Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 7652/16
Tenor
1. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der Bescheid vom 2. Dezember 2016 wird aufgehoben, soweit er dem vorgenannten Verpflichtungsausspruch entgegensteht
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens
3. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die am 20. Juli 1965 geborene Klägerin, irakische Staatsangehörige arabischer Volks- und sunnitischer Glaubenszugehörigkeit, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
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Sie reiste am 2. November 2014 aus dem Irak aus und gelangte, nach einer Durchreise u.a. durch den Iran, die Türkei, Griechenland und verschiedene Balkanstaaten, am 3. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag stellte, den sie später auf den Antrag auf Zuerkennung von Flüchtlingsschutz beschränkte.
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In ihrer persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 17. Oktober 2016 gab sie an, den Irak u.a. aus Furcht vor der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) verlassen zu haben. Zu ihren persönlichen Verhältnissen erklärte sie, sie habe bis zu ihrer Ausreise in der Stadt Mosul gelebt. Ihre Geschwister und ihre Tochter sowie deren drei Kinder befänden sich noch im Irak. Der Schwiegervater der Tochter habe Herzprobleme, so dass die Familie zunächst nicht ausgereist sei. Nun könnten sie Mosul wegen der Umlagerung durch den IS nicht verlassen. Sie, die Klägerin, habe die Schule bis zur zehnten Klasse besucht. Danach habe sie geheiratet, fünf Kinder bekommen und sei Hausfrau gewesen. Ihr Mann sei im August 2004 gestorben.
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Zur ihrer Verfolgungsgeschichte erklärte die Klägerin, die Probleme mit Angehörigen der vornehmlich schiitisch dominierten Sicherheitskräfte hätten bereits nach dem Sturz des Regimes Saddam Husseins begonnen, d.h. während des sich anschließenden Bürgerkrieges. Jedes Mal, wenn es durch versteckte Anhänger des IS Bombardierungen in ihrer Straße in Mosul gegeben habe, seien Angehörige der schiitischen Nationalgarde gekommen und hätten nächtliche Hausdurchsuchungen vorgenommen. Die Kinder hätten sich dabei an die Wand stellen müssen, während die Angehörigen der Sicherheitskräfte zum Teil Nachbarn vor ihren Augen erschossen hätten. Probleme habe es auch deshalb gegeben, weil sie eine alleinerziehende Frau gewesen sei. Die Angehörigen der Nationalgarde hätten permanent bezweifelt, dass es sich bei den Kindern der Klägerin auch wirklich um ihre Kinder gehandelt habe.
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Als der IS am 6. Juni 2014 nach Mosul gekommen sei, habe sie zunächst gehofft, dass sich die Situation für die Bevölkerung bessern werde. Dieses sei jedoch nicht der Fall gewesen. Der IS habe Menschen massenweise umgebracht und die Leichen offen herumliegen lassen. Zudem seien Angehörige des IS in die Wohnungen der Nachbarn der Klägerin eingezogen, welche sie zuvor vertrieben hätten. Sie, die Klägerin, habe daraufhin Ende Juni 2014 gemeinsam mit ihrem Sohn D. (Kläger zu 1. im Verfahren 6 A 6786/16) ihre Söhne E. (Kläger im Verfahren 6 A 7422/16) und F. (Kläger zu 1. im Verfahren 6 A 6703/16) in die Türkei in Sicherheit gebracht. Die irakische Botschaft in der Türkei habe sich jedoch geweigert, für ihre zurückgebliebenen passlosen Angehörigen Pässe auszustellen. Dann sei sie gemeinsam mit ihrem Sohn D. nach Mosul zurückgekehrt. Anschließend sei sie dann mit ihm, ihrem Sohn G. und H., der Frau von D. (Klägerin zu 2. im Verfahren 6 A 6786/16), nach Bagdad gegangen, um dort für G. und I. Pässe zu beantragten. An der Grenze zu Mosul hätten sie Angehörige des IS jedoch nicht weiterreisen lassen. Sie habe am Kontrollpunkt zunächst vorgegeben, nach Bagdad zu fahren, um eine Angelegenheit mit ihrem Rentengehalt zu klären. Hieraufhin habe man ihr lediglich erlaubt, ein Kind mitzunehmen. Im Anschluss habe sie vorgegeben, zu ihrer Schwester zu fahren, deren Mann verstorben sei, woraufhin man ihr gestattet habe, alle ihre verbliebenen Kinder mitzunehmen. Dennoch habe sie erst ausreisen dürfen, nachdem sie nochmals nach Hause zurückgekehrt sei und die Besitzurkunde für ihr Haus als Pfand an dem Kontrollpunkt zurückgelassen habe. Anschließend seien sie gemeinsam über den Iran in die Türkei ausgereist, wo die Familie zunächst von ihren Ersparnissen, dem Verkauf ihres Goldschmucks und Gelegenheitsarbeiten gelebt habe. Ein Umzug in ein anderes Viertel oder einen anderen Stadtteil im Irak sei ihr nicht möglich gewesen, weil das Militär hierfür eine Genehmigung erteilen müsse. Als alleinstehende Frau habe sie aber bereits schon bei Behördengängen Probleme. Im Falle einer Rückkehr in den Irak befürchte sie, als Sunnitin von Angehörigen der schiitischen Sicherheitskräfte verfolgt und getötet zu werden.
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Mit Bescheid vom 2. Dezember 2016, der Klägerin zugestellt am 7. Dezember 2016, erkannte das Bundesamt der Klägerin den subsidiären Schutzstatus zu, im Übrigen lehnte es den Asylantrag ab.
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Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 19. Dezember 2016 Klage erhoben und zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung trägt sie vor, den Irak nicht nur aus Furcht vor dem IS verlassen zu haben, sondern auch aus Sorge, zwischen die Fronten der Kämpfe zwischen dem IS und den irakischen Streitkräften zu geraten. Angehörige der arabisch-sunnitischen Minderheit seien im Irak nämlich sowohl von Seiten des IS als auch von staatlicher Seite massivsten Menschenrechtsverletzungen und Lebensgefahren ausgesetzt, insbesondere von den staatlich unterstützten Volksmilizen. Dies folge daraus, dass Sunniten im Irak unter dem Generalverdacht stünden, Sympathisanten des IS zu sein, was insbesondere auf diejenigen zutreffe, die aus Regionen stammten, die derzeit durch den IS besetzt seien oder es in der Vergangenheit waren. Nach Berichten des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) seien sie in erheblich höherem Maße als Anhänger anderer Konfessionen von willkürlichen Verhaftungen, Entführungen, Zwangsumsiedlungen sowie Gewaltanwendung und außergerichtlichen Hinrichtungen durch die irakischen Sicherheitskräfte und die von der irakischen Regierung geförderten Milizen betroffen. Als alleinstehende Frau stehe sie zudem im besonderen Maße im Fokus der Sicherheitsbehörden.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 2. Dezember 2016 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Gericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 4. Mai 2018 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen, dieser hat der Klägerin mit Beschluss vom selben Tag Prozesskostenhilfe bewilligt. Hinsichtlich des Ergebnisses der informatorischen Anhörung der Klägerin und ihres Sohnes D. (Kläger zu 1. im Verfahren 6 A 6786/16) wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Juni 2018.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die der Berichterstatter gemäß § 76 Abs. 1 AsylG anstelle der Kammer als Einzelrichter entscheidet, hat Erfolg. Sie ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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Der Einzelrichter ist dabei nicht daran gehindert, auf Basis der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2018 über die Klage zu entscheiden, obgleich kein Vertreter der Beklagten erschienen ist. Das Gericht hat die Beteiligten nämlich mit der Ladung darauf hingewiesen, dass auch in ihrer Abwesenheit mündlich verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Bescheid des Bundesamtes vom 2. Dezember 2016, mit dem dieses Begehren abgelehnt worden ist, verletzt die Klägerin in ihren Rechten und ist aufzuheben, soweit er dem vorgenannten Anspruch entgegensteht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
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Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. § 3 Abs. 1 AsylG bestimmt dazu, dass ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) ist, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Diese Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind in der Person der Klägerin erfüllt.
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Eine „begründete Furcht“ vor Verfolgung liegt vor, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67, Rn. 19). Der danach maßgebliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Entscheidend ist, ob aus Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Schutzsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in das Herkunftsland als unzumutbar erscheint. Zu begutachten ist hierbei die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat (BVerwG, Urteil vom 06.03.1990 - 9 C 14.89 -, juris). Dabei entspricht die zunächst zum nationalen Recht entwickelte Rechtsdogmatik zur Frage der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ auch dem neueren europäischen Recht (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 29). Beim Flüchtlingsschutz gilt für die Verfolgungsprognose überdies ein einheitlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab, d.h. unabhängig von der Frage, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Die Privilegierung von Vorverfolgten erfolgt durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (sog. Qualifikationsrichtlinie), nicht hingegen (mehr) durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22, Rnr. 21 f.; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 31).
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Auf Basis dieses rechtlichen Maßstabs haben im vorliegenden Fall die für die Verfolgung der Klägerin sprechenden Umstände bei einer zusammenfassenden Bewertung größeres Gewicht als die dagegensprechenden Umstände. Das Gericht kommt aufgrund des aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung, dass der Klägerin und ihren weiteren Familienangehörigen im Falle der Rückkehr in den Irak aus individuellen, an ihre Person anknüpfenden Gründen Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG droht.
