Urteil vom Verwaltungsgericht Koblenz (5. Kammer) - 5 K 1019/15.KO

Tenor

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheids vom 24. Januar 2012 in Gestalt des Korrekturbescheids vom 5. Juli 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, der Klägerin eine weitere Beihilfe in Höhe von 450,92 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Ruhestandsbeamtin, begehrt weitere Beihilfeleistungen.

2

In der Zeit vom 3. bis 4. Januar 2012 hielt sie sich stationär in der A.-Klinik in B. auf, wo sie an der Wirbelsäule operativ behandelt wurde. Die A.-Klinik ist eine Privatklinik ohne Versorgungsvertrag und ohne Zulassung im Sinne des SGB V.

3

Mit Antrag vom 23. Januar 2012 begehrte die Klägerin eine Beihilfe zu den Kosten dieser Behandlung, für die die A.-Klinik unter dem 16. Januar 2012 unter anderem 3.961,42 € (Fallpauschale 2.605,04 €, Zusatzentgelt für die Implantation eines Spreizers 723,89 € sowie 632,49 € Mehrwertsteuer) in Rechnung gestellt hatte. Mit Bescheid vom 24. Januar 2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, es könne nur ein Teilbetrag in Höhe von 2.072,83 € als beihilfefähige Aufwendungen anerkannt werden. Hiervon 70 % ergäben einen Beihilfeanspruch in Höhe von 1.450,98 €. Dagegen legte die Klägerin am 8. Februar 2012 Widerspruch ein.

4

Im Laufe des Widerspruchsverfahrens erließ der Beklagte unter dem 5. Juli 2012 einen Korrekturbescheid zum Bescheid vom 24. Januar 2012. Der beihilfefähige Betrag sei nur noch auf 1.370,65 € festzusetzen, was einer Beihilfezahlung in Höhe von 959,46 € entspreche. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verweildauer der Klägerin in der A.-Klinik von einem Tag sei das beihilfefähige Entgelt um den sogenannten Kurzliegerabschlag zu kürzen gewesen. Da dies bislang unterblieben sei, ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 491,52 €. Auch dagegen legte die Klägerin unter dem 18. Juli 2012 Widerspruch ein.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2015 wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, unter Berücksichtigung der bei der Klägerin vorliegenden Diagnose und der Verweildauer in der Klinik sei der beihilfefähige Betrag zutreffend mit 1.370,65 € ermittelt worden. Mit den gewährten 959,46 € seien die abgerechneten Leistungen insgesamt abgegolten. Das Zusatzentgelt für die Implantation des Spreizers in Höhe von 723,89 € netto sei mit Blick auf die Abgeltungsregelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 Beihilfenverordnung – BVO – nicht beihilfefähig. Letzteres gelte auch für die geltend gemachte Mehrwertsteuer. Schließlich sei auch der wegen der Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer um einen Tag vorgenommene Abschlag in Höhe von 491,52 € rechtens. Da dieser Betrag bereits an die Klägerin ausgezahlt worden sei, müsse sie diesen zurückerstatten.

6

Dagegen hat die Klägerin am 10. November 2015 Klage erhoben.

7

Sie hält die Ablehnung der Beihilfefähigkeit der in Rede stehenden Positionen für rechtswidrig.

8

Das für die Implantation des Spreizers abgerechnete Zusatzentgelt in Höhe von 723,89 € sei von der Abgeltungsregelung des § 26 Abs. 2 Nr. 1 BVO nicht erfasst. Diese Vorschrift beschränke die Beihilfefähigkeit einer Behandlung nur insoweit, als zu den allgemeinen Krankenhausleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG – Leistungen gehörten, die abschließend mit Fallpauschalen abgegolten werden. Hier handele es sich hingegen um ein Zusatzentgelt, welches nicht mit der allgemeinen Fallpauschale abgegolten sei. Dieses Zusatzentgelt sei nämlich in Anlage 5 des G-DRG-Fallpauschalen-Katalogs unter Ziffer ZE-125.01 ausdrücklich genannt. Der Betrag werde daher bei einer entsprechenden Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus ebenfalls als gesonderter Pauschalbetrag abgerechnet und in diesem Fall vom Beklagten als beihilfefähig anerkannt. Wesentlicher Grund dafür seien unter anderem die Kosten für das einzusetzende Implantat. Diese seien in der allgemeinen Fallpauschale schon deshalb nicht enthalten, weil der Einsatz eines solchen Implantats nicht generell bei jeder Wirbelsäulenoperation erforderlich sei.

