Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 1 L 2650/18
Tenor
1. a) Durch einstweilige Anordnung wird vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren festgestellt, dass die Verkaufsstellen im Stadtteil Sürth der Antragsgegnerin nicht am Sonntag, dem 9. Dezember 2018, auf Grund der Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in den Stadtteilen Severinsviertel, Neustadt-Süd, Rodenkirchen, Sürth, Sülz/Klettenberg, Braunsfeld, Lindenthal und Porz-Mitte vom 19. Oktober 2018 geöffnet sein dürfen.
b) Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Beschlusstenor zu 1.a) umgehend öffentlich bekannt zu machen.
c) Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
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Gründe
2Der auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO gerichtete Antrag ist zulässig und begründet.
3Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt. Für die Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog genügt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Vorliegend kann sich die Antragstellerin auf eine Verletzung des § 6 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW – vom 16. November 2006 (GV. NRW. S. 516), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 2018 (GV. NRW. S. 172), der auf die hier in Rede stehende Verordnung gemäß § 13 Abs. 3 LÖG NRW Anwendung findet, berufen. Diese Regelung konkretisiert den objektivrechtlichen Schutzauftrag, der sich für den Gesetzgeber aus der Sonn- und Feiertagsgarantie der Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergibt, und ist insoweit auch drittschützend. Dieser Schutzauftrag ist auf die Stärkung derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maße auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung sowie auf die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens angewiesen sind. Betroffen ist hier die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Die nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV geschützte Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam. Die Sonntagsöffnung kann zur Folge haben, dass Mitglieder der Antragstellerin an diesem Tag an der Teilnahme gemeinschaftlicher Veranstaltungen der Antragstellerin gehindert sind und/oder der Bereich der Mitgliederwerbung der Antragstellerin betroffen ist.
4Vgl. zum LadSchlG bereits BVerwG, Urteil vom 11. November 2015 – 8 CN 2.14 –, juris Rn. 15 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2018 – OVG 1 A 1.17 –, juris Rn. 24.
5Ob die Beschäftigten in den von der Sonntagsöffnung betroffenen Verkaufsstätten an dem hier streitigen Sonntag freiwillig arbeiten und damit aus eigenem Antrieb auf ihre gewerkschaftlichen Aktivitäten an diesem Tag verzichten, ist für die Frage der Antragsbefugnis der Antragstellerin unerheblich. Zwar mögen die in diesem Zusammenhang rechtlich geschützten Interessen der Antragstellerin, die eine konkrete Behinderung ihrer eigenen gewerkschaftlichen Arbeit an dem hier streitigen Sonntag im Übrigen bisher nicht vorgetragen hat, durch die einzelne Verkaufsöffnung nur geringfügig beeinträchtigt sein. Insoweit reicht jedoch die bloße Möglichkeit einer Verletzung in eigenen gewerkschaftlichen Rechten aus, denn hierbei ist entscheidend auf die Gesamtbelastung der Antragstellerin abzustellen, die sich für ihre landesweite Betätigung durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen insgesamt ergeben kann.
6Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. November 2015 – 8 CN 2.14 –, juris Rn. 18, und vom 17. Mai 2017 – 8 CN 1.16 –, juris Rn. 12; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Juni 2018 – OVG 1 A 1.17 –, juris Rn. 25.
7Davon abgesehen reicht der Vortrag der Antragstellerin, die kommunalen Regelungen zur Ladenöffnung seien mit der Ermächtigungsgrundlage in § 6 LÖG NRW nicht vereinbar, aus. Sie kann sich darauf berufen, die Voraussetzungen für den Erlass der Verordnung hätten nicht vorgelegen und die Verordnung verstoße dadurch gegen eine auch sie schützende Norm. Es ist insbesondere ohne Belang, ob die Antragstellerin bereits eine konkrete Veranstaltung an einem der Sonntage geplant hat. Denn die Antragstellerin kann bereits dadurch in ihren subjektiven Rechten betroffen sein, dass durch die festgelegten verkaufsoffenen Sonntage im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin der Charakter der Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe verändert wird.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 – 6 CN 1.13 – juris Rn. 14 ff. (zu einer vergleichbaren Konstellation nach dem ArbZG); OVG NRW, Beschlüsse vom 13. April 2018 – 4 B 524/18 –, juris Rn. 4, vom 15. August 2016 – 4 B 887/16 –, juris Rn. 8 ff., und vom 10. Juni 2016 – 4 B 504/16 –, juris Rn. 15 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. März 2015 – OVG 1 S 19.15 –, juris Rn. 27.
