Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (7. Kammer) - 7 A 166/13
Tatbestand
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Der Kläger begehrt als Aufgabenträger vom Beklagten weitere Mittelzuweisungen zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs für das Jahr 2012.
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Mit Schreiben vom 13. Mai 2013 übersandte der Kläger dem Beklagten die für die Berechnung des Zuweisungsbetrages nach § 8a ÖPNVG LSA erforderliche zahlenmäßige Aufstellung für das abzurechnende Jahr 2012. In dem Anschreiben war ausgeführt, dass bei der Aufstellung die Hinweise des Beklagten im Festsetzungsbescheid für das Jahr 2011 hinsichtlich von Fahrausweisen, die zur Nutzung durch eine Mehrzahl von Fahrgästen berechtigen, zugrunde gelegt worden seien. Auf Anforderung des Beklagten übersandte der Beklagte unter dem 29. Mai 2013 eine überarbeitete Aufstellung, der die Anzahl der verkauften Monatskarten im Abonnement zu entnehmen war.
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Mit Bescheid vom 13. Juni 2013 setzt der Beklagte den finanziellen Anspruch des Klägers für die Sicherstellung und Versorgung der Bevölkerung mit den Leistungen des Straßenpersonennahverkehrs für das Kalenderjahr 2012 auf 2.333.968,75 Euro fest. Unter Berücksichtigung der darauf bereits erbrachten Vorauszahlungen gewährte er die Zahlung einer Restsumme von 151.511,75 Euro.
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Bei der Berechnung des Anspruchs wurden die Beförderungsfälle mit Abonnement-Monatskarten nicht mit dem Ausnutzungsfaktor für Monatskarten, sondern dem von Jahreskarten ermittelt Zur Begründung verwies der der Beklagte auf ein Urteil des OVG Münster vom 12. Dezember 1990 (Az.: 13 A 50/90), wonach Abo-Monatskarten aufgrund ihrer vertraglichen Gestaltung den Charakter von Jahreskarten hätten und auch als solche zu berücksichtigen seien.
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Bei Fahrausweisen, die zur Nutzung durch eine Mehrzahl von Fahrgästen berechtigen, wurde der Ermittlung der Beförderungsfälle die zugelassene Fahrgastzahl zugrunde gelegt und – entsprechend der auch im Bescheid wiedergegebenen Festlegung – eine Gruppen-Tageskarte als Gruppenkarte (tariflich zulässige Nutzerzahl multipliziert mit jeweils 2 Fahrten) und nicht als Tageskarte (mit jeweils 4 Fahrten je möglichem Nutzer) berücksichtigt.
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Am 18. Juli 2013 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt:
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Auf der Grundlage umfangreicher Marktforschungen sei der Verbundtarif der MDV GmbH überarbeitet und neue Tarifprodukte eingeführt worden. Hiermit habe durch das Angebot von verschiedenen Abo-Produkten insbesondere das Abo-Segment, also die Kundenbildung, gestärkt werden sollen. Außerdem sei die bisherige Tageskarte für eine Person dadurch flexibilisiert worden, dass die Tageskarte um eine Funktion erweitert worden sei, die es ermögliche, die Nutzung der Karte für 2, 3, 4 und 5 Personen zu erweitern. Um einen preislichen Anreiz zu bieten, mit einer Kleingruppe den ÖPNV zu nutzen, sei für jede zusätzliche Person nur 50 % des normalen Tageskartenpreises berechnet worden.
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Durch die erstmals in der Abrechnung 2012 eingeführte Berücksichtigung von Abo-Monatskarten als Jahreskarte würden Aufgabenträger im Verkehrsverbund (MDV) gegenüber anderen Aufgabenträgern willkürlich benachteiligt. Zudem würden die Bemühungen der Aufgabenträger-Gesellschafter des MDV um eine Weiterentwicklung von Qualität und Attraktivität der ÖPNV-Angebote konterkariert und in der landesweiten Aufteilung nach dem Finanzierungsfaktor „Fahrten pro Einwohner“ im Prinzip abgestraft.
