Beschluss vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 9 K 455/20; A 9 K 455/20

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag des Antragstellers,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zuverlässigkeit des Antragstellers nach § 7 Abs. 1 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) vorläufig festzustellen,
ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist das Verwaltungsgericht Karlsruhe örtlich zuständig. Mit seinem Antrag auf vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Feststellung seiner luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit verfolgt der Antragsteller ein Rechtsschutzbegehren, das in der Hauptsache im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgen wäre (VG Regensburg, Beschluss vom 30.01.2020 – RN 8 S 20.42 –, juris, Rn. 22); die örtliche Zuständigkeit richtet sich daher nach § 123 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Nr. 3 VwGO. Da sich die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Stuttgart nach § 1 Luftverkehrs-Zuständigkeitsverordnung auf mehrere Gerichtsbezirke erstreckt und der Antragsteller in dessen Zuständigkeitsbereich wohnt, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Karlsruhe aus § 52 Nr. 3 S. 5 i.V.m. S. 2 VwGO (Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts am Wohnsitz des Antragstellers).
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem begehrten Inhalt ist statthaft, da der Antragsteller eine Erweiterung seines Rechtskreises in Gestalt des Erlasses einer Regelungsanordnung begehrt (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Er kann Rechtsschutz insbesondere nicht im Wege eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage beanspruchen, da er die erstmalige positive Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit begehrt und die Fortgeltungsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung nicht zu seinen Gunsten eingreift (BayVGH, Beschluss vom 27.07.2007 – 8 CS 07.1023 –, juris, Rn. 15 ff.; VG Regensburg, Beschluss vom 30.01.2020 – RN 8 S 20.42 –, juris, Rn. 22 f.).
Auch im Übrigen bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags keine durchgreifenden Bedenken.
3. Der zulässige Antrag ist indes nicht begründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine Regelungsanordnung erlassen, wenn diese zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der zugrundeliegende materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
a) Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ergeben sich aus § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO. Welche Anforderungen im Einzelfall an die Erfolgs-aussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Führt die begehrte Maßnahme zur endgültigen und unumkehrbaren Vorwegnahme, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition faktisch irreversibel nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insofern nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andere schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existenzielle Gefahren für Leben und Gesundheit, drohen. Bei alldem sind auch die bei Erlass einer Regelungsanordnung potentiell betroffenen öffentlichen Interessen zu berücksichtigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.01.2014 – 10 S 1748/13 –, juris, Rn. 5).
b) Einen Anordnungsanspruch im o.g. Sinne hat der Antragsteller vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Da er den Erlass einer Regelungsanordnung begehrt, die geeignet ist, das in der Hauptsache angestrebte Verfahrensziel – die Möglichkeit eines Tätigwerdens im luftsicherheitsrelevanten Bereich – jedenfalls partiell vorwegzunehmen, müsste insoweit ein Erfolg in der Hauptsache zumindest wahrscheinlicher sein als ein Misserfolg. Dies setzt nach § 7 Abs. 6 Satz 1 LuftSiG voraus, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die seitens des Antragsgegners geäußerten Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers nach Abschluss der gebotenen Sachverhaltsermittlungen ausgeräumt sein werden. Denn nach § 7 Abs. 6 Satz 1 LuftSiG darf ein Zugang zum Sicherheitsbereich des Flugplatzgeländes (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 5 LuftSiG) nur dann gewährt oder eine der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 – 4 LuftSiG genannten Tätigkeiten aufgenommen werden, wenn nach Abschluss der Zuverlässigkeitsprüfung keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Person verbleiben.
10 
Dies kann auf Basis der glaubhaft gemachten Umstände indes nicht angenommen werden. Denn der Antragsgegner hat die von ihm geltend gemachten Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers – jedenfalls im Ausgangspunkt zurecht – maßgeblich auf das Tätigwerden des Antragstellers als „Vizepräsident“ des „O. BC C. P.“, einer rockerähnlichen Gruppierung, gestützt, die mit Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 19.6.2018 als Teilorganisation der „O. G. BC“ verboten wurde. Insoweit hat sich der Antragsteller im behördlichen Verfahren zwar von der Tätigkeit des „O. BC C. P.“ distanziert und im gerichtlichen Verfahren behauptet, in Ansehung bekannt gewordener Betäubungsmittelstraftaten aus der Gruppierung zunächst ausgetreten zu sein und das Amt des Vizepräsidenten zu einem späteren Zeitpunkt nur übernommen zu haben, um – auf Bitten anderer Mitglieder – ein Abgleiten des Vereins in kriminelle Strukturen abzuwenden. Er hat durch eidesstattliche Versicherung eines früheren Mitglieds der Gruppierung auch glaubhaft gemacht, jedenfalls gegenüber diesem (und potentiell gegenüber weiteren, nicht näher individualisierten Mitgliedern) positiv auf dessen Werdegang eingewirkt und diesem nachhaltig von der Begehung insbesondere betäubungsmittelbezogener Straftaten abgeraten zu haben. Zur Ausrichtung und Struktur der Ortsgruppe „O. BC C. P.“ insbesondere in den Zeiten seiner Mitgliedschaft bzw. seiner Tätigkeit als „Vizepräsident“ hat der Antragsteller jedoch ebenso wenig konkrete Angaben gemacht wie zu den gegenüber anderen Vereinsmitgliedern erhobenen Tatvorwürfen, deren Bekanntwerden bei ihm oder innerhalb des Vereins und seinen Umgang mit entsprechenden Sachverhalten; auch fehlen nähere Angaben zu den näheren Umständen seiner Vereinsaustritte. Auch zu den ihm als früherem Vizepräsidenten der verbotenen Teilorganisation bekannten Verbotsgründen hat sich der Antragsteller nicht geäußert.
