Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (2. Kammer) - 2 K 1577/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt elternunabhängige Ausbildungsförderung für den Besuch der 12. Klasse einer hamburgischen Fachoberschule.
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Der … 1990 geborene Kläger erwarb im August 2007 den Realschulabschluss. In der Zeit von August 2009 bis Juni 2012 absolvierte er eine Berufsausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Er besuchte im Schuljahr 2012/2013 von August 2012 bis Juli 2013 die Jahrgangsstufe 12 der Fachoberschule in der Richtung Wirtschaft und Verwaltung an der Schule für Wirtschaft und Steuern, …, mit dem Ziel der Fachhochschulreife.
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Auf den Förderungsantrag vom 30. August 2012 hin (Förderungsakte, Bl. 1) bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2012 keine Ausbildungsförderung (Förderungsakte, Bl. 24). In der zugrunde liegenden Berechnung wurde dem Grundbedarf des Auszubildenden in Höhe von 391,-- Euro anrechenbares Einkommen der Mutter in Höhe von 677,28 Euro entgegen gestellt. Mit Bescheid vom 13. Februar 2013 wurde über die Förderung neu entschieden, jedoch wiederum keine Ausbildungsförderung bewilligt (Förderungsakte, Bl. 32). In der zugrunde liegenden Berechnung wurde dem Grundbedarf in Höhe von 391,-- Euro anrechenbares Einkommen der Mutter in Höhe von 652,28 Euro entgegen gestellt. Ausweislich eines Aktenvermerks (Förderungsakte, Bl. 35 R) wurde dem Kläger am 4. März 2013 persönlich eine Ausfertigung des Bescheids übergeben, nachdem er glaubhaft erklärt hatte, den Bescheid nicht bereits zuvor erhalten zu haben.
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Zur Begründung des Widerspruchs vom 18. März 2013 (Förderungsakte, Bl. 36) brachte der Kläger vor, es liege eine Ungleichbehandlung mit dem Besuch der 12. Klasse der Berufsoberschule vor, der ebenfalls zur Fachhochschulreife führe und elternunabhängig gefördert werde. Hinsichtlich der Voraussetzungen für den Besuch sei der einzige Unterschied der durch die Berufsoberschule vorausgesetzte Notendurchschnitt in der mittleren Reife. Diese Voraussetzung erfülle er ebenfalls. Die Ungleichbehandlung sei sozialpolitisch nicht vertretbar. Der zweite Bildungsweg solle die Möglichkeit bieten, das nicht auf dem ersten Bildungsweg ausgeschöpfte Potenzial zu entfalten. Er, der Kläger, habe nicht gewusst, dass er über die Fachoberschule benachteiligt werde. Es liege eine unbillige Härte vor, da seine Mutter bereits eine Ausbildung finanziert und seine Schwester bis Oktober 2012 unterstützt habe. Aus gesundheitlichen Gründen sei seine Mutter vermutlich nicht in der Lage, bis zum regulären Rentenalter in Vollzeit zu arbeiten. Genau dies müsse sie jedoch tun, um sich eine solide Rente erarbeiten zu können. Stattdessen müsse sie nun erneut für ihn aufkommen und könne keine eigenen Rücklagen bilden.
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Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2013 zurück (Förderungsakte, am Ende) und führte aus, Einkommen der Mutter könne nicht deshalb außer Betracht blieben, weil der Kläger eine Fachoberschule besuche. Einkommen der Eltern bleibe nur dann außer Betracht, wenn der Auszubildende ein Abendgymnasium oder Kolleg besuche, was nicht der Fall sei. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung habe am 8. Februar 2012 entschieden, dass die Berufsoberschulausbildung in Hamburg entsprechend der Verwaltungsvorschrift förderungsrechtlich einer Kollegausbildung gleichzusetzen sei. Dies gelte jedoch nicht für den Besuch der Berufsoberschule. Nach der Verwaltungsvorschrift sei eine entsprechende Anwendung des Gesetzes nur zulässig, soweit sie in der Verwaltungsvorschrift ausdrücklich vorgesehen sei.
