Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Enzkreis vom 26.02.2018 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.2018 verpflichtet, dem Kläger die - um die Angabe des Namens und der Adresse der jeweiligen beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln sowie die flurstücksgenaue Bezeichnung der jeweiligen genutzten Flächen geschwärzten - anonymisierten Aufzeichnungen über die berufliche Verwendung von Pflanzenschutzmitteln i. S. d. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 (Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, Zeitpunkt der Verwendung, verwendete Menge, Größe der behandelten Fläche, Kulturpflanze, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde) auf landwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb des Naturschutzgebietes „Kalkofen“ (Schutzgebietsnr. 2.231; VO vom 02.05.2012, Gbl. v. 25.05.2012, S. 363) zu überlassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
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| Der Kläger begehrt im Wege eines Umweltinformationsanspruchs Zugang zu Daten über die berufliche Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf landwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb des Naturschutzgebietes „Kalkofen“. |
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| Am 20.12.2017 beantragte der Kläger beim Landratsamt Enzkreis – gestützt auf § 24 Umweltverwaltungsgesetz (UVwG) i. V. m. § 11 Abs. 3 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) – den Zugang zu den Aufzeichnungen nach § 11 Abs. 1 PflSchG der letzten drei Jahre auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ im Enzkreis. Zur Begründung führte er aus, er wolle wissen, wie hoch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in diesem Naturschutzgebiet sei, weil dieser Einsatz negative Auswirkungen auf die (dort vorhandene) Artenvielfalt haben könne. Es werde um Übermittlung der Informationen in elektronischer und anonymisierter Form gebeten. |
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| Mit Email vom 02.02.2018 übermittelte das Landratsamt Enzkreis dem Kläger folgende Auskunft: Alle Landwirte in Mönsheim, die Ackerbau im NSG Kalkofen betrieben, seien im Rahmen von Pflanzenschutz-Betriebskontrollen durch die untere Landwirtschaftsbehörde des Enzkreises nach den Maßgaben des Ministeriums für den ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg (MLR) in den vergangenen fünf Jahren im Rahmen der routinemäßigen Stichprobenkontrollen ohne Beanstandung überprüft worden. Die Dokumentationen der Pflanzenschutzanwendungen seien dem Landratsamt jeweils vorgelegt worden, diese seien vollständig, plausibel gewesen und ohne Einsatz unzulässiger Präparate erfolgt. Weitere Erhebungen und Dokumentationen seitens des Landratsamts sähen die Richtlinien für solche Betriebskontrollen im Bereich Pflanzenschutz nicht vor. Daher könne mitgeteilt werden, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf den Ackerflächen nach Erkenntnis des Landratsamts Enzkreis im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ standortangepasst, im legalen Rahmen durchgeführt und lückenlos von den Landwirten dokumentiert sei. Eine darüberhinausgehende Erfassung von Daten sei im Rahmen der Kontrollen der Dokumentationspflicht nach § 11 Abs. 3 PflSchG nicht vorgesehen. |
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| Mit Email vom 02.02.2018 antwortete der Kläger hierauf, dass ihn das Antwortschreiben des Landratsamts nicht zufrieden stellen könne. Es handele sich nicht um die angeforderten Umweltinformationen. Um deren Übermittlung werde weiterhin gebeten. Darüber hinaus knüpfe sich an das Antwortschreiben des Landratsamts ein weiteres Informationsbegehren: Er bitte darum, für die routinemäßig überprüften Betriebe die anonymisierten Dokumentationen und Ergebnisse der Stichprobenkontrollen zuzuleiten. |
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| Mit Email vom 07.02.2018 konkretisierte der Kläger die rechtlichen Grundlagen, auf die er sein Auskunftsersuchen stütze. Insoweit stellte der Kläger klar, dass das Informationsersuchen darauf abziele, Einsicht in die Feststellungen/Aufzeichnungen des beklagten Landes zu bekommen, die es über die Inhalte der Schlagkarteien zu § 11 Abs. 1 PflSchG erstellt habe. Dieses Informationsersuchen finde seine rechtliche Grundlage in § 1 Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG). Des Weiteren verlange er Einsicht in die Inhalte der Schlagkarteien selbst. Hierzu berufe er sich als Anspruchsgrundlage auf § 11 Abs. 3 PflSchG bzw. Art. 67 Abs. 1 S. 4 VO (EG) Nr. 1107/2009 (im Folgenden: EU-Pflanzenschutz-VO) sowie § 23 Abs. 4 i. V. m. § 24 UVwG. |
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| Mit Schreiben vom 14.02.2018 übersandte das Landratsamt dem Kläger seine anonymisierten Kontrollberichte der seitens des Landratsamts durchgeführten Kontrollen. Zwar handele es sich hierbei nicht um Umweltinformationen, sondern lediglich um die hauseigene fachliche Bewertung, weshalb keine Verpflichtung zur Herausgabe bestehe; die Aufzeichnungen würden dennoch auf freiwilliger Basis übermittelt. Hinsichtlich der weiter begehrten Einsicht in die Inhalte der Schlagkarteien selbst erfolge noch eine weitere rechtliche Prüfung, dessen Bearbeitung noch ausstehe. |
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| Mit Bescheid vom 26.02.2018 lehnte das Landratsamt Enzkreis – Landwirtschaftsamt – den Antrag des Klägers vom 07.02.2018 auf Einsicht in die Inhalte der Schlagkarteien der landwirtschaftlichen Betriebe, die Flächen im Naturschutzgebiet Kalkofen bewirtschaften, ab. Der geltend gemachte Anspruch könne weder auf § 11 Abs. 3 PflSchG noch auf § 23 Abs. 4 i. V. m. § 24 UVwG und auch nicht auf § 2 LIFG gestützt werden. |
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| Am 22.03.2018 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 26.02.2018. |
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| Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2018 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers vom 22.03.2018 zurück. |
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| Der Kläger hat am 31.08.2018 die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Informationsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung führt er noch aus: Die Klage richte sich gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium als Passivlegitimierten, weil das Regierungspräsidium über die begehrten Informationen verfüge bzw. diese für das Regierungspräsidium gem. § 59 Abs. 1, 2 Nr. 8 PflSchG i. v. m. § 9 Abs. 3 S. 1 Landwirtschafts-ZustV bereitgehalten würden. In der Sache stütze er sein Informationsbegehren nunmehr auch originär auf Art. 67 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. Art. 288 Abs. 2 AEUV. |
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| Der Kläger beantragt zuletzt, |
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| den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Enzkreis vom 26.02.2018 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.2018 zu verpflichten, ihm die - um die Angabe des Namens und der Adresse der jeweiligen beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln sowie die flurstücksgenaue Bezeichnung der jeweiligen genutzten Flächen geschwärzten - anonymisierten Aufzeichnungen über die berufliche Verwendung von Pflanzenschutzmitteln i. S. d. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 (Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, Zeitpunkt der Verwendung, verwendete Menge, Größe der behandelten Fläche, Kulturpflanze, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde) auf landwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb des Naturschutzgebietes „Kalkofen“ (Schutzgebietsnr. 2.231; VO vom 02.05.2012, Gbl. v. 25.05.2012, S. 363) zu überlassen, |
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| hilfsweise, den Zugang auf sonstige Weise zu gewähren. |
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| Das beklagte Land beantragt, |
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| Dem Gericht haben die Behördenakten des beklagten Landes (Ausgangs- und Widerspruchsverfahrensakten) vorgelegen. Auf diese sowie auf die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze (auch im Verfahren 3 K 2753/19) wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen. |
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| Die Klage ist zulässig. Sie richtet sich nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegen das Land Baden-Württemberg als Rechtsträger derjenigen Behörde (hier das Landratsamt Enzkreis, vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 LKrO), die den beantragten Verwaltungsakt abgelehnt hat, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. hierzu Schoch/Schneider/Bier/Meissner/Schenk, 37. EL Juli 2019, VwGO § 78 Rn. 45). Hiervon ausgehend ist das Landratsamt Enzkreis auch die im gerichtlichen Verfahren „richtige“ vertretungsbefugte Behörde, da es den ablehnenden Bescheid erlassen hat. Ob das Landratsamt zugleich dafür zuständig und damit passivlegitimiert ist, für das beklagte Land den geltend gemachten Anspruch im Falle einer Verurteilung zu erfüllen, ist für die passive Prozessführungsbefugnis (des Landes) nicht von Belang. |
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| Die Klage ist auch im Hauptantrag begründet. |
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| Der Kläger hat einen Anspruch gegen das beklagte Land auf Überlassung der begehrten Aufzeichnungen der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Naturschutzgebiet „Kalkofen“. Der Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 26.02.2018 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.2018 sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5, 1 VwGO. |
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| Zwischen den Beteiligten ist nach der durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht mehr streitig, dass das beklagte Land für die Erfüllung des streitgegenständlichen Informationsanspruchs passivlegitimiert ist. Nach derzeit geltender Rechtslage sind die Regierungspräsidien zuständig für die Überwachung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, § 59 Abs. 2 Nr. 8 PflSchG, § 9 Abs. 3 Landwirtschafts-Zuständigkeitsverordnung (Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über Zuständigkeiten in den Bereichen Markt und Ernährung, landwirtschaftliche Beratung, Tierzucht und anderen Bereichen vom 4. Februar 2010). Damit dürfte das Regierungspräsidium Karlsruhe derzeit verpflichtet sein, den klägerischen Anspruch zu erfüllen. Selbst wenn zukünftig die Zuständigkeit – wie es wohl ausweislich der Äußerung des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung durch Änderung der Landwirtschafts-Zuständigkeitsverordnung beabsichtigt sein könnte – auf die unteren Verwaltungsbehörden und damit vorliegend auf das Landratsamt Enzkreis übertragen werden sollte, würde dies an der Passivlegitimation des beklagten Landes nichts ändern, weil Rechtsträger der anspruchsverpflichteten Behörde in jedem Falle das beklagte Land bliebe. Damit kann aber auch das beklagte Land das Rechtschutzbegehren des Klägers erfüllen. |
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| Der Anspruch des Klägers auf Überlassung der von den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln vorgehaltenen Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 EU-Pflanzenschutz-VO ergibt sich vorliegend jedenfalls aus § 23 Abs. 4, § 24 UVwG (dazu 2.), sodass offenbleiben kann, ob sich der Anspruch darüber hinaus auch aus Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO (dazu 3.) sowie aus § 11 Abs. 3 PflSchG (dazu 4.) ergibt. |