9

Die Rückforderung des Teilbetrags in Höhe von 491,52 € betreffend den Kurzliegerabschlag sei rechtswidrig, weil die Klägerin insoweit auf die (Teil-)Bestandskraft des Bewilligungsbescheids vom 24. Januar 2012 habe vertrauen dürfen. Sie habe das Geld im Übrigen für die Bezahlung der A.-Klinik verbraucht. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme dieses Bescheids im Sinne des § 48 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – lägen nicht vor. Ungeachtet dessen lasse § 26 Abs. 2 Nr. 1 BVO den Abzug eines Kurzliegerabschlags nicht zu. Die Vorschrift verweise ausdrücklich allein auf den sogenannten Basisfallwert und berücksichtige Kurzliegerabschläge gerade nicht. Nach den Anforderungen des beihilferechtlichen Bestimmtheitsgebots hätte dies auch einer ausdrücklichen Regelung bedurft.

10

Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Mehrwertsteuer in Höhe von 632,49 € finde ebenfalls keine Stütze in § 26 BVO. Auch hier fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit und Ausdrücklichkeit des Beihilfeausschlusses. Die Beschränkung der verordnungsrechtlichen Regelung beziehe sich lediglich auf das mit der Privatklinik vereinbarte Netto-Entgelt. Die Norm sehe insofern nach ihrem Sinn und Zweck eine entsprechende Anwendung des Fallpauschalen-Katalogs vor. Ein Ausschluss des darauf entfallenden Mehrwertsteueranteils sei damit gerade nicht normiert.

11

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheids vom 24. Januar 2012 in Gestalt des Korrekturbescheids vom 5. Juli 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 zu verpflichten, ihr über die bereits gewährte Beihilfe hinaus eine weitere Beihilfe in Höhe von 949,46 € zu zahlen.

12

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Er ist der Klage unter Hinweis auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren entgegengetreten. Ergänzend beruft er sich auf das Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. November 2015 – 5 K 577/15.KO –. Danach sei der Kurzliegerabschlag entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin zu berücksichtigen. Außerdem sei die auf den nach § 26 Abs. 2 BVO ermittelten (Netto-)Betrag entfallende Mehrwertsteuer nicht beihilfefähig. Letzteres gelte auch für das Zusatzentgelt für den Einsatz des Spreizers. Zwar treffe es zu, dass durch ein zugelassenes Krankenhaus neben den allgemeinen Krankenhausleistungen ein Zusatzentgelt für den Einsatz des Spreizers hätte abgerechnet werden können. Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO seien diese Entgelte in Privatkliniken aber mit der Fallpauschale abgegolten. Ziel der Regelungen sei es, die Beihilfefähigkeit der allgemeinen Krankenhausleistungen der Privatkliniken auf die Fallpauschalen zu begrenzen. Diese unterschiedliche Behandlung von zugelassenen Krankenhäusern einerseits und Privatkliniken andererseits sei gerechtfertigt, weil Privatkliniken nicht den Bindungen des Krankenhausentgeltgesetzes unterlägen, die die Zusatzentgelte für zugelassene Krankenhäuser rechtfertigten.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (ein Heft) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

15

Die insgesamt zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

16

Der Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2012 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 5. Juli 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 erweist sich nur insoweit als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, als der Beklagte die anteilige Übernahme der angemessenen Kosten für den Einsatz des Spreizers abgelehnt hat. In diesem Umfang war der Beklagte unter teilweiser Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, der Klägerin weitere Beihilfe in Höhe von 450,92 € zu bewilligen (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – [I.]). Im Übrigen ist die Beihilfeentscheidung des Beklagten rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO). Denn sie hat keinen Anspruch auf anteilige Übernahme der ihr von der A.-Klinik unter dem 16. Januar 2012 in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer [II.]. Überdies hat der Beklagte zu Recht die Fallpauschale um den Kurzliegerabschlag gekürzt und den insoweit bereits ausgezahlten Betrag in Höhe von 491,52 € zurückgefordert [III.].