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Zur Begründung der am 25. April 2013 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, nach dem Gesetz bleibe das Einkommen der Eltern außer Betracht, wenn der Auszubildende ein Abendgymnasium oder Kolleg besuche. Der Auszubildende müsse eine Berufsausbildung abgeschlossen haben oder mindestens drei Jahre geregelt berufstätig gewesen sein, wenigstens 19 Jahre alt sein und eine Eignungsprüfung bestanden oder einen mindestens halbjährigen Vorkurs erfolgreich durchlaufen haben; bei Bewerbern, die den Realschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss nachwiesen, könne auf eine Eignungsprüfung verzichtet werden. Diese Voraussetzungen lägen bei ihm vor. Hinter der Gesetzesvorschrift stehe die Vorstellung, dass in den aufgeführten Fällen Eltern typischerweise nicht mehr verpflichtet seien dem Auszubildenden Unterhalt zu gewähren.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2013, soweit entgegenstehend, zu verpflichten, ihm elternunabhängig Ausbildungsförderung zu gewähren für den Bewilligungszeitraum August 2012 bis Juli 2013 für den Besuch der Fachoberschule der Schule für Wirtschaft und Steuern.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 11
Die Beklagte verteidigt die getroffenen behördlichen Entscheidungen.
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Die Förderungsakte der Beklagten ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Darauf sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 87a Abs. 2 VwGO durch den Vorsitzenden anstelle der Kammer.
I.
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Die zulässige Klage hat in der Sache nach § 113 Abs. 5 VwGO keinen Erfolg. Die Versagung von Ausbildungsförderung durch Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger steht aufgrund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (i.d.F. der Bekanntmachung v. 7.12.2010, BGBl. I S. 1952, 2012 I S. 197, zuletzt geändert durch Gesetz v. 29.8.2013 BGBl. I S. 3484 – BAföG) der geltend gemachte Anspruch auf Förderung nicht zu. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die von ihm im Schuljahr 2012/2013 von August 2012 bis Juli 2013 besuchte 12. Klasse der Fachoberschule in der Richtung Wirtschaft und Verwaltung an der Schule für Wirtschaft und Steuern, …, dem Grunde nach förderungsfähig ist. Jedoch besteht der Höhe kein Anspruch auf Förderung, da der Bedarf des Klägers vollständig durch anrechenbares Einkommen der Mutter gedeckt ist.
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Der Bedarf, für den die Ausbildungsförderung geleistet wird, umfasst gemäß § 11 Abs. 1 BAföG den Lebensunterhalt und die Ausbildung des Auszubildenden. Was als Bedarf gilt, ergibt sich maßgeblich aus den typisierenden Bedarfssätzen (Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 11 Rn. 5), die sich insbesondere nach der Art der besuchten Ausbildungsstätte richten.
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Als monatlicher Bedarf gilt für bei den Eltern wohnende Schüler von Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Var. 4 BAföG ein Betrag von 391,-- Euro, für nicht bei den Eltern wohnende Ausbildende an Kollegs gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3, Abs. 2 Nr. 1 BAföG ein Betrag von 397,-- Euro. Es handelt sich bei der vom Kläger in der 12. Klasse besuchten Fachoberschule in der Richtung Wirtschaft und Verwaltung an der Schule für Wirtschaft und Steuern, …, allenfalls um eine Fachoberschulklasse, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, nicht um ein Kolleg. Auf den Bedarf ist nach dem Grundsatz des § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BAföG insbesondere das Einkommen der Eltern anzurechnen. Davon ist im Fall des Klägers keine Ausnahme zu machen. Die Ausnahmen von der Elternabhängigkeit der Förderung in § 11 Abs. 3 BAföG beruhen auf der Vorstellung des Gesetzgebers, in den aufgeführten Fällen seien die Eltern typischerweise familienrechtlich nicht mehr verpflichtet, dem Auszubildenden Unterhalt zu Ausbildungszwecken zu gewähren, so dass es wenig sinnvoll wäre, gleichwohl zunächst in verfahrensaufwendiger Weise elterliches Einkommen anzurechnen, dann aber doch gemäß § 36 BAföG Vorausleistungen ohne reale Rückgriffsmöglichkeiten zu erbringen (Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 11 Rn. 36). Eine Ausnahme ist für den Kläger nach dem Katalog des § 11 Abs. 3 Satz 1 BAföG weder im Hinblick auf sein Alter bei Beginn des Ausbildungsabschnitts (Nr. 2) noch auf eine vorangegangene Erwerbstätigkeit (Nr. 3) auch unter Berücksichtigung eines vorangegangenen berufsqualifizierenden Abschlusses (Nr. 4) noch auf die Art des Ausbildungsstätte (Nr. 1) zu machen. Der am 11. Juni 1990 geborene Kläger hatte nicht gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG bei Beginn des Ausbildungsabschnitts das 30. Lebensjahr vollendet. Er war auch nicht nach Vollendung des 18. Lebensjahrs gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG fünf Jahre erwerbstätig gewesen. Noch war er nach Abschluss der im Juni 2012 abgeschlossenen Berufsausbildung vor Beginn des Ausbildungsabschnitts mindestens drei Jahre erwerbstätig gewesen gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BAföG. Damit eine Ausnahme von der grundsätzlich elternabhängigen Förderung greift, hätte der Kläger deshalb nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG ein Abendgymnasium oder ein Kolleg besuchen müssen. Bei der in der 12. Klasse besuchten Fachoberschule handelte es sich jedoch insbesondere nicht um ein Kolleg.