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| Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG hat jede Person nach Maßgabe des Umweltverwaltungsgesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne von § 23 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Nach § 23 Abs. 4 UVwG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden. Ein Bereithalten liegt vor, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle im Sinne von Absatz 1 aufbewahrt, auf die diese Stelle einen Übermittlungsanspruch hat. |
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| Der Anwendungsbereich der §§ 22 ff. UVwG ist vorliegend nicht gesperrt. Eine dem § 1 Abs. 3 IFG vergleichbare „Subsidiaritätsklausel“ besteht im Umweltinformationszugangsrecht nicht, auch nicht in § 22 Abs. 1 Satz 2 UVwG (vgl. HK-IZR BW/Anja Hentschel, 1. Aufl. 2017, UVwG § 24 Rn. 21 ff.; zum inhaltsgleichen § 3 Abs. 1 Satz 2 UIG Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 91. EL September 2019, UIG § 3 Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 15/3406, S. 15). |
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| Der Anwendungsbereich der §§ 22 ff. UVwG ist vorliegend eröffnet, denn die fraglichen Aufzeichnungen gem. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO, zu denen der Kläger Zugang begehrt, sind fraglos Umweltinformationen i. S. d. § 23 Abs. 3 UVwG. Dies stellt der Beklagte auch nicht in Abrede. |
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| Die zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage, ob das Regierungspräsidium Karlsruhe (bzw. allgemein das beklagte Land) anspruchsverpflichtete Stelle ist, ist im Sinne des Klägers zu entscheiden. Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist informationspflichtige Stelle i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UVwG. Zwar verfügt das Regierungspräsidium Karlsruhe (bzw. das beklagte Land) nicht über die begehrten Aufzeichnungen i. S. d. § 23 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 UVwG. Die Aufzeichnungen werden aber durch die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln für den Beklagten bereitgehalten, § 23 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 UVwG. Bei den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln (im fraglichen Naturschutzgebiet „Kalkofen“) handelt es sich – davon gehen die Beteiligten mittlerweile übereinstimmend aus – um natürliche oder juristische Personen, die selbst nicht informationspflichtige Stellen sind. |
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| Zwischen den Beteiligten ist hingegen streitig, ob die vorliegende Konstellation des Art. 67 Abs. 1, 2 EU-Pflanzenschutz-VO vom Regelungsbereich des § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG erfasst wird. Dies ist zu bejahen. Die Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG ist parallel ausgestaltet wie § 2 Abs. 4 Satz 2 UIG. Dieser wiederum dient der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie (EG) Nr. 4/2003, deren Art. 2 Nr. 4 den Begriff des Bereithaltens dahingehend definiert, dass „für eine Behörde bereitgehaltene Informationen Umweltinformationen [sind], die materiell von einer natürlichen oder juristischen Person für eine Behörde bereitgehalten werden“. Aus dieser Definition lässt sich wenig für die Auslegung des Begriffes des Bereithaltens ableiten. Auch die Entstehungsgeschichte der Umweltinformationsrichtlinie gibt für die weitere Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UIG (soweit ersichtlich) nichts her. Instruktiv ist hingegen die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 4 UIG (BT-Drs. 15/3406), die auch zur Auslegung des § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG herangezogen werden kann. Zum Begriff des Bereithaltens hat die Bundesregierung im Gesetzesentwurf ausgeführt: „Dadurch soll der zunehmenden Verpflichtung von Unternehmen zur Selbstüberwachung Rechnung getragen werden. Denn im Rahmen dieser Selbstüberwachung werden immer häufiger Umweltinformationen in den Unternehmen selbst aufbewahrt, die vormals von den zuständigen Stellen der öffentlichen Verwaltung im Rahmen der Überwachung erhoben wurden und auch bei diesen aufbewahrt und damit unmittelbar vorhanden waren... Zur weiteren Klarstellung wird auch der Begriff des „Bereithalten“ näher definiert. Danach sind nicht nur die Fälle erfasst, bei denen sich die informationspflichtige Stelle Dritter, die selbst keine informationspflichtigen Stellen sind, zur Aufbewahrung von Umweltinformationen bedient, sondern insbesondere Fälle, in denen Unternehmen aufgrund einer speziellen Rechtsvorschrift oder eines Verwaltungsaktes Messberichte oder andere Umweltinformationen für einen bestimmten Zeitraum für die informationspflichtigen Stellen aufbewahren und auf entsprechende Anforderung herauszugeben haben. Nicht erfasst werden dagegen Fälle, in denen die beantragte Umweltinformation erst aufgrund einer Aufsichtsmaßnahme für die Stelle der öffentlichen Verwaltung erstellt oder an die Stelle herausgegeben werden müsste.“ |
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| Die Kammer erachtet die mit der Gesetzesbegründung verfolgte Zielsetzung der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Umweltinformationsgesetzes auch im Anwendungsbereich des Umweltverwaltungsgesetzes in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation für einschlägig: Berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln sind aufgrund von Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO verpflichtet, die entsprechenden Aufzeichnungen über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zu führen und gem. Art 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 EU-Pflanzenschutz-VO der zuständigen Behörde zur Verfügung zu stellen. Damit ist die „klassische“ Konstellation des „Outsourcings“ von Verwaltungskontrolltätigkeit in Gestalt der Selbstüberwachung mit Überwachungsbefugnis der Kontrollbehörde (vgl. Schrader, in: Schlacke/Schrader/Bunge, Aarhus-Handbuch, § 1 Rn. 70) betroffen: Die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln dokumentieren und überwachen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln selbst, weil die zuständige Kontrollbehörde aufgrund von Kapazitätszwängen hierzu nicht vollumfassend in der Lage ist. Sie kontrolliert die Betreffenden stichprobenartig auf Anfrage und verfügt insoweit über einen Übermittlungsanspruch hinsichtlich der einschlägigen Aufzeichnungen (in diesem Sinne auch BVerwG, Beschluss vom 01.11.2007 - 7 B 37.07 - juris Rn. 20 = NVwZ 2008, 80). |
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| Auch die in der einschlägigen Kommentarliteratur angegebenen Beispiele für einen Fall des Bereithaltens (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG i. V. m. §§ 18 ff. 13. BImSchV, §§ 14 ff. 17. BImSchV, § 31 BImSchG, §§ 62 ff. WHG; § 47 Abs. 4 KrWG, vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 90. EL Juni 2019, UIG § 2 Rn. 54) sind mit der vorliegenden Konstellation weitgehend vergleichbar. Unter den genannten Fallbeispielen finden sich zwar auch solche, bei denen – anders als i. R. v. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 EU-Pflanzenschutz-VO – eine proaktive Datenbereitstellungs-/Übermittlungspflicht seitens der Anlagenbetreiber zugunsten der zuständigen Kontrollbehörde besteht. Zugleich finden sich aber auch Vorschriften (namentlich § 31 Abs. 2 BImSchG, § 47 Abs. 4 KrWG), bei denen die Übermittlung davon abhängig ist, dass die zuständige Kontrollbehörde (wie hier) die entsprechenden Daten selbst aktiv anfragt. Damit erscheint klar, dass der erforderliche Übermittlungsanspruch nicht voraussetzt, dass der Betroffene proaktiv und in gewisser Regelmäßigkeit dazu verpflichtet ist, die zur Selbstüberwachung vorgehaltenen Aufzeichnungen an die zuständige Behörde zu übermitteln, sondern dass es vielmehr genügt, dass die zuständige Behörde im Einzelfall die Befugnis hat, die entsprechenden Aufzeichnungen abzufragen. Andernfalls liefe – in teleologischer Hinsicht – die Fallkonstellation des Bereithaltens auch weitgehend ins Leere. Denn wenn eine aktive Übermittlungspflicht besteht, verfügt die Behörde über die entsprechenden Aufzeichnungen bereits i. S. d. § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG (bzw. § 23 Abs. 4 Satz 1 UVwG), sobald die Daten übermittelt wurden, sodass es der Fallgruppe des Bereithaltens gar nicht mehr bedürfte bzw. diese allenfalls zu einer Vorverlagerung der Anspruchsberechtigung auf Daten, die noch beim Betroffenen, nicht aber bereits bei der zuständigen Behörde vorliegen, führte. |
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| Dem grundsätzlich gegebenen Anspruch stehen keine Gegenrechte i. S. d. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 3 UVwG entgegen. Denn der Kläger begehrt die Aufzeichnungen ausweislich seines Klageantrags anonymisiert, sodass weder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Aufzeichnenden noch dessen personenbezogene Daten tangiert sind. Davon gehen die Beteiligten nach durchgeführter mündlicher Verhandlung mittlerweile übereinstimmend aus. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürften diese dem Anspruch auf Zugänglichmachung der betreffenden Aufzeichnungen nicht entgegengehalten werden. Denn bei dem Anspruchsgegenstand handelt es sich um Umweltinformationen über Emissionen i. S. d. § 29 Abs. 1 Satz 2 UVwG (vgl. EuGH, Urteil vom 23.11.2016 - C-442/14 - juris Rn. 50 ff., 72, 82 ff., 104 ff.; NdsOVG, Beschluss vom 24.03.2016 - 2 LB 69/15 - juris Rn. 6 = ZUR 2016, 362; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.03.2017 - 10 S 413/15 - juris Rn. 51), weshalb eine Berufung auf § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 UVwG von vornherein ausscheidet. Denn die Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung stets zugunsten des Interesses am Informationszugang aus. |
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| Der Anspruch aus § 23 Abs. 4 i. V. m. § 24 UVwG ist gebundener Natur, d. h. der Behörde steht im Rahmen der Entscheidung über den Anspruch kein Ermessen zu. Ein solches besteht ansatzweise nur hinsichtlich der Art des Informationszugangs (§ 24 Abs. 2 Satz 2, 3 UVwG). Vorliegend hat der Beklagte aber keine Umstände benannt, die der begehrten Art des Informationszugangs entgegenstehen könnten. Ein „Rest“ an Ermessensbetätigung seitens des Beklagten besteht mithin nicht (mehr). Ohnehin hat der Kläger klargestellt (s. o.), dass es ihm nicht auf eine bestimmte Art des Informationszugangs ankommt, er insoweit auf die Belange des Beklagten und einen diesbezüglichen Verwaltungsaufwand oder Opportunitätsgesichtspunkte Rücksicht zu nehmen gedenkt. |
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| Dass der Kläger die Aufzeichnungen anonymisiert begehrt, steht der Begründetheit seines Anspruchsbegehrens (umgekehrt) ebenfalls nicht entgegen. Zwar ist es ein allgemeiner Grundsatz des Informationsverwaltungsrechts, dass Gegenstand des Informationszugangs nur Aufzeichnungen/Informationen/Daten in der Form sein können, wie sie bei der informationspflichtigen Stelle vorliegen, diese mithin keine Aufbereitungspflicht trifft (vgl. Rossi, NVwZ 2013, 1263 (1265); Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 36). Im Rahmen der erforderlichen Anonymisierung besteht jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz (vgl. etwa § 7 Abs. 2 IFG, hierzu Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 7 Rn. 92-94). |