11 
Unter diesen Umständen kann eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit des Begehrens des Antragstellers in der Hauptsache nicht angenommen werden, da erhebliche Zweifel daran verbleiben, in welchem Umfang der Antragsteller von den verbotsrelevanten Tätigkeiten der Teilorganisation Kenntnis hatte oder er in diese verstrickt war. Insoweit ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch eine weitere gerichtliche Sachverhaltsaufklärung – etwa durch die beantragte Beiziehung der der Akten der Akten des Polizeireviers P. – nicht geboten; vielmehr obliegt dem Antragsteller ggf. die Glaubhaftmachung unter Vorlage präsenter Beweismittel (§ 123 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, § 294 Abs. 2 ZPO).
12 
Von der Glaubhaftmachung entsprechender Umstände ist der Antragsteller insbesondere auch nicht deswegen entbunden, weil dessen Tätigkeit für die auf Grundlage von § 3 Abs. 1 Var. 1 VereinsG (den Strafgesetzen zuwiderlaufende Zwecke oder Tätigkeit) verbotene Gruppierung „O. BC“ und deren Teilgruppierungen aus sich heraus nicht geeignet wäre, luftsicherheitsbezogene Zuverlässigkeitsbedenken zu begründen. Denn der luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeitsbegriff ist nicht auf Gefahrenlagen begrenzt, die unmittelbar von dem zu Überprüfenden selbst ausgehen. Eine Gefährdung kann vielmehr ebenso dadurch eintreten, dass eine Person, die Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen oder sicherheitsempfindlichen Bereichen eines Flughafens oder die aufgrund ihrer Tätigkeit Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs hat, ihre Kenntnis von Betriebsabläufen und Sicherheitsmaßnahmen an außenstehende Dritte weitergibt oder diesen den Zutritt zum Flughafen ermöglicht (BVerwGE 121, 257 = juris, Rn. 22). Der Betroffene muss daher die Gewähr dafür bieten, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten, jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Dies kann – wie die in § 7 Abs. 1a Satz 2 LuftSiG genannten Regelbeispiele ebenso zeigen wie die Generalklausel des § 7 Abs. 1a Satz 3 LuftSiG – auch dann zweifelhaft sein, wenn Verurteilungen oder sonstige Erkenntnisse die Befürchtung nahelegen, der Betroffene könne aus eigenem Antrieb oder aufgrund fremder Manipulation die Sicherheit des Luftverkehrs beeinträchtigen. Entsprechende Erkenntnisse liegen vorliegend jedoch in Gestalt der (früheren) Leitungsfunktion des Antragstellers in einem mittlerweile verbotenen Verein vor.
13 
c) Allerdings ist vorliegend auch das Vorgehen des Antragsgegners nicht frei von rechtlichen Bedenken. Insoweit hat der Antragsgegner die Mitteilung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg aus dem September 2019, der Antragsteller sei bis zu deren Verbot Vizepräsident der im Juli 2018 durch Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 19.6.2018 verbotenen Gruppierung „O. BC C. P.“ gewesen und habe in diesem Zusammenhang als Ansprechpartner für die Polizei fungiert, zwar im Ausgangspunkt zurecht zum Anlass für Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers genommen. Er konnte sich jedoch schon vor dem Hintergrund der Mitteilungen des Landesamts für Verfassungsschutz, des Bundeszentralregisters und Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz, dass über den Antragsteller keine Erkenntnisse vorlägen, der unbeantwortet gebliebenen schriftlichen Anfrage an die Kriminalpolizeidirektion K. und der schriftlichen Einlassungen des Antragstellers, der seine frühere Mitgliedschaft in der verbotenen Gruppierung eingeräumt und bedauert hat, eine Kenntnis von deren kriminellen Tätigkeiten aber abgestritten hatte, nicht damit begnügen, auf die – auch ihr nur in Form einer Pressemeldung bekannte – Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 19.06.2018 gegen die „rockerähnliche Gruppierung O. BC einschließlich ihrer Teilorganisationen“ zu verweisen. Vielmehr wäre der Antragsgegner voraussichtlich gehalten gewesen, sich über die Verbotsgründe – insbesondere im Hinblick auf die Aktivitäten des C.s P. als Teilorganisation der „O. G.“ – kundig zu machen und im Rahmen der nach § 7 Abs. 1a Satz 1 LuftSiG gesetzlich vorgeschriebenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls die dem Betroffenen vorgehaltenen Verfehlungen ebenso zu würdigen wie ihn entlastende oder möglicherweise sogar in ein gutes Licht stellende Vorgänge (vgl. BVerwGE 122, 182 = juris, Rn. 33; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.05.2018 – 20 A 89/15 –, juris, Rn. 22).
