Beschluss vom Verwaltungsgericht Hamburg (25. Kammer) - 25 FL 159/20

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

1

In Streit steht, ob es der Mitbestimmung durch den örtlichen Personalrat unterliegt, wenn die Ausschreibung für eine Stelle offen für dienststelleninterne, körperschaftsinterne sowie externe Bewerber erfolgt.

2

Antragsteller ist der bei der beteiligten Dienststelle Hamburg der Deutschen Rentenversicherung Nord gebildete Personalrat.

3

Die Deutsche Rentenversicherung Nord ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts unter Aufsicht des Landes Schleswig-Holstein mit Sitz in Lübeck und Zuständigkeit für die Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Es besteht eine einstufige Verwaltung mit den drei Dienststellen Hamburg, Lübeck und Neubrandenburg, alle unter Leitung des Geschäftsführers in .... Nach dem Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein ist für jede Dienststelle ein Personalrat und ist für die Körperschaft ein Gesamtpersonalrat gebildet.

4

Der Beteiligte legte dem Antragsteller mit Schreiben vom 6. März 2020 vor, dass er in einem Stellenbesetzungsverfahren Nr. 07/2020 „Mitarbeiter*in Personal – Schwerpunkt Recruiting im Dezernat Personalmanagement der Abteilung Unternehmensentwicklung und Personal am Standort Hamburg“ eine interne Stellenausschreibung nicht vorzunehmen beabsichtige und sofort extern ausschreiben soll. Der Information entsprechend veröffentlichte der Beteiligte im Internet eine im Bewerberkreis nicht auf dienststelleninterne oder körperschaftsinterne Bewerber beschränkte Stellenausschreibung.

5

Der Antragsteller beschloss am 8. April 2020, durch die zu beauftragenden Prozessbevollmächtigten das Verwaltungsgericht „zwecks Feststellung seines Mitbestimmungsrechts bei der Durchführung von externen Ausschreibungen, hier: Stellenbesetzungsverfahren Nr. 07/2020“ anzurufen. Am hat 22. Mai 2020 er einen Antrag im Beschlussverfahren beim Verwaltungsgericht Hamburg stellen lassen.

6

Der Antragsteller trägt vor: Der Streit hinsichtlich der externen Stellenausschreibung im Stellenbesetzungsverfahren 07/2020 sei in einem standortübergreifenden Kontext zu sehen. Es gebe die drei Möglichkeiten der Stellenbesetzung: standortübergreifende körperschaftsinterne Stellenbesetzung, standortinterne Stellenbesetzung und externe Stellenbesetzung. In der Vergangenheit habe die Beteiligte vor externer Stellenausschreibung den Antragsteller unter Zustimmung ersucht. Im Jahr 2018 habe die Beteiligte die Auffassung vertreten, dass der Gesamtpersonalrat zuständig sei. Für die eine etwaig erfolgende externe Stellenausschreibung ausschließlich für den Standort Hamburg liege die Zuständigkeit beim Antragsteller.

7

Der Antragsteller beantragt,

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1. die Beteiligte zu verpflichten, die ohne seine Zustimmung erfolgte externe Stellenausschreibung für das Stellenbesetzungsverfahren 07/2020 „Mitarbeiter*in Personal – Schwerpunkt Recruiting (w/m/d)“ am Standort Hamburg vom März 2020 zurückzunehmen,

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2. hilfsweise festzustellen, dass die Beteiligte sein Mitbestimmungsrecht aus § 51 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 MBG Schl.-H. verletzt hat, in dem sie im Stellenbesetzungsverfahren 07/2020 „Mitarbeiter*in Personal – Schwerpunkt Recruiting (w/m/d)“ am Standort Hamburg im März 2020 ohne dessen Zustimmung extern ausgeschrieben hat.

10

Der Beteiligte beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

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Die Beteiligte trägt vor: Eine Mitbestimmungspflicht könne dahinstehen. Jedenfalls wäre die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats gegeben. Von einer externen Ausschreibung seien nicht nur die Beschäftigten des Standorts betroffen und eine externe Ausschreibung könne nicht dienststellenintern geregelt werden.

II.