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| Schließlich scheitert der Anspruch nicht daran, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkret feststeht, wer die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ sind. Diese müssen von dem Beklagten als der informationspflichtigen Stelle ermittelt werden. Zwar gilt auch insoweit, dass eine Informationsbeschaffungspflicht nicht besteht (vgl. etwa § 4 Abs. 2 Satz 2 VIG; aus dem Schrifttum allgemein Rossi, a. a. O. 1265; Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 36 m. w. N.). Im Falle der Konstellation des Bereithaltens, bei der die Aufzeichnungen bei der informationspflichtigen Stelle nicht physisch vorhanden sind, muss der Zugangsanspruch jedoch um einen Beschaffungsanspruch ergänzt werden (so für § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG auch Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 38). Dieser Beschaffungsanspruch ist seinerseits aber nicht grenzenlos. Er bezieht sich einerseits nur auf die bei den nicht informationspflichtigen Dritten (berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln) vorhandenen Informationen und außerdem nur auf diejenige Form, in der sie dort vorhanden sind (vorliegend etwa in Gestalt der Schlagkartei oder handschriftlicher Aufzeichnungen). Beachtlich ist insoweit zwar § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG, wonach die Aufzeichnungen nach Artikel 67 Absatz 1 Satz 1 oder 2 EU-Pflanzenschutz-VO elektronisch oder schriftlich geführt werden können. Einen Anspruch darauf, dass die Aufzeichnungen auch tatsächlich in dieser Form bereitgestellt werden oder gar aufbereitet werden, hat der Kläger hingegen nicht (vgl. Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 39). Schließlich dürfen von dem Beklagten keine für diesen unzumutbare Anstrengungen zur Ermittlung der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln verlangt werden. Sofern der Beklagte (etwa durch Mitteilung im Gemeinsamen Antrag, https://foerderung.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Gemeinsamer+Antrag) Kenntnis davon hat, dass Landwirte oder andere Bewirtschafter von landwirtschaftlichen Flächen, die der Kläger mit seinem Klageantrag allein in Bezug genommen hat, Pflanzenschutzmittel einsetzen, ist er zur Beschaffung von deren Aufzeichnungen i. S. v. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO (nötigenfalls mittels Durchsetzung per Verwaltungsakt, für den mit Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 EU-Pflanzenschutz-VO die erforderliche Rechtsgrundlage bestehen dürfte) verpflichtet. Den Beklagten trifft demgegenüber keine aktive Suchpflicht dahingehend, etwa durch Felduntersuchungen oder Vor-Ort-Kontrollen von Betrieben Nachforschungen anzustellen, ob die entsprechenden Betriebe Pflanzenschutzmittel einsetzen. Derartiges vom Beklagten zu verlangen würde die Anforderungen an die Beschaffungspflicht im Rahmen der Bereithaltenskonstellation aus Sicht der Kammer zu stark ausweiten. |
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| Nach alledem ergibt sich der klägerische Anspruch auf Informationszugang jedenfalls aus § 23 Abs. 4 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG. |
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| Offen bleiben kann daher, ob sich der Anspruch zugleich aus Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO oder aus § 11 Abs. 3 PflSchG ergibt. Mangels Entscheidungserheblichkeit kann die Kammer diese zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage im Ergebnis unentschieden lassen. Die Kammer sieht sich angesichts weiterer, bei den Verwaltungsgerichten anhängiger, weitgehend paralleler Klagen diesbezüglich aber noch zu folgenden Erwägungen veranlasst: |
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| Nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO können Dritte wie beispielsweise die Trinkwasserwirtschaft, Einzelhändler oder Anrainer bei der zuständigen Behörde um Zugang zu Informationen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO (Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, der Zeitpunkt der Verwendung, die verwendete Menge, die behandelte Fläche und die Kulturpflanze, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde) ersuchen. |
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| Es spricht manches dafür, dass sich aus der fraglichen Bestimmung ein Rechtsanspruch des Klägers auf Zugang zu diesen Informationen im Sinne eines einklagbaren subjektiv-öffentlichen Rechts ableiten lässt. Bei der EU-Pflanzenschutz-VO dürfte es sich – jedenfalls bezüglich der hier streitgegenständlichen Konstellation des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 – nicht um eine sog. hinkende Verordnung handeln, deren unmittelbare Geltung in jedem Mitgliedstaat von dem Erlass von (die jeweilige Verordnung konkretisierenden) Durchführungsbestimmungen abhängig wäre (sog. Komitologie, Art. 291 AEUV). Zwar besteht eine solche „Öffnungsklausel“ i. R. v. Art. 67 Abs. 4 EU-Pflanzenschutz-VO auch für dessen Absatz 1. Die Ermächtigung in Art. 67 Abs. 4 EU-Pflanzenschutz-VO zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen statuiert allerdings voraussichtlich keinen Ausgestaltungsvorbehalt dahingehend, dass die Regelung in Art. 67 Abs. 1 EU-Pflanzenschutz-VO von dem Erlass entsprechender, den Sekundärrechtsakt konkretisierender tertiärrechtlicher Durchführungsbestimmungen abhängig wäre. Vielmehr sollen die Durchführungsmaßnahmen lediglich zur „Sicherstellung der einheitlichen Anwendung der Abs. 1-3 erlassen werden“ (können). Aus Art. 67 Abs. 4 EU-Pflanzenschutz-VO kann mithin schwerlich geschlossen werden, dass die grundsätzlich bestehende unmittelbare Geltung und Wirkung der Verordnung (Art. 288 Abs. 2 AUEV) vorliegend ausnahmsweise unter dem Vorbehalt der näheren Ausgestaltung durch tertiärrechtliche Durchführungsmaßnahmen stünde. Auch und gerade der von dem Beklagten für seine Argumentation angeführte Erwägungsgrund Nr. 41 der EU-Pflanzenschutz-VO, wonach es angebracht ist, klarzustellen, unter welchen Bedingungen der Zugang zu den in den Dokumenten, die sich im Besitz der genannten Stellen befinden, enthaltenen Informationen möglich ist und wie die Vertraulichkeit dieser Dokumente geregelt ist, spricht eher dafür, dass (bereits) mit dieser Verordnung (und nicht erst durch entsprechende Durchführungsbestimmungen) verbindlich und abschließend klargestellt werden sollte, unter welchen Bedingungen der Zugang zu den in den Dokumenten, die sich im Besitz der genannten Stellen befinden, enthaltenen Informationen möglich ist und wie die Vertraulichkeit dieser Dokumente geregelt ist. |
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| Auch der vom beklagten Land für seine Argumentation angeführte Art. 67 Abs. 1 UAbs. 3 EU-Pflanzenschutz-VO spricht in diesem Zusammenhang nicht für ein solches Verständnis der EU-Pflanzenschutz-VO (bzw. von dessen Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2) als sog. hinkende Verordnung. Denn dieser betrifft die (proaktive) Zugänglichmachung der entsprechenden Aufzeichnungen (etwa nach Art. 7 Umweltinformationsrichtlinie (EG) Nr. 4/2003; § 10 UIG; § 30 UVwG), die kategorial von dem reaktiven, antragsgebundenen Informationszugang nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 EU-Pflanzenschutz-VO zu unterscheiden ist. Auch systematisch spricht wenig dafür, dass Art. 67 Abs. 1 UAbs. 3 EU-Pflanzenschutz-VO zur Auslegung des UAbs. 2 herangezogen werden könnte. Denn beide Unterabsätze sind legistisch strikt voneinander getrennt. |
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| Der Kläger wäre auch anspruchsberechtigt i. S. d. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO. Er ist bei unbefangenem Wortlautverständnis fraglos Dritter. Dass er hingegen keinem der aufgeführten Regelbeispiele (Anrainer, Trinkwasserwirtschaft, Einzelhändler) unterfällt, dürfte demgegenüber nicht von Belang sein. Denn ausweislich des klaren Wortlauts handelt es sich bei diesen drei Fallgruppen um Regelbeispiele und nicht um eine abschließende Aufzählung berechtigter Antragsteller. Die vom beklagten Land unternommene Argumentation, den Begriff des Dritten durch die Regelbeispiele einschränkend dahingehend auszulegen, dass Dritte nur solche sein können, die von dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln lokal oder subjektiv besonders betroffen sind, erscheint zumindest nicht zwingend. |
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| Sie ließe sich methodisch nur dadurch bewirken, dass durch die Auslegung der Regelbeispiele ein ungeschriebenes zusätzliches Tatbestandsmerkmal eines berechtigten Interesses generiert würde, wie es § 11 Abs. 3 PflSchG statuiert. Dessen Regelungsinhalt lässt sich zur Auslegung der unionalen Bestimmung des Art. 67 EU-Pflanzenschutz-VO angesichts des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (vgl. Calliess/Ruffert/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV Art. 1 Rn. 18) aber schwerlich heranziehen. Der Wortlaut des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO spricht für sich genommen gegen ein solches methodisches Vorgehen, denn er verlangt gerade nicht das Bestehen eines berechtigten Interesses. Auch der Erwägungsgrund Nr. 41 EU-Pflanzenschutz-VO spricht hiergegen (s. o.). Selbiges gilt für den Erwägungsgrund Nr. 44, wonach Bestimmungen zur Führung von Aufzeichnungen und zur Information über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln festgelegt werden sollen, um das Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt durch die Rückverfolgbarkeit einer möglichen Exposition zu erhöhen, die Effizienz der Überwachung und Kontrolle zu steigern und die Kosten für die Überwachung der Wasserqualität zu verringern. Dieser stellt – mit der Bezugnahme auf das „Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt durch die Rückverfolgbarkeit einer möglichen Exposition“ – den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in einen sehr weiten Sinnzusammenhang. Mit diesem Sinnzusammenhang ist unschwer in Einklang zu bringen, dass auch ein anerkannter Naturschutzverband, dessen Aufgabe in der Wahrung des Umweltschutzes (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG) besteht, ein „berechtigtes Interesse“ an der Kenntnis des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln hat (ohne dass ein solches normativ zu fordern wäre). Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass bei Erlass und während des Rechtsetzungsverfahrens der EU-Pflanzenschutz-VO sicher nicht vordergründig anerkannte Umweltverbände als mögliche Antragsteller in den Blick genommen worden sein dürften. |
