Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (5. Kammer) - 5 A 157/14
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm ab November 2012 eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 9 zu gewähren.
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Der Kläger wurde vom Land Sachsen-Anhalt mit Urkunde vom 14. August 2007, die ihm am 16. August 2007 ausgehändigt wurde, zum Justizsekretär ernannt und in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Er war nach Versetzung dem Sozialgericht B-Stadt zugeordnet.
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Nachdem er sich erfolgreich beworben hatte, wurde er ab dem 1. Oktober 2009 an das Ministerium für Justiz und Gleichstellung abgeordnet und zugleich für den Bachelor-Studiengang „Soziale Arbeit in der Justiz“ freigestellt.
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Der Kläger bestand am 5. September 2012 die Bachelor-Prüfung im Studiengang „Soziale Arbeit in der Justiz“. Die Hochschule Magdeburg-Stendal verlieh im daraufhin den akademischen Grad Bachelor of Arts. Mit Urkunde vom 24. September 2012 erteilte die Hochschule Magdeburg-Stendal dem Kläger die Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Staatlich anerkannter Sozialarbeiter“ zu führen.
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Der Kläger wurde vom Präsidenten des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt mit Wirkung vom 1. November 2012 an den Sozialen Dienst der Justiz versetzt. Seitdem übt der Kläger die Tätigkeit eines Sozialinspektors aus. Er erhielt weiterhin Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 6 LBesO.
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Mit Schriftsatz vom 27. September 2013 erhob der Kläger Widerspruch gegen seine Besoldungsmitteilungen und begehrte eine Besoldung aus der Besoldungsgruppe A 9 LBesO.
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Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. Mai 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die Einstellungsvoraussetzungen für die Laufbahn des sozialen Dienstes in der Justiz würden wie für alle Laufbahnen in Kapitel 2 der Laufbahnverordnung vom 27. Januar 2010 definiert. Die Laufbahnbefähigung werde nach § 12 Abs. 1 LVO LSA erworben, wenn die dortigen Voraussetzungen erfüllt seien. Der Kläger erwerbe im konkreten Fall seine Laufbahnbefähigung, wenn er nach dem Bachelor-Studiengang eine Zeit von zwei Jahren und sechs Monaten absolviert und das zuständige Fachministerium die Laufbahnbefähigung festgestellt habe. Danach habe der Bewerber noch eine Bewährungszeit von sechs Monaten nach § 16 Abs. 3 LBG LSA zu absolvieren. Rechne man das zusammen, so könne eine Ernennung zum Sozialinspektor frühestens nach Ablauf von drei Jahren nach der Versetzung in den sozialen Dienst der Justiz erfolgen. Diese Zeit sei auch noch nicht abgelaufen. Bis zur Verleihung des neuen Amtes gelte die bisherige Besoldungsgruppe A 6 weiter. Ein Anspruch des Klägers auf höhere Besoldung bestehe nicht.
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Der Kläger hat am 5. Juni 2014 beim erkennenden Gericht Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor, er verfüge über einen Anspruch auf Besoldung aus der Besoldungsgruppe A 9 LBesO. Die dem entgegenstehende Laufbahnverordnung von 1994 sei nicht mehr gültig. Die neue Laufbahnverordnung sehe eine dem § 30 der alten Laufbahnverordnung entsprechende Regelung nicht mehr vor, so dass er entsprechend seiner tatsächlichen Tätigkeit zu alimentieren sei.
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Der Kläger beantragt,
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den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. Mai 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm ab November 2012 eine Besoldung aus der Besoldungsgruppe A 9 LBesO zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt den angefochtenen Widerspruchsbescheid.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger verfügt über einen keinen Anspruch auf eine höhere als die ihm gezahlte Besoldung.
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Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 19 Abs. 1 Satz 1 des Besoldungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 8. Februar 2011 (GVBl. S. 68), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juli 2013 (GVBl. S. 400). Nach dieser Vorschrift bestimmt sich das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe des verliehenen Amtes. Das verliehene Amt ist bei dem Kläger das eines Justizsekretärs. Eine anderweitige Ernennung, insbesondere in das Amt eines Sozialinspektors ist nicht erfolgt. Die als solche ausdrücklich bezeichnete Versetzung an den Sozialen Dienst der Justiz ist keine Ernennung und kann ihr in den Rechtswirkungen auch nicht gleichstehen. Eine Versetzung ändert nämlich nicht das statusrechtliche Amt, um das es bei der Besoldung geht, sondern lediglich das abstrakt-funktionelle Amt des jeweiligen Beamten. Die Versetzung führt vorliegend nicht einmal zu einer Änderung der Amtsbezeichnung.
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Der Umstand, dass der Kläger das Amt im konkret-funktionellen Sinne eines Sozialinspektors ausübt, vermag bei diesem System zu nichts anderem zu führen. Entscheidend ist nämlich, wie sich aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 LBesG LSA ergibt, nicht die tatsächliche Tätigkeit, sondern das Statusamt.