17

I. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sind die der Klägerin in Rechnung gestellten Kosten für den Einsatz des Spreizers dem Grunde nach als im Sinne des § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Beihilfenverordnung Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 22. Juni 2011, gültig bis 30. September 2014 – BVO – beihilfefähig anzuerkennen. Lediglich in Bezug auf die Angemessenheit der Höhe der Kosten war der beihilfefähige Betrag auf 644,17 € zu begrenzen. Unter Berücksichtigung des Beihilfebemessungssatzes von 70 % errechnet sich ein Anspruch auf weitere Beihilfe in Höhe von 450,92 €.

18

Nach § 8 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig, der Höhe nach angemessen und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen sind hier im vorgenannten Umfang erfüllt.

19

Dies gilt zunächst unstreitig für die medizinische Notwendigkeit des bei der Klägerin eingesetzten Spreizers. Was die Angemessenheit der Höhe der Kosten anbelangt, ist allerdings eine Einschränkung insoweit zu machen, als hier nicht – wie von der Klägerin geltend gemacht – 723,89 € netto zugrunde zu legen sind, sondern lediglich 644,17 € netto. Letzteres entspricht dem in Anlage 5 Ziffer ZE-125.01 (= Zusatzentgelte-Katalog) zum G-DRG-Entgelte-Katalog Version 2012 vorgesehenen Betrag für die in Rede stehende Zusatzleistung. Diese Regelung ist hier anzuwenden, weil für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich ist, für die Beihilfe verlangt wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Dezember 2012 – 2 S 874/12 –, juris, Rn. 37 m. w. N.). Die von der Klägerin herangezogene Version 2011 ist demnach nicht einschlägig, weil die Leistung im Januar 2012 erbracht worden ist.

20

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sind die zusätzlichen Kosten für den Einsatz des Spreizers nicht deshalb als unangemessen zu qualifizieren, weil sie mit Blick auf die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO als bereits mit der Fallpauschale abgegolten anzusehen wären. Nach der genannten Bestimmung sind Aufwendungen für Leistungen, die von Krankenhäusern (ohne Zulassung) zusätzlich in Rechnung gestellt werden und die Bestandteil von Leistungen nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 BVO sind, mit den Beträgen nach Satz 1 abgegolten. Zwar ist dem Beklagen zuzubilligen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen bei einer Auslegung der Bestimmung nach ihrem Wortlaut vorliegen (1.). Systematische Stellung sowie Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten aber eine engere Auslegung. Dies führt zu dem Ergebnis, dass die Regelung der Beihilfefähigkeit des Zusatzentgelts nicht entgegensteht (2.).

21

1. Bei den als angemessen anerkennungsfähigen 644,17 € für das Einsetzen der interspinösen Spreizers handelt es sich um Aufwendungen für eine Leistung, die der Klägerin von der A.-Klinik im Wortsinn „zusätzlich in Rechnung gestellt“ worden ist. Der Begriff der „zusätzlich in Rechnung gestellten Leistung“ knüpft dabei an die Formulierung des § 26 Abs. 2 Satz 1 BVO an. Danach sind bei Behandlungen in nicht zugelassenen Krankenhäusern allgemeine Krankenhausleistungen (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 BVO) bei Indikationen, die mit Fallpauschalen nach dem Krankenhausentgeltgesetz abgerechnet werden, (nur) bis zu dem Betrag beihilfefähig, der sich bei Anwendung des Fallpauschalen-Katalogs nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG – für die Hauptabteilung unter Zugrundelegung der oberen Korridorgrenze des nach § 10 Abs. 9 KHEntgG zu vereinbarenden einheitlichen Basisfallwerts ergibt. Die bei der Klägerin durchgeführte Wirbelsäulenoperation ist unstreitig eine Indikation, die mit einer solchen Fallpauschale abgerechnet wird. Das über diese Fallpauschale hinaus in Rechnung gestellte Entgelt für das Einsetzen des interspinösen Spreizers stellt sich demnach als zusätzliches Entgelt für eine im Zusammenhang mit der Wirbelsäulenoperation erbrachte (zusätzliche) Leistung dar.

22

Das Einsetzen des Spreizers ist auch Bestandteil der Leistungen nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 BVO. Leistungen im Sinne dieser Regelung sind die Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 2 KHEntgG. Danach sind allgemeine Krankenhausleistungen die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Auch dies ist für den Einsatz des Spreizers ohne weiteres zu bejahen.

23

2. Handelt es sich demnach bei dem Einsetzen des Spreizers um eine zusätzlich in Rechnung gestellte Leistung, die zudem Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen ist, so führt dies gleichwohl nicht zu einem Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Kosten für diese Zusatzleistung nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO. Denn die allein am Wortlaut orientierte weite Auslegung des Begriffs der „zusätzlich in Rechnung gestellten Leistung“ lässt außer Acht, dass sich dieser Begriff nach der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Regelung nur auf solche zusätzlich in Rechnung gestellten Leistungen bezieht, die im Falle einer entsprechenden Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus Teil des mit der Fallpauschale abgerechneten Leistungsspektrums sind. In ihrer Eigenschaft als Kostenbegrenzungsregelung soll § 26 Abs. 2 BVO nämlich lediglich sicherstellen, dass bei einer stationären Behandlung in einem privaten Krankenhaus nur für solche Aufwendungen eine Beihilfe gewährt wird, die bei einer entsprechenden Behandlung in nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern der Art und der Höhe nach beihilfefähig wären. Insofern konkretisiert die Bestimmung für die Behandlung in einem privaten Krankenhaus zugleich den gesetzlich verankerten Grundsatz der Angemessenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz – LBG –; § 8 Abs. 1 BVO; sowie Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. November 2015 – 5 K 577/15.KO –). Die von einem privaten Krankenhaus in Rechnung gestellten Kosten sind als wirtschaftlich angemessen anzusehen, wenn und soweit sie nach Art und Höhe auch in zugelassenen Krankenhäusern angefallen wären (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2014 – 5 C 7.14 –, juris, Rn. 14). Davon ausgehend besteht vorliegend kein sachlicher Grund, die Beihilfefähigkeit der in Rede stehenden Zusatzkosten zu verneinen. Denn sie wären in gleicher Höhe auch bei einer Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus angefallen und unstreitig als beihilfefähig anerkannt worden. Letzteres ist dadurch begründet, dass die in Rede stehende Leistung „Einsatz eines Spreizers“ von der eigentlichen Fallpauschalenindikation „Operation an der Wirbelsäule“ nicht mitumfasst ist. Es handelt sich der Sache nach vielmehr um eine weitere Behandlungsmaßnahme, die lediglich – wenn medizinisch notwendig – „uno actu“, also zusammen mit der Wirbelsäulenoperation durchgeführt werden kann. Dementsprechend wird sie auch nicht nach dem Fallpauschalen-Katalog im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Nr. 1; 9 Abs. 1 Nr. 1 KHEntgG abgerechnet, sondern mit einem Zusatzentgelt im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Nr. 2; 9 Abs. 1 Nr. 2 KHEntgG, auf die § 26 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 BVO gerade nicht verweist. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang argumentiert, Ziel der Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO sei es, die allgemeinen Krankenhausleistungen der Privatkliniken auf die Fallpauschalen zu begrenzen, ist ihm darin dem Grunde nach zwar beizupflichten. Dieser auch mit höherrangigem Recht zu vereinbarende Zweck der Kostenbegrenzung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 2009 – 2 B 19.09 –, juris, Rn. 7) kann aber nicht ohne sachlichen Grund für über dieses Ziel hinausgehende weitere Kostenbegrenzungen herangezogen werden. Dies führte nämlich dazu, dass – wie hier – der in einem privaten Krankenhaus behandelte Beamte bei gleichermaßen medizinisch notwendiger und der Höhe nach angemessener (zusätzlicher) Leistung weniger Beihilfe erhalten würde, als ein in einem zugelassenen Krankenhaus behandelter Beamter. Die Abgeltungsregelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO erstreckt sich demnach nur auf solche zusätzlichen allgemeinen Krankenhausleistungen, die Bestandteil der mit der Fallpauschale im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 1 BVO abgerechneten Leistung sind. Gerade dies ist – wie oben dargelegt – in Bezug auf das Einsetzen des Spreizers jedoch zu verneinen. Denn die dafür berechneten Kosten betreffen eine Leistung, die über das mit der allgemeinen Fallpauschale für eine Wirbelsäulenoperation abgedeckte Leistungsspektrum hinausgeht, weil sie nicht bei jeder Wirbelsäulenoperation notwendig wird. Dementsprechend sind die Kosten dafür auch in der Fallpauschale im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 KHEntgG nicht enthalten. Sie werden vielmehr im Einzelfall als (pauschales) Zusatzentgelt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG abgerechnet. Dabei kann es keinen Unterschied ausmachen, ob die Leistung in einem zugelassenen Krankenhaus oder – wie hier – in einer Privatklinik erbracht wurde. Denn die strukturellen Unterschiede zwischen Privatkliniken und Krankenanstalten, die in öffentlich-rechtliche Strukturen eingebunden sind, beeinflussen den beihilferechtlichen Angemessenheitsmaßstab nicht (Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. November 2015 – 5 K 577/15.KO –).