13

Funktional zuständig am angerufenen Gericht, sich mit der Personalvertretungssache zu befassen, ist eine Fachkammer, die in Übereinstimmung mit § 100 HmbPersVG gebildet und besetzt ist. Selbst unter der Annahme, dass der schleswig-holsteinische Gesetzgeber durch § 88 Abs. 2 MBG Schl.-H. i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ein Gericht der Freien und Hansestadt Hamburg als örtlich zuständiges Gericht bestimmt hat, hat er damit die Entscheidung über den Rechtsstreit der in diesem anderen Land gesetz- und verfassungsgemäß gebildeten und besetzten Gerichtsbarkeit überantwortet und auf die entsprechende Anwendung der dort für Personalvertretungssachen geltenden Vorschriften in §§ 99 f. HmbPersVG verwiesen (VG Hamburg, Beschl. v. 11.2.2020, 25 FL 74/18, juris Rn. 21).

III.

14

Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Der Hauptantrag ist zulässig (hierzu unter 1. a)), aber unbegründet (hierzu unter 1. b)). Der Hilfsantrag ist hingegen bereits unzulässig (hierzu unter 2. a)), hilfsweise unbegründet (hierzu unter 2. b)).

15

1. a) Der auf Verpflichtung gerichtete Hauptantrag ist zulässig. Im Einzelnen:

16

Das angerufene Verwaltungsgericht Hamburg ist für die abschließende Entscheidung über die Personalvertretungssache örtlich zuständig. Dies folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 22.10.2019, 5 AV 2/19, juris Rn. 3) aus § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 88 Abs. 2 MBG Schl.-H.

17

Der Hauptantrag ist als allgemeiner Leistungsantrag, die Beteiligte zur Rücknahme der benannten externen Ausschreibung zu verpflichten, ohne Weiteres statthaft.

18

Der für die Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens durch Prozessbevollmächtigte erforderliche wirksame Beschluss der Personalvertretung (vgl. VGH München, Beschl. v. 16.10.2014, 17 P 13/91, NZA-RR 2015, 103, juris Rn. 20; VG Hamburg, 12.12.2018, 25 FL 216/18, juris Rn. 28) liegt vor. Der Beschluss des Antragstellers („zwecks Feststellung seines Mitbestimmungsrechts“) ist sachdienlich dahingehend auszulegen, dass er auch einen gegenüber dem Feststellungsantrag vorrangigen Leistungsantrag abdeckt, der mit einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts durch die im konkreten Fall erfolgte offene Ausschreibung („Stellenbesetzungsverfahren Nr. 07/2020“) zu begründen gesucht wird.

19

b) Der Hauptantrag ist hingegen unbegründet. Die gerichtliche Verpflichtung der Beteiligten kann der Antragsteller prozessual nicht erwirken, weil ihm der geltend gemachte Anspruch materiell nicht zusteht. Der Antragsteller kann von der Beteiligten nicht beanspruchen, die ohne seine Zustimmung erfolgte externe Stellenausschreibung für das Stellenbesetzungsverfahren 07/2020 „Mitarbeiter*in Personal – Schwerpunkt Recruiting (w/m/d)“ am Standort Hamburg vom März 2020 zurückzunehmen.

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Zwar findet sich im Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein eine Anspruchsgrundlage, nach deren Maßgabe der Personalrat nicht nur die Unterlassung, sondern auch auf die Rücknahme einer unter Verletzung seines Mitbestimmungsrechts ergangenen innerdienstlichen Maßnahme verlangen kann (hierzu unter aa)). Doch muss bereits dahinstehen, ob es sich bei der in Rede stehenden offenen Ausschreibung um eine der Mitbestimmung unterliegende innerdienstliche Maßnahme handelt (hierzu unter bb)). Zumindest fehlt es deshalb an einem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers als örtlichem Personalrat, da in der Angelegenheit einer offenen Ausschreibung nur der Gesamtpersonalrat zuständig ist (hierzu unter cc)).

21

aa) Der Rechtsfolge nach einschlägig für einen Anspruch der Personalvertretung auf Rücknahme ist § 58 Abs. 3 MBG Schl.-H.