9Der Antrag ist auch begründet.
10Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da der Sache nach die Gültigkeit einer Rechtsnorm vorübergehend suspendiert werden soll, können für eine derartige Entscheidung nach § 123 VwGO allerdings keine anderen Maßstäbe gelten als für eine normspezifische einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO. Für diese ist allgemein anerkannt, dass eine Interessenabwägung unter Anlegung eines besonders strengen Maßstabs vorzunehmen ist. Die für die einstweilige Anordnung sprechenden Gründe müssen danach grundsätzlich so schwer wiegen, dass deren Erlass unabweisbar erscheint. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich die jeweils in Rede stehende untergesetzliche Norm schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als offensichtlich unwirksam erweist, und ihre Umsetzung den Antragsteller so konkret beeinträchtigt, dass die einstweilige Anordnung deshalb dringend geboten ist. Demgegenüber kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die jeweilige untergesetzliche Norm schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als wirksam erweist.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2016 – 4 B 504/16 –, juris Rn. 24 ff., m.w.N.; zuletzt bestätigt durch Beschluss vom 27. September 2018 – 4 B 1410/18 –, juris Rn. 16.
12Gemessen daran liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vor, da sich die Freigabe der Ladenöffnung am 9. Dezember 2018 bereits bei summarischer Prüfung als rechtswidrig erweist.
13Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 LÖG NRW dürfen an jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein. § 6 Abs. 1 S. 2 LÖG NRW enthält einen nicht abschließenden („insbesondere“) Katalog von Fällen, in denen ein öffentliches Interesse vorliegt. § 6 Abs. 4 S. 1 LÖG NRW ermächtigt die zuständige örtliche Ordnungsbehörde unter anderem dazu, die Tage nach Absatz 1 durch Verordnung freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken; innerhalb einer Gemeinde dürfen nach Absatz 1 nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden (§ 6 Abs. 4 S. 2 und 3 LÖG NRW).
14Mit dem Erfordernis eines „öffentlichen Interesses“ will der Gesetzgeber erklärtermaßen dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag für die Sonn- und Feiertagsruhe aus Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG und den hieraus vom Bundesverfassungsgericht,
15insbesondere in seinem Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857, 2858/07 –, BVerfGE 125, 39,
16abgeleiteten Anforderungen Rechnung tragen. Danach bedarf eine Ladenöffnung an einem Sonn- oder Feiertag eines dem Sonn- und Feiertagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Käufer genügen grundsätzlich nicht. Darüber hinaus müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben. Ob ein dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag des Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV genügender Sachgrund besteht, ist von der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu begründen. Von dieser Pflicht ist sie durch die gesetzliche Verankerung möglicher Sachgründe in § 6 Abs. 1 S. 2 LÖG NRW nicht entbunden. Die Behörde muss bei ihrer Entscheidung dem verfassungsrechtlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen gerecht werden. Dazu hat sie anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Abwägung zu prüfen und in einer für die gerichtliche Überprüfung nachvollziehbaren – dokumentierten – Weise zu begründen, ob einer der in § 6 Abs. 1 S. 2 LÖG NRW aufgezählten Sachgründe oder ein sonstiger Sachgrund tatsächlich vorliegt und, gegebenenfalls in Kombination mit anderen, hinreichend gewichtig ist, um die konkrete Ladenöffnung – auch hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs – zu rechtfertigen.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2018 – 4 B 590/18 –, juris Rn. 10, unter Hinweis auf die ausführliche Begründung im Beschluss vom 27. April 2018 – 4 B 571/18 –, juris Rn. 5 ff.
18Diesen Anforderungen genügt die hier streitige Freigabe der Verkaufsstellenöffnung am 9. Dezember 2018 im Stadtteil Sürth innerhalb der Grenzlinien Industriestraße – Wattigniesstraße – Kölnstraße – Rheinaustraße – Rhein – Sonnenblumenweg offensichtlich nicht. Die von der Antragsgegnerin für die Ladenöffnung angeführten Belange begründen weder für sich allein noch kumulativ ein öffentliches Interesse im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 LÖG NRW.
