ziff. 7. der Weisung wurden Hauptpersonalrat und Hauptschwerbehindertenvertretung beteiligt.
6Ferner gab die Zentrale der BA eine Informationsschrift „Einführung der eAkte im Rechtskreis SGB II – Beteiligung der Gremien und der Gleichstellungsbeauftragten; Hinweise zur Gefährdungsbeurteilung und zur Barrierefreiheit“ heraus. Dort sind unter Ziff. 2. mögliche Beteiligungsrechte der Personalvertretung in der gemeinsamen Einrichtung benannt. Unter Ziff. 8. ist zum Stichwort „Gefährdungsbeurteilung“ ausgeführt, für Aspekte, die außerhalb des Gestaltungsrahmens der Gesch28;ftsführungen der gemeinsamen Einrichtung liegen (z.B. Schriftgrößen) und über § 50 Abs. 3 SGB II determiniert sind, liege die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften auf zentraler Ebene. Dagegen liege die Beurteilung des konkreten Arbeitsplatzes vor Ort in der Verantwortung der Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung als Arbeitgeber im Sinne des §§ 44d Abs. 5 SGB II. Nach dem Dienststellen- und Partnerschaftsprinzip korrespondiere damit die Zuständigkeit der örtlichen Gremien. Die Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung stelle sicher, dass die hard- und softwareergonomischen Voraussetzungen vor Ort gegeben seien. Dies umfasse neben der Gestaltung des Arbeitsplatzes (z.B. die Position des PC, der Tastatur, der Maus) auch die Software-Einstellungen des Bildschirms (z.B. die Platzierung der „Fenster“) sowie die Gestaltung der Arbeitsabläufe. Soweit vom Standard-Arbeits-platz der BA abgewichen und ein zweiter Bildschirm installiert werden solle, seien die möglichen Gefährdungspotenziale (z.B. ständiger Wechsel der Blickrichtung) zu analysieren und hinsichtlich der daraus resultierenden Maßnahmen die Personalvertretungen zu beteiligen.
7Am 20. Dezember 2016 beschloss der Antragsteller einen Initiativantrag, mit dem er zum Zeitpunkt der Aufschaltung in den Echtbetrieb der eAkte im Jobcenter E. eine Ausstattung aller betroffenen Arbeitsplätze, an denen Mitarbeiter/innen mit der eAkte überwiegend arbeiten, mit einem 27-Zoll-Monitor begehrte. Der Beteiligte lehnte den Initiativantrag mit Schreiben vom 20. Januar 2017 ab.
8Am 10. Mai 2017 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag gestellt.
9Er ist der Auffassung, die Ausstattung der Arbeitsplätze mit Monitoren im Rahmen der Einführung der eAkte unterliege sowohl unter dem Gesichtspunkt der Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen gemäߧ 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG als auch unter dem Gesichtspunkt der Gestaltung der Arbeitsplätze gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG seiner Mitbestimmung. Dementsprechend stehe ihm das geltend gemachte Initiativrecht zu. Die Maßnahme sei dem Beteiligten zuzurechnen. Die beantragte Ausstattung der Arbeitsplä;tze mit – größeren – Monitoren sei eine Maßnahme gegenüber den Beschäftigten des Beteiligten, weil deren Arbeitsbedingungen nach Durchführung der Maßnahme eine Änderung erfahren werde. Sie ziele final auf die Verhütung sonstiger Gesundheitsschäden, namentlich arbeitsbedingter Belastungen der Augen. Der Beteiligte sei gemäß § 44d Abs. 5 SGB II als Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzrechts zu qualifizieren und als solcher rechtlich verpflichtet, für eine Ausstattung der Arbeitsplätze zu sorgen, die zumindest den arbeitsschutzrechtlichen Mindeststandards genüge. Dies entspreche auch seiner aus § 44d Abs. 4 SGB II folgenden, untrennbar an seine Person gebundenen, Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion. Der Initiativantrag ziele nicht auf eine Regelung des Ablaufs der Dienstgeschäfte, sondern auf die Auswahl und Festlegung der insoweit zum Zwecke der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu treffenden Schutzmaßnahmen. Würde man die entsprechenden Befugnisse des Geschäftsführers wegen § 50 Abs. 3 SGB II einschränken, so würde die aus§ 44d Abs. 5 SGB II folgende Arbeitgeberstellung des Geschäftsführers nach dem Arbeitsschutzgesetz geradezu konterkariert. Letztlich bedürfe das rechtliche Verhältnis dieser beiden Vorschriften hier aber keiner abschließenden Klärung, da Monitore bereits nicht zu den zentral verwalteten Verfahren der Informationstechnik im Sinne des § 50 Abs. 3 SGB II zählten.
