Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 1836/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Zulassung des Klägers zur staatlichen Ergänzungsprüfung für Notfallsanitäter.
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Der Kläger schloss im Dezember 2008 die Ausbildung zum Rettungsassistenten erfolgreich ab. Er beantragte mit Schreiben vom 19.12.2008, eingegangen am 29.12.2008, beim Niedersächsischen Ministerium für D. die Ausstellung der Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“. Unter dem 12.01.2009 wurde der Kläger aufgefordert fehlende bzw. unvollständige Unterlagen nachzureichen. Dem kam der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2009, eingegangen am 16.03.2009, nach. Daraufhin wurde ihm unter dem 07.04.2009 die beantragte Urkunde ausgestellt.
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Am 01.01.2014 trat das Notfallsanitätergesetz - NotSanG - in Kraft. Der Kläger beantragte unter dem 12.09.2014 die Zulassung zur staatlichen Ergänzungsprüfung nach § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG.
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Mit Bescheid vom 05.02.2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zulassung zur staatlichen Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG nicht. Er habe nicht nachweisen können, dass er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des NotSanG am 01.01.2014 bereits eine mindestens fünfjährige Tätigkeit als Rettungsassistent ausgeübt habe. Erst ab dem 08.04.2009, mithin einen Tag nach Ausstellung der Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“, habe er mit der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ überhaupt tätig werden dürfen. Deshalb könne er gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 der Notfallsanitäter-Ausbildungs- und Prüfungsordnung - NotSan-APrV - in Verbindung mit § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG nicht zur staatlichen Ergänzungsprüfung zugelassen werden.
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Der Kläger hat eine Bescheinigung der Rettungsdienst E. GmbH über die Berufstätigkeit als Rettungsassistent im Rettungsdienst vorgelegt, wonach er „in der Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2013 (…) [dort] als Rettungsassistent tätig war.“ Er ist der Auffassung, nicht das Ausstellungsdatum der Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ sei maßgeblich für den Beginn der Tätigkeit als Rettungsassistent im Sinne des § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG. Vielmehr müsse unabhängig von der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung auf den Beginn einer Tätigkeit als Rettungsassistent als solcher abgestellt werden. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut von § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 NotSan-APrV, der diese beiden Tatbestandsmerkmale getrennt voneinander aufführe. Der Gesetzgeber wolle nicht zwischen der Tätigkeit mit und der Tätigkeit ohne die Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ differenzieren.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 05.02.2015 zu verpflichten, den Kläger zur staatlichen Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter nach § 6 Abs. 2 NotSan-APrV in Verbindung mit § 32 Abs. 2 NotSanG zuzulassen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, die Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ habe konstituierende Wirkung. Sie weist darauf hin, dass nach § 12 des Rettungsassistentengesetzes - RettAssG - (außer Kraft seit 31.12.2014) das unbefugte Führen dieser Berufsbezeichnung eine Ordnungswidrigkeit darstellte. Es könnten mithin nur Zeiten nach der Ausstellung der Urkunde Berücksichtigung finden.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, der dem Gericht zu Einsichtnahme vorgelegen hat.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zur staatlichen Ergänzungsprüfung gemäß § 6 Abs. 2 NotSan-APrV in Verbindung mit § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG, weil er die dort vorausgesetzte mindestens fünfjährige Tätigkeit als Rettungsassistent nicht nachweisen kann.
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Gemäß § 6 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 NotSan-APrV erteilt der oder die Vorsitzende des Prüfungsausschusses auf Antrag des Prüflings die Zulassung zur Prüfung. Im Falle der hier vom Kläger begehrten staatlichen Ergänzungsprüfung nach § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG ist Voraussetzung für die Zulassung unter anderem der Nachweis über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ sowie der Nachweis der Berufstätigkeit. § 32 Abs. 2 NotSanG bestimmt jeweils die zur Zulassung erforderliche Länge der Berufstätigkeit. Gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG erhält eine Person, die bei Inkrafttreten des NotSanG (am 01.01.2014) eine mindestens fünfjährige Tätigkeit als Rettungsassistent nachweist, bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Eignung die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung „Notfallsanitäter“ zu führen, wenn sie innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes die staatliche Ergänzungsprüfung besteht. Eine Person, die lediglich eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit nachweisen kann muss zusätzlich eine weitere Ausbildung von 480 Stunden absolvieren (§ 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 NotSanG). Eine Person, die eine geringere als eine dreijährige Berufstätigkeit nachweisen kann, muss zusätzlich eine weitere Ausbildung von 960 Stunden absolvieren (§ 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 NotSanG). Voraussetzung für die Zulassung zur hier begehrten staatlichen Ergänzungsprüfung ohne eine weitere Ausbildung ist gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG mithin der Nachweis einer mindestens fünfjährigen Tätigkeit als Rettungsassistent. Diese an die vorgenannten besonderen Voraussetzungen geknüpfte Überleitungsvorschrift ist zum Schutz des besonders wichtigen Gemeinschaftsguts „Gesundheitsschutz“ auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 2015 - 1 BvR 2853/13 -).
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Den Nachweis einer mindestens fünfjährigen Berufstätigkeit als Rettungsassistent kann der Kläger nicht erbringen. Denn zwischen der Ausstellung seiner Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ am 07.04.2009 und dem Inkrafttreten des NotSanG am 01.01.2014 liegen schon keine fünf Jahre.
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Unberücksichtigt bleiben muss der Umstand, dass der Kläger eine Bescheinigung der Rettungsdienst E. GmbH vorgelegt hat, nach der er vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2013 dort als Rettungsassistent tätig gewesen sei. Sowohl nach § 12 des zu diesem Zeitpunkt noch gültigen RettAssG, als auch nach dem derzeit gültigen § 28 NotSanG stellt die Führung der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ ohne entsprechende Erlaubnis eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. In der Zeit zwischen dem 01.01.2009 und dem 06.04.2009 hätte der Kläger mithin ordnungswidrig die Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ geführt. Diese Zeitspanne kann deshalb keine Berücksichtigung finden.
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Etwas anderes ergibt sich entgegen der klägerischen Auffassung auch nicht aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 NotSan-APrV. Geregelt ist für den Fall der staatlichen Ergänzungsprüfung nach § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG, dass zusätzlich Nachweise über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ sowie über die Berufstätigkeit erbracht werden müssen. Hieraus lässt sich vor dem Hintergrund der vorgenannten Bußgeldvorschriften gerade nicht ableiten, dass es im Rahmen des Berufstätigkeitsnachweises nur auf tatsächlich ausgeübte Zeiten - unabhängig von der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung - ankäme. Vielmehr ist es umgekehrt, ohne die entsprechende Urkunde ist das Führen der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ eine Ordnungswidrigkeit. Der Gesetzgeber zeigt durch die Bußgeldvorschriften ganz deutlich, dass er zwischen der Ausübung der Tätigkeit mit und ohne Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung unterscheidet, namentlich indem er die Ausübung ohne entsprechende Erlaubnis mit einem Bußgeld von derzeit bis zu 3.000,00 € bedroht.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.
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Referenzen
- § 32 Abs. 2 NotSanG 2x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2853/13 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- § 6 Abs. 2 NotSan-APrV 2x (nicht zugeordnet)
- § 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 NotSanG 1x (nicht zugeordnet)
- § 32 Abs. 2 S. 1 NotSanG 8x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 NotSan-APrV 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 167 1x
- § 28 NotSanG 1x (nicht zugeordnet)
- § 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 NotSanG 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 NotSan-APrV 2x (nicht zugeordnet)