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Der Klägerin kommt bei der Beurteilung der Frage, ob ihr weiterhin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsgefahren im Irak drohen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 32; Urteil vom 01.03.2012 - 10 C 7.11 - juris Rn. 12) die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht zugute. Zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Irak wurde sie nicht in Anknüpfung an ein in § 3 Abs. 1 AsylG genanntes Merkmal individuell bedroht. Das Gericht geht jedoch aufgrund der aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse davon aus, dass die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Religion, d.h. ihres sunnitischen Glaubens, von Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 AsylG bedroht ist.
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Nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG umfasst der Begriff der Religion dabei insbesondere theistische Glaubensüberzeugungen sowie Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner, die sich auf eine entsprechende Überzeugung stützen. Als Verfolgungen im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten gemäß § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Gemäß § 3a Abs. 3 AsylG muss des Weiteren zwischen den in § 3 Abs.1 Nr. 1, § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1, Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen (oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen) eine kausale Verknüpfung bestehen. Auf eine etwaige subjektive Motivation des Verfolgers kommt es dabei nicht entscheidend an (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 3a AsylG, Rn. 7). Maßgebend ist vielmehr die objektive Zielrichtung, die der Maßnahme unter den jeweiligen Umständen ihrem Charakter nach zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55, Rnr. 22, 24, Marx, AsylG, 2017, § 3a Rnr. 50 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678). Für eine erkennbare objektive Zielrichtung der Maßnahme genügt es, wenn ein Verfolgungsgrund nach § 3b AsylG einen wesentlichen Faktor für die Verfolgungshandlung darstellt (Bergmann/Dienelt, a.a.O.). Für den Bereich des Asylrechts hat das Bundesverfassungsgericht die Verknüpfung von Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund nach § 3a Abs. 3 AsylG überdies dahingehend konkretisiert, dass es für eine politische Verfolgung ausreiche, wenn die Täter den Ausländer der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zurechnen, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist, und beispielsweise auf dieser Basis die Verfolgungsmaßnahme gegen den Ausländer als Instrument zur Verfolgung politisch missliebiger Dritter einsetzen, etwa als Druckmittel oder zur Informationserlangung (BVerfG, Beschluss vom 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96 -, juris Rnr. 5; BVerwG, Beschluss vom 27.04.2017 - 1 B 63.17, 1 PKH 23.17 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.6.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 28). In diesem Fall müssen die Betroffenen die ihnen zugefügten Misshandlungen und Erniedrigungen nämlich zugleich wegen ihrer (familiären) Beziehungen zu dem Gesuchten erdulden, mithin wegen des asylerheblichen Merkmals der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 5, § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG). Für die sonstige Verfolgungsgründe des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gelten diese Ausführungen entsprechend.
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Diesen rechtlichen Maßstab vorangeschickt, liegen im Falle der Klägerin die Voraussetzungen einer religiösen Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 AsylG vor. Das Gericht ist aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung sowie unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnismittel zu der Überzeugung gelangt, dass ihr im Falle ihrer Rückkehr in ihre Heimatstadt Mosul mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch schiitische Milizen wegen ihres sunnitischen Glaubens droht.
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Arabischstämmige Angehörige der sunnitischen Konfession sind dabei nach der gegenwärtigen Sachlage im Irak nicht bereits einer Gruppenverfolgung ausgesetzt (vgl. VG Münster, Urteil vom 17.01.2018, Az. 6 AK 2323/16.a. -, juris; BayVGH, Beschluss vom 29.01.2018 – 20 ZB 17.30988 –, juris). Dieses gilt auch für den Großraum Mosul.
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Das Gericht betrachtet bei der Prüfung die Gruppe der sunnitischen Araber. Voraussetzung für eine Verfolgung dieser Gruppe ist eine bestimmte Verfolgungsdichte, welche wiederum die „Regelvermutung“ der eigenen Verfolgung rechtfertigt. Die Verfolgungshandlungen müssen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen. Sie müssen sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale entsteht (VG Berlin, Urteil vom 08. März 2018 – 25 K 329.17 A –, juris Rn. 27). Diese für die staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze sind auf die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 – BVerwG 10 C 11/08 –, juris).
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat zur Situation sunnitischer Araber im Irak in seinem Urteil vom 22. November 2017 (Az.: 25 K 3.17 A –, juris Rn. 29) ausgeführt:
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„Die Sunniten im Irak bilden im Unterschied zum weltweiten Verhältnis von Sunniten und Schiiten die Minderheit. Während die arabischen Schiiten 60 bis 65 % ausmachen, stellen arabische Sunniten hingegen nur 17 bis 22 % der Bevölkerung (sonstige: sunnitische Kurden 15 bis 20 % und Turkmenen, vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 7. Februar 2017, S. 7; hierzu gibt es nur begrenzte genaue Daten; die letzte vollständige irakische Volkszählung erfolgte im Jahr 1987, vgl. Home Office UK, Iraq: Sunni (Arab) Muslims, Juni 2017, S. 9). Die damit in der Minderheit im Irak lebenden arabischen Sunniten sind im irakischen Alltag auch Anfeindungen ausgesetzt. Sie haben sich im Wesentlichen in den Tälern der Flüsse Euphrat und Tigris nördlich und nordöstlich von Bagdad angesiedelt. Ganz im Unterschied zur schiitischen Mehrheit, die vorwiegend die Flussebenen südlich von Bagdad sowie große Teile der irakischen Hauptstadt selbst bewohnt. Seit der Staatsgründung (1912) kontrollierten – ungeachtet der genannten Mehrheitsverhältnisse – zunächst die sunnitischen Araber den Irak. Insbesondere während der Herrschaft der Baath-Partei bzw. Saddam Husseins war die schiitische Mehrheit regelmäßig staatlicher Verfolgung ausgesetzt (vgl. UNHCR, Auskunft an VG Köln zur Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten, 8. Oktober 2007, S. 2 ff). Nach dem Sturz des Baath-Regimes (2003) und dem Wahlsieg eines Bündnisses verschiedener schiitischen Parteien (Ministerpräsident Al-Maliki) und der Verdrängung von sunnitischen Arabern aus öffentlichen Positionen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an BAMF zu Sunniten in gehobener Position in Bagdad, 29. November 2016, S. 2) kam es zu starken gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Arabern und Schiiten (vgl. EZKS, Gutachten an VG Köln zur Lage der schiitischen und sunnitischen Bevölkerung, insb. in Bagdad, 12. Mai 2007, S. 2 ff m. w. N.). Nach dem Abzug der US-Truppen im Jahr 2011 blieb insbesondere die humanitäre Lage dort prekär und die Sicherheitslage trotz signifikanter Verbesserung weiter kritisch (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 26. März 2012, S. 6). Diese verschlechterte sich mit dem Vormarsch des sogenannten „Islamischen Staates“ (im Folgenden: IS) ab Mitte 2014 wieder. Neben den Gebietseroberungen kamen insbesondere terroristische Anschläge auch in Bagdad hinzu (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 7. Februar 2017, S. 16).“
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Das österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hält zudem in seinem Länderbericht betreffend den Irak fest (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Irak, 24. August 2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 23. November 2017), S. 108 f.):
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„In Gebieten, die vom IS zurückerobert wurden, kommt es zu Massenvergeltungsmaßnahmen an sunnitisch-arabischen und turkmenischen Einwohnern und Rückkehrern aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermuteten Verbindung zum IS (AA 7.2.2017; vgl. UNHCR 14.11.2016). Daran beteiligt sind mit den PMF verbündete Streitkräfte, Stammesgruppen und kurdische Sicherheitskräfte (UNHCR 14.11.2016). Es kommt zu Repressionen durch schiitische und sunnitische Milizen, durch die kurdischen Peschmerga, sowie in geringerem Maße durch Milizen der verschiedenen konfessionellen Minderheiten (AA 7.2.2017). Auch im Zuge der Mossul-Offensive verhafteten und misshandelten Stammesmilizen Einwohner der Gebiete, die vom IS zurückerobert worden waren, und es kam zu Racheakten der schiitischen Milizen (HRW 12.1.2017; Harrer 10.8.2017; vgl. BAMF 26.6.2017). Die irakischen Sicherheitskräfte misshandelten und töteten Berichten zufolge Männer und Knaben, die aus Mossul flüchteten (HRW 30.6.2017). Allgemein kam es von Seiten Angehöriger der ISF und verbündeter Gruppen zu Vergehen an der flüchtenden Zivilbevölkerung, an Binnenvertriebenen und Rückkehrern. In Gebieten, die vom IS zurückerobert wurden, ist auch von Plünderungen und der willkürlichen Inbrandsetzung und Zerstörung von Wohnhäusern, Geschäften und Moscheen berichtet worden (UNHCR 14.11.2016).