19Auf den Sachgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LÖG NRW – Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung – wird die Ladenöffnung ausweislich der Beschlussvor-lage vom 24. September 2018 ausdrücklich nicht gestützt, denn der „Weihnachtsmarkt hat eine völlig untergeordnete Bedeutung und erfüllt damit nicht ansatzweise ein öffentliches Interesse“. Eine andere Beurteilung ist auch aufgrund der Ausführungen in der Antragserwiderung nicht gerechtfertigt. Ungeachtet der Frage, ob die erforderliche Begründung angesichts der oben dargestellten Abwägungs- und Dokumentationspflichten im gerichtlichen Verfahren überhaupt nachgeholt werden kann, ergibt sich aus den Darlegungen in der Antragserwiderung jedenfalls inhaltlich keine ausreichend gewichtige Veranstaltung, die eine Ladenöffnung im hier betroffenen Bereich rechtfertigen würde. Zwar führt die Antragsgegnerin unter Verweis auf den Internetauftritt http://www.weihnachtsmarkt-suerth.de aus, dass insgesamt 26 Aussteller mit einem breiten Spektrum an Waren und Verköstigungen zum Weihnachtsmarkt angemeldet seien; ferner werde am Sonntag um 17:00 Uhr das 9. Türchen am „Lebendigen Adventskalender“ mit Musik, Geschichten, Gebäck und Tee geöffnet. Dass ein Weihnachtsmarkt dieser Größenordnung mit einem überschaubaren Veranstaltungsprogramm über das unmittelbare Veranstaltungsumfeld hinaus eine räumliche Ausstrahlungswirkung aufweist, die eine Öffnung von Verkaufsstellen auch in weiterer Entfernung – hier ca. 900-1000 m bis zum Sonnenblumenweg und zur Wattigniesstraße – rechtfertigt, ist damit jedoch nicht hinreichend belegt und in der Kürze der Zeit bei summarischer Prüfung für das Gericht auch sonst nicht nachvollziehbar.
20Die Ladenöffnung kann auch nicht auf § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bis 4 LÖG NRW gestützt werden. Um eine Ausnahme von der verfassungsrechtlichen Regel der Sonn- und Feiertagsruhe zu rechtfertigen, genügt nicht eine pauschale Behauptung, die beabsichtigte Ladenöffnung diene den dort aufgeführten Zielen. Diese gesetzlich definierten öffentlichen Interessen sind in ihrer Zielrichtung sehr weit gefasst, daher letztlich stets in allgemeiner Weise berührt und insoweit nicht geeignet, einen als solchen für die Öffentlichkeit erkennbaren Ausnahmecharakter der Ladenöffnung zu begründen. Um dem verfassungsrechtlich gebotenen und vom Gesetzgeber vorausgesetzten Regel-Ausnahme-Verhältnis gerecht zu werden, müssen die in § 6 Abs. 1 S. 2 LÖG NRW genannten Ziele nach den konkreten Verhältnissen in der betreffenden Kommune in dem für die Ladenöffnung vorgesehenen Bereich zumindest in besonderer Weise betroffen sein, um eine Ausnahme von der Regel der Sonn- und Feiertagsruhe gegebenenfalls rechtfertigen zu können. Jedenfalls muss es sich dabei um Belange handeln, die tatsächlich über das bloße Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und das alltägliche Erwerbsinteresse potenzieller Käufer an einer Ladenöffnung hinausgehen. Die Öffnung muss zudem, um den genannten Zielen zu „dienen“, zur Zielerreichung geeignet, d.h. dem jeweiligen Zweck jedenfalls förderlich sein.
21Vgl. mit ausführlicher Begründung OVG NRW, Beschluss vom 27. April 2018 – 4 B 571/18 –, juris; Be-schluss vom 4. Mai 2018 – 4 B 590/18 –, juris Rn. 18-20.