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| Auch die Gesetzgebungshistorie zur EU-Pflanzenschutz-VO spricht nicht explizit für die Argumentation des beklagten Landes – im Gegenteil: Wenngleich aus dem Rechtsetzungsverfahren keine konkrete Begründung für die fragliche Bestimmung des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO ersichtlich ist, spricht dieses (Verfahren 2006/0136/COD, nachvollziehbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/HIS/?uri=CELEX:32009R1107&qid=1582554734178) dennoch eher für eine weite Auslegung des Kreises möglicher Antragsteller: Der Kommissionsentwurf (COM (2006) 388) sah ursprünglich einen direkten Anspruch ausschließlich der Nachbarn (Anrainer) sowie der Trinkwasserwirtschaft gegen die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln vor (Art. 64 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 des Verordnungsentwurfs). Auch wenn diesbezüglich keine Begründung der Bestimmung vorliegt, kann dem Entwurf systematisch doch entnommen werden, dass der Kreis möglicher Antragsteller sowohl lokal als auch inhaltlich stark begrenzt war. Auf Betreiben des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments (***I Bericht, A6-0359/2007, Änderungsantrag 216, S. 117) sollte der Kreis der Anspruchsinhaber dagegen (umfassend) um Einzelhändler und Großhändler erweitert werden, damit Rückverfolgbarkeitsanforderungen besser umgesetzt und Rückstandsanalysen im Rahmen der Qualitätsprüfung verbessert werden könnten. Die schlussendlich erlassene Bestimmung des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO ging auf den Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 15.09.2008 zurück, der den Anspruch nicht unmittelbar gegen die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln, sondern gegen die Kontrollbehörde gerichtet wissen und – quasi als Ausgleich hierzu – den Kreis der Antragsteller mit dem Begriff des „Dritten wie beispielsweise der Trinkwasserwirtschaft“ weit fassen wollte (CS/2008/11119 = 11119/8/08 REV 8). Auf erneutes Insistieren des Europäischen Parlaments (Ausschussdokument A6/2008/444) wurde das vom Rat allein als ausreichend angesehene Regelbeispiel der Trinkwasserwirtschaft schlussendlich um die Anrainer (Nachbarn) sowie die Einzelhändler ergänzt (Stellungnahme des Parlaments in 2. Lesung, TA/2009/11/P6) und sowohl von der Kommission (COM/2009/145/FINAL) als auch vom Rat (CS/2009/13394) im Ergebnis gebilligt. |
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| Die schlussendlich im Verordnungstext aufgenommenen drei Regelbeispiele lassen angesichts der Gesetzgebungshistorie daher eher darauf schließen, dass sie klarstellender Natur sind und eher nicht darauf, dass „Dritte“ nur solche Antragsteller sein können, die eine besondere individuelle Betroffenheit aufweisen. Hierfür dürfte auch die binnensystematische Analyse der drei Regelbeispiele selbst streiten: Während man der Argumentation des Beklagten hinsichtlich der beiden Regelbeispiele der Anrainer und der Trinkwasserwirtschaft, deren Interesse an Informationen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Tat stark lokal begrenzt sein dürfte, noch folgen können dürfte, lässt sich diese Argumentation hinsichtlich der Fallgruppe der Einzelhändler schwerlich in gleicher Weise aufrechterhalten. Denn das mit der Aufnahme der Einzelhändler in den Katalog der Regelbeispiele verfolgte Interesse (Lebensmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit) ist produktbezogen und damit gänzlich anderer Art als das Interesse der anderen beiden Regelbeispiele. Der Kreis möglicher Antragsteller, die sich auf die Fallgruppe der Einzelhändler berufen könnte, ist auch anders als jener der Anrainer sowie der Trinkwasserwirtschaft denkbar groß. Angesichts der diversifizierten Produktketten dürfte auch schwerlich anzunehmen sein, dass dem Kreis der Einzelhändler eine besondere individuelle Betroffenheit innewohnt, die ihn von anderen möglichen Antragstellern signifikant abhebt. |
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| Etwas Anderes dürfte sich weiter nicht daraus ergeben, dass den drei Regelbeispielen gemein ist, dass die dort genannten Antragsteller von dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – auf welche Art und Weise auch immer – subjektiv betroffen sind, wohingegen der Kläger „nur“ geltend machen kann, als Sachwalter der Umwelt aufzutreten und insoweit keine eigenen subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen geltend macht. Jedenfalls spricht vieles dafür, dass das das vom Kläger geltend gemachte Interesse gegenüber den normativ typisierten Interessen der Regelbeispiele als gleichwertig anzusehen ist. Wie bereits dargelegt, streiten die Erwägungsgründe Nr. 41 und 44 EU-Pflanzenschutz-VO dafür, das Interesse am Informationszugang bzgl. der Aufzeichnungen der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln weit zu verstehen. Aus diesem Grund erscheint es naheliegend, dass insbesondere anerkannte Naturschutzverbände ein berechtigtes Interesse daran haben, zu wissen, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Nicht zuletzt die politische (vgl. etwa die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24.10.2017 zu dem Entwurf einer Durchführungsverordnung der Kommission zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 (D053565-01 — 2017/2904(RSP)), die rechtliche (vgl. exemplarisch die Durchführungsverordnung (EU) 2016/1313; Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324; Urteil des Europäische Gerichtshofs vom 01.10.2019, Rechtssache C-616/17 – Strafverfahren gegen Mathieu Blaise u. a.; Urteil des Gerichts vom 07.03.2019, Rechtssache T-716/14 – Antony C. Tweedale gegen Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) als auch die biologische (etwa https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/20180131_BfN-Papier_Glyphosat.pdf) Diskussion um die Zulassung (und Verlängerung) des Pflanzenschutzmittels Glyphosat, die auf der Grundlage gerade der EU-Pflanzenschutz-VO erfolgte, streitet eher dafür, dass anerkannte Naturschutzverbände wie der Kläger ein nachhaltiges (berechtigtes tatsächliches) Interesse an dem begehrten Informationszugang haben. |
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| Schließlich erscheint die Argumentation des beklagten Landes fernliegend, wonach aus der Formulierung, dass die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln die einschlägigen Informationen in diesen Aufzeichnungen lediglich „auf Anfrage“ der zuständigen Behörde zur Verfügung stellen, abzuleiten sei, dass insoweit kein genereller Anspruch auf Informationsübermittlung bestehe. Die Formulierung „auf Anfrage“ dürfte nämlich nichts daran ändern, dass eine Verpflichtung der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln besteht, die von ihnen vorzuhaltenden Aufzeichnungen der zuständigen Behörde zur Verfügung zu stellen. Die Formulierung dürfte vielmehr im Sinne einer Klarstellung so zu verstehen sein, dass eine Verpflichtung der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln zur Bereitstellung der Aufzeichnungen nicht proaktiv, sondern nur reaktiv im Falle der Anforderung durch die zuständige Behörde besteht. Mit dieser reaktiven Bereitstellungspflicht korrespondiert der Anspruch auf Zugang zu diesen Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO. Damit erscheint auch klar, dass Gegenstand des Informationsanspruchs nicht nur die Aufzeichnungen sind, die der zuständigen Behörde auf Anfrage bereits zur Verfügung gestellt wurden, sondern dass mit „diesen Informationen“ i. S. d. Art. 76 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO jene im Sinne des Art. 76 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO gemeint sind (also die von den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln bereitgehaltenen Aufzeichnungen). Andernfalls liefe der Informationsanspruch weitgehend ins Leere, weil er davon abhängig wäre, wie oft und wie umfangreich die Behörde die Aufzeichnungen der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Einzelfall kontrolliert. Insoweit dürfte legistisch nichts anderes gelten als auf nationaler Ebene hinsichtlich des Bereithaltens der fraglichen Aufzeichnungen i. S. d. § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG bzw. bei § 11 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 PflSchG. |
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| Bei den vom Kläger begehrten Aufzeichnungen handelt es sich auch fraglos um solche im Sinne von Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO. Unschädlich für das Bestehen des Anspruchs dürfte auch sein, dass der Anspruch auf Informationszugang gemäß Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO als „kann“-Vorschrift ausgestaltet ist. Denn mit der Formulierung „können“ dürfte keine Ermessensentscheidung seitens der zuständigen Behörde verbunden sein; die Formulierung „können“ dürfte vielmehr im Sinne einer Anspruchsberechtigung der „Dritten“ zu verstehen sein, denn das Verb „können“ adressiert nicht die zuständige Behörde, sondern die (anspruchsberechtigten) Dritten. Auch die Gesetzgebungshistorie spricht gegen die Annahme einer Ermessensentscheidung und für eine gebundene Entscheidung seitens der zuständigen Behörde. Denn der ursprüngliche Kommissionsentwurf (COM (2006) 0388) sah in Art. 64 Abs. 1 UAbs. 2 einen unbedingten, direkten Informationszugang („Außerdem halten sie diese Informationen bereit für den Fall, dass Nachbarn oder die Trinkwasserwirtschaft Zugang dazu fordern“) vor. Es ist nicht anzunehmen, dass mit der Umstellung des Informationszugangs gegenüber der zuständigen Behörde anstelle der direkten Verpflichtung auf Zugänglichmachung durch die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln eine hiervon abweichende Regelung beabsichtigt war. Von Bedeutung erscheint insoweit auch, dass von der Ermächtigung zum Erlass von Durchführungsbestimmungen i. S. d. Art. 67 Abs. 4, 1 EU-Pflanzenschutz-VO bislang (soweit ersichtlich) kein Gebrauch gemacht wurde, sodass wohl auch die EU davon ausgeht, dass ein weiterer Harmonisierungsbedarf hinsichtlich des Informationszugangs und der Überwachungstätigkeiten nicht besteht (einzig die Verordnung (EG) Nr. 1185/2009, welche Statistiken zu Pestiziden betrifft, nimmt mittelbar auf die gem. Art. 67 Abs. 2 und 3 EU-Pflanzenschutz-VO bestehenden Datenübermittlungspflichten der Hersteller, Zulassungsinhaber und Verwender von Pestiziden Bezug, ohne diesbezüglich weitergehende Anforderungen aufzustellen, vgl. dort Art. 3 Abs. 1). |
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| Mangels Entscheidungserheblichkeit offen bleiben kann auch, ob sich der geltend gemachte Anspruch darüber hinaus auch aus § 11 Abs. 3 PflSchG ergibt. Danach kann die zuständige Behörde auf Antrag bei Vorliegen eines berechtigten Interesses und unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Aufzeichnenden im Einzelfall Auskunft über die Aufzeichnungen geben. |
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| Was als berechtigtes Interesse zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht. Die insoweit verfügbare Kommentarliteratur (Erbs/Kohlhaas/Metzger, 227. EL November 2019, PflSchG § 11 Rn. 4) zieht eine Parallele etwa zu § 12 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO). Ob dies angezeigt ist, erscheint angesichts der divergierenden Sachverhalte (rein grundstücksbezogene Betrachtung bei § 12 Abs. 1 GBO; produkt-/sachbezogene Betrachtung bei § 11 Abs. 3 PflSchG) fraglich. Selbst bei einer engen, an § 12 Abs. 1 GBO orientierten Interpretation des berechtigten Interesses i. S. d. § 11 Abs. 3 PflSchG dürfte aber Überwiegendes dafür sprechen, dass das Interesse des Klägers an der Zugänglichmachung der fraglichen Aufzeichnungen als berechtigtes Interesse einzustufen ist. Ein berechtigtes Interesse i. S. v. § 12 GBO kann rechtlicher, wirtschaftlicher, tatsächlicher, öffentlicher oder wissenschaftlicher Natur sein (BeckOK GBO/Wilsch, 37. Ed. 15.12.2019, GBO § 12 Rn. 3). Vorliegend macht der Kläger Belange geltend, die fraglos öffentlicher und wissenschaftlicher Natur sind. Denn der Kläger will aus den Aufzeichnungen eine Statistik darüber ableiten, wie umfangreich der Einsatz von Pestiziden im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ durch Landwirte ist, um diese Daten (anonymisiert) publik zu machen und hiermit zugleich wissenschaftlich belegen zu können, dass der Pestizideinsatz eine wesentliche Ursache für den Artenrückgang (insbesondere das Insektensterben) in Naturschutzgebieten bzw. allgemein ist. Dass – wie der Beklagte einwendet – dieser Kausalzusammenhang bislang nicht wissenschaftlich belegt ist, kann nicht zum Ausschluss des diesbezüglich berechtigten Interesses führen. Denn andernfalls würde die Fortentwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisgrundlage in diesem Bereich schon grundsätzlich verhindert. Dass ein solcher Kausalzusammenhang im Raume steht, ist auch ohne fundierte wissenschaftliche Kenntnisse im biologischen Bereich plausibel: Das fragliche Naturschutzgebiet „Kalkofen“ wurde vom Kläger ausweislich der Einlassungen in der mündlichen Verhandlung gerade auch deshalb ausgewählt, weil dessen Schutzzweck unter anderem die Erhaltung, Sicherung und Entwicklung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen aus Anhang I der FFH-Richtlinie, insbesondere der Lebensraumtypen Naturnahe Kalk-Trockenrasen (Code 6210) und Magere Flachland-Mähwiesen (Code 6510) sowie die Erhaltung und Entwicklung der im Gebiet vorkommenden Populationen der Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie ist (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Kalkofen_(Naturschutzgebiet,_Enzkreis) und hier das Insektensterben besonders virulent ist. Auch diese Annahme erscheint plausibel. |