10Der Antragsteller beantragt,
11festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, das Mitbestimmungsverfahren gemäß § 70 Abs. 1 BPersVG i.V.m. § 75 Abs. 1 Nr. 3, 16 BPersVG durchzuführen in Hinblick auf den Initiativantrag des Antragstellers betreffend die Ausstattung der Arbeitsplätze zur Bearbeitung der eAkte mit 27-Zoll-Monitoren zum Zeitpunkt der Aufschaltung der eAkte,
12Der Beteiligte beantragt,
13den Antrag abzulehnen.
14Er trägt vor, die Umstellung der Sachbearbeitung auf die eAkte, die inzwischen flächendeckend in allen Arbeitsagenturen umgesetzt worden sei, stelle eines der bislang größten Reformprojekte der BA dar. Damit habe sie – bereits in der Vergangenheit im Rechtskreis SGB III und nunmehr im Rechtskreis SGB II – jeweils eine ihrer gesetzlichen Kernaufgaben, die Gewährung sozialer Leistungen an Arbeitsuchende und Arbeitgeber sowie die Finanzierung von Trä;gern der Arbeitsmarktdienstleistung auf eine zukunftsfähige Grundlage gestellt. Ein Initiativrecht des Antragstellers könne nur dort gegeben sein, wo ein Mitbestimmungsrecht bestehe, und ein solches wiederum setze eine Maßnahme des Beteiligten voraus. Dies komme insbesondere hinsichtlich der in der Informationsschrift der Zentrale der BA genannten Gesichtspunkte in Betracht. Hinsichtlich der Grö;ße der Monitore im Jobcenter habe er aufgrund der organisatorischen Besonderheiten der gemeinsamen Einrichtung als Mischbehörde jedoch weder eine Entscheidung getroffen, noch stehe ihm die Entscheidung hierüber zu. Gemeinsame Einrichtungen seien nicht selbst Träger der Grundsicherung, weshalb den Leistungsträgern durch § 44b Abs. 3 SGB II ein Weisungsrecht gegenüber der gemeinsamen Einrichtung eingeräumt werde. Dementsprechend beschränke § 44h Abs. 3 SGB II die Kompetenzen der Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung entsprechend dem personalvertretungsrechtlichen Prinzip, dass der Beteiligung des Personalrats spiegelbildlich immer eine rechtliche und tatsächliche Handlungskompetenz des Dienststellenleiters gegenüberstehen müsse. Hieraus folge, dass das bei der Zentrale der BA bestehende personalvertretungsrechtliche Gremium zu beteiligen sei, wenn dort gestützt auf § 50 Abs. 3 SGB II über die Einführung eines neuen zentralen IT-Verfahrens entschieden werde. Die Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung sei demgegenüber zu beteiligen, wenn im Rahmen der Umsetzung vor Ort mitbestimmungspflichtige Entscheidungen getroffen würden. Dies begründe keine Einschränkung von Beteiligungsrechten, sondern lediglich eine Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Personalvertretungen der Zentrale und denjenigen der gemeinsamen Einrichtungen. Monitore unterfielen als Teil der Hardware dem Anwendungsbereich von § 50 Abs. 3 SGB II, der insofern regle, wem die Arbeitgeberverantwortung zukomme. Diese sei nicht durch § 44d Abs. 4 und 5 SGB II allein dem Beteiligten zugewiesen, vielmehr sei er ergänzend zu den Trägern, den eigentlichen Arbeitgebern, mit in die Pflicht genommen. Dementsprechend sei bei Einführung der eAkte auch hinsichtlich der Monitore der Personalrat bei der Zentrale der BA beteiligt worden.