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Die große Zahl der Binnenvertriebenen im Irak und die weitverbreitete Pauschal-Auffassung, dass sunnitische Araber IS-Mitglieder sind oder mit dem IS sympathisieren, hat Berichten zufolge dazu geführt, dass immer mehr sunnitische Araber und sunnitische Turkmenen, die nicht vertrieben wurden und in Bagdad und anderen von der Regierung kontrollierten Gebieten leben, nach dem Anti-Terror-Gesetz von 2005 verhaftet werden (UNHCR 14.11.2016). Teilweise unterzogen die Regierungskräfte alle männlichen Personen im kampffähigen Alter (etwa zwischen 15 und 65 Jahren), die aus Gebieten unter IS-Kontrolle geflohen waren, einer Sicherheitsüberprüfung. Sie wurden in behelfsmäßige Hafteinrichtungen oder provisorische Auffanglager gebracht, in denen sie Tage oder sogar Monate ausharren mussten, häufig unter extrem harten Bedingungen.“
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Auch unter Berücksichtigung dieser jüngeren Erkenntnisse weisen die Verfolgungshandlungen, denen die sunnitische Bevölkerungsgruppe im Irak ausgesetzt ist, jedoch nicht die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte auf. Der Umfang der Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter, die an die sunnitische Religionszugehörigkeit anknüpfen, rechtfertigt in der Relation zu der Größe dieser Gruppe nicht die Annahme einer alle Mitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung. Die irakische Bevölkerung setzt sich, wie dargestellt, zu 60 bis 65 Prozent aus arabischen Schiiten, zu 17 bis 22 Prozent aus arabischen Sunniten und zu 15 bis 20 Prozent aus (überwiegend sunnitischen) Kurden zusammen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7.2.2017, S. 7). Bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 36 Mio. Einwohnern (vgl. www.auswaertiges-amt.de – Länderinfos Stand März 2017) würde das bedeuten, dass 6 bis 8 Mio. arabische Sunniten im Irak im oben geschilderten Sinn als Gruppe verfolgt würden. Für eine solche Annahme gibt es keine ausreichenden Hinweise (BayVGH, Beschluss vom 26.02.2018 – 20 ZB 17.30824 –, juris Rn. 10; vgl. auch: Urteil vom 14.12.2010 – 13a B 10.30084 – juris; Beschluss vom 15.8.2011 – 20 B 11.30217– juris).
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Dieses gilt auch dann, wenn man allein auf die Stadt Mosul abstellt und dabei berücksichtigt, dass die schiitisch dominierten Volksmobilisierungseinheiten (Al-Hashd Al-Sha'abi, People’s Mobilization Units (PMU) bzw. People’s Mobilization Forces (PMF)), wie dargestellt, in verbreitetem Maße willkürlich gegen die vorgefundene oder in die rückeroberten Gebiete zurückkehrende sunnitische Bevölkerung vorgehen (vgl. Wille, EASO, Practical Cooperation Meeting on Iraq, held on 25./26. April 2017 in Brussels, S. 13 (14)). Auch deren Handeln lässt sich (noch) kein flächendeckendes Vorgehen gegen Sunniten entnehmen, vielmehr handelt es sich immer noch, betrachtet man die Gruppe der Sunniten in Mosul, um Einzelfälle. Dieses verdeutlicht sich anhand der ethnischen Zusammensetzung der Stadtbevölkerung. Ausweislich eines Reports des Global Public Policy Institute aus August 2017 betrug die Population von Mosul zur damaligen Zeit 1.377.000 Einwohner. 65,7 Prozent der Einwohner sind Araber, davon 61,2 Prozent Sunniten und 5,5 Prozent Schiiten. 27,4 Prozent der Bevölkerung sind Kurden, 3,3 Prozent Turkmenen, 2,1 Prozent Christen, 0,9 Prozent Angehörige der Schabak und 0,6 Prozent Yeziden (Global Public Policy Institute (GPPI), Report: Mosul, 21. August 2017, S. 3 f. der Druckversion). Auf Basis dieser Zahlen würde eine Gruppenverfolgung von sunnitischen Arabern in der Stadt Mosul voraussetzen, dass eine ca. 842.700 Angehörige umfassende Gruppe von einer derart hohen Verfolgungsdichte betroffen ist, dass für jeden Angehörigen die aktuelle Gefahr besteht, von Verfolgungsmaßnahmen betroffen zu werden, die an seine religiöse Zugehörigkeit anknüpfen. Hierfür bieten sich auch unter Berücksichtigung der Berichte über Gewaltverbrechen gegen die sunnitische Bevölkerung nach der Rückeroberung Mosuls keine Anhaltspunkte.
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Indessen besteht für die Klägerin sowie ihre weiteren Familienangehörigen, d.h. die Kläger in den Verfahren 6 A 6786/16, 6 A 6793/16 und 6 A 7422/16, aufgrund der besonderen Situation der Familie die beachtliche Wahrscheinlichkeit, im Falle ihrer Rückkehr nach Mosul aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit von irakischen Streitkräften, insbesondere PMF-Milizen, in flüchtlingsrechtlich relevanter Form verfolgt zu werden.
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Die Operation zur Befreiung Mosuls begann im Oktober 2016, indem die irakischen Streitkräfte (Iraqi Security Forces (ISF)), darunter die PMF-Milizen sowie die kurdischen Peshmerga Siedlungen östlich von Mosul zurückeroberten. Die Vorstöße auf Mosul selbst begannen im November 2016. Die internationale Militärkoalition übte dabei massiven Druck auf den damaligen irakischen Premierminister Al-Abadi aus, die PMF-Milizen nicht bei der Befreiung Mosuls selbst einzusetzen, da man befürchtete, diese würden – wie in der Vergangenheit bereits mehrfach geschehen – willkürlich gewaltsam gegen die sunnitische Bevölkerung vorgehen (Rise-Foundation, Post-ISIS Mosul Context Analysis, Juli 2017, S. 2). Ost-Mosul wurde am 24. Januar 2017 von den irakischen Streitkräften befreit, West-Mosul hingegen erst am 11. Juli 2017. Letzterem waren vier Monate schwerer Häuserkämpfe vorausgegangen, bei denen die ISF-Truppen die Stadt Straße für Straße sowie Bezirk für Bezirk zurückeroberten (GPPI, Report: Mosul, 21. August 2017, S. 7). Das vom Premierminister erstellte Operationskonzept zur Befreiung Mosuls sah dabei ursprünglich vor, den Einsatz schwerer Waffen streng zu begrenzen, um die Sicherheit der Einwohner in ihren Häusern zu gewährleisten und eine Massenvertreibung zu verhindern. Zu diesem Zwecke mussten die ISF-Truppen von Haus zu Haus gehen, um das Gebiet von IS-Kämpfern zu befreien. Diese Taktik ging mit erheblichen Verlusten für die ISF einher. Während die Gesamtverluste noch unbekannt sind, verkündeten die US-Streitkräfte Ende März 2017, dass in den Kämpfen zur Befreiung Ost-Mosuls 284 ISF-Angehörige getötet und 1.600 verwundet worden waren. Dieser Umstand schlug sich in der Taktik zur Befreiung West-Mosuls nieder, griffen die irakischen Streitkräfte hier doch im verstärkten Maße auf Luftschläge sowie auf Artillerie- und Raketenbeschüsse zurück. Dabei kam es zu einer erheblichen Zerstörung von Wohnhäusern sowie zu massiven zivilen Verlusten, weil die IS-Kämpfer die zurückgebliebene Zivilbevölkerung extensiv als „menschliche Schutzschilde“ missbrauchten. Zwischen Oktober 2016 und Juni 2017 flohen über 800.000 Menschen zwangsweise aus der Stadt. Hiervon waren im Juni 2017 ca. 380.000 Personen noch nicht zurückgekehrt, von denen sich ca. 215.000 in offiziellen Flüchtlingscamps aufhielten (Rise-Foundation, a.a.O., S. 2). In Anbetracht der signifikant höheren Zerstörung West-Mosuls wird geschätzt, dass die Rückkehr der dortigen Bevölkerung noch deutlich länger dauern wird (GPPI, Report: Mosul, 21. August 2017, S. 8 der Druckversion). Trotz des zunehmenden Einsatzes schwerer Waffen erlitten die ISF auch bei der Rückeroberung West-Mosuls im Häuserkampf weiterhin erhebliche Verluste (The Guardian, Artikel vom 21. November 2017, „After the liberation of Mosul, an orgy of killing“, S. 1 der Druckversion).
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Gegenwärtig bestehen in der Stadt massiven Spannungen bezüglich des Verbleibs von Familien, deren Mitglieder (zu Recht oder zu Unrecht) dem Umfeld des IS zugeschrie-ben werden. Viele Iraker sehen die Einwohner Mosuls als willfährige Kollaborateure der Organisation während ihrer dreijährigen Herrschaft über die Stadt (The Independent, Artikel vom 13. Juli 2017, „Mosul’s Sunni residents face mass persecution als Isis ‘collaborators‘“, S. 1, 4). Die Wut über die erheblichen Verluste bei der Rückeroberung der Stadt sowie der Hass, den sowohl sunnitische als auch schiitische Gruppierungen gegen den IS als gemeinsamen Feind verspüren, manifestieren sich nunmehr in Repressionen und Racheaktionen gegen diejenigen, deren Familien als mit dem IS affiliert angesehen werden (Rise-Foundation, a.a.O., S. 3,). Diese reichen von Protesten der örtlichen Bevölkerung mit dem Ziel, die irakischen Sicherheitskräfte zur gewaltsamen Vertreibung der betroffenen Familien zu animieren, bis hin zur außergerichtlichen Tötung von Personen, welche der IS-Zugehörigkeit verdächtigt werden, wobei sich die Täter in den Reihen der Zivilisten, der Mitglieder der regulären Streitkräfte oder der PMF-Milizen finden (Rise Foundation, a.a.O., S. 22).
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Das größte Problem Mosuls besteht dabei im allgegenwärtigen Mangel an rechtsstaatlicher Ordnung. Sicherheitsprobleme sind weitverbreitet und reichen von signifikanten Kriminalitätsmeldungen, Plünderungen, Berichten über Vergeltungsmaßnehmen durch unbekannte bewaffnete Gruppen, Angriffen von IS-Kämpfern in West-Wosul und Drohungen von extremistischen Schläferzellen in Ost-Mosul. Obgleich die irakische Regierung technisch die Kontrolle über die Stadt ausübt, erweisen sich die faktische Herrschaft und die Präsenz der staatlichen Sicherheitskräfte im Straßenalltag als äußerst begrenzt (GPPI, a.a.O., S. 9 ff. der Druckversion). Ost-Mosul befindet sich nominell unter der Kontrolle der irakischen Bundespolizei und der regulären ISF-Truppen, die von einer Handvoll der „Tribal Mobilization Forces“ (TMF) unterstützt werden, d.h. den von der US-Militärkoalition ausgebildeten sunnitischen Stammestruppen der PMF-Milizen. Die tatsächliche Kontrolle dieser Truppen über das Gebiet ist schwach, da sie lediglich eine begrenzte Anzahl verstreuter Checkpoints in der Stadt unterhalten. In West-Mosul kommen ebenfalls TMF-Truppen zum Einsatz. Die Sicherheit in der Stadt wird nahezu vollständig durch die Armee gewährleistet. Nahezu sämtliche Polizeistützpunkte wurden zerstört. Berichten zufolge sollen mittlerweile mehrere tausend Polizeikräfte rekrutiert worden seien; das Vertrauen der örtlichen Bevölkerung in die Polizei ist jedoch äußerst gering (GPPI, a.a.O., S. 10 f.). Ob die zwischenzeitlich neueingestellten Polizisten der Kontrolle schiitischer Milizen unterliegen, wird von örtlichen Auskunftspersonen unterschiedlich beurteilt (Rise-Foundation, Post-ISIS Mosul Context Analysis, Juli 2017, S. 13).
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In der Stadt operieren zahlreiche lokale, hybride und sub-staatliche Sicherheitskräfte („Local, hybrid and sub-state security forces“ (LHSF), GPPI, a.a.O., S. 10). Offiziell sind PMF-Milizen nicht im Stadtgebiet von Mosul präsent und hatten weder eine Funktion bei der Befreiung noch bei der Absicherung der Stadt. Inoffiziell waren diese Truppen jedoch in beiden Bereichen gleichermaßen aktiv, vorwiegend durch Ad-hoc-Kooperationen mit den regulären ISF-Kräften sowie über lokale Gruppen, die loyal zu den PMF sind. Des Weiteren waren PMF-Milizen bei der Einnahme der Mosul umgrenzenden Siedlungen beteiligt, etwa im Süden von Mosul, wobei eine signifikante Anzahl Stützpunkte westlich der Stadt errichtet hat. Angesichts der geringen örtlichen Distanz und dem generellen Mangel rechtsstaatlicher Strukturen ist es für diese Gruppen einfach, in Mosul Ein- und Ausgang zu erhalten. Der Mangel an staatlicher Kontrolle reicht soweit, dass es nach Auskunft einer örtlichen Auskunftsperson gegenüber der Rise-Foundation schwierig ist, überhaupt zu sagen, welche Gruppen in Ost-Mosul aktiv sind, wobei die Vermutung bestehe, dass zahlreiche Fälle von Kidnapping und Gewaltausübung auf das Wirken von PMF-Milizen zurückgehe. Nach weiterer Auskunft eines hochrangigen irakischen Militärs ändere die Weisung an die PMF-Milizen, Mosul nicht zu betreten, nichts daran, dass diese Truppen sich in letzter Konsequenz ausschließlich der eigenen militärischen Führung unterordneten und regelmäßig Anweisungen der irakischen Armee in Bezug auf ihren Einsatzort missachteten. Die inoffizielle bzw. de facto Präsenz der PMF in Mosul wird zudem durch die fehlende Trennschärfe zwischen der irakischen Bundespolizei und einigen PMF-Milizen begünstigt, insbesondere der Badr-Organisation. Nach Auskunft eines hochrangigen Offiziers der Heeresleitung in Ninawa gegenüber der Rise Foundation besteht kein Unterschied zwischen der irakischen Bundespolizei und den PMF. Sofern PMF-Truppen die Weisung erhielten, nicht an einer bestimmten Schlacht teilzunehmen, wechselten sie ihre Uniformen und agierten als Bundespolizei. Auch andere Schlüsselinformanten der Rise Foundation gaben an, beobachtet zu haben, wie PMF-Kämpfer, insbesondere solche der Badr-Organisation, die blauen Uniformen der irakischen Bundespolizei trügen und in deren Einheiten eingegliedert seien. Dieses betrifft etwa die Bemannung von Checkpoints oder andere kurzfristige Einsätze auf Tagesbasis (GPPI, Report: Mosul, 21. August 2017, S. 12 f. der Druckversion). Schließlich sichern sich die PMF-Milizen ihren Einfluss in Mosul über örtliche Milizen ab, die mit ihnen affiliert sind. Dieses betrifft etwa die „Mosul Hashd“, eine örtliche sunnitische Stammesmiliz, die sich u.a. unter Kontrolle der Badr-Organisation befindet (GPPI, a.a.O., S. 13).
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In Anbetracht dieser Sicherheitslage besteht für Familien, denen ein Bezug zum IS zugeschrieben wird, im Raum Mosul ein erhebliches Risiko, durch PMF-Milizen oder andere lokale Akteure verfolgt zu werden.
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So hat Amnesty International in der Zeit von Oktober 2017 bis März 2018 in Camps für Binnenvertriebene (internally displaced people (IDP)) in Ninawa und Salah al-Din eine umfangreiche Forschungsstudie bezüglich der Situation irakischer Frauen und Kinder durchgeführt, denen eine Nähe zum IS zugeschrieben wird (Amnesty International (AI), The Condemned. Women and Children isolated, trapped and exploited, 2018, S. 5). Hiernach kam es bei der Rückeroberung von Mosul sowie der umgrenzenden Gebiete zu der Verhaftung von tausenden Männern und Jugendlichen. Viele seien außergerichtlich hingerichtet worden. Der Rest sei in einem weitverzweigten Netzwerk von offiziellen oder inoffiziellen Sicherheitseinrichtungen inhaftiert und gravierenden humanitären Mängeln sowie Folter ausgesetzt worden. Ein Teil der Verhafteten habe aus IS-Angehörigen bestanden. Andere seien schlichtweg deshalb inhaftiert worden, weil ihnen ein auch nur entfernter Bezug zum IS zugeschrieben wurde, sei es es in familiärer oder territorialer Hinsicht (AI, a.a.O., S. 5 f.). Die in den IDP-Camps lebenden Frauen und Kinder, denen IS-Verbindungen nachgesagt werden, sehen sich zudem infolge dieser Assoziation diversen Übergriffen und Risiken ausgesetzt, welche von bewaffneten Akteuren, Mitgliedern der Camp-Verwaltung und Dritten ausgehen. Vielen wird der Zugang zu Essen, Wasser und medizinischer Versorgung verweigert. Routinemäßig wird ihnen zudem die Ausstellung von (Ersatz-)Ausweispapieren verwehrt, oftmals mit der Folge, dass sie sich nicht frei bewegen, arbeiten oder (Familien-)Renten beziehen können, ferner, dass ihren Kindern der Schulbesuch verwehrt wird. Des Weiteren wird die Bewegungsfreiheit der Betroffenen massiv eingeschränkt, sei es durch die dargestellte Verweigerung von Identitätspapieren, sei es deshalb, weil sie die Camp-Verwaltung am Verlassen der Camps hindert und sie damit de facto unter Arrest stellt. Viele Frauen, denen eine IS-Verbindung nachgesagt wird, werden zudem Opfer sexueller Belästigung, sexueller Gewalt und sexueller Ausbeutung. Verantwortlich hierfür sind vor allem die in den Camps präsenten bewaffneten Akteure, welche ihre Autorität ausnutzten, um Frauen zum Eingehen sexueller Beziehungen zu nötigen als Gegenleistung für Geld, humanitäre Hilfe oder Schutz vor anderen bewaffneten Akteuren oder Männern im Camp (AI, a.a.O., S. 6, 20 f., 30 f.).
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Nach Erkenntnissen von Human Rights Watch beschränkt sich die erhebliche Benachteiligung von Familien mit einer mutmaßlichen IS-Verbindung überdies nicht auf die IDP-Camps. So hindern Sicherheitskräfte und Einwohner Mosuls internationale Hilfsorganisationen daran, diese Personen mit Hilfsgütern zu versorgen, indem beispielsweise Gemeinderatsmitglieder die Listen der Hilfsgüterempfänger überprüfen und diejenigen Familien streichen, bei denen Verwandte beim IS aktiv waren. Zudem hat die irakische Bundespolizei Hilfsorganisationen untersagt, sämtlichen Flüchtlingen aus ausgewählten Stadtviertel Mosuls Unterkunft zu gewähren mit der Begründung, es handele sich bei zahlreichen Einwohner um solche mit einer familiären Verbindung zum IS. Mit derselben Begründung haben Sicherheitskräfte und Repräsentanten der örtlichen Gemeinschaft Hilfsorganisationen verwehrt, Wassertanks und Stromgeneratoren in einzelne Viertel zu liefern (Human Rights Watch (HRW), Families in Iraq with Alleged ISIS Ties Denied Aid, 15. Februar 2018, S. 1 der Druckversion). Arabische Stämme sunnitischer Glaubenszugehörigkeit vertreiben zudem einzelne Familien, denen einen Bezug zum IS zugeschrieben wird, aus ihren Ortschaften und zwingen sie zur Ansiedlung in IDP-Camps, um sich gegenüber der Zentralregierung deutlich von der IS-Ideologie abzugrenzen (The Independent, Artikel vom 13. Juli 2017, „Mosul’s Sunni residents face mass persecution als Isis ‘collaborators‘“, S. 3 f.).