22Der Landesgesetzgeber hat dem Interesse der Verkaufsstelleninhaber und der Kunden durch die maximale Ausweitung der werktäglichen Öffnungszeiten in weitem Umfang Rechnung getragen, so dass dem Bedarfsdeckungs- und Versorgungsargument an Sonn- und Feiertagen nur noch geringe Bedeutung zukommt. Deshalb müssen insbesondere Maßnahmen zur Belebung von Innenstädten, zur Stärkung zentraler Versorgungsbereiche und zum Erhalt eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots, gerade wenn sie darin bestehen oder sich gar darauf beschränken, Verkaufsstellen zu öffnen, grundsätzlich in erster Linie während der zulässigen wöchentlichen Ladenöffnungszeiten verfolgt werden (z.B. „Lange Einkaufsnacht“). Dies schließt nicht aus, dass die Gemeinden flankierend hierzu im Rahmen einer konzeptionellen Gesamtstrategie aus städtebaulichen und gesellschaftspolitischen Gründen verfolgte wirtschaftspolitische Stärkungs- und Entwicklungsmaßnahmen durch vereinzelte räumlich und zeitlich begrenzte verkaufsoffene Sonntage gezielt ergänzen. Das erforderliche Gewicht zur Rechtfertigung eines verkaufsoffenen Sonntags haben die Sachgründe nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bis 5 LÖG NRW allerdings nur dann, wenn sich die örtliche Situation von der allgemeinen Lage des Einzelhandels im verstärkten Wettbewerb etwa angesichts der Zunahme des Online-Handels unterscheidet. Dazu müssen besondere örtliche Problemlagen (z.B. regional begrenzte Fehlentwicklungen oder standortbedingte außergewöhnlich ungünstige Wettbewerbsbedingungen) belegbar gegeben sein, die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung bestimmter Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen können. Auch deshalb bedarf es zudem eines schlüssig verfolgten Gesamtkonzepts, im Rahmen dessen verkaufsoffene Sonntage geeignet erscheinen, den damit verfolgten legitimen Zielen jenseits des Umsatzinteresses des Handels zu dienen.
23OVG NRW, Beschlüsse vom 2. November 2018 ‒ 4 B 1580/18 und 4 B 1577/18 –, juris Rn. 17 ff.; Beschluss vom 26. Oktober 2018 – 4 B 1546/18 –, juris Rn. 33 f.
24Ein solches Gewicht zur Rechtfertigung eines verkaufsoffenen Sonntags hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt. Es kann dabei offen bleiben, ob die Ausführungen zur „enorm niedrigen Einzelhandelszentralität“ in Sürth dem Grunde nach geeignet sind, standortbedingte außergewöhnlich ungünstige Wettbewerbsbedingungen darzulegen. Denn jedenfalls ist die Ladenöffnung nicht Teil einer von der Verwaltung der Antragsgegnerin erarbeiteten konzeptionellen Gesamtstrategie, die durch vereinzelte räumlich und zeitlich begrenzte verkaufsoffene Sonntage gezielt ergänzt wird. Ausweislich der Stellungnahme der Verwaltung vom 4. September 2018 ist lediglich geplant, in der Fortschreibung des Einzelhandels- und Entwicklungskonzepts die grundsätzliche Eignung von Sonntagsöffnungen zur Belebung der Geschäftszentren und den Erhalt des vielfältigen Angebots und der polyzentrischen Struktur darzulegen; dies ist aber noch nicht erfolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die Ausführungen des OVG NRW zum „Südstadt-Kulturherbst“ Bezug genommen,
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. November 2018 – 4 B 1577/18 –, juris Rn. 29.
26die auf derselben Stellungnahme der Verwaltung beruhten wie die vorliegende Ladenöffnung. Im Hinblick auf die hier in Rede stehende Ladenöffnung kommt hinzu, dass die Verwaltung in ihrer Stellungnahme angemerkt hat, dass der Antrag wegen fehlender Kartierung bzw. Beschreibung des Aktionsraums nicht beurteilt werden könne. Der von der Verwaltung empfohlene Aktionsraum in der Größe des entsprechenden Nahversorgungszentrums (vgl. Karte auf Bl. 615 des Verwaltungsvorgangs) ist deutlich kleiner als das tatsächlich zur Ladenöffnung freigegebene Gebiet.
27Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 LÖG NRW wird in der Antragserwiderung zwar erwähnt, aber weder dort noch in der Beschlussvorlage des Rates nachvollziehbar begründet.
28Erweist sich die umstrittene Verordnung mithin schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als offensichtlich unwirksam, beeinträchtigt auch ihre Umsetzung die Antragstellerin so konkret in ihrem verfassungsrechtlich durch die Vereinigungsfreiheit geschützten Recht auf Wahrung des Sonn- und Feiertagsschutzes, dass die einstweilige Anordnung dringend geboten ist. Denn eine rechtskräftige Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren wäre für die Antragstellerin nicht rechtzeitig zu erlangen. Die Interessen von Verkaufsstelleninhabern, die im Hinblick auf eine Sonntagsöffnung bereits Dispositionen getroffen haben mögen, müssen deshalb zurückstehen.
29Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
30Der Streitwert wurde auf der Grundlage von §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG festgesetzt.
31Rechtsmittelbelehrung
32Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
33Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
34Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
35Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
36Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
37Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
38Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
39Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
40Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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