22

Diese Vorschrift gewährt in Satz 1 der Personalvertretung einen Primäranspruch auf Unterlassung. Danach ist die Durchführung von Maßnahmen unzulässig, die (Nr. 1) ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung, (Nr. 2) unter einem Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften erfolgt. In Satz 2 gewährt die Vorschrift der Personalvertretung einen Sekundäranspruch auf Rücknahme. Maßnahmen, die entgegen Satz 1 durchgeführt worden sind, sind danach zurückzunehmen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Der Vorbehalt im letzten Halbsatz stellt sicher, dass Rechte Dritter und Gemeinwohlbelange von verfassungsrechtlichem Gewicht sich gegenüber dem Rücknahmebegehren des Personalrats durchzusetzen vermögen. Der Ausspruch zur Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 24.5.1995, 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37, Tenor Nr. 1) ist gegenstandslos geworden, nachdem der schleswig-holsteinische Landesgesetzgeber mit Änderungsgesetz vom 29. November 1999 das Mitbestimmungsgesetz angepasst hat (BVerwG, Beschl. v. 29.2.2012, 6 P 2/11, juris Rn. 50 f.; VG Hamburg, Beschl. v. 11.2.2020, 25 FL 23/19, juris Rn. 32; Weiß/Benning/Warnecke, in Hübner-Berger, MBG SH, Stand: Juni 2019, § 58 Anm. 3.2).

23

Eine Rücknahme der Maßnahme als Anspruchsinhalt ist vorliegend auch nicht aus tatsächlichen Gründen unmöglich, obwohl die offene Ausschreibung als Realakt nicht rückgängig gemacht werden kann. Aus dem Gesetzeswortlaut und dem systematischen Zusammenhang („entgegen Satz 1 durchgeführt“) geht hervor, dass nach Satz 1 die Personalvertretung die Unterlassung einer drohenden Beeinträchtigung ihres Rechts und nach Satz 2 die Beseitigung einer gegenwärtigen Beeinträchtigung ihres Rechts verlangen kann. Dies entspricht in seiner Struktur dem Verhältnis von Unterlassungsanspruch bei Gefahr einer Störung des Eigentums nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB und Beseitigungsanspruch bei Eintritt einer Störung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ziel dieser negatorischen Ansprüche ist die (Wieder-)Herstellung des dem Inhalt des Eigentumsrechts entsprechenden Zustandes für die Zukunft (Thole, in Staudinger, BGB, 2019, § 1004 Rn. 1 f. m.w.N.). Läge in der Durchführung der offenen Ausschreibung eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers, könnte ein dem Mitbestimmungsrecht entsprechender Zustand wiederhergestellt werden, indem die durchgeführte Ausschreibung nicht weiter zur Grundlage eines Auswahlverfahrens gemacht würde.

24

bb) Doch muss bereits dahinstehen, ob es sich bei dem in Rede stehenden offenen Ausschreibung um eine der Mitbestimmung unterliegende innerdienstliche Maßnahme handelt. Die Fachkammer enthält sich hier einer abschließenden Bewertung. Im Einzelnen:

25

Aufgrund § 51 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. bestimmt der Personalrat mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (OVG Schleswig, Beschl. v. 13.4.2011, 12 LB 6/10, juris Rn. 21). Der schleswig-holsteinische Landesgesetzgeber hat sich im Rahmen des ihm insoweit zustehenden Entscheidungsspielraumes dafür entschieden, auch mit Blick auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts das bisherige Mitbestimmungsmodell auf der Ebene der Beteiligung der Personalräte aufrecht zu erhalten und somit die Allzuständigkeit der Personalräte unangetastet zu lassen (OVG Schleswig, Beschl. v. 30.7.2007, 3 MB 20/07, juris Rn. 9). Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, die Gegenstände der Mitbestimmung in Katalogen zu konkretisieren. Bei Anwendung der Norm ist aber die vom Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 24.5.1995, a.a.O., Rn. 144) aus dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 2 Abs. 2 Verf. Schl.-H.) hergeleitete Schutzzweckgrenze zu beachten, wonach die spezifischen in dem Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle die Mitbestimmung rechtfertigen müssen (VG Hamburg, Beschl. v. 11.2.2020, a.a.O., Rn. 36). Das personalvertretungsrechtliche Geschehen ist auf den Bereich beschränkt, der sich primär innerhalb der Dienststelle entfaltet und sich auf den Rechtsstand, die Beschäftigungsverhältnisse oder die Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten auswirkt; demzufolge scheidet negativ ausgedrückt eine Mitbestimmung aus in Angelegenheiten, die sich auf den sozialen Status der Beschäftigten nicht auswirken, bei der Aufgabenerfüllung der Dienststelle gegenüber Dritten, bei der Erfüllung der dienstlichen Aufhaben des einzelnen Beschäftigten oder soweit dies ausdrücklich gesetzlich bestimmt oder eine Mitbestimmung der Natur der Sache nach nicht möglich ist. Der Mitbestimmung unterliegen positiv ausgedrückt Maßnahmen der Dienststelle, die Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken, personeller, sozialer, organisatorischer oder sonstiger Art innerdienstlicher Natur, wenn ein Entscheidungsspielraum vorhanden ist und kein gesetzlicher Ausschluss der Mitbestimmung erfolgt ist (Fuhrmann/Neumann/Thorenz/Witt, Personalvertretungsrecht Schleswig-Holstein, 5. Aufl. 2000, MBG Schl.-H., § 51 Anm. 4 f.). Die Allzuständigkeit umfasst nicht alle Vorgänge, sondern nur Maßnahmen mit innerdienstlichem Charakter (BVerwG, Beschl. v. 19.5.2003, 6 P 16/02, juris Rn. 43). Es muss sich um eine Regelung handeln, die ausschließlich oder jedenfalls primär dienststelleninterne Auswirkungen hat (Weiß/Benning/Warnecke, in Hübner-Berger, MBG Schl.-H., Stand: Juni 2019, § 51 Anm. 1.7).

26

Nach diesen Maßstäben könnte es in geeigneten Fällen zwar einer Mitbestimmung unterliegen, von der Ausschreibung einer Stelle abzusehen oder den Bewerberkreis von vornherein zu begrenzen. Die Fachkammer lehnt sich hier an die obergerichtliche Rechtsprechung (OVG Schleswig, Beschl. v. 30.7.2007, 3 MB 20/07, juris Rn. 8; Hervorhebungen nur hier) an:

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„Das Landesrichtergesetz enthält keine Bestimmung darüber, ob es sich bei der Beschränkung des Bewerberkreises um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme handelt. Daher ist diese Frage aufgrund einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG zu beantworten. Hiernach bestimmt der Personalrat bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen mit, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Diese Vorschrift soll eine ‚umfassende‘ Mitbestimmung der Beschäftigten sowie eine "lückenlose" partnerschaftliche Beteiligung der Personalvertretung garantieren [...]. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze dürfte es sich bei der Beschränkung des Bewerberkreises auf schleswig-holsteinische Proberichterinnen und Proberichter um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme im Sinne der genannten Vorschrift handeln. Denn die Beschränkung des Bewerberkreises betrifft sämtliche Stellenbewerberinnen und Stellenbewerber, die nicht schleswig-holsteinische Proberichterinnen und Proberichter sind, und wirkt sich auf deren berufliche Belange aus [...].“

28

Gleichwohl der Landesgesetzgeber keine Gegenstände der Mitbestimmung in Katalogen konkretisiert hat, muss wegen der bis an die verfassungsrechtliche Schutzzweckgrenze normierten Allzuständigkeit angenommen werden, dass der Umfang der Mitbestimmung nach dem Willen des Landesgesetzgebers nicht hinter demjenigen nach den Katalogen des Bundespersonalvertretungsgesetzes zurückbleibt. Im Anwendungsbereich von § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG ist das Absehen von einer Ausschreibung von Dienstposten mitbestimmungspflichtig. Gegenstand der Mitbestimmung ist insoweit ein Unterlassen (BVerwG, Beschl. v. 8.3.1988, 6 P 38/93, BVerwGE 79, 101, Rn. 36). Eine Mitwirkung der Personalvertretung an Form, Inhalt, Verfahren, Art und Weise der Veröffentlichung und Festlegung des Verbreitungsbereichs könnte damit ausscheiden. Im Ansatz berührt aber das Absehen von einer auch interne Bewerber einschließenden Ausschreibung das berufliche Fortkommen oder andere berufsbezogene Belange von Beschäftigten als schutzwürdiges kollektives Interesse (vgl. Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl. 2017, § 76 Rn. 173, 176). Es ist sicherzustellen, dass sich nach Möglichkeit jeder Interessierte an der Bewerberkonkurrenz beteiligen kann (Fuhrmann/Neumann/Thorenz/Witt, a.a.O., § 51 Anm. 14).