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Männer und Jugendliche, die wegen eines mutmaßlichen Bezuges zum IS von irakischen Sicherheitskräften verhaftet werden, werden oftmals Opfer einer Strategie des „Verschwindenlassens“ bzw. „erzwungenen Verschwindens“ („enforced disappearances“). Die Sicherheitskräfte leugnen in diesen Fällen gegenüber den Angehörigen, die betreffende Person in Gewahrsam zu haben oder geben keine Auskunft über deren Aufenthaltsort, womit ein Verlust gerichtlichen Rechtsschutzes einhergeht (AI, a.a.O., S. 16). Die Mehrzahl der willkürlichen Verhaftungen bzw. des erzwungenen Verschwindenlassens erfolgt im Raum Mosul an Screening-Stellen in der Nähe der Kampfgebiete, welche von den irakischen Streitkräften (inklusive den PMF-Milizen) und kurdischen Truppen beaufsichtigt werden. Familien, die vom IS kontrollierte Territorien verlassen, werden an diesen Stellen bei Ankunft aufgeteilt, wobei Männer und Jugendliche über 13 Jahren von den Frauen und anderen Kindern getrennt werden. Im Anschluss werden Erstere auf eine Affiliation zum IS überprüft, wobei es oftmals bereits unmittelbar nach der Separierung zu erheblichen Misshandlungen kommt. Die von den Autoritäten verwendeten Screening-Methoden sehen sich dabei erheblichen Bedenken bezüglich einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung ausgesetzt und ermangeln grundlegende Sicherungsmechanismen, um Misshandlungen vorzubeugen. Eine gerichtliche Kontrolle findet nicht statt; Zugang zu einem Rechtsbeistand wird nicht gewährt. Daneben verhaften die irakischen Streitkräfte, inklusive die PMF-Milizen, Männer mit mutmaßlichen IS-Verbindungen auch direkt in den IDP-Camps und verbringen sie an unbekannte Orte (AI, a.a.O., S. 17). Bei den Verhören kommt es zudem oftmals zu Misshandlungen oder Foltermaßnahmen gegenüber den Verdächtigen, unabhängig davon, ob sich der Verdacht einer IS-Zugehörigkeit letztendlich bewahrheitet (The Guardian, Artikel vom 21. November 2017, „After the liberation of Mosul, an orgy of killing, S. 14 f.).
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Ob eine Person dem IS zugeordnet wird, entscheiden die Sicherheitsbehörden anhand einer Vielzahl von Faktoren, die sich zum Teil überlappen bzw. miteinander korrespondieren. Eine Einstufung als IS-Sympathisant erfolgt primär anhand der Frage, ob der Name des Betroffenen auf einer der zahlreichen datenbankbasierten Fahndungslisten auftaucht. Diese Fahndungslisten wurden seit dem Jahr 2014 von den verschiedenen Sicherheitsbehörden erstellt und gründen sich größtenteils auf öffentlich zugängliche Informationen über IS-Mitglieder, ferner auf Erkenntnisse, die von Informanten oder Mitgliedern der örtlichen Gemeinschaften vermittelt wurden (AI, a.a.O., S. 17; HRW, Flawed Justice, 5. Dezember 2017, S. 16 der Druckversion). Der Name des Betroffenen kann dabei auf einer Liste auftauchen, weil er als IS-Kämpfer oder Kommandeur fungierte, aber auch, weil er in einer sonstigen Funktion, und sei es gegen seinen Willen, für die Terrororganisation tätig war (z.B. als Koch, Fahrer oder in der Verwaltung). Daneben sind Fälle dokumentiert, in denen Angehörige der örtlichen Gemeinschaft aufgrund persönlicher Streitigkeiten Betroffene zu Unrecht denunzierten. Für eine Verhaftung kann es darüber hinaus auch ausreichend sein, dass der Name einer Person erhebliche Ähnlichkeit mit einem Listeneintrag aufweist (AI, a.a.O., S. 17; HRW, a.a.O., S. 16; The Guardian, a.a.O., S. 14 f.). Erfasst werden kann zudem eine Person, wenn einer ihrer Verwandten mit dem IS involviert war, wobei auch eine entfernte Verwandtschaftsbeziehung ausreichend sein kann. Gerade diesem Kriterium kommt in der Praxis der Sicherheitskräfte maßgebliche Bedeutung zu (AI, a.a.O., S. 12, 17).
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Im Übrigen stufen die Sicherheitsbehörden Personen bisweilen auch dann als IS-Sympathisanten ein, wenn die Mehrheit ihres jeweiligen Stammes den IS unterstützte oder wenn einer oder mehrere männliche Mitglieder der (entfernteren) Familie bereits bei ihrer Flucht aus IS-Territorium oder bei der Ankunft in einem IDP-Camp verhaftet wurden. Entsprechendes gilt dann, wenn die Betroffenen in einer Gegend gelebt haben, deren Einwohner den IS massiv unterstützt haben oder weil diese in einer späten Phase der Kampfhandlungen aus einer vom IS kontrollierten Gegend flohen (AI, a.a.O., S. 12). Dieser Vorwurf wird insbesondere gegenüber den Bewohnern von West-Mosul erhoben (The Guardian, a.a.O., S. 4 der Druckversion). Jungen Männern im wehrfähigen Alter wird zudem oftmals vorgehalten, dass es ihnen faktisch nicht möglich gewesen sei, mehrere Jahre unter der Herrschaft des IS zu leben, ohne eine irgendwie geartete Form von Kriegsdienst zu leisten. Alleinstehenden Frauen und Kindern wird demgegenüber oftmals unterstellt, der Ehemann/Vater sei im Kampf für den IS gefallen, nach Ende der Kampfhandlungen geflohen oder bereits verhaftet worden (The Independent, Artikel vom 13. Juli 2017, „Mosul’s Sunni residents face mass persecution als Isis ‘collaborators‘“, S. 2 der Druckversion).
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Ausweislich von Anfragebeantwortungen des Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research Documentation (ACCORD) aus Februar 2010 sowie Februar 2011 besteht zudem für Personen, die mit dem Regime Saddam Husseins in Verbindung gebracht werden, sei es durch ihre Mitgliedschaft in der Ba’ath-Partei oder wegen ihrer Funktion oder ihres Berufs, im Irak weiterhin die Gefahr, Opfer gezielter Angriffe schiitischer Milizen zu werden (ACCORD, Anfragebeantwortung vom 18. Februar 2010, Irak: Gefährdung ehemaliger Ba’ath-Mitglieder, Armeeangehöriger bzw. Mitglieder des Vereins "Freunde Saddam Husseins", insbesondere durch schiitische Milizen; Betreiber der Internetseite "darbabl" und Ernsthaftigkeit von Todeslisten; Anfragebeantwortung vom 17. Februar 2010, Verfolgung von Kampfpiloten bzw. Militärangehörigen bzw. höheren Ba’ath-Partei-Mitgliedern und deren Angehörigen, insbesondere durch schiitische Milizen; Anfragebeantwortung vom 10. Februar 2011, Irak: Repressionen gegen ehemalige Mitglieder der Baath-Partei und der Armee nach dem Sturz Saddam Husseins; jeweils m.w.N.). Seit dem Fall des Regimes Saddam Husseins und speziell seit 2005, als schiitische Parteien an die Macht kamen, waren diese Personen systematischen Angriffen ausgesetzt. Als Verantwortliche wurden hier insbesondere schiitische Milizen mit Verbindungen zum Iran genannt, insbesondere die im Iran gegründete Badr-Brigaden, der bewaffnete Arm des Supreme Council for the Islamic Revolution in Iraq (SIRI; ACCORD, Anfragebeantwortung vom 17. Februar 2010, S. 2, 5 der Druckversion m.w.N.). Zur aktuellen Situation führt ACCCORD unter Berufung auf die Erkenntnisse des UNHCR aus, es komme im Berichtszeitpunkt nicht mehr zu einer systematischen Verfolgung von Mitgliedern der Ba’ath-Partei oder des alten Regimes. Dieses sei darauf zurückzuführen, dass viele dieser Personen seit 2003 aus dem Irak geflohen seien und die Verbliebenen sich oft mit den herrschenden Parteien arrangiert hätten. Allerdings seien in individuellen Fällen weiterhin Übergriffe zu verzeichnen (ACCORD, Anfragebeantwortung vom 10. Februar 2011, S. 2, 4 der Druckversion m.w.N.). Inwieweit Personen gefährdet sind, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, namentlich dem Ausmaß der Identifikation mit der Ideologie der Ba’ath-Partei, dem ehemaligen Rang oder der Position der betreffenden Person und der öffentlichen Bekanntheit. Rang und Grad allein sind dabei nicht entscheidend, da insbesondere auf Gemeindeebene auch zahlreiche niederrangige Funktionäre von Übergriffen und Anschlägen betroffen waren. Anknüpfungspunkt einer Verfolgung kann dabei u.a. sein, dass der Betroffene für die unter der Regierung Saddam Husseins verübten Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, aber auch, dass er der Unterstützung des andauernden (sunnitischen) Widerstandes gegen die Zentralregierung verdächtigt wird (ACCORD, Anfragebeantwortung vom 17. Februar 2010, S. 4). Der letztere Gesichtspunkt hat dabei in Anbetracht des Vormarsches des IS nochmals Bedeutung erlangt, weil sich in der Führungsstruktur des IS zahlreiche ehemalige Offiziere des Saddam-Regimes befinden. So hatten sich nach dem Zusammenbruch des Regimes hunderte Offiziere aus Empörung über die US-Entscheidung, das irakische Heer aufzulösen, einem Aufstand von Sunniten gegen die Herrschaft der inzwischen an die Macht gekommenen Mehrheit der Schiiten angeschlossen. Während die Aufständischen zunächst überwiegend säkular geprägt waren, nahm später unter ihnen die Bedeutung militanter Islamisten zu, nicht zuletzt aufgrund enger Kontakte beider Gruppen während gemeinsamer Haftzeiten in amerikanischen Militärgefängnissen sowie als Folge der Gründung von al-Qaida im Irak (Welt-Online, Artikel vom 10. August 2015, „Saddam Husseins Offiziere – Die Geheimwaffe des IS“). Zur Hochphase der Herrschaft des IS im Sommer 2014 soll ein Drittel der 25 Führungskader des IS aus ehemaligen Offizieren Saddam Husseins bestanden haben (Zeit Online, Artikel vom 28. August 2014, „Islamischer Staat: Ex-Offiziere von Saddam Hussein haben das Sagen“). Dass die Auseinandersetzung mit den ehemaligen Anhängern der Ba’ath-Partei nicht abgeschlossen ist, zeigt sich auch daran, dass die irakische Regierung noch im März 2018 per Anordnung die nach dem Regimewechsel vorweggenommene Enteignung der Vermögen des früheren Machthabers Saddam Husseins und mehr als 4000 seiner Anhänger und ihrer Angehörigen bzw. nahen Verwandten nachträglich bestätigte (N-TV, Artikel vom 5. März 2018, „Irak enteignet Saddam Hussein und Vertraute“).