24

Einer extensiven Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO durch den Beklagten stehen auch verfassungsrechtliche Überlegungen entgegen, die sich insbesondere aus dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes ergeben. Danach ist für den Beihilfeausschluss notwendiger und angemessener Aufwendungen grundsätzlich eine ausdrückliche Regelung zu fordern. Denn der parlamentarische Gesetzgeber muss die Verantwortung für wesentliche Einschränkungen des Beihilfestandards übernehmen. Ansonsten könnte die Exekutive das durch die Besoldungs- und Versorgungsbestimmungen festgelegte Alimentationsniveau durch Streichungen und Kürzungen von Beihilfeleistungen eigenmächtig absenken (BVerwG, Urteil vom 23. April 2015 – 5 C 2.14 –, juris, Rn. 35). Auch dies spricht im Ergebnis für eine restriktive, am Sinn und Zweck der Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO orientierte Auslegung.

25

Schließlich entspricht die hier vertretene Auffassung auch der in der Literatur (vgl. Mildenberger, Beihilfenrecht in Bund, Ländern und Gemeinden, Kommentar, Loseblattsammlung, Band 1, A III/§ 26 Rn. 23) zu der inhaltlich vergleichbaren Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 3 Bundesbeihilfenverordnung – BBhV – vertretenen Auslegung. Danach (Mildenberger, a. a. O.) gehören zu den nach der genannten Regelung nicht beihilfefähigen Kosten unter anderem:

• zusätzliche Pflegeleistungen, z.B. für Nachwachen
• Kosten für Medikamente und dergleichen
• Gebühren für die Nutzung eines Operationssaals.

26

Die Auflistung dieser Beispielsfälle macht deutlich, dass es sich jeweils um solche („unechten“) zusätzlichen Leistungen handelt, die im direkten Zusammenhang mit der durch die Fallpauschale abgerechneten Behandlung/Indikation stehen und die deshalb regelmäßig mit der von einem zugelassenen Krankenhaus abgerechneten Fallpauschale abgegolten sind. Derartige zusätzliche Kostenrechnungen fallen mit anderen Worten in einem zugelassenen Krankenhaus nicht an. Anders verhält es sich indes aus den bereits dargelegten Gründen in Bezug auf die hier erbrachte („echte“) Zusatzleistung.

27

Diesem Ergebnis kann der Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, die extensive Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2 BVO rechtfertige sich auch vor dem Hintergrund, dass trotz dieser Abgeltungsregelung die Kosten und damit die Beihilfeleistungen für eine Behandlung in einem Privatkrankenhaus in der Praxis dennoch oftmals höher lägen als in einem zugelassenen Krankenhaus und es von daher eines Korrektivs bedürfe. Das Vorliegen einer solchen Situation im konkreten Fall der Klägerin hat der Beklagte schon nicht dargelegt, geschweige denn nachgewiesen. Überdies wäre es allein Sache des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers, diesem Umstand – so er denn zutrifft – in angemessener Form zu begegnen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten kann ein Ausgleich für in Einzelfällen – vermeintlich – zu viel zugesprochene Beihilfe nicht dadurch herbeigeführt werden, dass in anderen Fällen Beihilfeleistungen für medizinisch notwendige und der Höhe nach angemessene Behandlungskosten nur deshalb gekürzt werden, weil der Beihilfeberechtigte in einer Privatklinik behandelt wurde. Auch in diesem Fall muss es bei dem Grundsatz bleiben, dass die strukturellen Unterschiede zwischen Privatkliniken und Krankenanstalten, die in öffentlich-rechtliche Strukturen eingebunden sind, den beihilferechtlichen Angemessenheitsmaßstab nicht beeinflussen.