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Entsprechend stelle sich die Situation bei der Abrechnung der Tageskarte dar. Der Ausnutzungsfaktor für Tageskarten betrage landesgesetzlich 4. Eine weitergehende Differenzierung nach der Personenzahl sei nicht vorgesehen. Es erschließe sich auch nicht, warum Kunden, die eine Tageskarte zu zweit, zu dritt, zu viert oder zu fünft nutzten, gegenüber dem Einzelkunden ein um die Hälfte reduziertes Mobilitätsverhalten zeigen sollten. Bei der Berechnung der Beförderungsfälle der Tageskarte für 5 Personen gehe der MDV bei seinem Vorschlag von einer „gewichteten“ Mittelung der Nutzungshäufigkeit der früheren Gruppenkarte für 5 Personen und der aktuellen Tageskarte für 5 Personen von einer Nutzungshäufigkeit von 20 aus.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, bei der Berechnung der Beförderungsfälle nach den §§ 8 Abs. 3, 8a Abs. 1 ÖPNVG LSA für das Jahr 2012 weitere 103.551 Beförderungsfälle zu berücksichtigen, die sich aus der Nutzung von Monatskarten im Abonnement und aus der Nutzung von Gruppen-Tageskarten ergeben, und einen dementsprechend weiteren finanziellen Anspruch für die Sicherstellung und Versorgung der Bevölkerung mit den Leistungen des Straßenpersonennahverkehrs für das Kalenderjahr 2012 festzusetzen, und den Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht geltend, dass es in der alleinigen Verantwortung des Landes liege, die jeweiligen Ausnutzungsfaktoren zur Berechnung der Beförderungsfälle für die verschiedenen Fahrausweisarten festzulegen, soweit sie nicht schon in § 8a Abs.1 ÖPNVG LSA aufgeführt seien. Eine Diskriminierung von Aufgabenträgern sei von vornherein ausgeschlossen, da die Festlegung landesweit einheitlich erfolge.
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Der Berücksichtigung von Abo-Monatskarten als Jahreskarte liege eine auf der Grundlage des Urteils des OVG Münster gebildete Rechtsauffassung zugrunde, die er landesweit umsetze. Im Jahr 2011 habe die entsprechende Berechnung noch nicht erfolgen können, da einer der Aufgabenträger die erforderlichen Unterlagen nicht hätte vorlegen können. Eine schutzwürdige Vertrauensposition darauf, dass er die im Jahr 2011 praktizierte Berechnungspraxis fortsetzen werde, gebe es nicht. Eine aus heutiger Sicht rechtswidrige Berechnung sei nicht für die Zukunft fortzuführen. Er gehe auch davon aus, dass er nicht zu einer Vorabinformation hinsichtlich der geänderten Berücksichtigung von Abo-Monatskarten verpflichtet gewesen sei. Die Bewertung der Kartenarten stelle lediglich ein internes Hilfsmittel für ihn dar, um aus den verkauften Fahrkarten den Erfolgsfaktor als Verteilgröße zu ermitteln.
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Gruppen-Tageskarten seien – was auch dem Kläger bekannt sei – im landeseinheitlichen Katalog bislang nicht enthalten gewesen, so dass er – der Beklagte – gehalten gewesen sei, diese ihrem Charakter nach einer im Katalog aufgeführten Kartenart zuzuordnen. Insoweit gehe er davon aus, dass eine Gruppen-Tageskarte eher der Gruppenkarte zuzuordnen sei, die dadurch charakterisiert sei, dass sich eine Gruppe zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung zusammenfinde und die günstigere Gruppenkarte für An- und Abreise nutze. Dass sich eine Gruppe zusammenfinde, um am gemeinsamen Ziel noch eine Vielzahl weiterer Fahrten zu unternehmen, bezweifle er. Der Kläger habe die Ausnutzung von 4 auch lediglich behauptet, einen entsprechenden Nachweis – obwohl durch § 8 a Abs. 1 letzter Satz ÖPNVG LSA grundsätzlich möglich – aber nicht geführt. Gegen die behauptete Ausnutzung von 4 Fahrten je Nutzer spräche im Übrigen auch eine betriebswirtschaftliche Betrachtung, denn für eine solche Fahrtenhäufigkeit wäre der Preis einer Gruppen-Tageskarte zu niedrig kalkuliert und nicht auskömmlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen; er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Mittelzuweisung für das Jahr 2012, die weitere als die angerechneten Beförderungsfälle berücksichtigt. Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 ist, soweit er die entsprechend höhere Festsetzung versagt, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind §§ 8 Abs. 3, 8a ÖPNVG LSA in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung der Änderung vom 22. Dezember 2010 (GVBl. LSA 2010, S. 642).