14 
Zwar ist die Versagung der positiven Zuverlässigkeitsfeststellung vor dem Hintergrund des hohen Gefährdungspotentials und der Hochrangigkeit der zu schützenden Rechtsgüter, die im Zusammenhang z.B. mit der Eröffnung des Zugangs z.B. zum Sicherheitsbereich des Geländes eines Flugplatzes in Rede stehen, schon dann gerechtfertigt, wenn begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers bestehen (BVerfG, Beschluss vom 04.08.2009 – 1 BvR 1726/09 –, juris, Rn. 11; BVerwGE 121, 257 = juris, Rn. 21); dies kommt auch in der gesetzlichen Wertung des § 7 Abs. 6 Satz 1 LuftSiG mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck. Die hiermit einhergehende nicht unerhebliche Beschränkung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten der Betroffenen, die gegenüber deutschen Staatsangehörigen auch an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen wäre, dürfte vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wertungen des § 7 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 6 Satz 2 LuftSiG indes nur dann gerechtfertigt sein, wenn bestehende Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen auch nach Ausschöpfung aller verfügbaren und nach Lage der Dinge zumutbaren Erkenntnisquellen nicht ausgeräumt werden können. Der Betroffene ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 – 4 LuftSiG zwar ebenfalls zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet; zunächst liegt es jedoch an der Behörde, aufzuklären, welche Umstände sie zum Anlass für Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen nimmt, und dem Betroffenen ggf. konkrete Mitwirkungshandlungen aufzugeben (vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 14.08.2015 – B 1 K 14.587 –, juris, Rn. 62 f.). Sie ist dabei insbesondere befugt, Anfragen an die in § 7 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 4 LuftSiG genannten Sicherheits- und Ausländerbehörden zu richten sowie Auskünfte aus den in § 7 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 3 und 4 LuftSiG genannten Registern einzuholen; soweit entsprechende Auskünfte Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person begründen, darf sie auch von Strafverfolgungsbehörden Auskünfte einholen.
15 
Angesichts dieses Regelungszusammenhangs wäre der Antragsgegner hier voraussichtlich gehalten gewesen, sich über die Gründe für den Erlass der Verbotsverfügung kundig zu machen und dabei – ggf. unter Mitwirkung des Antragstellers (§ 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 LuftSiG) – aufzuklären, inwieweit der Antragsteller bzw. das von ihm zeitweise als Stellvertreter des „Präsidenten“ geleitete C. P. in diese verstrickt waren. Denn aus dem eingeholten unbeschränkten Auszug aus dem Bundeszentralregister war dem Antragsgegner bekannt, dass der Antragsteller die in § 7 Abs. 1a Satz 1 Nrn. 1 und 2 LuftSiG genannten Regelbeispiele nicht selbst verwirklicht und auch Anhaltspunkte für die Verfolgung von Bestrebungen im Sinne des § 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 BVerfSchG nicht bestehen. Ob – und ggf. mit welchem Ausgang – gegen den Antragsteller als zeitweiligen Vizepräsidenten des „O. BC C. P.“ Ermittlungs- oder Strafverfahren geführt wurden (§ 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 LuftSiG) hat der Antragsgegner hingegen nicht ermittelt, obwohl der Antragssteller in den Auskünften des Landeskriminalamts Baden-Württemberg als „Ansprechpartner“ der Polizei benannt wurde und er nach eigenen Angaben im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stets – z.B. im Zusammenhang mit ersten polizeilichen Ermittlungen gegen das „C. P.