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Dem Kläger stand auch kein Anspruch zur Seite, ab seiner Versetzung in den Sozialen Dienst der Justiz, das Amt eines Sozialinspektors verliehen zu bekommen. Ein solcher Anspruch ist im konkreten Falle denkbar, wenn ein Beamter auf der Grundlage eines Auswahlverfahrens durch den Dienstherrn die Befähigung einer anderen Laufbahn erwirbt und vom Dienstherrn dann genau in dieser Laufbahn auch eingesetzt wird. Vorliegend fehlte es aber zum Zeitpunkt der Versetzung in den Sozialen Dienst der Justiz an der erforderlichen Laufbahnbefähigung.
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Die Laufbahnbefähigung für den Sozialen Dienst wird erworben durch deren Feststellung durch den Beklagten nach dem Ableisten der vorgeschriebenen hauptberuflichen Tätigkeit (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten im Land Sachsen-Anhalt vom 27. Januar 2010 (GVBl. S 12), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. November 2014 (GVBl. LSA S. 456, berichtigt S. 465) – LVO LSA -). Der Soziale Dienst in der Justiz gehört zu den eingerichteten Laufbahnen ohne Vorbereitungsdienst und Laufbahnprüfung, weil er in der Anlage 1 zu § 2 LVO LSA Abschnitt II Nr. 4.2.2 aufgeführt ist. Als Vorbildungsvoraussetzung ist ein Bachelor- oder gleichwertiger Studiengang Sozialarbeit/Sozialpädagogik und die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge aufgeführt. In einem solchen Fall fordert § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVO LSA eine hauptberufliche Tätigkeit von zwei Jahren und sechs Monaten, weil das Einstiegsamt Sozialinspektor das erste Einstiegsamt in der Laufbahn der Laufbahngruppe 2 ist. Davon abweichend von dem kann die berufspraktische Tätigkeit, die Voraussetzung für die staatliche Anerkennung ist, auf die hauptberufliche Tätigkeit angerechnet werden, wenn sie im öffentlichen Dienst oder bei öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften oder ihren Verbänden abgeleistet wurde. Diese Regelung kann nicht zu einer Verkürzung der erforderlichen hauptberuflichen Tätigkeiten im Falle des Klägers führen. Denn anrechenbar ist insoweit nur eine Tätigkeit nach dem Bachelor-Abschluss, wenn diese erforderlich ist, um die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge zu erreichen. Letzteres war bei dem Kläger nicht der Fall. Diese Anerkennung hat er praktisch gleichzeitig mit seinem Bachelor-Abschluss und ohne eine weitere Tätigkeit zu erbringen, erreicht.
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Die Tätigkeit als Justizsekretär war vor dem Studium und ist insoweit nicht anrechenbar. Dies ergibt sich aus den Regelungen über den Laufbahnwechsel. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist insoweit § 16 des Beamtengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2009 (GVBl. S. 648), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juli 2015 (GVBl. S. 314) – LBG LSA -. § 16 Abs. 1 LBG LSA ermöglicht die Teilnahme am Erwerb einer weiteren Befähigung für eine andere Laufbahn nach dem Abschluss eines erforderlichen Hochschulstudiums. In dieser Situation befand sich der Kläger nach erfolgreichem Abschluss seines Bachelor-Studiums befand. In einem solchen Falle sieht § 16 Abs. 2 LBG LSA vor, dass ein ausgewählter Beamter bei Laufbahnen, für die kein Vorbereitungsdienst eingerichtet ist, die vorgeschriebene hauptberufliche Tätigkeit ableistet. Schon das schließt die Anrechnung der bisherigen Zeit als Justizsekretär als allgemeine Maßnahme aus. Während dieser hauptberuflichen Tätigkeit verbleiben die Laufbahnwechsler in ihrer bisherigen beamtenrechtlichen Stellung (§ 16 Abs. 2 Satz 3 LBG LSA). Mit dieser Regelung ist klargestellt, dass der Kläger während der erforderlichen hauptberuflichen Tätigkeit für den Erwerb der Befähigung im Amt eines Justizsekretärs verbleibt. Das ist unabhängig davon, ob sich hieraus Vor- oder Nachteile ergeben. Eine Verleihung des Einstiegsamtes der neuen Laufbahn kann dann erst nach § 16 Abs. 3 LBG LSA (dort als Versetzung bezeichnet) erfolgen, wenn sich der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung in der Wahrnehmung von Aufgaben der neuen Laufbahn bewährt hat. Die dortige Bewährungszeit beträgt sechs Monate.
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Dies zusammengenommen, ermöglicht es dem Beklagten – wie von ihm ausgeführt - erst drei Jahre nach der Versetzung in den Sozialen Dienst der Justiz, dem Kläger das Amt eines Sozialinspektors zu verleihen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 2 LVO 1x (nicht zugeordnet)
- LBG § 16 5x
- VwGO § 167 1x
- § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVO 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- § 12 Abs. 1 LVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 19 Abs. 1 Satz 1 LBesG 1x (nicht zugeordnet)