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Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 ÖPNVG LSA erhalten die Aufgabenträger im Jahr 2011 vom Land aus den Mitteln des Regionalisierungsgesetzes zweckgebundene Zuweisungen in Höhe von 40 Millionen Euro für den Straßenpersonennahverkehr, insbesondere für Fahrplan- und Tarifabstimmungen, für Investitionen in den Straßenpersonennahverkehr und für die Aufstellung des Nahverkehrsplans.
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Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 ÖPNVG LSA ergibt sich der Zuweisungsbetrag aus den folgenden Finanzierungsfaktoren:
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1. Anteil der Fahrplankilometer des Aufgabenträgers an den gesamten Fahrplankilometern im Land:25 v. H.,
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2. Anteil der Fläche des Aufgabenträgers an der Gesamtfläche des Landes: 30 v. H.,
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3. Anteil der Fahrten je Einwohner des Aufgabenträgers an der Gesamtsumme der Fahrten je Einwohner im Land, ohne Berücksichtigung der Fahrten der Auszubildenden nach § 9, der Fahrten der schwerbehinderten Menschen nach den §§ 145 bis 151 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Fahrten, die aufgrund vertraglicher Regelungen mit Dritten erfolgen und nicht konkret erfasst werden: 40 v.H.
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4. Anteil der auf das Gebiet des Aufgabenträgers entfallenden Streckenlänge des Straßenbahnnetzes an der Gesamtstreckenlänge des Straßenbahnnetzes im Land bei nicht nur zeitweiliger Gewährleistung des Straßenpersonennahverkehrs durch Straßenbahnen: 5 v.H.
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Die Zahl der Fahrten ist gemäß § 8a Abs. 1 Satz 4 ÖPNVG LSA nach den verkauften Fahrausweisen oder im Fall von Einnahmeaufteilungsverträgen nach den darauf beruhenden zugerechneten Fahrausweisen zu errechnen. Für Tageskarten werden vier Fahrten zugrunde gelegt (Satz 6). Für die Ausnutzung der Zeitfahrausweise sind 2,3 Fahrten je Tag, 59,8 Fahrten je Monat und 552 Fahrten je Jahr zugrunde zu legen, für Schülerferientickets 44 Fahrten je Jahr (Satz 7). Wird nachgewiesen, dass die durchschnittliche Ausnutzung der Zeitfahrausweise um mehr als 25 v. H. abweicht, sind der Berechnung der Fahrgastzahl die nachgewiesenen Werte zugrunde zu legen (Satz 9).
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Hiernach ist der Mittelzuweisungsbescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 rechtmäßig.
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Insbesondere ist zunächst nicht zu beanstanden, dass er die aus der Nutzung von Abonnement-Monatskarten zu berücksichtigenden Beförderungsfälle mit dem Ausnutzungsfaktor für Monatskarten und nicht mit dem für Jahreskarten ermittelt hat.
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Die Vorschrift des § 8a Abs. 1 ÖPNVG LSA enthält für die Ermittlung von Beförderungsfällen aus Abonnement-Monatskarten keine ausdrückliche Regelung. Die Bestimmungen für die Ausnutzung von Zeitfahrausweisen in Satz 7 betreffen ersichtlich nur die „klassischen“ Zeitfahrausweise. Für Fahrkarten, die nach ihrer tariflichen Ausgestaltung diesen Zeitfahrausweisen nicht entsprechen, sind daher Ausnutzungsfaktoren zu bestimmen, die ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben für die klassischen Zeitfahrausweise „ins System passen“. Dabei ist zu beachten, dass der Finanzierungsfaktor nach dem hier einschlägigen § 8a Abs. 1 Nr. 3 ÖPNVG ein Erfolgsfaktor ist. Die zu berücksichtigende Anzahl der Beförderungsfälle muss also den Erfolg des Verkehrsunternehmens widerspiegeln, die zugrunde gelegte Ausnutzung einer Fahrkarte muss geeignet sein, diesen Erfolg abzubilden. Im Übrigen muss der Ausnutzungsfaktor – im Hinblick auf die Verteilung der Mittel an die Aufgabenträger des Landes – Gleichbehandlungsgrundsätzen entsprechend festgesetzt und angewendet werden. Da sich ein entsprechender Ausnutzungsfaktor nicht mathematisch logisch ermitteln lässt, kann diese Aufgabe nur dem Beklagten als der für die Ausgleichszahlungen zuständigen Behörde zukommen, die dabei einen gewissen – gerichtlich nicht überprüfbaren – Spielraum haben muss.