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| Dass der Kläger – wie der Beklagte argumentiert – kein subjektiv(-öffentlich)es Recht bzw. eine eigene Betroffenheit geltend machen kann, weil er vorliegend als „Sachwalter der Umwelt“ auftrete, dürfte am Bestehen seines berechtigten Interesses auch im Hinblick auf § 11 Abs. 3 PflSchG nichts ändern. Denn eine derartige Verengung des Begriffes des berechtigten Interesses dürfte – selbst bei Heranziehung der Auslegung zu § 12 Abs. 1 GBO – nicht angezeigt sein (s. o.). Dem steht – anders als der Beklagte meint – nicht entgegen, dass Verbandsbefugnisse anerkannter Umweltvereinigungen bislang auf enumerativ benannte Mitwirkungsrechte (insbesondere bei Rechtsetzungs- und Planungsverfahren mit Umweltbezug, vgl. § 63 BNatSchG, § 49 NatSchG BW) beschränkt sind. Denn die in Bezug genommenen Mitwirkungsrechte sind verfahrensrechtlicher Natur und betreffen konkrete Rechtsetzungs- oder Planungsverfahren, nicht hingegen (wie hier) einen materiellen Informationszugangsanspruch. Auch im Umweltinformationsrecht, dem § 11 Abs. 3 PflSchG im weiteren Sinne zuzurechnen ist, ist die Antragsbefugnis von Umweltvereinigungen fraglos anerkannt (vgl. zu § 3 UIG BeckOK InfoMedienR/Karg, 26. Ed. 1.11.2019, UIG § 3 Rn. 6, 13-15.1). |
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| Offen erscheint der Kammer hingegen, ob der vom Beklagten erhobene Einwand, der Anspruch aus § 11 Abs. 3 PflSchG bestehe nur „im Einzelfall“ und ein solcher liege hier nicht vor, dem Anspruch entgegensteht. Die Formulierung ließe sich – mit dem Beklagten – zwanglos so verstehen, dass ein „Einzelfall“ voraussetzt, dass Aufzeichnungen (nur) eines konkreten, namentlich bezeichneten Aufzeichnenden herausverlangt werden. Dem entspricht der klägerische Antrag ersichtlich nicht, denn er verlangt die Herausgabe der Aufzeichnungen flächenbezogen bezüglicher aller Aufzeichnenden im Naturschutzgebiet „Kalkofen“. Bei einem weiten Begriffsverständnis des einschränkenden Tatbestandsmerkmals des „Einzelfalles“ ließe sich die vorliegende Fallkonstellation aber auch hierunter noch subsumieren, denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sich der Anspruch tatsächlich lediglich auf wenige (angeblich zwei) berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ bezieht. Für eine einschränkende Auslegung mag sprechen, dass der Wortlaut des § 11 Abs. 3 PflSchG explizit den „Aufzeichnenden“ adressiert und dies implizit erfordert, dass dieser bekannt ist. Zwingend erscheint eine solche Auslegung aber nicht, denn die Formulierung des „Aufzeichnenden“ bezieht sich legistisch auf dessen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und nicht auf den anspruchsauslösenden Antrag. |
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| Die Berufung ist gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Nach Auffassung der Kammer hat die Frage der Reichweite des Bereithaltens von Umweltinformationen i. S. d. Art. 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG grundsätzliche Bedeutung. |
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| Die Klage ist zulässig. Sie richtet sich nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegen das Land Baden-Württemberg als Rechtsträger derjenigen Behörde (hier das Landratsamt Enzkreis, vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 LKrO), die den beantragten Verwaltungsakt abgelehnt hat, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. hierzu Schoch/Schneider/Bier/Meissner/Schenk, 37. EL Juli 2019, VwGO § 78 Rn. 45). Hiervon ausgehend ist das Landratsamt Enzkreis auch die im gerichtlichen Verfahren „richtige“ vertretungsbefugte Behörde, da es den ablehnenden Bescheid erlassen hat. Ob das Landratsamt zugleich dafür zuständig und damit passivlegitimiert ist, für das beklagte Land den geltend gemachten Anspruch im Falle einer Verurteilung zu erfüllen, ist für die passive Prozessführungsbefugnis (des Landes) nicht von Belang. |
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| Die Klage ist auch im Hauptantrag begründet. |
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| Der Kläger hat einen Anspruch gegen das beklagte Land auf Überlassung der begehrten Aufzeichnungen der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Naturschutzgebiet „Kalkofen“. Der Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 26.02.2018 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.2018 sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5, 1 VwGO. |
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| Zwischen den Beteiligten ist nach der durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht mehr streitig, dass das beklagte Land für die Erfüllung des streitgegenständlichen Informationsanspruchs passivlegitimiert ist. Nach derzeit geltender Rechtslage sind die Regierungspräsidien zuständig für die Überwachung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, § 59 Abs. 2 Nr. 8 PflSchG, § 9 Abs. 3 Landwirtschafts-Zuständigkeitsverordnung (Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über Zuständigkeiten in den Bereichen Markt und Ernährung, landwirtschaftliche Beratung, Tierzucht und anderen Bereichen vom 4. Februar 2010). Damit dürfte das Regierungspräsidium Karlsruhe derzeit verpflichtet sein, den klägerischen Anspruch zu erfüllen. Selbst wenn zukünftig die Zuständigkeit – wie es wohl ausweislich der Äußerung des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung durch Änderung der Landwirtschafts-Zuständigkeitsverordnung beabsichtigt sein könnte – auf die unteren Verwaltungsbehörden und damit vorliegend auf das Landratsamt Enzkreis übertragen werden sollte, würde dies an der Passivlegitimation des beklagten Landes nichts ändern, weil Rechtsträger der anspruchsverpflichteten Behörde in jedem Falle das beklagte Land bliebe. Damit kann aber auch das beklagte Land das Rechtschutzbegehren des Klägers erfüllen. |
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| Der Anspruch des Klägers auf Überlassung der von den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln vorgehaltenen Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 EU-Pflanzenschutz-VO ergibt sich vorliegend jedenfalls aus § 23 Abs. 4, § 24 UVwG (dazu 2.), sodass offenbleiben kann, ob sich der Anspruch darüber hinaus auch aus Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO (dazu 3.) sowie aus § 11 Abs. 3 PflSchG (dazu 4.) ergibt. |
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| Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG hat jede Person nach Maßgabe des Umweltverwaltungsgesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne von § 23 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Nach § 23 Abs. 4 UVwG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden. Ein Bereithalten liegt vor, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle im Sinne von Absatz 1 aufbewahrt, auf die diese Stelle einen Übermittlungsanspruch hat. |
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| Der Anwendungsbereich der §§ 22 ff. UVwG ist vorliegend nicht gesperrt. Eine dem § 1 Abs. 3 IFG vergleichbare „Subsidiaritätsklausel“ besteht im Umweltinformationszugangsrecht nicht, auch nicht in § 22 Abs. 1 Satz 2 UVwG (vgl. HK-IZR BW/Anja Hentschel, 1. Aufl. 2017, UVwG § 24 Rn. 21 ff.; zum inhaltsgleichen § 3 Abs. 1 Satz 2 UIG Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 91. EL September 2019, UIG § 3 Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 15/3406, S. 15). |
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| Der Anwendungsbereich der §§ 22 ff. UVwG ist vorliegend eröffnet, denn die fraglichen Aufzeichnungen gem. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO, zu denen der Kläger Zugang begehrt, sind fraglos Umweltinformationen i. S. d. § 23 Abs. 3 UVwG. Dies stellt der Beklagte auch nicht in Abrede. |
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| Die zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage, ob das Regierungspräsidium Karlsruhe (bzw. allgemein das beklagte Land) anspruchsverpflichtete Stelle ist, ist im Sinne des Klägers zu entscheiden. Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist informationspflichtige Stelle i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UVwG. Zwar verfügt das Regierungspräsidium Karlsruhe (bzw. das beklagte Land) nicht über die begehrten Aufzeichnungen i. S. d. § 23 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 UVwG. Die Aufzeichnungen werden aber durch die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln für den Beklagten bereitgehalten, § 23 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 UVwG. Bei den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln (im fraglichen Naturschutzgebiet „Kalkofen“) handelt es sich – davon gehen die Beteiligten mittlerweile übereinstimmend aus – um natürliche oder juristische Personen, die selbst nicht informationspflichtige Stellen sind. |
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| Zwischen den Beteiligten ist hingegen streitig, ob die vorliegende Konstellation des Art. 67 Abs. 1, 2 EU-Pflanzenschutz-VO vom Regelungsbereich des § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG erfasst wird. Dies ist zu bejahen. Die Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG ist parallel ausgestaltet wie § 2 Abs. 4 Satz 2 UIG. Dieser wiederum dient der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie (EG) Nr. 4/2003, deren Art. 2 Nr. 4 den Begriff des Bereithaltens dahingehend definiert, dass „für eine Behörde bereitgehaltene Informationen Umweltinformationen [sind], die materiell von einer natürlichen oder juristischen Person für eine Behörde bereitgehalten werden“. Aus dieser Definition lässt sich wenig für die Auslegung des Begriffes des Bereithaltens ableiten. Auch die Entstehungsgeschichte der Umweltinformationsrichtlinie gibt für die weitere Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UIG (soweit ersichtlich) nichts her. Instruktiv ist hingegen die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 4 UIG (BT-Drs. 15/3406), die auch zur Auslegung des § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG herangezogen werden kann. Zum Begriff des Bereithaltens hat die Bundesregierung im Gesetzesentwurf ausgeführt: „Dadurch soll der zunehmenden Verpflichtung von Unternehmen zur Selbstüberwachung Rechnung getragen werden. Denn im Rahmen dieser Selbstüberwachung werden immer häufiger Umweltinformationen in den Unternehmen selbst aufbewahrt, die vormals von den zuständigen Stellen der öffentlichen Verwaltung im Rahmen der Überwachung erhoben wurden und auch bei diesen aufbewahrt und damit unmittelbar vorhanden waren... Zur weiteren Klarstellung wird auch der Begriff des „Bereithalten“ näher definiert. Danach sind nicht nur die Fälle erfasst, bei denen sich die informationspflichtige Stelle Dritter, die selbst keine informationspflichtigen Stellen sind, zur Aufbewahrung von Umweltinformationen bedient, sondern insbesondere Fälle, in denen Unternehmen aufgrund einer speziellen Rechtsvorschrift oder eines Verwaltungsaktes Messberichte oder andere Umweltinformationen für einen bestimmten Zeitraum für die informationspflichtigen Stellen aufbewahren und auf entsprechende Anforderung herauszugeben haben. Nicht erfasst werden dagegen Fälle, in denen die beantragte Umweltinformation erst aufgrund einer Aufsichtsmaßnahme für die Stelle der öffentlichen Verwaltung erstellt oder an die Stelle herausgegeben werden müsste.“ |