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Auf Basis dieser Erkenntnismittel sowie unter Berücksichtigung der glaubhaften Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung besteht die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass sie im Falle ihrer Rückkehr nach Mosul Opfer von Verfolgungsmaßnahmen durch schiitische Milizen und sonstige Dritte wird, weil ihr als sunnitische Araberin ein Bezug zur Terrororganisation IS zugeschrieben wird. Entsprechendes gilt für die weiteren Familienangehörigen der Klägerin, d.h. die Kläger in den Verfahren 6 A 7422/16, 6 A 6786/16 und 6 A 6793/16.
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Die Klägerin und ihre Familienangehörigen erfüllen zahlreiche Kriterien, welche auf Basis der dargestellten Erkenntnismittel die beachtliche Wahrscheinlichkeit begründen, dass sie im Falle einer (zu unterstellenden) Rückkehr nach Mosul im nach § 77 Abs. 1 AsylG entscheidungsrelevanten Zeitpunkt Opfer einer religiös motivierten Verfolgung werden. Die diesbezüglichen Erörterungen der Klägerin und ihres Sohnes D., dem Kläger zu 1. im Verfahren 6 A 6786/16, wiesen hinreichende Realitätskennzeichen auf, welche nach den Grundsätzen der psychologischen Aussageanalyse für die Wiedergabe eines real erlebten Geschehens sprechen. Sie schilderten das Geschehen insbesondere im Kerngeschehen logisch konsistent, mit einem erheblichen quantitativen Detailreichtum, im Zuge einer unstrukturierten Erzählweise nebst spontaner Ergänzungen bzw. Verbesserungen, unter Wiedergabe von Komplikationen im Handlungsverlauf, unter Beschreibung deliktsspezifischer Merkmale sowie unter Angabe räumlich-zeitlicher Verknüpfungen nebst Schilderung der Motivations- und Gefühlslage der Beteiligten. Zudem erwies sich die Schilderung im entscheidungsrelevanten Kernbereich als konstant mit der vorangegangenen Aussage gegenüber dem Bundesamt. Soweit die Familienangehörigen in Einzelfällen ihr Vorbringen gegenüber dem Vortrag in der Anhörung beim Bundesamt inhaltlich gesteigert haben, konnten sie dem Gericht plausible Gründe hierfür dartun. Diesbezüglich wird im Einzelnen auf den Inhalt der ausführlichen Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Die Klägerin und ihre Familienangehörigen müssten sich im Falle ihrer Rückkehr zunächst in ein IDP-Camp begeben, da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert hat, dass ihr Haus bei den Kämpfen zerstört worden sei, wie sie nach der Befreiung Mosuls von Bekannten erfahren habe. Dieses deckt sich auch mit den gerichtlichen Erkenntnissen zur weitgehenden Zerstörung West-Mosuls. Dafür, dass die Klägerin in diesem Fall in das Visier der Sicherheitsbehörden gerät und sämtliche Familienangehörigen als „IS-Familienangehörige“ eingestuft werden, spricht zum einen der Umstand, dass sie als alleinstehende sunnitische Frau mit Söhnen im wehrfähigen Alter dem pauschalen Verdacht ausgesetzt ist, ihr Ehemann sei im Kampf für den IS gefallen, geflohen oder bereits verhaftet worden. Selbst wenn die Klägerin dies unter Vorlage von Rentenunterlagen ihres bereits im Jahr 2004 verstorbenen Ehemanns widerlegen kann, kommt erschwerend hinzu, dass die Klägerin und ihre Angehörigen sich aufgrund ihres bisherigen Wohnortes dem Verdacht ausgesetzt sehen, IS-Sympathisanten zu sein sein, weil sie aus West-Mosul stammen, dem letzten Rückzugsort des IS. Dies gilt umso mehr, als sich in ihrem Viertel in unmittelbarer Nähe ihres Hauses ein IS-Stützpunkt befand, der während der Befreiungskämpfe von Koalitionsstreitkräften bombardiert wurde, wobei sich in den umliegenden von den Besitzern zurückgelassenen Wohnungen zahlreiche IS-Kämpfer einquartiert hatten. Zudem dürfte es der Klägerin schwerfallen, gegenüber den Sicherheitsbehörden im Zweifelsfall wirksam nachzuweisen, dass sie Mosul bereits kurz nach der Einnahme durch den IS fluchtartig verlassen hatte, nicht hingegen erst zu einem späteren Zeitpunkt, als sich dessen militärische Niederlage abzeichnete.
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Eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Einstufung der Klägerin und ihrer Angehörigen als IS-Sympathisanten besteht ferner auch deshalb, weil Angehörige ihrer (weiteren) Familie als IS-Unterstützer angesehen werden. So hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt, ihr beruflich als Lehrer tätiger Schwiegersohn werde bei den Sicherheitsbehörden aufgrund der Verwandtschaft zu seinem Bruder als IS-Sympathisant geführt. Ihre zunächst in Mosul verbliebene Tochter sei zwischenzeitlich bereits in die Türkei ausgereist, während ihr Schwiegersohn sich in Erbil versteckt halte und auf sein Visum warte. Dieser habe ihr nach seiner Ausreise aus Mosul am Telefon erzählt, dass Sicherheitskräfte ihn nach der Befreiung Mosul ebenfalls verhaftet und misshandelt hätten. Hintergrund sei gewesen, dass sein Bruder Chirurg gewesen und in dieser Funktion gezwungen worden sei, Kämpfer des IS zu behandeln. Bei einer Bombardierung des Krankenhauses sei jener letztendlich ums Leben gekommen. Nur dank einer Intervention der Familie, so die Klägerin, habe man ihren Schwiegersohn freigelassen, allerdings hätten ihm Angehörige der Sicherheitskräfte bei der Freilassung gedroht, ihn im Falle eines nochmaligen Aufgreifens umzubringen. Des Weiteren hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargetan, dass sie nach der Befreiung von Mosul von einer befreundeten Nachbarin aus einem früheren Wohnviertel erfahren habe, dass man nach ihrem Sohn F. suche, dem Kläger im Verfahren 6 A 6793/16. Sie, die Klägerin, gehe dabei davon aus, dass auch nach ihren anderen Söhnen gesucht werde, da alle den gleichen Nachnamen trügen. Die Nachbarin, deren Sohn ein Freund von F. sei, habe ihr bei einer nunmehr wieder möglichen telefonischen Kontaktaufnahme mitgeteilt, dass sie großes Glück besäßen, weil sie die Stadt bereits verlassen hätten. Ihr eigener Sohn habe erfahren, dass Angehörige der Sicherheitskräfte im Viertel erzählen würden, dass F. ein Angehöriger des IS sei.
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Schließlich besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Klägerin und ihre Familienangehörigen im Falle einer Rückkehr nach Mosul als vermeintliche IS-Sympathisanten verfolgt werden, weil die Familie ausweislich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung bereits in Bagdad ins Visier der schiitischen Miliz „Badr-Brigaden“ geraten ist. Diese Miliz hat, wie dargestellt, Zugriff auf weite Teile der Stadt Mosul, aber auch auf den gesamten Nordwesten des Irak und gilt als eine der beiden wichtigsten Milizen unter dem Dachverband der PMF, die zudem effektiv unter dem Kommando des Iran steht (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, 24. August 2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 23. November 2017), S. 56). Anlass hierfür war, dass ihr Sohn D., Kläger zu 1. im Verfahren 6 A 6786/16, sich der Aufforderung der Miliz widersetzte, nach Mosul zurückzugehen, um dort Informationen über den IS zu sammeln. Aufmerksam wurde die Gruppierung dabei auf die Familie der Klägerin, weil ihr verstorbener Ehemann Oberstleutnant der irakischen Armee unter Saddam Hussein war und im Ersten Golfkrieg zwischen dem Iran und dem Irak gekämpft hatte.
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In diesem Zusammenhang hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zunächst ein umfangreiches Anlagenkonvolut vorgelegt. Dieses enthielt u.a. zahlreiche Fotos ihres verstorbenen Ehemannes in Militäruniform, seinen von Udai Hussein persönlich ausgestellten Militärausweis, ferner einen Ausweis, der ihn als „Saddamiten“ ausweist, d.h. als Freund des Präsidenten Saddam Hussein. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin glaubhaft ausgeführt, nach dem Sturz Saddam Husseins habe ihr Ehemann wegen der Hausdurchsuchungen der US-Streitkräfte große Angst gehabt und viele Unterlagen sowie seine Uniform verbrannt. Die nunmehr vorgelegten Unterlagen habe er zu einem (aus Sicht der Besatzungsstreitkräfte unverdächtigen) Neffen der Klägerin geschickt und dort verwahren lassen. Von diesem Neffen habe sie die Unterlagen einige Tage vor der mündlichen Verhandlung auf ihre Bitte hin per E-Mail erhalten. Des Weiteren hat die Klägerin nachvollziehbar erläutert, sie und ihre Familienangehörigen hätten die ehemalige Militärkarriere ihres Ehemannes sowie die daran anknüpfenden Verfolgungsmaßnahmen schiitischer Milizen zunächst gegenüber dem Bundesamt verschwiegen, da Freunde ihnen gegenüber zu Unrecht den Eindruck erweckt hätten, die Bundesrepublik Deutschland würde sie als Verwandte einer dem ehemaligen Saddam-Regime nahestehenden Person unmittelbar in den Irak abschieben.
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Des Weiteren hat der Sohn der Klägerin, Kläger zu 1. im Verfahren 6 A 6786/16, glaubhaft dargetan, nach seiner zweiten Flucht aus Mosul in Bagdad aufgrund der Militärvergangenheit seines Vaters ins Visier der Badr-Brigaden geraten zu sein, wobei er die Zusammenarbeit mit der Miliz verweigert habe und nunmehr die begründete Befürchtung hege, in den einschlägigen Fahndungslisten der Miliz als IS-Sympathisant geführt zu werden. Diesbezüglich hat er ausgeführt, seine Angehörigen und er hätten sich zunächst in Bagdad beim zuständigen Dorfoberhaupt als Vertriebene registrieren lassen müssen. Dieser habe die Daten sämtlicher Familienangehörigen in einen Computer eingegeben. Im Anschluss hätten sie ca. einen Monat bei seiner Tante gelebt. Eines Tages seien Angehörige der Volksmobilisierungseinheiten zu deren Haus gekommen. Hierbei habe es sich um drei Mitglieder der Badr-Organisation gehandelt, die direkt nach ihm gefragt hätten. Sein Gegenüber habe ihm gesagt: „Sie sind D.. Ihr Vater heißt J.. Ihr Vater war Militärangehöriger unter Saddam Hussein und hat im Iran-Irak-Krieg gekämpft.“ Sein Gegenüber habe ihn im weiteren Verlauf des Gesprächs gefragt: „Wie lange möchten Sie hier bleiben?“ Hieraufhin habe er ihm mitgeteilt, dass er bleiben möchte, bis das Problem mit dem IS in Mosul gelöst sei. Sein Gesprächspartner habe ihn sodann aufgefordert, nach Mosul zurückzukehren und Informationen über den IS zu liefern. Er, der Kläger zu 1. im Verfahren 6 A 6786/16, sei aber davon ausgegangen, dass es nicht nur um Informationen gegangen sei, sondern auch um die Bereitstellung von GPS-Daten, um zum Beispiel die Bombardierung von IS-Stützpunkten zu ermöglichen. Er habe seinem Gesprächspartner daraufhin gesagt, dass er dies nicht machen könne, weil sie doch gerade vor dem IS aus Mosul geflohen seien, ferner, dass er auch psychisch erkrankt sei und Hilfe benötige. Seine Angst sei unermesslich gewesen, da sein Gegenüber ihn wörtlich bedroht und gesagt habe, sein Name sei elektronisch gespeichert und sie würden ihn als IS-Angehörigen einstufen, wenn er ihnen nicht Informationen liefern würde. Sein Gesprächspartner habe ihn sodann aufgefordert, er solle sich ihr Angebot überlegen und sich dann melden. Hierzu sollte er zu einem bestimmten Ort gehen. Er sei dann ins Haus zurückgegangen und habe seine Mutter über den Inhalt des Gesprächs informiert. Ursprünglich hätten sie geplant, (wieder) über den Nordirak in die Türkei auszureisen, doch in Anbetracht des Vorfalls seien sie noch am selben Tag zur iranischen Botschaft gegangen, hätten sich ein Visum organisiert und seien in der Nacht des darauffolgenden Tages in den Iran ausgereist. Die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt vor Ort, bei dem eigentlichen Gespräch aber nicht zugegen war, hat diesen Vorfall zudem bezüglich der Rahmenumstände der Unterhaltung und der anschließenden Ausreise glaubhaft bestätigt. Sie hat außerdem glaubhaft ergänzt, dass die Schwester ihres verstorbenen Ehemanns ebenfalls massive Nachteile erlitten habe, weil ihr Bruder Militärangehöriger des Saddam-Regimes gewesen sei. Ihre Schwägerin habe an Krebs gelitten und sich infolge dessen in Bagdad behandeln lassen wollen. Auch ihr habe man jedoch gesagt, dass sie zurückgehen müsse. Ihr Sohn sei sodann in Mosul vom IS getötet worden; ihre Schwägerin sei an ihrer Krebserkrankung gestorben.
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Auf Basis dieser tatsächlichen Feststellungen droht der Klägerin und ihren Angehörigen im Falle einer Rückkehr nach Mosul Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 HS 1, Nr. 2, Abs. 3 AsylG durch PMF-Milizen sowie durch sonstige private Dritte, etwa IDP-Camp-Mitarbeiter oder sonstige Einwohner. Maßgeblichen Anknüpfungspunkt der Verfolgung bildet dabei die sunnitische Religion der Kläger, welche – in Kombination mit den dargestellten tatsächlichen Anknüpfungspunkten – dazu führt, dass ihnen eine Nähe zur Terrororganisation IS zugeschrieben wird.
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Die der Klägerin und ihren Angehörigen drohende Verfolgung durch PMF-Milizen, insbesondere die Badr-Brigaden, ist auch flüchtlingsrechtlich beachtlich im Sinne des § 3c AsylG. Hiernach kann die Verfolgung ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die in Nummer 2 der Norm genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- 53
Bei den PMF-Milizen handelt es sich um staatliche Organisationen im Sinne des § 3c Nr. 1 AsylG. Zum Staat im Sinne dieser Vorschrift rechnen alle seine Organe im weiteren Sinne (Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Aus-länderrecht, 12. Auflage 2018, § 3c AsylG, Rn. 4). Für die Zurechnung zur staatlichen Sphäre ist es dabei ausreichend, dass sich der Staat der betreffenden Personen oder Gruppierung zur Herrschaftsausübung bedient (Kluth, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: November 2017, § 3c AsylG, Rn. 2). Eine asylrechtlich relevante Verantwortlichkeit des Staates für Verfolgungsmaßnahmen (privater) Dritter ist dabei nicht nur in dem Fall anzunehmen, in dem diese Verfolgungsmaßnahmen auf Anregung des Staates zurückgehen oder doch dessen Unterstützung oder einvernehmliche Duldung genießen, wie z. B. bei faktischer Einheit von Staat, Staatspartei oder Staatsreligion. Übergriffe sind vielmehr auch dann einem Staat zurechenbar, wenn der an sich schutzwillige Staat zur Verhinderung von Verfolgungsmaßnahmen prinzipiell und auf gewisse Dauer außerstande ist, weil er das Gesetz des Handelns an andere Kräfte verloren hat und seine staatlichen Sicherheits- und Ordnungsvorstellungen nicht mehr durchzusetzen vermag (Bergmann, a.a.O., Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 22. 04.1986 – 9 C 318/85 -, NVwZ 1986, S. 928 f., LS 3). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall in Ansehung der PMF-Milizen erfüllt.
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Der irakische Staat bedient sich der Milizen zur Herrschaftsausübung, weil er sie unter dem Dachverband der PMF in die offizielle Struktur der irakischen Sicherheitskräfte eingegliedert hat (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, 24. August 2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 23. November 2017), S. 70). Sämtliche der PMF zugeordneten Milizen genossen seit der Gründung des Dachverbandes starke Unterstützung durch die irakische Regierung. Am 19. Juni 2014 erließ der damalige irakische Premierminister Nouri al-Maliki eine Anweisung, PMF-Freiwilligen ein staatliches Gehalt zu zahlen und sie im Falle ihrer Verwundung oder ihres Todes den Angehörigen des Innen- und Verteidigungsministeriums gleichzustellen. Am 30. September 2014 verfügte darüber hinaus der irakische Ministerrat, die PMF-Milizen mit Waffen und anderem militärischen Equipment auszustatten. Im November 2014 wies der Generalsekretär des Kabinetts dem Verteidigungsministerium Haushaltsmittel für die Gehälter der PMF-Kämpfer zu. Das Budget des zentralirakischen Haushalts stellte den PMF im Jahr 2016 nahezu 1,5 Milliarden US-Dollar zur Verfügung und räumte dem Finanzministerium die Berechtigung ein, weitere 2 Milliarden US-Dollar zum Zwecke der Waffenbeschaffung und des Anlagenbaus an das Ministerium der Verteidigung, des Inneren und die PMF zu überweisen. Zudem gründete der Ministerrat im Jahr 2014 die Volksmobilisierungskommission (Popular Mobilization Commission (PMC)), die für die Verwaltung der PMF zuständig ist (AI, Iraq: Turning a blind eye. The arming of the Popular Mobilization Units, S. 9). Im Februar 2016 erließ der irakische Premierminister des Weiteren eine Verfügung, welche den PMF den Status einer „unabhängigen militärischen Formation, Teil der irakischen Streitkräfte und angekoppelt an den obersten Befehlshaber der Streitkräfte“, verlieh. Zudem spezifizierte die Verfügung, dass die PMF der Militärgesetzgebung unterliegen und verlieh ihnen eine ähnliche Organisationsstruktur wie die Iraqi Counter Terrorism Force, welche sowohl vom Verteidigungs- als auch vom Innenministerium unabhängig ist. Diese Verfügung setzte das irakische Parlament am 26. November 2016 vollumfänglich in ein Gesetz betreffend die Volksmobilisierungseinheiten um, welches am 26. Dezember 2016 in Kraft trat. Zusätzlich sah das Gesetz vor, dass der Einsatz der PMF-Milizen an spezifischen Orten der Autorität des Oberbefehlshabers der Streitkräfte unterliegt und das Parlament der Ernennung von Führungsoffizieren der PMF oberhalb eines bestimmten Ranges zustimmen muss (AI, a.a.O., S. 14).
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Darüber hinaus nimmt der irakische Staat das (kriminelle) Handeln von Mitgliedern der PMF-Milizen tatenlos zur Kenntnis. Der irakische Staat ist in erheblicher Weise geschwächt und hat, ungeachtet der formalen Befehlsgewalt des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, keine effektive Möglichkeit, Einfluss auf die PMF-Milizen zu nehmen. Die tatsächliche Möglichkeit des irakischen Staates, über Befehle und Weisungen auf die PMF Einfluss zu nehmen, beschreibt das österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinem den Irak betreffenden Länderbericht für das Jahr 2017 dabei wie folgt (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, 24. August 2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 23. November 2017), S. 78):
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„Obwohl das Milizenbündnis unter der Aufsicht des 2014 gegründeten Volksmobilisierungskomitees steht und Ende 2016 ein Gesetz in Kraft trat, das die Volksmobilisierung dem regulären irakischen Militär in allen Belangen gleichstellt und somit der Weisung des Ministerpräsidenten als Oberkommandierendem unterstellt, hat der irakische Staat nur mäßige Kontrolle über die Milizen. […] Die einzelnen Teilorganisationen agieren größtenteils eigenständig und weisen eigene Kommandostrukturen auf, was zu Koordinationsproblemen führt und letztendlich eine institutionelle Integrität verhindert […].“
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An anderer Stelle heißt es zu den Einflussmöglichkeiten des irakischen Staates auf die PMF in noch deutlicheren Worten (BFA, a.a.O., S. 35, 108):
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„Diese Integration der schiitischen Milizen in die Regierungskräfte, die von vielen sunnitischen Politikern bekämpft wurde (HRW 16.2.2017), ist mehr formeller Natur, um den äußeren Schein zu wahren. In der Realität gibt es im Irak keine offizielle Instanz (auch nicht die Regierung), die die Fähigkeit hat, die Milizen zu kontrollieren (Hiltermann 26.4.2017). Die Eingliederung der Milizen in die irakische Sicherheitsstruktur sichert ihnen einerseits eine Finanzierung durch den Irak, während die [effektive] Kontrolle über einige der mächtigsten Einheiten weiterhin dem Iran obliegt.“
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„Den staatlichen Stellen ist es nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen, insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Dies geht einher mit Repressionen, mitunter auch Vertreibungen von Angehörigen der jeweils anderen Konfession. Minderheiten geraten oft zwischen die Fronten (AA 7.2.2017).“
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Auch Amnesty International hebt hervor, dass Angehörige der PMF-Milizen nicht der Befehlsgewalt der regulären Truppen unterstellt sind. Die Milizen schienen vielmehr über größere Autorität und Schlagkraft vor Ort zu verfügen als die mitgenommenen Regierungstruppen, die als schwach und ineffektiv gälten (AI, Absolute Impunity. Militia Rule in Iraq, 2014, S. 17 f.). Dieses gilt, wie dargestellt, erst recht für den Raum Mosul.
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Ausgehend von ihrer zahlenmäßigen Größe und ihrem Wirkungsgrad insbesondere im Raum Mosul handelt es sich bei den Badr-Brigaden und den übrigen dort vertretenen PMF-Milizen im Übrigen selbst bei einer abweichenden Betrachtungsweise zu § 3c Nr. 1 AsylG jedenfalls Organisationen, die einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrscht (§ 3c Nr. 2 Var. 2 AsylG).
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Die Klägerin könnte sich schließlich auch dann nicht auf wirksamen staatlichen Schutz berufen, sofern man die ihr drohende Verfolgung durch die PMF-Milizen als eine Verfolgung von sonstigen nichtstaatlichen Akteuren im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG einstufen würde. Der irakische Staat sowie die in § 3c Nr. 2 AsylG genannten Akteure sind nämlich, wie dargestellt, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung durch Angehörige der PMF zu bieten. Dieses gilt insbesondere für den Raum Mosul sowie in Ansehung der Bedrohungen, die von der eng mit den regulären irakischen Sicherheitskräften verwobenen Badr-Brigaden ausgehen. Auch sofern Bedrohungen von Personen mit einem zugeschriebenen IS-Bezug in Mosul von privaten Dritten ausgehen, erweist sich der irakische Staat nach den vorstehenden Ausführungen als nicht schutzwillig bzw. –fähig.
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Der Klägerin und ihren Familienangehörigen steht vor der weiterhin drohenden Verfolgungsgefahr überdies kein interner Schutz im Sinne von § 3e Abs. 1 AsylG zur Verfügung. Hiernach wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Kammer nimmt in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil v. 26.10.2017 - 6 A 7844/17 und 6 A 9126/17) an, dass sich Flüchtlinge im Irak aufgrund der vorherrschenden humanitären Verhältnisse in aller Regel nicht dauerhaft in andere Landesteile begeben können. Dazu heißt es im Urteil vom 26. Oktober 2017 (6 A 9126/17):
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„Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3 e Abs. 1 AsylG besteht nicht. Es fehlt den Flüchtlingen die Möglichkeit sicher in vergleichsweise sichere Landesteile zu reisen und dort aufgenommen zu werden, vgl. § 3 e Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Denn Personen, die aus den vom IS kontrollierten Gebieten im Nord- und Zentralirak fliehen, haben nur eingeschränkten Zugang zu diesen Gebieten in anderen Landesteilen, da strenge Einreise- und Niederlassungsbeschränkungen bestehen, die u.a. an den Nachweis eines Bürgen, eine Meldung bei den örtlichen Behörden und eine erfolgreiche Sicherheitsprüfung durch verschiedene Sicherheitsbehörden geknüpft sind. Die Zugangs- und Niederlassungsvoraussetzungen sind in den Provinzen unterschiedlich ausgestaltet, und mitunter gibt es sogar innerhalb einer Provinz je nach (Unter-)Distrikt unterschiedliche Regelungen. Teilweise werden vollständige Einreisestopps für Flüchtlinge aus Konfliktgebieten verhängt, einschließlich der Provinzen Bagdad, Babel und Karbala. Die Sicherheitsüberprüfungen betreffen vor allem sunnitische Araber und sunnitische Turkmenen, die aus den vom IS kontrollierten Gebieten fliehen und als Sicherheitsrisiko angesehen werden.
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Zugangsbeschränkungen an Kontrollpunkten sind nicht immer klar definiert und können je nach Sicherheitslage unterschiedlich angewandt bzw. willkürlich geändert werden. Die Voraussetzungen für eine Bürgschaft entbehren einer Rechtsgrundlage und werden oftmals willkürlich geändert. Sie können an den einzelnen Kontrollpunkten und je nach diensthabendem Personal unterschiedlich gehandhabt werden. Auch wenn Personen alle angegebenen Voraussetzungen an die Bürgschaft erfüllen, ist der Zugang zu einem relativ sicheren Gebiet nicht garantiert, und selbst Menschen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen wurde schon der Zugang verwehrt. Insbesondere ethnische und religiöse Erwägungen können darüber entscheiden, ob der Zugang gewährt oder verwehrt wird. Es besteht das Risiko einer Ausbeutung und Misshandlung, einschließlich sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, da einige Bürgen Geld oder „Dienste“ für die Übernahme der Bürgschaft verlangen. Es kann passieren, dass Schutz suchende Personen ohne Zugang zu grundlegender Versorgung an den Kontrollpunkten festsitzen, weil diese geschlossen sind oder ihnen der Zutritt zu bestimmten Orten verwehrt wird.
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Binnenvertriebene werden zunehmend daran gehindert, städtische Gebiete zu betreten, und – bisweilen gegen ihren Willen – in Lager verbracht, in denen ihre Freizügigkeit in unangemessener Weise und ohne legitime sicherheitsbezogene oder sonstige Gründe beschränkt wird. Infolgedessen müssen Flüchtlinge oft in den Konfliktgebieten bzw. in deren Umgebung bleiben (vgl. zum Vorstehenden UNHCR-Position zur Rückkehr in den Irak vom 14.11.2016, S. 4; Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7.2.2017, S. 10-12). Auch das Auswärtige Amt geht davon aus, dass Rückkehrer aus dem Ausland, die derzeit nicht in ihre noch vom IS kontrollierte Heimat zurückkehren können, kaum eine Möglichkeit haben, einen sicheren Aufnahmeplatz zu finden. Ausnahmen stellten ggf. Familienangehörige in nicht umkämpften Landesteilen dar.“
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Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass im Fall der Klägerin und ihrer Angehörigen besondere Umstände vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, ihre Lage könne von der vorgenannten Situation abweichen.
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Anhaltspunkte für Ausschlussgründe gegenüber der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 2, Abs. 3 AsylG sowie § 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG bestehen nicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
- 70
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 S. 1, S. 2 ZPO.
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