29

Doch ist bereits im Ansatz fraglich, ob es der Mitbestimmung unterliegt, dass eine offene Ausschreibung durchgeführt und der Bewerberkreis gerade nicht von vornherein auf körperschafts- oder dienststelleninterne Bewerber begrenzt wird. Ob ein schützenswertes kollektives Interesse der Belegschaft besteht, vor Konkurrenz bewahrt zu werden, muss dahinstehen.

30

Dieser Bewertung entspricht auch das zivile Betriebsverfassungsrecht. Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, dass die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden. Die Vorschrift soll den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt erschließen und im Betrieb selbst vorhandene Möglichkeiten des Personaleinsatzes aktivieren; außerdem sollen Verstimmungen und Beunruhigungen der Belegschaft über die Hereinnahme Außenstehender trotz eines möglicherweise im Betrieb vorhandenen qualifizierten Angebots vermieden werden; der Arbeitsgeber ist nicht gehindert, die Stelle gleichzeitig innerbetrieblich und außerbetrieblich auszuschreiben, darf dann aber die Anforderungen an externe Bewerber nicht gegenüber eigenen Arbeitnehmern verringern (BAG, Beschl. v. 23.2.1988, 1 ABR 82/86, juris Rn. 19, 22; Maurer, in BeckOK, 57. Ed. 1.6.2020 Rn. 4, BetrVG § 93 Rn. 4). Die Vorschrift wahrt damit zwar allein die Interessen der Belegschaft, geht indes nicht so weit, den Kreis der für eine Einstellung in Frage kommenden Arbeitnehmer auf innerbetriebliche Bewerber zu beschränken; ihnen sollen lediglich gleiche Chancen im Bewerbungsverfahren eingeräumt werden (Kania, in Erfurter Kommentar, 20. Aufl. 2020, BetrVG § 93 Rn. 1).

31

cc) Zumindest fehlt es an einem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers als örtlichem Personalrat. Soweit in der Angelegenheit einer offenen Ausschreibung ein Mitbestimmungsrecht besteht, ist ausschließlich der Gesamtpersonalrat zuständig. Im Einzelnen:

32

Die Fachkammer legt dabei die höchstrichterliche Rechtsprechung (BVerwG, Beschl. v. 5.10.2011, 6 P 17/10, juris Rn. 21 ff., Hervorhebungen nur hier) für die Deutsche Rentenversicherung Nord zugrunde:

33

„5. Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der drei örtlichen Personalräte einerseits und des Gesamtpersonalrats andererseits gilt daher § 61 MBGSH; dies wird in § 2 Abs. 2 Satz 3 RVOrgG-AusfG ausdrücklich klargestellt. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH ist der Gesamtpersonalrat nur zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die mehrere in ihm zusammengefasste Dienststellen betreffen und die nicht durch die einzelnen Personalräte innerhalb ihres Geschäftsbereichs geregelt werden können.

34

a) Erste Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist danach, dass die beteiligungspflichtige Angelegenheit mehrere in ihm zusammengefasste Dienststellen betrifft. Die Angelegenheit muss dienststellenübergreifende Wirkung haben (vgl. Landtagdrucks. 12/996 S. 122). Dagegen verbleibt es bei der Zuständigkeit des örtlichen Personalrats, wenn von der beabsichtigten Maßnahme ausschließlich die Beschäftigten einer Dienststelle betroffen werden. § 2 Abs. 2 Satz 1 RVOrgG-AusfG bestätigte dies für den Bereich der Deutschen Rentenversicherung Nord. Danach beteiligt deren Geschäftsführung als gemeinsame Dienststellenleitung für alle drei Dienststellen in Hamburg, Lübeck und Neubrandenburg (§ 2 Abs. 1 Satz 2 RVOrgG-AusfG) in den Fällen, in denen Beschäftigte einer dieser Dienststellen betroffen sind, den dort gebildeten Personalrat unmittelbar (vgl. Landtagdrucks. 16/202 S. 7 f.).