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| Die Kammer erachtet die mit der Gesetzesbegründung verfolgte Zielsetzung der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Umweltinformationsgesetzes auch im Anwendungsbereich des Umweltverwaltungsgesetzes in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation für einschlägig: Berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln sind aufgrund von Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO verpflichtet, die entsprechenden Aufzeichnungen über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zu führen und gem. Art 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 EU-Pflanzenschutz-VO der zuständigen Behörde zur Verfügung zu stellen. Damit ist die „klassische“ Konstellation des „Outsourcings“ von Verwaltungskontrolltätigkeit in Gestalt der Selbstüberwachung mit Überwachungsbefugnis der Kontrollbehörde (vgl. Schrader, in: Schlacke/Schrader/Bunge, Aarhus-Handbuch, § 1 Rn. 70) betroffen: Die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln dokumentieren und überwachen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln selbst, weil die zuständige Kontrollbehörde aufgrund von Kapazitätszwängen hierzu nicht vollumfassend in der Lage ist. Sie kontrolliert die Betreffenden stichprobenartig auf Anfrage und verfügt insoweit über einen Übermittlungsanspruch hinsichtlich der einschlägigen Aufzeichnungen (in diesem Sinne auch BVerwG, Beschluss vom 01.11.2007 - 7 B 37.07 - juris Rn. 20 = NVwZ 2008, 80). |
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| Auch die in der einschlägigen Kommentarliteratur angegebenen Beispiele für einen Fall des Bereithaltens (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG i. V. m. §§ 18 ff. 13. BImSchV, §§ 14 ff. 17. BImSchV, § 31 BImSchG, §§ 62 ff. WHG; § 47 Abs. 4 KrWG, vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 90. EL Juni 2019, UIG § 2 Rn. 54) sind mit der vorliegenden Konstellation weitgehend vergleichbar. Unter den genannten Fallbeispielen finden sich zwar auch solche, bei denen – anders als i. R. v. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 EU-Pflanzenschutz-VO – eine proaktive Datenbereitstellungs-/Übermittlungspflicht seitens der Anlagenbetreiber zugunsten der zuständigen Kontrollbehörde besteht. Zugleich finden sich aber auch Vorschriften (namentlich § 31 Abs. 2 BImSchG, § 47 Abs. 4 KrWG), bei denen die Übermittlung davon abhängig ist, dass die zuständige Kontrollbehörde (wie hier) die entsprechenden Daten selbst aktiv anfragt. Damit erscheint klar, dass der erforderliche Übermittlungsanspruch nicht voraussetzt, dass der Betroffene proaktiv und in gewisser Regelmäßigkeit dazu verpflichtet ist, die zur Selbstüberwachung vorgehaltenen Aufzeichnungen an die zuständige Behörde zu übermitteln, sondern dass es vielmehr genügt, dass die zuständige Behörde im Einzelfall die Befugnis hat, die entsprechenden Aufzeichnungen abzufragen. Andernfalls liefe – in teleologischer Hinsicht – die Fallkonstellation des Bereithaltens auch weitgehend ins Leere. Denn wenn eine aktive Übermittlungspflicht besteht, verfügt die Behörde über die entsprechenden Aufzeichnungen bereits i. S. d. § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG (bzw. § 23 Abs. 4 Satz 1 UVwG), sobald die Daten übermittelt wurden, sodass es der Fallgruppe des Bereithaltens gar nicht mehr bedürfte bzw. diese allenfalls zu einer Vorverlagerung der Anspruchsberechtigung auf Daten, die noch beim Betroffenen, nicht aber bereits bei der zuständigen Behörde vorliegen, führte. |
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| Dem grundsätzlich gegebenen Anspruch stehen keine Gegenrechte i. S. d. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 3 UVwG entgegen. Denn der Kläger begehrt die Aufzeichnungen ausweislich seines Klageantrags anonymisiert, sodass weder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Aufzeichnenden noch dessen personenbezogene Daten tangiert sind. Davon gehen die Beteiligten nach durchgeführter mündlicher Verhandlung mittlerweile übereinstimmend aus. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürften diese dem Anspruch auf Zugänglichmachung der betreffenden Aufzeichnungen nicht entgegengehalten werden. Denn bei dem Anspruchsgegenstand handelt es sich um Umweltinformationen über Emissionen i. S. d. § 29 Abs. 1 Satz 2 UVwG (vgl. EuGH, Urteil vom 23.11.2016 - C-442/14 - juris Rn. 50 ff., 72, 82 ff., 104 ff.; NdsOVG, Beschluss vom 24.03.2016 - 2 LB 69/15 - juris Rn. 6 = ZUR 2016, 362; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.03.2017 - 10 S 413/15 - juris Rn. 51), weshalb eine Berufung auf § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 UVwG von vornherein ausscheidet. Denn die Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung stets zugunsten des Interesses am Informationszugang aus. |
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| Der Anspruch aus § 23 Abs. 4 i. V. m. § 24 UVwG ist gebundener Natur, d. h. der Behörde steht im Rahmen der Entscheidung über den Anspruch kein Ermessen zu. Ein solches besteht ansatzweise nur hinsichtlich der Art des Informationszugangs (§ 24 Abs. 2 Satz 2, 3 UVwG). Vorliegend hat der Beklagte aber keine Umstände benannt, die der begehrten Art des Informationszugangs entgegenstehen könnten. Ein „Rest“ an Ermessensbetätigung seitens des Beklagten besteht mithin nicht (mehr). Ohnehin hat der Kläger klargestellt (s. o.), dass es ihm nicht auf eine bestimmte Art des Informationszugangs ankommt, er insoweit auf die Belange des Beklagten und einen diesbezüglichen Verwaltungsaufwand oder Opportunitätsgesichtspunkte Rücksicht zu nehmen gedenkt. |
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| Dass der Kläger die Aufzeichnungen anonymisiert begehrt, steht der Begründetheit seines Anspruchsbegehrens (umgekehrt) ebenfalls nicht entgegen. Zwar ist es ein allgemeiner Grundsatz des Informationsverwaltungsrechts, dass Gegenstand des Informationszugangs nur Aufzeichnungen/Informationen/Daten in der Form sein können, wie sie bei der informationspflichtigen Stelle vorliegen, diese mithin keine Aufbereitungspflicht trifft (vgl. Rossi, NVwZ 2013, 1263 (1265); Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 36). Im Rahmen der erforderlichen Anonymisierung besteht jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz (vgl. etwa § 7 Abs. 2 IFG, hierzu Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 7 Rn. 92-94). |
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| Schließlich scheitert der Anspruch nicht daran, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkret feststeht, wer die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ sind. Diese müssen von dem Beklagten als der informationspflichtigen Stelle ermittelt werden. Zwar gilt auch insoweit, dass eine Informationsbeschaffungspflicht nicht besteht (vgl. etwa § 4 Abs. 2 Satz 2 VIG; aus dem Schrifttum allgemein Rossi, a. a. O. 1265; Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 36 m. w. N.). Im Falle der Konstellation des Bereithaltens, bei der die Aufzeichnungen bei der informationspflichtigen Stelle nicht physisch vorhanden sind, muss der Zugangsanspruch jedoch um einen Beschaffungsanspruch ergänzt werden (so für § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG auch Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 38). Dieser Beschaffungsanspruch ist seinerseits aber nicht grenzenlos. Er bezieht sich einerseits nur auf die bei den nicht informationspflichtigen Dritten (berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln) vorhandenen Informationen und außerdem nur auf diejenige Form, in der sie dort vorhanden sind (vorliegend etwa in Gestalt der Schlagkartei oder handschriftlicher Aufzeichnungen). Beachtlich ist insoweit zwar § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG, wonach die Aufzeichnungen nach Artikel 67 Absatz 1 Satz 1 oder 2 EU-Pflanzenschutz-VO elektronisch oder schriftlich geführt werden können. Einen Anspruch darauf, dass die Aufzeichnungen auch tatsächlich in dieser Form bereitgestellt werden oder gar aufbereitet werden, hat der Kläger hingegen nicht (vgl. Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 39). Schließlich dürfen von dem Beklagten keine für diesen unzumutbare Anstrengungen zur Ermittlung der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln verlangt werden. Sofern der Beklagte (etwa durch Mitteilung im Gemeinsamen Antrag, https://foerderung.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Gemeinsamer+Antrag) Kenntnis davon hat, dass Landwirte oder andere Bewirtschafter von landwirtschaftlichen Flächen, die der Kläger mit seinem Klageantrag allein in Bezug genommen hat, Pflanzenschutzmittel einsetzen, ist er zur Beschaffung von deren Aufzeichnungen i. S. v. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO (nötigenfalls mittels Durchsetzung per Verwaltungsakt, für den mit Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 EU-Pflanzenschutz-VO die erforderliche Rechtsgrundlage bestehen dürfte) verpflichtet. Den Beklagten trifft demgegenüber keine aktive Suchpflicht dahingehend, etwa durch Felduntersuchungen oder Vor-Ort-Kontrollen von Betrieben Nachforschungen anzustellen, ob die entsprechenden Betriebe Pflanzenschutzmittel einsetzen. Derartiges vom Beklagten zu verlangen würde die Anforderungen an die Beschaffungspflicht im Rahmen der Bereithaltenskonstellation aus Sicht der Kammer zu stark ausweiten. |
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| Nach alledem ergibt sich der klägerische Anspruch auf Informationszugang jedenfalls aus § 23 Abs. 4 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG. |
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| Offen bleiben kann daher, ob sich der Anspruch zugleich aus Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO oder aus § 11 Abs. 3 PflSchG ergibt. Mangels Entscheidungserheblichkeit kann die Kammer diese zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage im Ergebnis unentschieden lassen. Die Kammer sieht sich angesichts weiterer, bei den Verwaltungsgerichten anhängiger, weitgehend paralleler Klagen diesbezüglich aber noch zu folgenden Erwägungen veranlasst: |
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| Nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO können Dritte wie beispielsweise die Trinkwasserwirtschaft, Einzelhändler oder Anrainer bei der zuständigen Behörde um Zugang zu Informationen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO (Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, der Zeitpunkt der Verwendung, die verwendete Menge, die behandelte Fläche und die Kulturpflanze, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde) ersuchen. |