15Soweit der Antragsteller zunächst für den Fall der Ablehnung seiner oben bezeichneten Antrags hilfsweise begehrt hat, festzustellen, dass der Antragsteller berechtigt ist, initiativ gemäß § 70 Abs. 1 BPersVG i.V.m. § 75 Abs. 3 Nr. 11 u. 16 BPersVG zu beantragen, dass der Beteiligte für die zur Arbeit mit der eAkte vorgesehenen Bildschirmarbeitsplätze auf der Grundlage einer Gef228;hrdungsbeurteilung gemäß 167; 5 ArbSchG i.V.m. § 3 ArbStättVO Maßnahmen des Arbeitsschutzes ableitet (§ 3 Abs. 1 ArbSchG, § 3a Abs. 1 ArbStättVO) und diese dem Antragsteller zur Zustimmung gemäß §§ 69 BPersVG vorlegt, haben die Beteiligten im Erörterungstermin das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.
zRechts">16<p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte verwiesen. 17II.
18Die Kammer entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne Anhörung (§ 83 Abs. 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes – BPersVG – in Verbindung mit § 83 Abs. 4 S. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes – ArbGG –.
19Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit§ 83a Abs. 2 S. 1 ArbGG einzustellen.
20Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.
21Das mit dem Antrag geltend gemachte Mitbestimmungsrecht gemäß § 70 Abs. 1 BPersVG i.V.m. § 75 Abs. 1 Nr. 3, 16 BPersVG besteht nicht.
22Gem28;ß 167; 44h Abs. 3 SGB II stehen der Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung alle Rechte entsprechend den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu, soweit der Trägerversammlung oder der Geschäftsführerin oder dem Geschäftsführer Entscheidungsbefugnisse in personalrechtlichen, personalwirtschaftlichen, sozialen oder die Ordnung der Dienststelle betreffenden Angelegenheiten zustehen.
23Hier steht dem Beteiligten die Entscheidungsbefugnis für die begehrte Maßnahme nicht zu.
24Als Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts wird im Allgemeinen jede Handlung oder Entscheidung des Leiters der Dienststelle angesehen, mit der dieser in eigener Zuständigkeit eine eigene Angelegenheit regelt, sofern hierdurch der Rechtsstand der Beschäftigten oder eines einzelnen Beschäftigten berührt wird. Anders ausgedrückt: Eine Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustands abzielen; nach der Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2015 – 20 A 1265/14.PVB –, juris Rn. 25 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 14. Oktober 2002 – 6 P 7.01 –, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 104 = PersR 2003, 113 = PersV 2003, 186 = ZfPR 2003, 37 = ZTR 2003, 362, vom 29. Januar 2003 – 6 P 15.01 –, Buchholz 251.95 § 51 MBGSH Nr. 4 = PersR 2003, 156 = ZTR 2003, 201, und vom 20. November 2008 – 6 P 17.07 –, Buchholz 251.2 § 85 BlnBPersVG Nr. 15 = PersR 2009, 73 = PersV 2009, 221 = ZfPR 2009, 34 = ZTR 2009, 100, jeweils m. w. N.; Beschluss der Kammer vom 17. November 2015 – 12b K 2784/14.PVB –, juris Rn. 20.
26Die begehrte Maßnahme scheitert jedoch schon daran, dass sie durch eine unmittelbar gestaltende Weisung der Zentrale der BA ausgeschlossen ist.
27Zwar wird die Entscheidungsbefugnis einer Dienststelle der nachgeordneten Verwaltungsebene und damit auch die Beteiligungsbefugnis der bei ihr gebildeten Personalvertretung nicht dadurch aufgehoben, dass das Handeln dieser Dienststelle von internen Weisungen der übergeordneten, weisungsbefugten Dienststelle ganz oder teilweise bestimmt wird. Derartige interne Weisungen berühren die Entscheidungszuständigkeit des Dienststellenleiters nicht; er trifft vielmehr seine Entscheidung innerhalb der Dienststelle und nach außen eigenverantwortlich. Das Beteiligungsrecht einer Personalvertretung an einer Maßnahme des Dienststellenleiters kann allerdings durch eine unmittelbar gestaltende Anordnung einer vorgesetzten Dienststelle ausgeschlossen sein, wenn diese dem Dienststellenleiter keinen eigenen Regelungsspielraum lässt. Dies ist der Fall, wenn sich das Handeln der übergeordneten Dienststelle nicht in einer internen Weisung erschöpft, sondern im Wege des Selbsteintritts den nachgeordneten Dienststellen die Zuständigkeit für die Regelung entzieht. Die Entscheidungszuständigkeit der nachgeordneten Dienststelle wird somit nicht dadurch berührt, dass sie eine strikte Weisung der übergeordneten Dienststelle befolgt. Anders liegt es nur, wenn die übergeordnete Dienststelle die Entscheidung im Einzelfall an sich zieht und sich zu deren Übermittlung der nachgeordneten Dienststelle als Boten bedient.
28Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. September 2009 – 6 PB 22.09 –, juris Rn. 4 und vom 30. März 2009 – BVerwG 6 PB 29.08 –, juris Rn. 10 m. w. N.
29Eine solche unmittelbar wirkende Anordnung, mit der die übergeordnete Dienststelle die Entscheidung im Einzelfall an sich zieht, liegt hier vor. Durch die Weisung der BA Nr. 201604031 vom 18. April 2016 wurde den Geschäftsführungen der gemeinsamen Einrichtungen – mithin auch dem Beteiligten – im Rahmen ihrer Führungsverantwortung und unter Beachtung der zentralen Vorgaben und Rahmenbedingungen die Verantwortung für die Gestaltung des Einführungs- und Änderungsprozesses übertragen. Unter Ziff. 2.3.2 der Weisung wurde vorgeschrieben, dass mit der Einführung der eAkte SGB II alle Arbeitsplätze, an denen mit diesem System gearbeitet wird, grundsätzlich mit einem 24-Zoll-Monitor ausgestattet werden. Die Weisung erschöpft sich aber nicht in der Anordnung des Austauschs, sondern regelt zugleich auch die dauerhafte Nutzung der Monitore. Unter derselben Ziffer ist nämlich auch vorgeschrieben, dass die Arbeit mit der eAkte unter Nutzung des IT-Standardarbeits-platzes erfolgt, der mit einem 24-Zoll-Bildschirm ausgestattet ist. Die Nutzung eines zweiten Bildschirmes ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zul228;ssig. 27-Zoll-Monitore sind in der Weisung nicht erwähnt.
30Mit diesen Regelungen ist verbindlich festgelegt, welche Ausstattung mit Monitoren zulässig ist. Dass sie für die Geschäftsführung auch vorschreibt, dass diese die Einhaltung der Beteiligungsrechte zu gewährleisten habe, ist nicht die Anerkennung einer eigenen Entscheidungsbefugnis der Geschäftsführung in Bezug auf das „Ob“ und „Wie“ des Austauschs der Monitore. Die Formulierung „grundsätzlich“ ändert nichts an der bindenden Gestaltung des IT-Standardarbeitsplatzes, sondern bezieht sich lediglich darauf, dass unter bestimmten, ebenfalls festgelegten Voraussetzungen die Nutzung eines zweiten Bildschirmes zulässig ist.
31Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 26. April 2017 – 72 K 6.16 PVB –, juris Rn. 18, wobei die Ausführungen unter Rn. 22 des Beschlusses allerdings nahelegen, die dortige Kammer ginge davon aus, dass Mitbestimmungsrechte in der gemeinsamen Einrichtung in Bezug auf die Ausstattung mit Monitoren im zeitlichen Anschluss an den Austausch der Monitore gleichwohl nicht mehr allein durch die Weisung ausgeschlossen werden.
32Dies entspricht auch der Gesetzeslage. Ein die Zuständigkeit des Antragstellers begründender Entscheidungsspielraum wird auch deshalb ausgeschlossen, weil die im Streit stehende Ausstattung mit Monitoren als Teil der Hardware im Jobcenter gemäß § 50 Abs. 3 S. 1 SGB II allein durch die BA unmittelbar zwingend angeordnet wird.
33Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2015 – 20 A 1265/14.PVB –, juris Rn. 30; OVG BB, Beschluss vom 14. März 2013 – 62 PV 13.12 –, juris; Beschluss der Kammer vom 17. November 2015 – 12b K 2784/14.PVB –, jurisRn. 25.
34Nach § 50 Abs. 3 S. 1 SGB II nutzt die gemeinsame Einrichtung zur Erfüllung ihrer Aufgaben durch die Bundesagentur zentral verwaltete Verfahren der Informationstechnik. Diese Vorschrift ist entgegen der Auffassung des Antragstellers dahin auszulegen, dass auch die Nutzung der Hardware in den gemeinsamen Einrichtungen dem Begriff der „Verfahren der Informationstechnik“ unterfällt und damit, soweit die Bundesagentur für Arbeit die Hardware zentral verwaltet und vorgibt, die Entscheidungsbefugnis über den Einsatz von Hardware in den Jobcentern in ihrer Trägerverantwortung liegt.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2017 – 5 P 2/16 –, NZA-RR 2017, 565 ff., juris Rn. 17.
36Dem örtlichen Dienststellenleiter kommt bei der Einführung eines (dienststellenübergreifenden) durch die BA zentral verwalteten Verfahrens der Informationstechnik im Sinne von § 50 Abs. 3 S. 1 SGB II kein Entscheidungsspielraum zu, der die Zuständigkeit des dort gebildeten Personalrat begründen könnte, weil für Maßnahmen gemäß § 50 Abs. 3 S. 1 SGB II allein die Bundesagentur für Arbeit zuständig ist.
37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juli 2019 – 5 PB 19.18 –, juris Rn. 4 und vom 17. Mai 2017, a.a.O.
38Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:
39„Entsprechend ihrer systematischen Stellung und nach diesem in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 17/1555 S. 31) zum Ausdruck gebrachten Zweck des § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist diese Regelung zunächst dahingehend teleologisch auszulegen, dass solche Verfahren der Informationstechnik von der Bundesagentur verpflichtend zur Nutzung vorgegeben werden können, die zur einheitlichen Leistungserbringung und Vermittlung, zur Gewährleistung einer höheren Transparenz auf dem Arbeitsmarkt sowie zur einheitlichen Haushaltsbewirtschaftung bereitgehalten werden (OVG Magdeburg, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 6 L 4/12 – PersV 2013, 426 <428>). Ziel der Vorschrift ist es damit, die genannten Geschäftsprozesse der Arbeitsverwaltung (wie insbesondere Leistungserbringung und Vermittlung) durch einheitliche IT-Verfahren zu fördern und zu optimieren. Um die notwendige Einheitlichkeit der IT-Verfahren zu gewährleisten, ordnet der Gesetzgeber an, dass die gemeinsamen Einrichtungen diese Verfahren nutzen müssen, soweit sie von der Bundesagentur für Arbeit in ihrer Verantwortung zentral verwaltet werden. Dies gebietet eine umfassende Entscheidungszuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit auch für den Einsatz von und die Ausstattung der gemeinsamen Einrichtungen mit entsprechender Hardware.
40... Hiervon ausgehend gebieten Sinn und Zweck des § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB II das Verständnis, dass der Bundesagentur für Arbeit die Entscheidungsbefugnis zugewiesen ist, den gemeinsamen Einrichtungen eine Ausstattung an Hardware vorzugeben, die es ihnen in sicherer Weise ermöglicht, die von der Bundesagentur zentral verwalteten Fachanwendungen einzusetzen.
41... Soweit es bei der Ausstattung der gemeinsamen Einrichtungen mit Hardware Einschätzungsspielräume geben sollte – etwa dahin, welche Geräte in welchem Umfang und in welcher Zeit erforderlich sind –, sind diese auf der Grundlage einer zweckorientierten Auslegung des § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB II, wie sie sich auch aus der systematischen Stellung der Norm erschließt, nicht den Geschä;ftsführungen der gemeinsamen Einrichtungen, sondern der Bundesagentur für Arbeit zur Ausfüllung zugeordnet. Dies folgt aus der ihr vom Gesetz zugewiesenen Verantwortlichkeit für die Einheitlichkeit und Sicherheit der zu nutzenden IT-Verfahren…
42Mit der vorgenannten, der Bundesagentur vom Gesetzgeber zugewiesenen Trägerverantwortung für die Verarbeitung und Übermittlung von Sozialdaten korrespondiert ihre Befugnis, Spielräume bei der Hardwareausstattung im Interesse insbesondere der Sicherheit der Datenübermittlung und darüber hinaus auch der haushaltswirtschaftlichen Effizienz zu nutzen. Eine Zuweisung von Entscheidungsspielräumen an die gemeinsamen Einrichtungen im Hinblick auf die Auswahl und die – von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte – zeitliche Reihenfolge des Einbaus bzw. Austauschs von Hardware in einzelnen Jobcentern wäre zumindest geeignet, die nach dem Sinn und Zweck des § 50 Abs. 3 SGB II gebotene und von der Bundesagentur zu verantwortende Einheitlichkeit und Sicherheit bei der Anwendung der Informationstechnik zu gefährden. Eine von der Rechtsbeschwerde geforderte Begrenzung des Begriffs der „Verfahren der Informationstechnik“, die dazu führt, die mit der Trägerverantwortung der Bundesagentur korrespondierenden Entscheidungsbefugnisse bei der Verwendung von Hardware einzuschränken und den gemeinsamen Einrichtungen ein Mitspracherecht im Hinblick auf die Auswahl und den Einbau der Hardware einzuräumen, ist mithin aus teleologischen Gründen weder geboten noch zulässig.“
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2017 – 5 P 2/16 –, NZA-RR 2017, 565 ff., juris Rn. 27 ff..
