Urteil vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - 14 K 2784/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist seit Februar 2006 unter der Beitragsnummer Y. bei dem Beklagten als Rundfunkteilnehmer erfasst.
3Mit Schreiben vom 19. März 2016 wurde der Kläger durch den Beklagten auf die Fälligkeit der Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Anfang April bis Ende Juni 2016 in Höhe von 52,50 € hingewiesen. Mit Schreiben vom 1. Juli 2016 wurde er an die Zahlung des Betrages erinnert.
4Mit Schreiben vom 5. August 2016 wurde er erneut auf die Fälligkeit der Rundfunkbeiträge am 15. August 2016 hingewiesen. Zwischenzeitlich hatte der Kläger am 19. Juli 2016 50,- € gezahlt. In dem Schreiben wurde er auf den aktuell offenen Gesamtbetrag von noch 55,- Euro hingewiesen und mit weiterem Schreiben vom 1. Oktober 2016 an die Zahlung erinnert.
5Mit dem streitgegenständlichen Festsetzungsbescheid vom 2. Dezember 2016 wurden die noch offenen Beiträge für den Zeitraum vom 1. April 2016 bis zum 30. September 2016 in Höhe von 63,00 € (55,- € offener Beitrag zuzüglich 8,- € Säumniszuschlag) festgesetzt. Der Bescheid wurde am 12. Dezember 2016 zur Post gegeben.
6Mit Schreiben vom 15. Dezember 2016 legte der Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Im Wesentlichen machte er zur Begründung geltend, der Rundfunkbeitrag greife in seine durch die Grundrechte geschützten Rechtspositionen ein. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei massiv überfinanziert, die Berichterstattung sei inhaltlich unausgewogen und überschreite inhaltlich auch die gesetzlich vorgesehene Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.Er werde die Beiträge und Säumniszuschläge begleichen, allerdings lediglich zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die den Beteiligten bekannte Begründung dieses Widerspruchsschreibens Bezug genommen.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2018 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Auf die Begründung dieses den Beteiligten bekannten Bescheides wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
8Der Kläger hat am 22. Mai 2018 Klage erhoben.
9Zur Begründung rügt er einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot, da die Zahlungsmodalitäten unklar sein. Die Fälligkeit des Rundfunkbeitrags sei lediglich mit der „Mitte eines Drei -Monats-Zeitraums“ definiert. Dies sei zu unbestimmt, da weder klar sei wann dieser Drei Monats Zeitraum beginne noch die Mitte des Zeitraums rechnerisch zu bestimmen sei. Im Übrigen verstoße der Rundfunkbeitrag gegen das Übermaßverbot bzw. das Verhältnismäßigkeitsprinzip sowie weitere Grundrechte. Hierzu wiederholt und vertieft er die Begründung seines Widerspruchs.
10Der Kläger beantragt,
11den Festsetzungsbescheid vom 2. Dezember 2016 ersatzlos aufzuheben.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung nimmt er Bezug auf den Widerspruchsbescheid und vertritt ergänzend die Ansicht, der Rundfunkbeitrag sei insgesamt - auch hinsichtlich der Grundrechte des Klägers - rechtmäßig und verfassungsgemäß. Dies betreffe sowohl die Höhe als auch die Art und Weise der Erhebung.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere der Einzelheiten der Rechtsausführungen der Beteiligten, wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten Heft 1)
16Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung erfolgt gemäß Beschluss der Kammer vom 12. Juni 2018 durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO -) ohne mündliche Verhandlung, auf welche die Beteiligten verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
19Die zulässige Klage ist unbegründet.
20Der angefochtene Beitragsbescheid vom 2. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger weder in seinen einfachgesetzlich geschützten Rechtspositionen noch in seinen Grundrechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21Rechtsgrundlage für die Erhebung und Festsetzung des Rundfunkbeitrags von - seit dem 1. April 2015 - monatlich 17,50 € sind die Regelungen in §§ 2, 3, 7 Abs. 1, S. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) i.V.m. § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV), in der jeweils gültigen Fassung, der durch Zustimmungsgesetz des nordrheinwestfälischen Landtags nach Art. 66 Satz 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 13. Dezember 2011 (GV.NRW.2011 S. 675) mit Wirkung ab 1. Januar 2013 formell nordrhein-westfälisches Landesrecht geworden ist.
22Rechtsgrundlage für den Erlass eines Beitragsbescheids als Festsetzungsbescheid ist § 10 Abs. 5 RBStV. Nach dieser Vorschrift werden rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt.
23Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig.
24Die für den Erlass eines Beitragsbescheids als Festsetzungsbescheid notwendigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 RBStV lagen vor.
25Nach § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Der Kläger ist, dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, Inhaber einer Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 RBStV.
26Der Kläger hat die mit dem Bescheid geltend gemachten Beiträge nicht zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt, die festgesetzten Beiträge waren daher bei Erlass des Bescheides rückständig.
27Die Fälligkeit der vom Kläger geschuldeten Beitragszahlung ist auch hinreichend bestimmt.Die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrages beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat, § 7 Abs. 1 RBStV. Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraumes für jeweils drei Monate zu entrichten, § 7 Abs. 3 RBStV und damit zu diesem Zeitpunkt fällig.
28Diese Fälligkeitsbestimmung in § 7 Abs. 3 RBStV ist zwar nicht in dem Sinne bestimmt, dass in der Norm selbst ein festes Datum für die Fälligkeit genannt ist. Dies ist auch nicht erforderlich. Es ist in der Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannt, dass Gesetze auch sogenannte „unbestimmte Rechtsbegriffe“ verwenden können, wenn sie hinreichend bestimmbar sind. Dies ist bei der Angabe der Fälligkeit in § 7 Abs. 3 RBStV der Fall, auch wenn, wie der Kläger zutreffend anmerkt, dass ‑ was jedem durchschnittlich gebildeten und mit dem System des gregorianischen Kalenders vertrauten Menschen bekannt ist - die Monate eine unterschiedliche Dauer zwischen 28 und 31 Tagen aufweisen. Um die Berechnung von Zeiträumen zu vereinfachen, haben sich in der Geschäftswelt deshalb allgemein die Grundsätze durchgesetzt, dass bei der Bestimmung eines Zeitraums, wenn er sich nach Monaten oder nach Jahren bestimmt, der halbe Monat zu 15, der Monat zu 30 und das Jahr zu 365 Tagen gerechnet werden und die Monatsmitte stets der 15. des Monats ist. Diese, seit dessen Inkrafttreten im Jahr 1900, auch in §§ 189, 191 und 192 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kodifizierten Grundsätze sind nach allgemeiner Auffassung auch analog auf vergleichbare Konstellationen anzuwenden.
29Vgl. Münchener Kommentar zum BGB / Grothe, 8. Aufl. 2018, Kommentierung zu §§ 189, 191 und 192, LG Berlin, Urteil vom 2. September 1999 - 62 S 107/99 -, NJW-RR 2000,157
30Mithin ist die Mitte des in § 7 Abs. 3 RBStV angegebenen Dreimonatszeitraums hinreichend bestimmbar. Die Vorschrift verstößt somit nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.
31Soweit der Kläger im Übrigen die Überfinanzierung des öffentlich- rechtlichen Rundfunksystems und den Programminhalt rügt, tragen diese Monita sein Klagebegehren ebenfalls nicht.
32Es ist insoweit sowohl in der Rechtsprechung der Kammer, als auch in der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass der Rundfunkbeitrag an sich, die Art und Weise seiner Erhebung sowie das Verfahren zur Bestimmung seiner Höhe und die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bezüglich der Programminhalte grundrechtskonform sind.
33Die gesamte Argumentation des Klägers bietet insoweit keinerlei neue Argumentationsansätze, so dass auf eine Auseinandersetzung mit diesen hinlänglich bekannten und in der Rechtsprechung seit langem geklärten Argumenten hier verzichtet und statt dessen auf die dazu ergangene Rechtsprechung vollinhaltlich Bezug genommen werden kann.
34Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 10. Dezember 2014 ‑ 14 K 322/14 ‑; ‑ 14 K 395/14 ‑ und ‑ 14 K 3068/14 ‑, jeweils m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein - Westfalen, Urteile vom 12. März 2015 - 2 A 2311/14 -, - 2 A 2422/14 - und - 2 A 2423/14 -; sämtlich veröffentlicht unter www.nrwe.de; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 7. November 2016 - 1 A 25/15 -, juris; Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 18. März 2016, 6 C 6.15 / 7.15 / 8.15 / 22.15 / u.a., veröffentlicht unter www.bverwg.de; Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 _, BVerfGE 90,60ff und vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270 - 1 BvR 2270/05 u.a., BVerfGE 119 ff und vom 18. Juli 2018 ‑ 1 BvR 1675/16 - u.a., abzurufen über die Internetseite des Bundesverfassungsgerichts; Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2018 - C-492/17 -, NJW 2019, Seite 577ff.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
37Rechtsmittelbelehrung:
38Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
391. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
402. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
413. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
424. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
435. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
44Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen.
45Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
46Herfort
47Beschluss
48Der Streitwert wird auf die Stufe bis 500,- € festgesetzt.
49Gründe:
50Die Entscheidung beruht auf § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes und richtet sich nach dem in dem streitgegenständlichen Bescheid festgesetzten Rundfunkbeitrag.
51Rechtsmittelbelehrung:
52Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
53Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
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Referenzen
- § 2 Abs. 2 Nr. 1 RBStV 1x (nicht zugeordnet)
- § 10 Abs. 5 RBStV 1x (nicht zugeordnet)
- § 7 Abs. 1 RBStV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 1 BvL 30/88 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 113 1x
- VwGO § 167 1x
- 2 A 2311/14 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 189, 191 und 192, LG 3x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2270/05 1x (nicht zugeordnet)
- 2 A 2422/14 1x (nicht zugeordnet)
- 14 K 395/14 1x (nicht zugeordnet)
- § 7 Abs. 3 RBStV 4x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- VwGO § 67 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 14 K 3068/14 1x (nicht zugeordnet)
- 1 A 25/15 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 1675/16 1x (nicht zugeordnet)
- 62 S 107/99 1x (nicht zugeordnet)
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- 2 A 2423/14 1x (nicht zugeordnet)
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