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| Es spricht manches dafür, dass sich aus der fraglichen Bestimmung ein Rechtsanspruch des Klägers auf Zugang zu diesen Informationen im Sinne eines einklagbaren subjektiv-öffentlichen Rechts ableiten lässt. Bei der EU-Pflanzenschutz-VO dürfte es sich – jedenfalls bezüglich der hier streitgegenständlichen Konstellation des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 – nicht um eine sog. hinkende Verordnung handeln, deren unmittelbare Geltung in jedem Mitgliedstaat von dem Erlass von (die jeweilige Verordnung konkretisierenden) Durchführungsbestimmungen abhängig wäre (sog. Komitologie, Art. 291 AEUV). Zwar besteht eine solche „Öffnungsklausel“ i. R. v. Art. 67 Abs. 4 EU-Pflanzenschutz-VO auch für dessen Absatz 1. Die Ermächtigung in Art. 67 Abs. 4 EU-Pflanzenschutz-VO zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen statuiert allerdings voraussichtlich keinen Ausgestaltungsvorbehalt dahingehend, dass die Regelung in Art. 67 Abs. 1 EU-Pflanzenschutz-VO von dem Erlass entsprechender, den Sekundärrechtsakt konkretisierender tertiärrechtlicher Durchführungsbestimmungen abhängig wäre. Vielmehr sollen die Durchführungsmaßnahmen lediglich zur „Sicherstellung der einheitlichen Anwendung der Abs. 1-3 erlassen werden“ (können). Aus Art. 67 Abs. 4 EU-Pflanzenschutz-VO kann mithin schwerlich geschlossen werden, dass die grundsätzlich bestehende unmittelbare Geltung und Wirkung der Verordnung (Art. 288 Abs. 2 AUEV) vorliegend ausnahmsweise unter dem Vorbehalt der näheren Ausgestaltung durch tertiärrechtliche Durchführungsmaßnahmen stünde. Auch und gerade der von dem Beklagten für seine Argumentation angeführte Erwägungsgrund Nr. 41 der EU-Pflanzenschutz-VO, wonach es angebracht ist, klarzustellen, unter welchen Bedingungen der Zugang zu den in den Dokumenten, die sich im Besitz der genannten Stellen befinden, enthaltenen Informationen möglich ist und wie die Vertraulichkeit dieser Dokumente geregelt ist, spricht eher dafür, dass (bereits) mit dieser Verordnung (und nicht erst durch entsprechende Durchführungsbestimmungen) verbindlich und abschließend klargestellt werden sollte, unter welchen Bedingungen der Zugang zu den in den Dokumenten, die sich im Besitz der genannten Stellen befinden, enthaltenen Informationen möglich ist und wie die Vertraulichkeit dieser Dokumente geregelt ist. |
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| Auch der vom beklagten Land für seine Argumentation angeführte Art. 67 Abs. 1 UAbs. 3 EU-Pflanzenschutz-VO spricht in diesem Zusammenhang nicht für ein solches Verständnis der EU-Pflanzenschutz-VO (bzw. von dessen Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2) als sog. hinkende Verordnung. Denn dieser betrifft die (proaktive) Zugänglichmachung der entsprechenden Aufzeichnungen (etwa nach Art. 7 Umweltinformationsrichtlinie (EG) Nr. 4/2003; § 10 UIG; § 30 UVwG), die kategorial von dem reaktiven, antragsgebundenen Informationszugang nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 EU-Pflanzenschutz-VO zu unterscheiden ist. Auch systematisch spricht wenig dafür, dass Art. 67 Abs. 1 UAbs. 3 EU-Pflanzenschutz-VO zur Auslegung des UAbs. 2 herangezogen werden könnte. Denn beide Unterabsätze sind legistisch strikt voneinander getrennt. |
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| Der Kläger wäre auch anspruchsberechtigt i. S. d. Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO. Er ist bei unbefangenem Wortlautverständnis fraglos Dritter. Dass er hingegen keinem der aufgeführten Regelbeispiele (Anrainer, Trinkwasserwirtschaft, Einzelhändler) unterfällt, dürfte demgegenüber nicht von Belang sein. Denn ausweislich des klaren Wortlauts handelt es sich bei diesen drei Fallgruppen um Regelbeispiele und nicht um eine abschließende Aufzählung berechtigter Antragsteller. Die vom beklagten Land unternommene Argumentation, den Begriff des Dritten durch die Regelbeispiele einschränkend dahingehend auszulegen, dass Dritte nur solche sein können, die von dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln lokal oder subjektiv besonders betroffen sind, erscheint zumindest nicht zwingend. |
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| Sie ließe sich methodisch nur dadurch bewirken, dass durch die Auslegung der Regelbeispiele ein ungeschriebenes zusätzliches Tatbestandsmerkmal eines berechtigten Interesses generiert würde, wie es § 11 Abs. 3 PflSchG statuiert. Dessen Regelungsinhalt lässt sich zur Auslegung der unionalen Bestimmung des Art. 67 EU-Pflanzenschutz-VO angesichts des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (vgl. Calliess/Ruffert/Ruffert, 5. Aufl. 2016, AEUV Art. 1 Rn. 18) aber schwerlich heranziehen. Der Wortlaut des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO spricht für sich genommen gegen ein solches methodisches Vorgehen, denn er verlangt gerade nicht das Bestehen eines berechtigten Interesses. Auch der Erwägungsgrund Nr. 41 EU-Pflanzenschutz-VO spricht hiergegen (s. o.). Selbiges gilt für den Erwägungsgrund Nr. 44, wonach Bestimmungen zur Führung von Aufzeichnungen und zur Information über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln festgelegt werden sollen, um das Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt durch die Rückverfolgbarkeit einer möglichen Exposition zu erhöhen, die Effizienz der Überwachung und Kontrolle zu steigern und die Kosten für die Überwachung der Wasserqualität zu verringern. Dieser stellt – mit der Bezugnahme auf das „Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt durch die Rückverfolgbarkeit einer möglichen Exposition“ – den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in einen sehr weiten Sinnzusammenhang. Mit diesem Sinnzusammenhang ist unschwer in Einklang zu bringen, dass auch ein anerkannter Naturschutzverband, dessen Aufgabe in der Wahrung des Umweltschutzes (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG) besteht, ein „berechtigtes Interesse“ an der Kenntnis des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln hat (ohne dass ein solches normativ zu fordern wäre). Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass bei Erlass und während des Rechtsetzungsverfahrens der EU-Pflanzenschutz-VO sicher nicht vordergründig anerkannte Umweltverbände als mögliche Antragsteller in den Blick genommen worden sein dürften. |
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| Auch die Gesetzgebungshistorie zur EU-Pflanzenschutz-VO spricht nicht explizit für die Argumentation des beklagten Landes – im Gegenteil: Wenngleich aus dem Rechtsetzungsverfahren keine konkrete Begründung für die fragliche Bestimmung des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO ersichtlich ist, spricht dieses (Verfahren 2006/0136/COD, nachvollziehbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/HIS/?uri=CELEX:32009R1107&qid=1582554734178) dennoch eher für eine weite Auslegung des Kreises möglicher Antragsteller: Der Kommissionsentwurf (COM (2006) 388) sah ursprünglich einen direkten Anspruch ausschließlich der Nachbarn (Anrainer) sowie der Trinkwasserwirtschaft gegen die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln vor (Art. 64 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 des Verordnungsentwurfs). Auch wenn diesbezüglich keine Begründung der Bestimmung vorliegt, kann dem Entwurf systematisch doch entnommen werden, dass der Kreis möglicher Antragsteller sowohl lokal als auch inhaltlich stark begrenzt war. Auf Betreiben des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments (***I Bericht, A6-0359/2007, Änderungsantrag 216, S. 117) sollte der Kreis der Anspruchsinhaber dagegen (umfassend) um Einzelhändler und Großhändler erweitert werden, damit Rückverfolgbarkeitsanforderungen besser umgesetzt und Rückstandsanalysen im Rahmen der Qualitätsprüfung verbessert werden könnten. Die schlussendlich erlassene Bestimmung des Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO ging auf den Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 15.09.2008 zurück, der den Anspruch nicht unmittelbar gegen die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln, sondern gegen die Kontrollbehörde gerichtet wissen und – quasi als Ausgleich hierzu – den Kreis der Antragsteller mit dem Begriff des „Dritten wie beispielsweise der Trinkwasserwirtschaft“ weit fassen wollte (CS/2008/11119 = 11119/8/08 REV 8). Auf erneutes Insistieren des Europäischen Parlaments (Ausschussdokument A6/2008/444) wurde das vom Rat allein als ausreichend angesehene Regelbeispiel der Trinkwasserwirtschaft schlussendlich um die Anrainer (Nachbarn) sowie die Einzelhändler ergänzt (Stellungnahme des Parlaments in 2. Lesung, TA/2009/11/P6) und sowohl von der Kommission (COM/2009/145/FINAL) als auch vom Rat (CS/2009/13394) im Ergebnis gebilligt. |
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| Die schlussendlich im Verordnungstext aufgenommenen drei Regelbeispiele lassen angesichts der Gesetzgebungshistorie daher eher darauf schließen, dass sie klarstellender Natur sind und eher nicht darauf, dass „Dritte“ nur solche Antragsteller sein können, die eine besondere individuelle Betroffenheit aufweisen. Hierfür dürfte auch die binnensystematische Analyse der drei Regelbeispiele selbst streiten: Während man der Argumentation des Beklagten hinsichtlich der beiden Regelbeispiele der Anrainer und der Trinkwasserwirtschaft, deren Interesse an Informationen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Tat stark lokal begrenzt sein dürfte, noch folgen können dürfte, lässt sich diese Argumentation hinsichtlich der Fallgruppe der Einzelhändler schwerlich in gleicher Weise aufrechterhalten. Denn das mit der Aufnahme der Einzelhändler in den Katalog der Regelbeispiele verfolgte Interesse (Lebensmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit) ist produktbezogen und damit gänzlich anderer Art als das Interesse der anderen beiden Regelbeispiele. Der Kreis möglicher Antragsteller, die sich auf die Fallgruppe der Einzelhändler berufen könnte, ist auch anders als jener der Anrainer sowie der Trinkwasserwirtschaft denkbar groß. Angesichts der diversifizierten Produktketten dürfte auch schwerlich anzunehmen sein, dass dem Kreis der Einzelhändler eine besondere individuelle Betroffenheit innewohnt, die ihn von anderen möglichen Antragstellern signifikant abhebt. |
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| Etwas Anderes dürfte sich weiter nicht daraus ergeben, dass den drei Regelbeispielen gemein ist, dass die dort genannten Antragsteller von dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – auf welche Art und Weise auch immer – subjektiv betroffen sind, wohingegen der Kläger „nur“ geltend machen kann, als Sachwalter der Umwelt aufzutreten und insoweit keine eigenen subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen geltend macht. Jedenfalls spricht vieles dafür, dass das das vom Kläger geltend gemachte Interesse gegenüber den normativ typisierten Interessen der Regelbeispiele als gleichwertig anzusehen ist. Wie bereits dargelegt, streiten die Erwägungsgründe Nr. 41 und 44 EU-Pflanzenschutz-VO dafür, das Interesse am Informationszugang bzgl. der Aufzeichnungen der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln weit zu verstehen. Aus diesem Grund erscheint es naheliegend, dass insbesondere anerkannte Naturschutzverbände ein berechtigtes Interesse daran haben, zu wissen, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Nicht zuletzt die politische (vgl. etwa die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24.10.2017 zu dem Entwurf einer Durchführungsverordnung der Kommission zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 (D053565-01 — 2017/2904(RSP)), die rechtliche (vgl. exemplarisch die Durchführungsverordnung (EU) 2016/1313; Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324; Urteil des Europäische Gerichtshofs vom 01.10.2019, Rechtssache C-616/17 – Strafverfahren gegen Mathieu Blaise u. a.; Urteil des Gerichts vom 07.03.2019, Rechtssache T-716/14 – Antony C. Tweedale gegen Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) als auch die biologische (etwa https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/20180131_BfN-Papier_Glyphosat.pdf) Diskussion um die Zulassung (und Verlängerung) des Pflanzenschutzmittels Glyphosat, die auf der Grundlage gerade der EU-Pflanzenschutz-VO erfolgte, streitet eher dafür, dass anerkannte Naturschutzverbände wie der Kläger ein nachhaltiges (berechtigtes tatsächliches) Interesse an dem begehrten Informationszugang haben. |