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Kolleg nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Var. 5 BAföG sind nur Institute zur Erlangung der Hochschulreife (Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 2 Rn. 30). Diese Auslegung steht in Übereinstimmung mit dem Begriffsverständnis des Kollegs in § 7 Abs. 3 des Abkommens zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens (v. 28.10.1964 i.d.F. v. 14.10.1971). Die vom Kläger in der 12. Klasse besuchte Fachoberschule in der Richtung Wirtschaft und Verwaltung an der Schule für Wirtschaft und Steuern, …, führte nicht zur allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife, sondern zur Fachhochschulreife. Weiter in Übereinstimmung damit steht die Wertung des Gesetzgebers in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht für alle Ausbildungsstätten, deren Besuch dem zweiten Bildungsweg zuzuordnen ist, eine Ausnahme vom Grundsatz der elternabhängigen Förderung vorzusehen, sondern nur für das Abendgymnasium und das Kolleg (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Var. 4 und 5 BAföG). Elternabhängig verbleiben der Besuch von Fach- und Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Var. 1 und 2 BAföG) sowie der Besuch von Abendhauptschulen, Berufsaufbauschulen und Abendrealschulen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Var. 1 bis 3 BAföG). Das Abendgymnasium zeichnet sich gegenüber den Ausbildungsstättenarten, deren Besuch grundsätzlich nur in Abhängigkeit von dem elterlichen Einkommen gefördert wird, dadurch aus, dass es nicht nur zur Fachhochschulreife sondern zur allgemeinen Hochschulreife oder zur fachgebundenen Hochschulreife führt, die etwa bei einem Abend-Wirtschaftsgymnasium den Zugang zu wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen an Universitäten vermittelt.
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Der Besuch der Fachoberschule in der 12. Klasse ist auch nicht deshalb dem Besuch eines Kollegs gleichzustellen, weil nach der Verwaltungspraxis der Beklagten der Besuch einer Berufsoberschule bereits in der 12. Klasse wie der Besuch eines Kollegs behandelt wird. In Tz. 2.1.13 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (i.d.F. v. 15.10.1991, GMBl S. 770, zuletzt geändert unter dem 29.10.2013, GMBl S. 1094 – BAföGVwV 1991) ist die Auffassung niedergelegt, Auszubildenden an Kollegs gleichgestellt seien Auszubildende anderer Schulformen, deren Aufnahmevoraussetzungen und deren Ausbildung nach der Feststellung des jeweils zuständigen Bundeslandes einer Kollegausbildung entspreche. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat am 8. Februar 2012 in Anwendung der Verwaltungsvorschrift angenommen, die Berufsoberschulausbildung in Hamburg sei förderungsrechtlich einer Kollegausbildung gleichzusetzen. Davon ausgehend gewährt die Beklagte elternunabhängige Ausbildungsförderung für Auszubildende an der Berufsoberschule bereits in der 12. Klasse. Ob der Besuch einer Berufsoberschule in Hamburg zu Recht elternunabhängig gefördert wird, beurteilt sich jedoch ausschließlich danach, ob die Berufsoberschule ein Kolleg i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Var. 4 BAföG ist. Die benannte Verwaltungsvorschrift ist lediglich norminterpretierend, bindet die Gerichte nicht und kann dem Gesetz keinen Inhalt zuschreiben, der mit der objektiven Rechtslage unvereinbar ist (BVerwG, Urt. v. 12.7.2012, 5 C 14/11, BVerwGE 143, 314, juris Rn. 30; Urt. v. 30.6.2010, 5 C 3/09, Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6, juris Rn. 7). Unabhängig davon, ob die Beklagte Auszubildende an der Berufsoberschule förderungsrechtlich so behandelt wie Auszubildende an einem Kolleg, kann der Kläger eine Förderung wie Auszubildende an einem Kolleg nur verlangen, wenn er ein Kolleg besucht. Auch der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Anspruch darauf, nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt zu werden, gewährt keinen Anspruch auf einen Vorteil, für welchen die zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
- 19
Darüber hinaus bestünde ein sachlicher Grund, um den Besuch der 12. Klasse einer Berufsfachschule nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufsoberschule (v. 18.1.2012, HmbGVBl. S. 18 – APO-BOS) elternunabhängig zu fördern und damit anders als den Besuch einer 12. Klasse der Fachoberschule nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Fachoberschule (v. 20.4.2006, HmbGVBl. S. 189 – APO-FOS) zu behandeln. Dem der Ausnahme von der elternabhängigen Förderung in § 11 Abs. 3 BAföG zugrundeliegenden gesetzgeberischen Vorstellung, in den dort geregelten Fällen seien Eltern typischerweise familienrechtlich nicht mehr verpflichtet, dem Auszubildenden Unterhalt zu Ausbildungszwecken zu gewähren (Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 11 Rn. 36), trifft in den Fällen des Besuchs einer 12. Klasse der Berufsoberschule eher zu als in den Fällen des Besuchs einer 12. Klasse der Fachoberschule. Zum einen ist die Ausbildung an der Fachoberschule in ihrer Anlage kürzer, weil sie in dieser Schulform lediglich zur Fachhochschulreife führt, so dass die Auszubildenden an der Berufsoberschule sich durch Inangriffnahme einer längeren Ausbildung im zweiten Bildungsweg typischerweise in weiterem Maße aus dem elterlichen Haushalt lösen, um die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife zu erwerben. Zum anderen unterscheiden sich die Zulassungsvoraussetzungen. An schulischer Vorbildung setzt die Zulassung zur Jahrgangsstufe 12 der Berufsoberschule nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 APO-BOS einen mittleren Schulabschluss oder als gleichwertig anerkannten Bildungsabschluss mit einer Durchschnittnote von mindestens 3,3 und einer Durchschnittsnote über die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik von mindestens 3,0 oder die Zugangsberechtigung zur gymnasialen Oberstufe voraus. Die über einen mittleren Schulabschluss oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsabschluss hinausgehenden Leistungsvoraussetzungen sind nach dem gemäß § 10 APO-BOS am 1. Februar 2013 in Kraft getretenen § 3 Abs. 2 APO-BOS entbehrlich, wenn bei einer beruflichen Vorbildung oder bei einer Laufbahnprüfung die Note 2,5 erreicht worden ist. An schulischer Vorbildung setzt die Zulassung zur Fachoberschule demgegenüber gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 APO-FOS lediglich einen mittleren Schulabschluss voraus, der im Falle einer als gleichwertig anerkannten Vorbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 APO-FOS jedoch selbst entbehrlich ist. Die nach den Zulassungsvoraussetzungen zu erwartende Zusammensetzung einer 12. Klasse der Fachoberschule lässt vermuten, dass Leistungsstand und Leistungsentwicklung im Niveau unterhalb des für die 12. Klasse einer Berufsoberschule zu erwartenden bleiben. Dabei ist eine objektive Betrachtung nach den jeweiligen Ausbildungsstättenarten anzulegen. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall – beispielsweise im Fall des Klägers – ein Schüler bei Eintritt in die Fachoberschule den Leistungsstand und bei Abschluss die Leistungsentwicklung aufwies, wie er für die Aufnahme in die 12. Klasse und sodann in die 13. Klasse der Berufsoberschule vorausgesetzt wird. Das in objektiver Betrachtung höhere Niveau der Ausbildung in der 12. Klasse der Berufsoberschule trägt zur Annahme bei, dass die Besucher dieser Ausbildungsstättenart sich aus dem elterlichen Haushalt typischerweise in höherem Grade gelöst haben als Schüler einer Berufsoberschule. Für die förderungsrechtliche Frage, welcher Art die Ausbildungsstätte angehörte, die der Kläger besuchte, kommt es nicht darauf an, aus welchen eventuell eher zufälligen Grund der Kläger zunächst die Fachoberschule und nicht die Berufsoberschule besuchte.
- 20
Das Einkommen der Mutter des Klägers in dem nach § 24 Abs. 1 BAföG maßgeblichen Kalenderjahr 2010 ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BAföG in einer den monatlichen Bedarf des Klägers im Bewilligungszeitraum von August 2012 bis Juli 2013 übersteigenden Höhe anrechenbar. Als Einkommen gilt gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG im Ansatz die Summe der positiven Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 und 2 EStG. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit betragen ausweislich des Einkommensteuerbescheids vom 25. August 2011 nach Abzug der tatsächlichen Werbungskosten und nach Abzug einer Pauschale von 214,80 wegen vermögenswirksamer Leistungen 33.680,20 Euro (monatlich 2.806,68 Euro). Abzuziehen sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BAföG Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von zusammen 4.687,19 Euro (monatlich 390,60 Euro), gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BAföG i.V.m. § 82 EStG Vorsorgebeträge in Höhe von 600,-- Euro (monatlich 50,-- Euro) sowie gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG die Sozialpauschale in Höhe von 21,3 v.H. (monatlich 601,64 Euro). Hinzuzurechnen sind die vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 7.276,-- Euro (monatlich 606,33 Euro). Es verbleibt ein bereinigtes Einkommen von monatlich 2.374,57 Euro. Davon anrechnungsfrei bleibt ein Freibetrag gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG in Höhe von monatlich 1.070,-- Euro zuzüglich eines Freibetrags gemäß § 25 Abs. 4 BAföG in Höhe von monatlich 652,29 Euro. Das in Höhe von 652,28 Euro anrechenbare Einkommen wird in Höhe des Bedarfs von 391,-- Euro angerechnet.
- 21
Ein weiterer Freibetrag vom Einkommen der Mutter ist auch nicht nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG zu gewähren. Nach dieser Vorschrift kann zur Vermeidung unbilliger Härte auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben. Hierunter fallen nach § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach §§ 33 bis 33b EStG sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist. Für ein Vorliegen der letztgenannten Voraussetzungen ist nichts ersichtlich. Im Übrigen setzt ein Härtefreibetrag atypische Umstände voraus, bei deren Vorliegen die Pauschbeträge der § 25 Abs. 1, Abs. 3 und 4 BAföG zur Deckung des Unterhaltsbedarfs der Eltern nicht ausreichen (BVerwG, Urt. v. 13.12.1979, 5 C 60/78, BVerwGE 59, 204, juris Rn. 12; Stopp in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 25 Rn. 35). Solche atypischen Umstände hat der Kläger, als er seinen Widerspruch vom 18. März 2013 begründete und eine unbillige Härte geltend machte, nicht vorgebracht. Dass die Mutter des Klägers in der Vergangenheit vor dem Bewilligungszeitraum bereits ihn und seine Schwester unterstützt hatte, minderte nicht die gegenwärtige Leistungsfähigkeit der Mutter im Bewilligungszeitraum. Dass die Mutter durch die anspruchshindernde Anrechnung von Einkommen darin beeinträchtigt war, Rücklagen für die Zukunft zu bilden, betrifft ebenfalls nicht die Leistungsfähigkeit im Bewilligungszeitraum. Der Kläger hat nicht bereits während des laufenden Bewilligungszeitraums vorgebracht, dass seine Mutter über die in Höhe von monatlich 50,-- Euro anerkannten Vorsorgebeiträge hinaus bestimmte in ihrer Zweckbedingung auf die Altersvorsorge beschränkte Aufwendungen tätigte. Darüber hinaus verblieb der Mutter des Klägers im Bewilligungszeitraum vom monatlichen Einkommen nach Anrechnung des Bedarfs des Klägers rechnerisch noch ein Betrag von (652,28 – 391,-- =) 261,28 Euro, der über die pauschalen Freibeträge nach § 25 Abs. 1, Abs. 4 BAföG hinaus ging und in dessen Verwendung sie nicht gebunden war.
II.
- 22
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 188 Satz 2, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
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