“ und im Rahmen der auf § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG gestützten Durchsuchung seiner Wohnung – mit der Polizei kooperiert haben will. Insbesondere hat der Antragsgegner nicht aufgeklärt, ob dem Antragsteller – wie von diesem unter Angabe von Zeugen behauptet – die strafrechtlich relevanten Aktivitäten des Vereinspräsidenten bis zu seinem (ersten) Austritt im Jahr 2017 nicht bekannt waren und seine Rückkehr unter erneuter Übernahme des Amts des Vizepräsidenten im Jahr 2018 darauf gerichtet war, weitere Verstrickungen der Vereinsmitglieder in kriminelle Aktivitäten zu unterbinden. Ohne eine derartige Aufklärung des Sachverhalts, zu der der Antragsgegner nach § 24 Abs. 1 und 2 LVwVfG von Amts wegen verpflichtet ist, ist die nach § 7 Abs. 1a Satz 1 LuftSiG erforderliche Gesamtwürdigung des Einzelfalls nicht möglich (vgl. zum Erfordernis einer Einzelfallprüfung trotz früherer Mitgliedschaft in kriminellen bzw. verfassungsfeindlichen Organisation auch BVerwGE 121, 257 = juris, Rn. 25 ff., BVerwGE 122, 182 = juris, Rn. 38 ff. sowie VG Bayreuth, Urteil vom 14. August 2015 – B 1 K 14.587 –, juris, Rn. 66 ff. [Tätigkeit für das Ministerium der Staatssicherheit, als Jugendbetreuer der „M. G.“ bzw. als Tätigkeit im Landesvorstand einer vom Verfassungsschutz beobachteten Partei]). Insbesondere kann dem Antragsteller vor diesem Hintergrund derzeit wohl auch nicht entscheidungstragend vorgehalten werden, nicht in weiterem Umfang an der Aufklärung der nicht näher konkretisierten Zuverlässigkeitszweifel mitgewirkt zu haben (§ 7 Abs. 6 Satz 2 LuftSiG).
16 
Die somit bestehenden Bedenken sind indes nicht geeignet, einen Anspruch des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu begründen. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wertung des § 7 Abs. 6 Satz 1 LuftSiG kann das Gericht insbesondere auch nicht zu Lasten des Antragsgegners tragend berücksichtigen, dass der ihm obliegenden Pflicht zur Amtsermittlung wohl nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen ist (s.o.). Vielmehr hätte der Antrag des Antragstellers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allenfalls dann Erfolg haben können, wenn er die zumindest im Ausgangspunkt berechtigten Zweifel des Antragsgegners durch eigene Glaubhaftmachung widerlegt hätte. Ihm wäre es insbesondere möglich gewesen, sich aus eigenem Antrieb mit den ihm als früherem Funktionsträger der verbotenen Gruppierung bekannten Verbotsgründen auseinanderzusetzen und die Strukturen und Tätigkeiten der gewesenen Gruppierung näher darzulegen. Dies ist, wie zuvor dargelegt, indes nicht der Fall. Die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren fortwirkende Verpflichtung des Antragsgegners zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 und 2 LVwVfG) bleibt hiervon ebenso unberührt wie die materiell-rechtliche Pflicht der Luftsicherheitsbehörde, die Gesamtumstände des Einzelfalls zu würdigen (§ 7 Abs. 1a Satz 1 LuftSiG).
17 
c) Im Übrigen ist auch ein Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Denn der Antragsteller hat zwar im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes behauptet, er könne an seinem ursprünglichen – nicht luftsicherheitsrelevanten – Tätigkeitsort gesundheitsbedingt nicht mehr eingesetzt werden, wohingegen im Lager seines Arbeitsgebers gegenwärtig der höchste Personalbedarf bestehe. Da die Personaldecke in der Abteilung, in der der Antragsteller übergangsweise tätig sei, indes „mehr als ausreichend“ sei, müsse mit der Anordnung von Kurzarbeit oder ggf. sogar einer Kündigung gerechnet werden. Konkrete und zumindest auf Plausibilität überprüfbare Angaben zur Organisation des Betriebes seines Arbeitsgebers – etwa im Hinblick auf Personalstärken, Standorte und in Betracht kommende Tätigkeitsfelder – oder zu seinen beruflichen Qualifikationen und Verwendungsmöglichkeiten hat der Antragsteller jedoch nicht gemacht; auch eine Erklärung seines Arbeitgebers hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Ein Anordnungsgrund ist daher nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere liegt vor diesem Hintergrund – auch unter Berücksichtigung der materiellen Wertung des § 7 Abs. 6 Satz 1 LuftSiG, die eine Feststellung der Zuverlässigkeit schon beim Vorliegen bloßer Zuverlässigkeitszweifel ausschließt – kein Fall vor, in dem der Erlass einer einstweiligen Anordnung ausnahmsweise schon bei lediglich offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache in Betracht zu ziehen wäre (s.o.).
18 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen