Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (4. Kammer) - 4 A 71/13

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Niederschlagswassergebühren für die Jahre 2004 bis 2011.

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Er ist Straßenbaulastträger für die im Gebiet der Beklagten gelegenen Kreisstraßen. Ein Teil der Grundstücke, nämlich die Grundstücke Gemarkung A., Flur B., Flurstück C., Flur D., Flurstück E./F., Flur G., Flurstück H./D. und Flur E., Flurstücke I., J. und K. stehen im Eigentum der Beklagten. Eigentümer der übrigen Straßengrundstücke, soweit diese streitgegenständlich sind, ist der Kläger.

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Mit Bescheiden vom 11. April 2005, vom 20. Januar 2006, vom 10. Januar 2007, vom 07. Januar 2008, vom 05. Januar 2009 und vom 06. Januar 2010 zog die Beklagte den Kläger bzw. einen seiner beiden Rechtsvorgänger, den Landkreis L.-M., zu Niederschlagswassergebühren für die Jahre 2004 bis 2009 für die Entwässerung der Kreisstraßen im Gebiet der Beklagten heran. Im Widerspruchsverfahren reduzierte die Beklagte die Forderungen unter Zugrundelegung lediglich der Straßenflächen, in denen sich vor dem In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt errichtete oder erneuerte Abwasseranlagen befänden. Auf die dagegen erhobene Klage hob die Kammer die Bescheide durch rechtskräftiges Urteil vom 19. April 2012 (4 A 298/10 HAL) auf. Die Abwassergebührensatzung der Beklagten vom 17. Dezember 2009 sei ebenso wie die Abwassergebührensatzung der Beklagten vom 13. Dezember 2001, zuletzt geändert durch die Änderungssatzung vom 30. November 2006, nichtig, soweit darin Niederschlagswassergebühren für Straßenflächen vorgesehen seien. Sie verstoße insoweit gegen § 23 Abs. 5 StrG LSA, weil sie eine Gebührenerhebung auch für Straßenflächen vorsehe, die in nach In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen entwässerten.

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Mit Bescheid vom 12. Oktober 2012 zog die Beklagte den Kläger unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes von 0,76 Euro/m² und einer Bemessungsfläche von 27.524 m² zu Niederschlagswassergebühren für die Jahre 2004 bis 2006 in Höhe von jeweils 20.918,24 Euro sowie unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes von 0,98 Euro/m² und einer Bemessungsfläche von 27.524 m² zu Niederschlagswassergebühren für die Jahre 2007 bis 2009 in Höhe von jeweils 26.973,52 Euro heran. In der Anlage zum Bescheid gab die Beklagte die konkreten Straßenflächen im Einzelnen an, für deren Entwässerung die Gebühr erhoben werde.

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Mit Bescheiden vom 24. Januar 2011 und vom 27. Februar 2012 erhob die Beklagte vom Kläger Niederschlagswassergebühren für die Jahre 2010 und 2011 in Höhe von jeweils 30.826,88 Euro unter Ansatz einer Bemessungsfläche von 27.524 m² und eines Gebührensatzes von 1,12 Euro/m².

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Den gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2012 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 zurück. Den gegen die Bescheide vom 24. Januar 2011 und vom 27. Februar 2012 erhobenen Widersprüchen half sie mit Widerspruchsbescheiden vom 22. Februar 2013 bzw. vom 25. Februar 2013 teilweise ab und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Geltend gemacht werden danach für das Jahr 2010 29.725,92 Euro und für das Jahr 2011 24.889,68 Euro. Der Gebühr für das Jahr 2010 legte die Beklagte eine Bemessungsfläche von 27.524 m² und einen Gebührensatz von 1,08 Euro/m² zugrunde. Für das Jahr 2011 ging sie von einer Bemessungsfläche von 23.046 m² sowie von einem Gebührensatz von 1,08 Euro/m² aus.

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Zur Begründung führte sie aus, rechtliche Grundlage bilde die nunmehr erlassene Abwassergebührensatzung in der Fassung der 1. Änderungssatzung, die mit Rückwirkung in Kraft gesetzt worden sei. Die Vorschrift des § 23 Abs. 5 StrG LSA schließe nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt lediglich eine Gebührenerhebung aus, soweit die Straßenentwässerung in Anlagen erfolge, die nach In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt errichtet oder erneuert worden seien. Dagegen verbiete die Norm eine Gebührenerhebung nicht, soweit die Ableitung des Niederschlagswassers in Anlagen erfolge, die vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes errichtet oder erneuert worden seien. Im Hinblick darauf würden lediglich für die im Einzelnen benannten Straßenabschnitte, in denen die Entwässerungsanlagen vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt errichtet oder erneuert worden seien, Gebühren erhoben.

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Der Kläger hat am 25. März 2013 Klage erhoben. Zu deren Begründung macht er geltend, eine Gebührenerhebung für die Straßenentwässerung scheide aus, weil die zur Ableitung des Straßenoberflächenwassers genutzte Anlage Teil der Straße und insoweit dem Kommunalabgabenrecht entzogen sei. Dafür spreche auch die Regelung des § 23 Abs. 2 StrG LSA, die der Gemeinde einen unentgeltlichen geldwerten Vorteil verschaffe, in fremden Grundstücken Abwasserleitungen zu verlegen. Der Bundesgesetzgeber habe mit § 9 des Grundbuchbereinigungsgesetzes für Energieanlagen beschränkte persönliche Dienstbarkeiten geschaffen und in § 9 Abs. 3 einen einmaligen Ausgleich für dieses Recht geregelt. Für Leitungen der Abwasserbeseitigung enthalte § 9 Abs. 9 dieses Gesetzes eine Erstreckungsmöglichkeit durch Rechtsverordnung der Bundesregierung bis zum 31. Dezember 1995, wozu es jedoch nie gekommen sei. Damit fehle es an einem Äquivalent für die Nutzungsmöglichkeit des Straßenraums fremder Baulastträger. Zudem werde Verjährung eingewandt.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2013 aufzuheben,

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den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2013 aufzuheben,

12

und den Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2013 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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§ 23 Abs. 5 des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt erfasse nur nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes errichtete oder erneuerte Anlagen und schließe eine Gebührenerhebung für Altanlagen nicht aus. Die Ansprüche seien nicht verjährt, da sie für die Jahre 2004 bis 2009 innerhalb der Festsetzungsfrist Bescheide erlassen habe, die jedoch durch Urteil des Gerichts aufgehoben worden seien. Durch das gerichtliche Verfahren sei die Verjährung gehemmt gewesen. Die Hemmung habe nach § 204 Abs. 2 BGB erst sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts geendet.

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In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass aufgrund des gemeinsam durchgeführten Ausbaus der Kreisstraße N. O. im Bereich A.-P. „Q. R. S.“ bis A. T. „U.“ das Flurstück V. der Flur E. in der Gemarkung A. ab dem 01. Januar 2009 lediglich mit einer Straßenfläche von 1.346 m² in eine vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt errichtete oder erneuerte Abwasseranlage entwässert habe.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat teilweise Erfolg.

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Die angefochtenen Bescheide sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Gebührenerhebung ist hinsichtlich der Einleitung des Straßenoberflächenwassers von den Fahrbahnflächen der Grundstücke Gemarkung A., Flur B., Flurstück C., Flur D., Flurstück E./F., Flur G., Flurstück H./D. und Flur E., Flurstücke V. (teilweise), I., J. und K. rechtsfehlerhaft, im Übrigen aber nicht zu beanstanden.

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Rechtliche Grundlage der Gebührenerhebung ist die Abwassergebührensatzung der Beklagten vom 17. Dezember 2009 (bekannt gemacht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft A.-W. vom 28. Dezember 2009) in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 27. September 2012 (bekannt gemacht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft A.-W. vom 02. Oktober 2012) – im Folgenden: AGS 2012).

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Gemäß § 1 AGS 2012 betreibt die Beklagte Kanalisations- und Abwasserreinigungsanlagen nach Maßgabe ihrer Abwassersatzung. Für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Abwasseranlagen werden nach § 2 Abs. 1 AGS 2012 verbrauchsabhängige Abwassergebühren für Grundstücke erhoben, die an diese öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind oder in diese entwässern (Satz 1). Das gilt hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung für Straßenflächen nur für diejenigen Straßenflächen, die unmittelbar in öffentliche Abwasseranlagen entwässern, die von der Beklagten betrieben werden und die vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl. LSA 1993 S. 334) bereits hergestellt waren oder erneuert wurden (Satz 2). Die Gebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung bemisst sich gemäß § 3 Abs. 7 Satz 1 AGS 2012 nach der überbauten oder befestigten Grundstücksfläche, von der aus Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage gelangt. Die Abwassergebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung beträgt nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AGS 2012 für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2006 0,76 Euro/m², für die Zeit vom 01. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 0,98 Euro/m² und für die Zeit vom 01. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2011 1,08 Euro/m². Als Gebührenpflichtig sind in § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AGS 2012 der Grundstückseigentümer bzw. an dessen Stelle der Erbbauberechtigte bestimmt, in § 5 Abs. 4 AGS 2012 zudem der tatsächliche Benutzer der Abwasseranlagen sowie in § 5 Abs. 5 AGS 2012 darüber hinaus der Straßenbaulastträger bezüglich der Niederschlagswasserbeseitigung, wenn die unmittelbare Einleitung in einen Kanal erfolgt, der von der Beklagten betrieben wird und wenn dieser Kanal vor In-Kraft-Treten des § 23 Abs. 5 Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl. LSA 1993 S. 334) bereits hergestellt oder erneuert worden ist. Die Abwassergebührensatzung wurde nach ihrem § 15 mit Rückwirkung zum 01. Januar 2004 in Kraft gesetzt.

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1. Gegen diese Regelungen bestehen – mit Ausnahme der Rückwirkungsanordnung in Bezug auf § 5 Abs. 4 und 5 AGS 2012 – keine rechtlichen Bedenken. Die satzungsrechtlichen Normen finden ihre rechtliche Grundlage in den §§ 1, 2 und 5 KAG LSA. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erheben die Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, sofern ein privatrechtliches Entgelt nicht gefordert wird. Die Bestimmung der (Reichweite der) jeweiligen öffentlichen Einrichtung bzw. der durch die öffentliche Einrichtung ihren Benutzern zu erbringenden Leistungen obliegt der Gemeinde im Rahmen ihres weiten Organisationsermessens. Hier hat die Beklagte in ihrer Abwassersatzung vom 25. März 1999, zuletzt geändert durch die Satzung vom 26. August 2004 (AbwS 1999), in § 1 Abs. 1 bestimmt, dass sie eine rechtlich selbständige öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung auf ihrem Gebiet mit Ausnahme des näher bezeichneten sog. Chemiestandorts der früheren A.-X. betreibt. Die Abwasserbeseitigung umfasst das Sammeln, Fortleiten, Behandeln, Einleiten, Versickern, Verregnen und Verrieseln von Abwasser (§ 2 Abs. 2 AbwS 1999), wobei Abwasser im Sinne der Satzung u.a. Wasser ist, das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließt (§ 2 Abs. 1 AbwS 1999). Entsprechend Regelung finden sich in den §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 und 4 der Abwassersatzung der Beklagten vom 26. November 2009 bzw. der Abwassersatzung der Beklagten vom 28. Juli 2011. Damit nehmen die Satzungen Straßenoberflächenwasser nicht aus. Vielmehr wird dessen Beseitigung vom Einrichtungszweck mit erfasst.

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Der Schaffung einer kommunalen Einrichtung im Sinne des § 5 KAG LSA zum Zwecke auch der Straßenoberflächenwasserbeseitigung steht nicht entgegen, dass nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA zu den öffentlichen Straßen u.a. der Straßenkörper gehört, dem wiederum insbesondere Entwässerungsanlagen zugeordnet sind. Daraus ergibt sich nicht, dass Anlagen(teile), soweit sie der Entwässerung des Straßenabwassers dienen, der durch das Straßengesetz geschaffenen Einrichtung „Straße“ zuzuordnen und dem Einrichtungsbegriff des Kommunalabgabengesetzes entzogen sind. Vielmehr folgt aus § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG, in dem ausdrücklich auf eine „nicht straßeneigene … Abwasseranlage“ abgestellt wird, dass unter Entwässerungsanlagen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA nur solche zu verstehen sind, die straßeneigen, d.h. vom Träger der Straßenbaulast für die Ableitung des Straßenoberflächenwassers speziell eingerichtet worden sind.

23

Kann die Gemeinde sonach eine öffentliche Einrichtung auch zur Straßenoberflächenentwässerung betreiben, steht es ihr zudem frei, ob sie ihre Einrichtung auch für die Beseitigung des Niederschlagswassers öffnet, das von öffentlichen Straßen in nichtgemeindlicher Baulast herrührt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2011 – 13 K 6435/08 – Juris Rn. 70). So liegt es hier. Unabhängig davon, dass die Bestimmungen in den Abwassersatzungen die Beseitigung des Niederschlagswassers von Straßenflächen nicht einschränken, hat die Beklagte durch die Regelung in § 2 Abs. 1 AGS 2012 hinreichend deutlich gemacht, dass die öffentliche Einrichtung auch zum Zwecke der Beseitigung von Straßenoberflächenwasser, das von Straßen abfließt, für die die Straßenbaulast nicht bei der Gemeinde liegt, zur Verfügung steht. Denn die Regelung, dass Niederschlagswassergebühren für Straßenflächen erhoben werden, die unmittelbar in öffentliche Abwasseranlagen entwässern, die von der Beklagten betrieben werden und die vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl. LSA 1993 S. 334) bereits hergestellt waren oder erneuert wurden, zielt gerade darauf ab, die Nutzung der öffentlichen Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung durch andere Straßenbaulastträger zuzulassen und dafür Gebühren zu erheben.

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Dass die Aufgabe der Straßenentwässerung insoweit nicht bei der Gemeinde, sondern beim jeweiligen Träger der Straßenbaulast liegt, macht die Widmung der Einrichtung zu diesem Zweck nicht unwirksam. Die Gemeinde kann im Rahmen ihres Organisationsermessens vielmehr die Einrichtung auch für einen Zweck vorhalten, der nicht zu ihrem gesetzlichen Aufgabenbereich gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1992 – BVerwG 7 C 34.91 – Juris Rn. 13; offen gelassen: OVG LSA, Urteil vom 28. Mai 2013 – 4 L 231/11 – Juris Rn. 26 ff.).

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Der Erhebung von Benutzungsgebühren nach § 2 Abs. 1 AGS 2012 für Straßenflächen, die unmittelbar in öffentliche Abwasseranlagen der Beklagten entwässern, die vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt bereits hergestellt oder erneuert worden waren, steht auch § 23 Abs. 5 StrG LSA nicht entgegen. Erfolgt eine Straßenentwässerung über eine nicht straßeneigene, von der Gemeinde oder dem Abwasserverband eingerichtete Abwasseranlage, beteiligt sich nach dieser Vorschrift der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung dieser Anlagen in dem Umfang, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde (Satz 1). Der Gemeinde obliegt die schadlose Abführung des Straßenoberflächenwassers (Satz 2). Für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage ist darüber hinaus kein Entgelt zu erheben (Satz 3). Die Vorschrift schließt damit in ihrem Anwendungsbereich die Erhebung von Benutzungsgebühren durch die Gemeinde oder den Abwasserverband gegenüber den Straßenbaulastträgern aus (OVG LSA, Urteil vom 24. März 2009 – 4 L 438/06 – Juris Rn. 31). Sie erfasst nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt unmittelbar aber nur die Ableitung von Straßenoberflächenwasser in Entwässerungseinrichtungen, die nach In-Kraft-Treten des Straßengesetzes Landes Sachsen-Anhalt hergestellt oder erneuert worden sind. Das Gericht hat in der genannten Entscheidung (a.a.O., Rn. 27) insoweit ausgeführt:

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„Zum anderen findet das Kostenbeteiligungssystem des § 23 Abs. 5 StrG LSA auch keine unmittelbare Anwendung auf vor Inkrafttreten des Straßengesetzes (10. Juli 1993) hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen. Da eine ausdrückliche Bestimmung zu ihrem zeitlichen Anwendungsbereich in der Norm selbst fehlt und entsprechende Übergangs- oder Überleitungsregelungen im Straßengesetz nicht vorhanden sind, muss die Norm unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Rechts ausgelegt werden (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Urt. V. 15. März 2006 - 10 LB 7/06 -, zit. Nach JURIS). Der Wortlaut des § 23 Abs. 5 StrG LSA, der ausdrücklich auf eine von einer Gemeinde oder einem Abwasserverband eingerichtete Abwasseranlage abstellt, und die Konzeption des Systems der Kostenbeteiligung, das von einer Beteiligung zum Zeitpunkt der Herstellung oder Erneuerung der Anlage ausgeht, schließen aber eine Erstreckung der Norm auf vor dem Inkrafttreten des Straßengesetzes bereits hergestellte oder erneuerte Anlagen aus. Zudem würde eine unbegrenzte Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs dazu führen, dass in Fällen, in denen die zur Straßenentwässerung mitbenutzte Entwässerungsanlage zu DDR-Zeiten hergestellt oder erneuert worden ist, eine nachträgliche einmalige Kostenbeteiligung nach dem Maßstab der hypothetischen Kosten einer eigenen Straßenentwässerung zu DDR-Zeiten erfolgen müsste. Eine zeitliche Rückwirkung hätte daher zwingend eine differenzierte Übergangsregelung erforderlich gemacht (so auch OVG Thüringen, Beschl. v. 18. November 2008, a.a.O. zu § 23 Abs. 5 ThürStrG).“

27

§ 23 Abs. 5 StrG LSA ist auch nicht analog auf vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes Landes Sachsen-Anhalt hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen anzuwenden. Eine Analogie darf nur vorgenommen werden, um eine echte Regelungslücke auszufüllen. Darunter ist eine Unvollständigkeit des Tatbestandes einer Norm wegen eines versehentlichen, dem Normzweck zuwiderlaufenden Regelungsversäumnisses des Normgebers zu verstehen. Eine solche Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er ihn bedacht hätte (BVerwG, Beschluss vom 11. September 2008 – BVerwG 2 B 43.08 – Juris Rn. 7). Danach scheidet eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 5 StrG LSA auf vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes Landes Sachsen-Anhalt hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen aus. Aus den vorstehenden Darlegungen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt zur Konzeption der Vorschrift und zum Fehlen einer differenzierten Übergangsregelung ist vielmehr ersichtlich, dass der weder ein versehentliches Regelungsversäumnis des Gesetzgebers besteht noch dessen Wille anzunehmen ist, die Rechtsfolge des § 23 Abs. 5 StrG LSA auch für „Altanlagen“ anzuwenden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber ausschließlich eine Kostenbeteiligung für nach dem In-Kraft-Treten des Straßengesetzes Landes Sachsen-Anhalt hergestellte oder erneuerte Anlagen vorsehen wollte (ebenso zur Rechtslage in Thüringen für die gleichlautende Regelung des § 23 Abs. 5 ThürStrG: OVG Weimar, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 4 EO 347/08 – Juris Rn. 15; offen gelassen OVG LSA, Urteil vom 24. März 2009 – 4 L 438/06 – Juris Rn. 28).

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Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 23 Abs. 2 StrG LSA. Danach hat der Träger der Straßenbaulast in Ortsdurchfahrten, deren Straßenbaulast nicht bei der Gemeinde liegt, auf Antrag der Gemeinde die Verlegung von Leitungen, die für Zwecke der öffentlichen Ver- und Entsorgung der Gemeinde erforderlich sind, unentgeltlich zu gestatten, wenn die Verlegung in die in seiner Baulast befindlichen Straßenteile notwendig ist. Aus dieser Regelung lässt sich nichts für einen Ausschluss der Gebührenerhebung bei der Nutzung der Abwasseranlage der Gemeinde durch den Straßenbaulastträger gewinnen. Diese Vorschrift verhält sich dazu nicht. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger in Bezug genommenen Bestimmungen des § 9 des Grundbuchbereinigungsgesetzes. Diese Vorschrift schafft zugunsten des Versorgungsunternehmens eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an Grundstücken, die bereits am 03. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet für Energieanlagen genutzt wurden (Abs. 1). Zudem sieht die Vorschrift die Zahlung eines einmaligen Ausgleichs dafür vor (Abs. 3). Von der Möglichkeit, die Regelungen auf Anlagen der öffentlichen Abwasserbeseitigung zu erstrecken (Abs. 9), wurde durch die Sachenrechtsdurchführungsverordnung vom 20. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3900) Gebrauch gemacht. Diese Regelungen stehen in keinerlei Zusammenhang zu der vorliegend maßgeblichen Frage der Gebührenerhebung für die Benutzung der Abwasseranlage der Kommune zum Zwecke der Beseitigung des Straßenoberflächenwassers. Sie finden im Übrigen gemäß § 9 Abs. 2 des Grundbuchbereinigungsgesetzes auf Leitungen in öffentlichen Verkehrswegen und Verkehrsflächen keine Anwendung.

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Eine Gebührenerhebung für die Beseitigung des Straßenoberflächenwassers scheitert schließlich auch nicht daran, dass es sich bei den dafür entstehenden Kosten um einrichtungsfremde Kosten handelte. Dies ist vielmehr nicht der Fall, weil die Beklagte – wie bereits dargelegt – eine öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung betreibt, die sowohl das Grundstücksoberflächenwasser als auch das Straßenoberflächenwasser umfasst. Daher wird den privaten Nutzern wie den Straßenbaulastträgern, die die Einrichtung freiwillig und im Einverständnis der Beklagten nutzen, eine einrichtungsgemäße Leistung erbracht, für die die Beklagte Benutzungsgebühren erheben kann (so auch Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand 09/2014, § 6 Rn. 747). Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Juli 2002 (Az.: III ZR 287/01, Juris) folgt nichts anderes, da diese zum Landesrecht in Rheinland-Pfalz ergangen ist, das – abweichend von der Rechtslage in Sachsen-Anhalt – vorsieht, dass die Kosten der Entwässerung öffentlicher Verkehrsanlagen nicht zu den Kosten gehören, die über die Abwassergebühr gedeckt werden können (BGH, a.a.O., Rn. 12).

30

Das in § 15 AGS 2012 angeordnete rückwirkende In-Kraft-Treten der Satzung zum 01. Januar 2004 ist – mit Ausnahme des rückwirkenden In-Kraft-Setzens von § 5 Abs. 4 und 5 AGS 2012 – ebenfalls frei von rechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Gebot des Vertrauensschutzes liegt insoweit nicht vor. Denn die Beklagte hat durch die AGS 2012 die – unstreitig und hinsichtlich der Jahre 2004 bis 2009 zwischen den Beteiligten rechtskräftig (§ 121 Nr. 1 VwGO) festgestellt – unwirksamen Regelungen der Abwassergebührensatzung vom 13. Dezember 2001, zuletzt geändert durch Satzung vom 30. November 2006, und der Abwassergebührensatzung vom 17. Dezember 2009 (Urteil der Kammer vom 19. April 2012 – 4 A 298/10 – Juris) ersetzt, die ebenfalls die Erhebung von Niederschlagswassergebühren vorsahen. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Abgabepflichtigen darauf, von einer solchen Gebühr verschont zu werden, konnte daher nicht entstehen (BVerfG, Beschluss vom 03. September 2009 – 1 BvR2384/08 – Juris Rn. 19 ff.).

31

Das gilt allerdings nicht, soweit § 15 AGS 2012 die Rückwirkung auch auf die Regelungen in § 5 Abs. 4 und 5 AGS 2012 erstreckt, wonach auch die tatsächlichen Benutzer der Einrichtung bzw. die Straßenbaulastträger gebührenpflichtig sind. Insoweit liegt eine unzulässige sog. echte Rückwirkung vor, weil die Beklagte damit nachträglichändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift, für die ein schutzwürdiges Vertrauen besteht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Abwassergebührensatzung vom 13. Dezember 2001 die tatsächlichen Benutzer der Einrichtung bzw. die Straßenbaulastträger als Gebührenschuldner nicht vorgesehen hat. Vielmehr beschränkte sich die Satzung in § 5 Abs. 1 und 2 auf die Gebührenpflichtigen, die in § 5 Abs. 1 und 2 AGS 2012 bezeichnet sind. Die neue Regelung stellt sich daher als mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende rückwirkende Erweiterung der Abgabepflichtigen dar (VGH Mannheim, Urteil vom 07. November 2014 – 2 S 1529/11 – Juris Rn. 33).

32

Dieser Verstoß hat die Nichtigkeit der Rückwirkungsanordnung in § 15 AGS 2012 in Bezug auf § 5 Abs. 4 und 5 AGS 2012 zur Folge. Die Nichtigkeit beschränkt sich auf die In-Kraft-Tretensregelung für diese Vorschriften. Denn die Ungültigkeit eines Teils einer kommunalen Satzungsbestimmung führt dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, Beschluss vom 01. August 2001 – BVerwG 4 B 23.01 – Juris Rn. 4, ständige Rechtsprechung). So liegt es hier. Die Regelung über das In-Kraft-Treten der einzelnen Satzungsbestimmungen ist zum einen sachlich teilbar. Zum anderen ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die Beklagte die Satzung auch ohne Rückwirkungsanordnung in Bezug auf die Regelungen in § 5 Abs. 4 und 5 AGS 2012 erlassen hätte, wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass deren rückwirkendes In-Kraft-Setzen zum 01. Januar 2004 gegen das Rechtsstaatsprinzip verstößt. § 5 Abs. 4 und 5 AGS 2012 sind wegen der Teilnichtigkeit der diesbezüglichen Rückwirkungsanordnung in § 15 AGS 2012 gemäß § 6 Abs. 5 GO LSA am Tag nach der Bekanntmachung, mithin am 03. Oktober 2012, in Kraft getreten. Nach dieser Vorschrift treten Satzungen, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, mit dem Tage nach der Bekanntmachung in Kraft (OVG LSA, Urteil vom 25. Januar 2012 – 4 L 240/10 – Juris Rn. 30).

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2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für die Jahre 2004 bis 2011 liegen in Bezug auf die Fahrbahnflächen der folgenden Grundstücke in der Gemarkung A. vor:

34

Flur Y.

    

Flurstück Z.

Flur AA.

Flurstück AB./F.

Flur AC.

Flurstück AD./Y.

Flur AE.

Flurstück AC./AF.

Flur AG.

Flurstück AC./AA.

Flur AH.

Flurstück E./AI.

Flur AH.

Flurstück E./AJ. (bis 2010)

Flur E.

Flurstück V.

Flur E.

Flurstück AK..

35

Der Kläger hat insoweit die Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung der Beklagten in Anspruch genommen, da er das darauf anfallende Niederschlagswasser dorthin abgeleitet hat. Die Ableitung erfolgte zudem unstreitig unmittelbar in Anlagen, die vor In-Kraft-Treten des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt am 10. Juli 1993 hergestellt oder erneuert worden sind. Schließlich war der Kläger nicht lediglich zuständiger Straßenbaulastträger, sondern zudem auch Eigentümer der Grundstücke.

36

Soweit es dagegen die Fahrbahnflächen der Grundstücke Gemarkung A., Flur B., Flurstück C., Flur D., Flurstück E./F., Flur G., Flurstück H./D. und Flur E., Flurstücke I., J. und K. betrifft, hat der Kläger die öffentliche Einrichtung der Beklagten durch Einleitung des Niederschlagswassers zwar in Anspruch genommen. Da der Kläger jedoch nicht Eigentümer dieser Grundstücke war und die § 5 Abs. 4 und 5 AGS 2012 erst am 03. Oktober 2012 in Kraft getreten sind, ist er insoweit nicht gebührenpflichtig.

37

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Träger der Straßenbaulast nach § 13 Abs. 4 Satz 2 StrG LSA bis zum Erwerb des für die Straßen in Anspruch genommenen Grundstücks die Pflichten des Eigentümers wahrzunehmen hat. Dies ändert nichts daran, dass der Straßenbaulastträger nicht Gebührenschuldner im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 AGS 2012 ist, weil diese Regelung an die Stellung als Grundstückseigentümer anknüpft und nicht daran, wer dessen Pflichten zu erfüllen hat (im Ergebnis ebenso: Lichtenfeld, a.a.O., Rn. 747c). Zudem liegt in den Fällen, in denen der Eigentümer des Straßengrundstücks nicht der Träger der Straßenbaulast ist, bereits keine – auch nicht die Heranziehung des Grundstückseigentümers grundsätzlich rechtfertigende mittelbare – Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch den Eigentümer vor, da allein dem Straßenbaulastpflichtigen die Entsorgung des Niederschlagswassers obliegt und daher allein dieser den Benutzungstatbestand erfüllt. Es besteht daher auch keine Verpflichtung des Eigentümers zur Zahlung von Niederschlagswassergebühren, die der Träger der Straßenbaulast zu erfüllen hätte.

38

Demzufolge errechnen sich die Gebührenansprüche der Beklagten wie folgt:

39

Die einleitende Straßenfläche der einzelnen Grundstücke, die nach § 3 Abs. 7 Satz 3 AGS 2012 jeweils auf volle m² abzurunden ist, beläuft sich unstreitig auf

40

Flur Y.

    

Flurstück Z.

    

7.501,76 m²

Flur AA.

Flurstück AB./F.

847 m²

Flur AC.

Flurstück AD./Y.

2.673 m²

Flur AE.

Flurstück AC./AF.

1.858,50 m²

Flur AG.

Flurstück AC./AA.

2.579,50 m²

Flur AH.

Flurstück E./AI.

1.770,30 m²

Flur AH.

Flurstück E./AJ. (bis 31. Dezember 2010)

1.503,80 m²

Flur E.

Flurstück V. (bis 31. Dezember 2008)

1.841,40 m²

Flur E.

Flurstück V. (ab 01. Januar 2009)

1.346,40 m²

Flur E.

Flurstück AK.

514,40 m².

41

Sonach ergeben sich folgende Bemessungsflächen:

42

2004 bis 2008

    

21.086 m²

2009 und 2010

20.591 m²

2011   

19.088 m²,

43

so dass sich folgende Gebühren errechnen:

44

2004 bis 2006

    

jeweils 16.025,36 Euro (21.086 m² x 0,76 Euro/m²)

2007 und 2008

jeweils 20.664,28 Euro (21.086 m² x 0,98 Euro/m²)

2009   

20.179,18 Euro (20.591 m² x 0,98 Euro/m²)

2010   

22.238,28 Euro (20.591 m² x 1,08 Euro/m²)

2011   

20.615,04 Euro (19.088 m² x 1,08 Euro/m²).

45

3. Die Gebührenansprüche sind auch nicht festsetzungsverjährt. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. den §§ 169 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 170 Abs. 1 AO ist eine Abgabenfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die für Kommunalabgaben maßgebliche Festsetzungsfrist von vier Jahren abgelaufen ist, wobei die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnt, in dem die Abgabe entstanden ist. Die Gebührenansprüche sind hier jeweils mit Ablauf des Erhebungszeitraums, d.h. des Kalenderjahrs (§ 7 Abs. 1 AGS 2012) entstanden. Die Festsetzungsfrist begann daher für die Gebührenansprüche der Jahre 2004 bis 2009 jeweils mit Ablauf dieser Jahre zu laufen und endete mit Ablauf der Jahre 2008 bis 2013. Der diese Veranlagungsjahre betreffende Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2012 wahrt diese Frist hinsichtlich der Gebührenansprüche zwar nur für die Jahre 2008 und 2009, nicht aber für die Jahre 2004 bis 2007.

46

Gleichwohl ist auch für diese Ansprüche die Festsetzungsfrist gewahrt. Denn der Eintritt der Festsetzungsverjährung ist gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. § 171 Abs. 3a AO durch die Einlegung der Widersprüche gegen die Bescheide der Beklagten vom 11. April 2005, vom 20. Januar 2006, vom 10. Januar 2007 und vom 07. Januar 2008 bis zum Eintritt der Bestandskraft des vorliegend angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2012 gehemmt worden.

47

Dass in § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA in der bis zum 23. Dezember 2014 geltenden Fassung lediglich die Absätze 1 bis 4 und 7 bis 14 des § 171 AO, nicht jedoch dessen Absatz 3a auf kommunale Abgaben für entsprechend anwendbar erklärt wurde, steht dessen Anwendbarkeit nicht entgegen. Die Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA ist nämlich als dynamische Verweisung auf die entsprechenden Regelungen des § 171 AO anzusehen, so dass auch die Regelung in § 171 Abs. 3a AO, die ihrem wesentlichen Regelungsgehalt nach dem Absatz 3 Satz 2 des § 171 Abs. 3 AO in der zuletzt mit Gesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I 3836) geänderten Fassung entspricht, in Bezug genommen wird (OVG LSA, Beschluss vom 11. Oktober 2004 – 2 M 444/04 – Juris Rn. 4).

48

Wird ein Abgabenbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft gemäß § 171 Abs. 3a Satz 1 AO die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist nach § 171 Abs. 3a Satz 2 AO hinsichtlich des gesamten Abgabenanspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. § 171 Abs. 3a Satz 3 AO bestimmt, dass in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden ist, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Abgabenbescheid unanfechtbar geworden ist.

49

Die Voraussetzungen des § 171 Abs. 3a AO liegen vor. Die Beklagte hatte mit den innerhalb der Festsetzungsfrist erlassenen Bescheiden vom 11. April 2005, vom 20. Januar 2006, vom 10. Januar 2007 und vom 07. Januar 2008 die Niederschlagswassergebührenansprüche gegen den Kläger bzw. seinen Rechtsvorgänger fristgerecht geltend gemacht. Diese Bescheide wurden vom Kläger durch Klage angefochten und durch Urteil der Kammer vom 19. April 2012 (4 A 298/10 HAL) aufgehoben. Demzufolge endet die Ablaufhemmung erst, wenn ein nachfolgender (neuer) Gebührenbescheid – der hier streitige – unanfechtbar geworden bzw. über den Rechtsbehelf gegen diesen Bescheid unanfechtbar entschieden ist.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.


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