44Das wiederum hat auch eine – für die hier in Rede stehende Konstellation in § 44h Abs. 3 SGB II positivrechtlich geregelte – personalvertretungsrechtliche Bedeutung. Denn wenn es an einem eigenen Entscheidungsspielraum des Dienststellenleiters der gemeinsamen Einrichtung fehlt, scheiden insoweit auch Beteiligungsrechte des bei der jeweiligen gemeinsamen Einrichtung bestehenden Personalrats aus.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2015 – 20 A 1265/14.PVB –, juris Rn. 27-32; OVG BB, Beschluss vom 14. März 2013 – 62 PV 13.12 –, juris; Beschluss der Kammer vom 17. November 2015 – 12b K 2784/14.PVB –, juris Rn. 29.
46Diese personalvertretungsrechtlichen Auswirkungen lagen bei der Aufnahme des Abs. 3 in § 50 SGB II offen zu Tage. Denn in der Begründung des maßgeblichen Gesetzentwurfs heißt es ausdrücklich, mit der Nutzung der bundesweiten Verfahren der Informationstechnik durch die gemeinsamen Einrichtungen sei auch kein Beteili-gungsrecht der Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung gegeben, da die Kompetenz der Personalvertretung den Kompetenzen des ihr zugeordneten Dienst-stellenleiters korrespondierten.
47Vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP vom 4. Mai 2010 (BT-Drucks. 17/1555, S. 31).
48Dass der Geschäftsführer – worauf der Antragsteller hinweist – gemäß § 44d Abs. 5 Hs. 2 SGB II Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes ist, bleibt insofern ohne Auswirkungen. Die systematischen und teleologischen Gesichtspunkte, aus denen im Anwendungsbereich von § 50 Abs. 3 S. 1 SGB II bestehende Einschätzungs- und Entscheidungsspielräume der BA zugewiesen sind, tragen auch angesichts der Verantwortung für den Arbeitsschutz. Die entsprechenden Gefährdungsbeurteilungen und Bewertungen sind – was vor der Anordnung der Einführung von 24-Zoll-Monitoren auch geschehen ist – unter Beachtung der mitbestimmungsrechtlichen Regelungen bei der BA vorzunehmen.
49Entgegen der im Erörterungstermin geäußerten Auffassung des Vorsitzenden des Antragstellers bedeutet dies nicht, dass der Arbeitsschutz als nachrangig bewertet würde, denn die Entscheidungen und die Mitbestimmungsverfahren bei den gemeinsamen Einrichtungen sind gegenüber denjenigen bei der BA, die auch im Rahmen der hier streitgegenständlichen Ausstattung mit Monitoren durchgeführt wurden, jedenfalls nicht als höherrangig zu bewerten.
50Eine Kostenentscheidung ergeht in personalvertretungsrechtlichen Verfahren nicht.
51Die Beschwerde muss von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11 Abs. 2 in Verbindung mit Absatz 4 des Arbeitsgerichtsgesetzes zur Vertretung befugten Person unterzeichnet sein. Sie muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss die Beschwerde eingelegt wird.
52Die Beschwerdebegründung muss angeben, auf welche im Einzelnen aufzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird.
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