28

II. Die Klägerin hat demgegenüber keinen Anspruch auf die anteilige Übernahme der ihr von der A.-Klinik berechneten Mehrwertsteuer. Dem steht schon das Erfordernis der Angemessenheit der Kosten im Sinne des § 8 Abs. 1 BVO entgegen. Für die Wirbelsäulenoperation hat die A.-Klinik – ohne Kosten für den Spreizer – 2.605,04 € netto in Rechnung gestellt. Bei dem hier einschlägigen Hauptdiagnoseschlüssel (DRG) I 10 F ist nach dem in der Verwaltungsakte befindlichen und von der Klägerin nicht angegriffenen Rechenwerk als Basisfallwert (obere Korridorgrenze) ein Betrag von 3.066,32 € und ein Multiplikator von 0,676 zugrunde zu legen. Dies ergibt – ungeachtet der Frage des Kurzliegerabschlags – eine beihilfefähige Fallpauschale in Höhe von 2.072,83 €. Sind die Kosten aber nur in diesem Umfang selbst bei einer durchschnittlichen Verweildauer angemessen, so stellt sich die Frage nach der auf den in Rechnung gestellten Netto-Betrag entfallenden Mehrwertsteuer nicht mehr. Denn der Netto-Betrag selbst übersteigt bereits deutlich die als beihilfefähig anzuerkennenden Kosten. Die Frage nach der Beihilfefähigkeit der Mehrwertsteuer könnte sich mit anderen Worten überhaupt nur dann stellen, wenn das von der Klinik in Rechnung gestellte Netto-Entgelt geringer wäre als die Fallpauschale. Die gleichen Überlegungen gelten sinngemäß auch für die auf das Entgelt für den Einsatz des Spreizers entfallende Mehrwertsteuer (vgl. hierzu insgesamt Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. November 2015 – 5 K 577/15.KO –).

29

III. Schließlich hat der Beklagte auch zu Recht mit Änderungsbescheid vom 5. Juli 2012 die Fallpauschale um den Kurzliegerabschlag gekürzt und den im Nachgang dennoch ausgezahlten Betrag in Höhe von 491,52 € mit dem Widerspruchsbescheid wieder zurückgefordert.

30

Dass bei der Berechnung der Beihilfefähigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen (Fallpauschale) auch der Kurzliegerabschlag in Abzug zu bringen ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVO. Die Vorschrift verweist ausdrücklich auf die „Anwendung“ des Fallpauschalen-Katalogs nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG und nicht isoliert auf den Fallpauschalen-Katalog nach § 17 b Abs. 1 Satz 10 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG seinerseits erfasst aber ausdrücklich den Fallpauschalen-Katalog nach § 17 b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zu Verlegungsfällen und der Grenzverweildauer sowie der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlender Entgelte oder vorzunehmender Abschläge (effektive Bewertungsrelation). Zu den letztgenannten Abschlägen gehört auch der Kurzliegerabschlag. Im Übrigen wird die so vorgenommene Berechnung des Beklagten dem bereits oben näher ausgeführten Zweck des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVO als Kostenbegrenzungsregelung gerecht (Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. November 2015, a. a. O.).

31

Hat der Beklagte den Kurzliegerabschlag damit zu Recht in Abzug gebracht, so kann die Klägerin sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe das überzahlte Geld in dem schutzwürdigen Vertrauen auf die insoweit eingetretene Teilbestandskraft des Bewilligungsbescheids an die A.-Klinik weitergeleitet. Entgegen der von ihr vertretenen Rechtsauffassung ist der Bescheid vom 24. Januar 2012 bezüglich der Abrechnungsposition „Fallpauschale“ nicht in Teilbestandskraft erwachsen. Auch nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 15. November 2011 – 26 K 444/11 –, juris) kann von einer solchen Teilbestandskraft vorliegend nicht ausgegangen werden. In der genannten Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf den Eintritt einer Teilbestandskraft des Beihilfebescheids zunächst mit der Begründung angenommen, der dortige Kläger habe seinen Widerspruch von vornherein ausdrücklich nur auf den ablehnenden Teil des Bescheids beschränkt. Davon kann im vorliegenden Fall der Klägerin indes schon nicht ausgegangen werden. Bei verständiger Würdigung ihres Widerspruchsschreibens vom 8. Februar 2016 wollte sie erkennbar die Position der Fallpauschale insgesamt zur Überprüfung stellen. Denn dort heißt es:

32

„Überprüfung:

…       

        

Kurzliegerabschlag R 3.961 E

        

Berechnung Spacer

Anm.: Die C. erstattete 30 % der insgesamten Beträge.“

33

Ungeachtet dessen ist nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (a. a. O., Rn. 27 ff.) die Teilanfechtung eines Verwaltungsakts (nur) insoweit statthaft, als der Verwaltungsakt teilbar ist. Dies ist der Fall, wenn bei erfolgreicher Anfechtung eines Teils der verbleibende Rest als selbständiger Verwaltungsakt bestehen kann, ohne seine ursprüngliche Bedeutung zu ändern. Auch ist dem Verwaltungsgericht Düsseldorf insoweit grundsätzlich zuzustimmen, als es darauf verweist, dass bei Geldleistungsverwaltungsakten die Leistung teilbar ist. Eine Einschränkung ist aber nach Auffassung der Kammer dann zu machen, wenn – wie hier – um die Höhe einer Fallpauschale gestritten wird. Das Wesensmerkmal einer Fallpauschale ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass für einen bestimmten Leistungskanon ein pauschales Entgelt abgerechnet wird und auch die entsprechenden Zu- und Abschläge nach Pauschalen hinzugefügt oder abgezogen werden. Hieraus folgt, dass die Pauschale – anders als eine Abrechnung konkreter Einzelleistungen – in sich nicht mehr teilbar ist. Dementsprechend lässt sich die Frage nach der beihilferechtlichen Angemessenheit der Pauschale ebenfalls nur insgesamt unter Einbeziehung sämtlicher wertbildender Faktoren in Gestalt von pauschalen Zu- und Abschlägen abschließend beurteilen. Andernfalls wäre die Frage der Angemessenheit der Pauschale nicht mehr einheitlich zu beantworten. Der Verwaltungsakt würde mithin seine ursprüngliche Bedeutung verändern. Wird in einem solchen Fall die nur teilweise Beihilfegewährung in Bezug auf die Fallpauschale angegriffen, so kann sich dies nur auf die Fallpauschale als Ganzes beziehen. Dementsprechend wäre es nicht gerechtfertigt, wenn dabei zu Tage tretende Berechnungsfehler sich lediglich einseitig zu Lasten des Beihilfenträgers auswirken würden. Eine solche Betrachtungsweise würde dem Wesen der Fallpauschale zuwiderlaufen. Ist somit in Bezug auf die Abrechnungsposition der Fallpauschale keine Teilbestandskraft eingetreten, so war der Beklagte auch ohne weiteres berechtigt, den Bescheid vom 24. Januar 2012 mit Bescheid vom 5. Juli 2012 zu korrigieren und den überzahlten Betrag zurückzufordern, ohne dass dabei die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 VwVfG zu prüfen gewesen wären.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO.

36

Gründe, die Berufung zuzulassen, lagen nicht vor (§§ 124, 124 a VwGO).

Beschluss

1. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.440,98 € (949,46 € zuzüglich 491,52 € Rückforderung) festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch den Kläger im Vorverfahren wird für notwendig erklärt (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten schon im Vorverfahren ist anzuerkennen, wenn sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Verhältnissen nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 18. Auflage 2012, § 162 Rn. 18). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Es standen schwierige beihilferechtliche Rechtsfragen im Raum, die die Klägerin nicht aus eigener Sachkenntnis abschließend beurteilen konnte.

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