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Hiervon ausgehend durfte der Beklagte für die Abonnement-Monatskarte den Ausnutzungsfaktor einer Jahreskarte zugrunde legen. Seine auf das Urteil des OVG Münster vom 12. Dezember 1990 (Az.: 13 A 50/90) gestützte Einschätzung, dass die vom MDV angebotenen Abo-Monatskarten aufgrund ihrer vertraglichen Gestaltung den Charakter von Jahreskarten haben und deswegen auch als solche zu berücksichtigen sind, ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urteil vom 28. November 2007 - 3 C 47/06 -, s.a. BVerwG, Urteil vom 16. April 2012 - 3 C 28.11 -, jeweils zitiert nach juris [zu § 3 Abs. 2 PBefAusglV]) bestimmt sich die die Frage, ob ein Zeitfahrausweis für einen bestimmten Zeitraum – eine Woche, einen Monat, ein Jahr – vorliegt, nach der Dauer des Beförderungsanspruchs, der seinem Inhaber gegen den Beförderungsunternehmer zusteht und den der Ausweis dokumentiert. Auf die weiteren Modalitäten der vertraglichen Gestaltung komme es demgegenüber nicht an, für den Begriff des Jahreszeitausweises sei es unerheblich, ob das Beförderungsentgelt auf einmal oder aber ratenweise bezahlt werde und ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtsfolgen der Kunde das Beförderungsrechtsverhältnis vorzeitig kündigen könne. Hiernach handelt es sich bei der streitgegenständlichen Abo-Monatskarte um eine Jahreskarte. Nach den einschlägigen Tarifbestimmungen des MDV (Ziffer 3.4.3.) gelten Abonnementfahrkarten für eine Person, sie werden mit einer Mindestlaufzeit von 12 aufeinanderfolgenden Monaten angeboten und mit monatlicher bzw. jährlicher Zahlung ausgegeben, bei jährlicher Zahlung wird ein zusätzlicher Rabatt von 5 % gewährt. Aufgrund dieser tariflichen Gestaltung – der Mindestlaufzeit von 12 Monaten – erwirbt der Kunde mit der Abo-Monatskarte einen Beförderungsanspruch für mindestens ein Jahr. Dies rechtfertigt es, diese Karte als Jahres- und nicht als Monatskarte zu werten.
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Auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtung ist der Ausnutzungsfaktor einer Jahreskarte zutreffender als der für Monatskarten (vgl. hierzu auch OVG Münster, a.a.O.). Mit dem geringeren Ausnutzungsfaktor für Jahreskarten gegenüber Monatskarten wird ersichtlich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Jahreskarte aufgrund ihrer Gültigkeitsdauer typischerweise auch Zeiträume, insbesondere Urlaubszeiten, erfasst, in denen die Karte nicht genutzt wird. Dem Preisvorteil für die Jahreskarte gegenüber der Monatskarte steht der Nachteil gegenüber, dass der Kunde nicht die Möglichkeit hat, auf Urlaubszeiten mit dem Kauf von Fahrkarten mit entsprechend geringerer Gültigkeitsdauer (z.B. Wochenkarten) zu reagieren (vgl. zu dieser Wahlmöglichkeit BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 3 C 47/06 -, juris zu § 3 Abs. 2 PBefAusglV). Dieser Möglichkeit begibt sich der Kunde aber nur bei entsprechender Preisgestaltung, bei der die typischerweise erbrachte Leistung durch das Verkehrsunternehmen Berücksichtigung finden wird. Die Ermittlung der Beförderungsfälle mit einer Abo-Monatskarte würde diesen Umstand völlig außer Betracht lassen und käme auch zu einem nicht überzeugenden Ergebnis. Die gesetzlich vorgesehenen Ausnutzungsfaktoren für Monats- bzw. Jahreskarte gehen bei einer 2,3 fachen Ausnutzung der Fahrkarte je Tag von einer Nutzung an 26 bzw. 240 Tagen aus. Mit dem 12-fachen des Ausnutzungsfaktors für Monatskarten käme man für die Abo-Monatskarte dagegen auf eine Nutzung an 312 Tagen im Jahr, welche unter Berücksichtigung von Wochenenden, Feiertagen und Urlaub ersichtlich nicht ihrer tatsächlichen Nutzungshäufigkeit entspricht. Vielmehr ist die vom Beklagten in Anlehnung an die gesetzliche Regelung für die Monatskarte zugrunde gelegte Nutzung an 240 Tagen eher geeignet, die tatsächliche Nutzungshäufigkeit der Abo-Monatskarte widerzuspiegeln.
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Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, dass Aufgabenträger im Verkehrsverbund des MDV durch die Berücksichtigung von Abo-Monatskarten als Jahreskarte gegenüber anderen Aufgabenträgern willkürlich benachteiligt würden. Da der Beklagte die nicht schon gesetzlich geregelten Ausnutzungsfaktoren zur Berechnung der Beförderungsfälle für die verschiedenen Fahrausweisarten landeseinheitlich festlegt und anwendet, ist eine Diskriminierung von Aufgabenträgern ausgeschlossen.
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Des Weiteren ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die zu berücksichtigenden Beförderungsfälle aus der Nutzung von Tageskarten mit Berechtigung mehrerer Personen (2 – 5) nicht mit dem Ausnutzungsfaktor für Tageskarten (d.h. mit jeweils 4 Fahrten je möglichem Nutzer), sondern entsprechend seiner Praxis für Gruppenkarten ermittelt hat (tariflich zulässige Nutzerzahl multipliziert mit jeweils 2 Fahrten).
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§ 8a Abs. 1 ÖPNVG LSA enthält für Tageskarten eine Regelung. Zu (Tages-)Karten, die mehrere Personen berechtigen, verhält sich die Vorschrift aber nicht. Auch für diese Fahrkarten sind daher Ausnutzungsfaktoren zu bestimmen, die von den gesetzlichen Vorgaben für die klassischen Zeitfahrausweise ausgehen und so bemessen sind, dass sie geeignet sind, mit der zu berücksichtigenden Anzahl der Beförderungsfälle den Erfolg des Verkehrsunternehmens widerzuspiegeln. Im Übrigen muss der Ausnutzungsfaktor Gleichbehandlungsgrundsätzen entsprechend festgesetzt und angewendet werden, wobei dem Beklagten als der für die Ausgleichszahlungen zuständigen Behörde ein gewisser – gerichtlich nicht überprüfbarer – Spielraum bleiben.
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Nach diesen Maßstäben ist die hier erfolgte Ermittlung der Beförderungsfälle für die Gruppen-Tageskarten nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat sich an der in seinem landeseinheitlichen Katalog aufgeführten Kartenart "Gruppenkarte" orientiert. Die Berechnung der Beförderungsfälle erfolgt hiernach durch Multiplikation der tariflich zulässigen Nutzerzahl mit jeweils 2 Fahrten. Die Erwägung des Beklagten, dass die Gruppen-Tageskarte eher der Gruppenkarte zuzuordnen sei, die dadurch charakterisiert sei, dass sich eine Gruppe zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung zusammenfinde und die günstigere Gruppenkarte für An- und Abreise nutze, ist überzeugend. Es ist zwar durchaus denkbar, dass sich eine Gruppe auch zusammenfindet, um am gemeinsamen Ziel gemeinsam noch weitere Fahrten zu unternehmen, dies wird aber – wegen der mit steigender Anzahl der Personen zunehmenden Schwerfälligkeit einer Gruppe – eher selten der Fall sein und rechtfertigt nicht die Zuordnung zur Tageskarte. Auch die Preisgestaltung der Gruppen-Tageskarte zeigt, dass eine solche Nutzungshäufigkeit gerade nicht als Regelfall zugrunde gelegt wurde (vgl. die Tarife unter www.havag.com/fahrkarten/abonnement/tarifumgestaltung-ab-1-august-2012). Für jede weitere nutzungsberechtigte Person wird nur die Hälfte des Preises einer Tageskarte für einen Nutzer (jeweils plus 2,50 Euro) berechnet. Damit ist die Gruppen-Tageskarte bereits bei Nutzung nur für eine gemeinsame An- und Abreise deutlich günstiger als Einzelkarten (2 x 2,20 Euro) oder 4er-Karten (1/2 von 8,20 Euro). Ginge man davon aus, dass die Gruppen-Tageskarte tatsächlich von jedem Berechtigten 4mal genutzt würde, entstünde auch ein deutliches Missverhältnis zwischen der zu erbringenden Beförderungsleistung und dem Preis. Bei der Gruppen-Tageskarte für 5 Personen etwa wären 20 Beförderungsfälle für 15,00 Euro zu erbringen. Es ist dem Beklagten daher beizupflichten, dass gegen die behauptete Ausnutzung von 4 Fahrten je Nutzer auch eine betriebswirtschaftliche Betrachtung spricht, weil der Preis einer Gruppen-Tageskarte nicht für eine solche Nutzungshäufigkeit kalkuliert sein wird.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
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