35

b) Die vorbezeichnete erste Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist bereits dann erfüllt, wenn der Dienststellenleiter beabsichtigt, eine dienststellenübergreifende Maßnahme zu treffen. Dies reicht jedoch für die Begründung der Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats noch nicht aus. § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH verlangt vielmehr zusätzlich, dass die Angelegenheit nicht durch die einzelnen Personalräte innerhalb ihres Geschäftsbereichs geregelt werden kann. Diese zweite Voraussetzung unterwirft die dienststellenübergreifende Absicht des Dienststellenleiters einem Rechtfertigungszwang. Nur wenn die Maßnahme gerade als dienststellenübergreifende geboten ist, ist der Gesamtpersonalrat an Stelle der sonst zuständigen örtlichen Personalräte zur Mitbestimmung berufen.

36

aa) § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH ist der Regelung in § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nachgebildet. Diese Vorschrift lautet: ‚Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können‘. Es liegt daher nahe, sich bei der Auslegung der Regelung in § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 50 Abs. 1 BetrVG zu orientieren (vgl. in diesem Zusammenhang zum Ausschluss der Mitbestimmung bei leitenden Angestellten: Beschluss vom 22. März 2006 - BVerwG 6 P 10.05 - Buchholz 251.95 § 84 MBGSH Nr. 1 Rn. 24 f.). [...]

37

Diese Regelung verlangt zur Begründung der Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats eine materielle Rechtfertigung. Fehlt es daran, so muss sich der Dienststellenleiter mit seinem Anliegen an die örtlichen Personalräte wenden. Dass diese - unter der Voraussetzung einer dezentralen Regelungsmöglichkeit - legitimiert sind, die von ihnen vertretenen Beschäftigten zu repräsentieren, unterliegt keinem Zweifel.

38

bb) Unter sinngemäßer Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 50 BetrVG ergibt sich Folgendes: Das Erfordernis, wonach die Angelegenheit nicht durch die einzelnen Personalräte innerhalb ihres Geschäftsbereichs geregelt werden kann, setzt nicht notwendig die objektive Unmöglichkeit einer dienststellenbezogenen Regelung voraus. Ausreichend, aber regelmäßig auch zu verlangen ist vielmehr, dass ein sachlich zwingendes Erfordernis für eine dienststellenübergreifende Regelung besteht. Dieses Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände der Gesamtdienststelle und der ihr zugehörigen einzelnen Dienststellen (vgl. BAG, Beschlüsse vom 3. Mai 2006 - 1 ABR 15/05 - BAGE 118, 131 Rn. 25 und vom 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - BAGE 120, 146 Rn. 22). Der Gleichbehandlungsgrundsatz begrenzt die Regelungsmacht der Partner der Dienststellenverfassung, hat jedoch keinen Einfluss auf die Zuständigkeitsverteilung zwischen den verschiedenen Personalvertretungen (vgl. BAG, Beschlüsse vom 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - AP Nr. 135 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung Rn. 17 und vom 18. Mai 2010 - 1 ABR 96/08 - AP Nr. 34 zu § 50 BetrVG 1972 Rn. 17). Sofern der Gesamtpersonalrat im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH für die Behandlung einer Angelegenheit originär zuständig ist, hat er diese Angelegenheit insgesamt mit dem Dienststellenleiter zu regeln. Eine Aufspaltung der Zuständigkeiten auf Gesamtpersonalrat und örtliche Personalräte verbietet sich aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BAG, Beschluss vom 14. November 2006 a.a.O. Rn. 35).“

39

Nach diesen Maßstäben liegt das Mitbestimmungsrecht, soweit es hinsichtlich einer offenen Ausschreibung besteht, gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. beim Gesamtpersonalrat und nicht beim örtlichen Personalrat.

40

Die erste Voraussetzung einer Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist erfüllt. Die in Rede stehende Ausschreibung, hinsichtlich derer eine Mitbestimmung in Streit steht, ist offen ebenso für Bewerber außerhalb der Körperschaft als auch Bewerber aus anderen Dienststellen erfolgt. Es handelt sich um eine dienststellenübergreifende Maßnahme. Sie wahrt das Interesse am berufliche Fortkommen auch der Beschäftigten in den Dienststellen Lübeck und Neubrandenburg.

41

Die zweite Voraussetzung einer Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist ebenso verwirklicht. Es besteht ein zwingendes Erfordernis für eine dienststellenübergreifende Regelung. Die Angelegenheit, wie der Bewerberkreis für die Ausschreibung einer Stelle gefasst wird, kann nur für die gesamte Körperschaft einheitlich geregelt werden. Es gibt die drei Möglichkeiten der Ausschreibung: standortübergreifende körperschaftsinterne Ausschreibung, standortinterne Ausschreibung und offene Ausschreibung. Die Frage, ob eine standortübergreifende körperschaftsinterne Ausschreibung geboten ist, kann nicht in die Zuständigkeit eines örtlichen Personalrats, sondern nur in die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats fallen. Insbesondere muss es der Kontrolle durch den Gesamtpersonalrat unterliegen, ob § 7 des schleswig-holsteinischen Gleichstellungsgesetz (v. 13.12.1994, GVOBl. S. 562, m. spät. Änd. – GstG Schl.-H.) Genüge getan ist. Nach Maßgabe des Abs. 1 der Vorschrift müssen in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, freie Arbeitsplätze ausgeschrieben. Die Ausschreibung muss nach Abs. 3 der Vorschrift mindestens dienststellenübergreifend erfolgen, soweit innerhalb des jeweiligen Trägers der öffentlichen Verwaltung Bewerbungen möglich sind, die den Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes entsprechen; bei Führungspositionen soll grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung erfolgen.

42

Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann für dieselbe Angelegenheit keine Teilzuständigkeit des Gesamtpersonalrats für einzelne Aspekte und eine Restzuständigkeit des örtlichen Personalrats für übrige Aspekte begründet sein. Insbesondere kann hinsichtlich der Frage, für welchen Bewerberkreis eine Ausschreibung geöffnet sein darf, keine andere Personalvertretung zuständig sein als hinsichtlich der Frage, für welchen Bewerberkreis eine Ausschreibung geöffnet sein muss. Somit muss die Zuständigkeit insgesamt beim Gesamtpersonalrat verbleiben. Der Gesamtpersonalrat hat in geeigneten Fällen zu kontrollieren, ob der von der Ausschreibung angesprochene Bewerberkreis zu eng gefasst ist. Somit müsste auch er zu kontrollieren haben, ob der angesprochene Bewerberkreis zu weit gefasst ist, gäbe es insoweit ein Mitbestimmungsrecht.

43

2. a) Der auf Feststellung gerichtete Hilfsantrag ist bereits unzulässig, was zur Ablehnung des Antrags durch das angerufene Gericht führt. Im Einzelnen:

44

Das angerufene Verwaltungsgericht Hamburg ist zwar örtlich zuständig (s.o. 1. a)).

45

Doch fehlt dem Antragsteller das nach § 88 Abs. 2 MBG Schl.-H. i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 99 Abs. 2 HmbPersVG i.V.m. §§ 80 Abs. 2, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Ein rechtliches Interesse, das antragsgegenständliche Rechtsverhältnis festzustellen, besteht für den Antragsteller nicht. Denn im Fall einer Verletzung seines Mitbestimmungsrechts durch die offene Ausschreibung wäre ein Anspruch auf Rücknahme gegeben, den der Antragsteller mit dem vorrangigen Leistungsantrag durchzusetzen könnte (s.o. 1. a) und b) aa)).

46

b) Wäre der Hilfsantrag zulässig, so wäre er unbegründet. Die von ihm begehrte gerichtliche Feststellung kann der Antragsteller prozessual nicht erwirken. Die Beteiligte hat sein Mitbestimmungsrecht aus § 51 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 MBG Schl.-H. nicht verletzt, indem sie im Stellenbesetzungsverfahren 07/2020 „Mitarbeiter*in Personal – Schwerpunkt Recruiting (w/m/d)“ am Standort Hamburg im März 2020 ohne dessen Zustimmung extern ausgeschrieben hat. Dies folgt schon aus der mangelnden Zuständigkeit des Antragstellers als örtlichem Personalrat (s.o. 1. b)).

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