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| Schließlich erscheint die Argumentation des beklagten Landes fernliegend, wonach aus der Formulierung, dass die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln die einschlägigen Informationen in diesen Aufzeichnungen lediglich „auf Anfrage“ der zuständigen Behörde zur Verfügung stellen, abzuleiten sei, dass insoweit kein genereller Anspruch auf Informationsübermittlung bestehe. Die Formulierung „auf Anfrage“ dürfte nämlich nichts daran ändern, dass eine Verpflichtung der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln besteht, die von ihnen vorzuhaltenden Aufzeichnungen der zuständigen Behörde zur Verfügung zu stellen. Die Formulierung dürfte vielmehr im Sinne einer Klarstellung so zu verstehen sein, dass eine Verpflichtung der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln zur Bereitstellung der Aufzeichnungen nicht proaktiv, sondern nur reaktiv im Falle der Anforderung durch die zuständige Behörde besteht. Mit dieser reaktiven Bereitstellungspflicht korrespondiert der Anspruch auf Zugang zu diesen Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO. Damit erscheint auch klar, dass Gegenstand des Informationsanspruchs nicht nur die Aufzeichnungen sind, die der zuständigen Behörde auf Anfrage bereits zur Verfügung gestellt wurden, sondern dass mit „diesen Informationen“ i. S. d. Art. 76 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO jene im Sinne des Art. 76 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO gemeint sind (also die von den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln bereitgehaltenen Aufzeichnungen). Andernfalls liefe der Informationsanspruch weitgehend ins Leere, weil er davon abhängig wäre, wie oft und wie umfangreich die Behörde die Aufzeichnungen der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Einzelfall kontrolliert. Insoweit dürfte legistisch nichts anderes gelten als auf nationaler Ebene hinsichtlich des Bereithaltens der fraglichen Aufzeichnungen i. S. d. § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG bzw. bei § 11 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 PflSchG. |
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| Bei den vom Kläger begehrten Aufzeichnungen handelt es sich auch fraglos um solche im Sinne von Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO. Unschädlich für das Bestehen des Anspruchs dürfte auch sein, dass der Anspruch auf Informationszugang gemäß Art. 67 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 EU-Pflanzenschutz-VO als „kann“-Vorschrift ausgestaltet ist. Denn mit der Formulierung „können“ dürfte keine Ermessensentscheidung seitens der zuständigen Behörde verbunden sein; die Formulierung „können“ dürfte vielmehr im Sinne einer Anspruchsberechtigung der „Dritten“ zu verstehen sein, denn das Verb „können“ adressiert nicht die zuständige Behörde, sondern die (anspruchsberechtigten) Dritten. Auch die Gesetzgebungshistorie spricht gegen die Annahme einer Ermessensentscheidung und für eine gebundene Entscheidung seitens der zuständigen Behörde. Denn der ursprüngliche Kommissionsentwurf (COM (2006) 0388) sah in Art. 64 Abs. 1 UAbs. 2 einen unbedingten, direkten Informationszugang („Außerdem halten sie diese Informationen bereit für den Fall, dass Nachbarn oder die Trinkwasserwirtschaft Zugang dazu fordern“) vor. Es ist nicht anzunehmen, dass mit der Umstellung des Informationszugangs gegenüber der zuständigen Behörde anstelle der direkten Verpflichtung auf Zugänglichmachung durch die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln eine hiervon abweichende Regelung beabsichtigt war. Von Bedeutung erscheint insoweit auch, dass von der Ermächtigung zum Erlass von Durchführungsbestimmungen i. S. d. Art. 67 Abs. 4, 1 EU-Pflanzenschutz-VO bislang (soweit ersichtlich) kein Gebrauch gemacht wurde, sodass wohl auch die EU davon ausgeht, dass ein weiterer Harmonisierungsbedarf hinsichtlich des Informationszugangs und der Überwachungstätigkeiten nicht besteht (einzig die Verordnung (EG) Nr. 1185/2009, welche Statistiken zu Pestiziden betrifft, nimmt mittelbar auf die gem. Art. 67 Abs. 2 und 3 EU-Pflanzenschutz-VO bestehenden Datenübermittlungspflichten der Hersteller, Zulassungsinhaber und Verwender von Pestiziden Bezug, ohne diesbezüglich weitergehende Anforderungen aufzustellen, vgl. dort Art. 3 Abs. 1). |
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| Mangels Entscheidungserheblichkeit offen bleiben kann auch, ob sich der geltend gemachte Anspruch darüber hinaus auch aus § 11 Abs. 3 PflSchG ergibt. Danach kann die zuständige Behörde auf Antrag bei Vorliegen eines berechtigten Interesses und unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Aufzeichnenden im Einzelfall Auskunft über die Aufzeichnungen geben. |
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| Was als berechtigtes Interesse zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht. Die insoweit verfügbare Kommentarliteratur (Erbs/Kohlhaas/Metzger, 227. EL November 2019, PflSchG § 11 Rn. 4) zieht eine Parallele etwa zu § 12 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO). Ob dies angezeigt ist, erscheint angesichts der divergierenden Sachverhalte (rein grundstücksbezogene Betrachtung bei § 12 Abs. 1 GBO; produkt-/sachbezogene Betrachtung bei § 11 Abs. 3 PflSchG) fraglich. Selbst bei einer engen, an § 12 Abs. 1 GBO orientierten Interpretation des berechtigten Interesses i. S. d. § 11 Abs. 3 PflSchG dürfte aber Überwiegendes dafür sprechen, dass das Interesse des Klägers an der Zugänglichmachung der fraglichen Aufzeichnungen als berechtigtes Interesse einzustufen ist. Ein berechtigtes Interesse i. S. v. § 12 GBO kann rechtlicher, wirtschaftlicher, tatsächlicher, öffentlicher oder wissenschaftlicher Natur sein (BeckOK GBO/Wilsch, 37. Ed. 15.12.2019, GBO § 12 Rn. 3). Vorliegend macht der Kläger Belange geltend, die fraglos öffentlicher und wissenschaftlicher Natur sind. Denn der Kläger will aus den Aufzeichnungen eine Statistik darüber ableiten, wie umfangreich der Einsatz von Pestiziden im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ durch Landwirte ist, um diese Daten (anonymisiert) publik zu machen und hiermit zugleich wissenschaftlich belegen zu können, dass der Pestizideinsatz eine wesentliche Ursache für den Artenrückgang (insbesondere das Insektensterben) in Naturschutzgebieten bzw. allgemein ist. Dass – wie der Beklagte einwendet – dieser Kausalzusammenhang bislang nicht wissenschaftlich belegt ist, kann nicht zum Ausschluss des diesbezüglich berechtigten Interesses führen. Denn andernfalls würde die Fortentwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisgrundlage in diesem Bereich schon grundsätzlich verhindert. Dass ein solcher Kausalzusammenhang im Raume steht, ist auch ohne fundierte wissenschaftliche Kenntnisse im biologischen Bereich plausibel: Das fragliche Naturschutzgebiet „Kalkofen“ wurde vom Kläger ausweislich der Einlassungen in der mündlichen Verhandlung gerade auch deshalb ausgewählt, weil dessen Schutzzweck unter anderem die Erhaltung, Sicherung und Entwicklung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen aus Anhang I der FFH-Richtlinie, insbesondere der Lebensraumtypen Naturnahe Kalk-Trockenrasen (Code 6210) und Magere Flachland-Mähwiesen (Code 6510) sowie die Erhaltung und Entwicklung der im Gebiet vorkommenden Populationen der Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie ist (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Kalkofen_(Naturschutzgebiet,_Enzkreis) und hier das Insektensterben besonders virulent ist. Auch diese Annahme erscheint plausibel. |
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| Dass der Kläger – wie der Beklagte argumentiert – kein subjektiv(-öffentlich)es Recht bzw. eine eigene Betroffenheit geltend machen kann, weil er vorliegend als „Sachwalter der Umwelt“ auftrete, dürfte am Bestehen seines berechtigten Interesses auch im Hinblick auf § 11 Abs. 3 PflSchG nichts ändern. Denn eine derartige Verengung des Begriffes des berechtigten Interesses dürfte – selbst bei Heranziehung der Auslegung zu § 12 Abs. 1 GBO – nicht angezeigt sein (s. o.). Dem steht – anders als der Beklagte meint – nicht entgegen, dass Verbandsbefugnisse anerkannter Umweltvereinigungen bislang auf enumerativ benannte Mitwirkungsrechte (insbesondere bei Rechtsetzungs- und Planungsverfahren mit Umweltbezug, vgl. § 63 BNatSchG, § 49 NatSchG BW) beschränkt sind. Denn die in Bezug genommenen Mitwirkungsrechte sind verfahrensrechtlicher Natur und betreffen konkrete Rechtsetzungs- oder Planungsverfahren, nicht hingegen (wie hier) einen materiellen Informationszugangsanspruch. Auch im Umweltinformationsrecht, dem § 11 Abs. 3 PflSchG im weiteren Sinne zuzurechnen ist, ist die Antragsbefugnis von Umweltvereinigungen fraglos anerkannt (vgl. zu § 3 UIG BeckOK InfoMedienR/Karg, 26. Ed. 1.11.2019, UIG § 3 Rn. 6, 13-15.1). |
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| Offen erscheint der Kammer hingegen, ob der vom Beklagten erhobene Einwand, der Anspruch aus § 11 Abs. 3 PflSchG bestehe nur „im Einzelfall“ und ein solcher liege hier nicht vor, dem Anspruch entgegensteht. Die Formulierung ließe sich – mit dem Beklagten – zwanglos so verstehen, dass ein „Einzelfall“ voraussetzt, dass Aufzeichnungen (nur) eines konkreten, namentlich bezeichneten Aufzeichnenden herausverlangt werden. Dem entspricht der klägerische Antrag ersichtlich nicht, denn er verlangt die Herausgabe der Aufzeichnungen flächenbezogen bezüglicher aller Aufzeichnenden im Naturschutzgebiet „Kalkofen“. Bei einem weiten Begriffsverständnis des einschränkenden Tatbestandsmerkmals des „Einzelfalles“ ließe sich die vorliegende Fallkonstellation aber auch hierunter noch subsumieren, denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sich der Anspruch tatsächlich lediglich auf wenige (angeblich zwei) berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln im Naturschutzgebiet „Kalkofen“ bezieht. Für eine einschränkende Auslegung mag sprechen, dass der Wortlaut des § 11 Abs. 3 PflSchG explizit den „Aufzeichnenden“ adressiert und dies implizit erfordert, dass dieser bekannt ist. Zwingend erscheint eine solche Auslegung aber nicht, denn die Formulierung des „Aufzeichnenden“ bezieht sich legistisch auf dessen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und nicht auf den anspruchsauslösenden Antrag. |
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| Die Berufung ist gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Nach Auffassung der Kammer hat die Frage der Reichweite des Bereithaltens von Umweltinformationen i. S. d. Art. 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG grundsätzliche Bedeutung. |
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