Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 2 L 117/20
Tenor
1. Soweit der Antragsteller den Antrag bezüglich des Gebührenbescheides der Antragsgegnerin vom 05. Dezember 2019 (Az.: 00-00/00000 ) zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.125,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Soweit der Antragsteller den Antrag bezüglich des Gebührenbescheides der Antragsgegnerin vom 05. Dezember 2019 (Az.: 00-00/000000) zurückgenommen hat, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
3Im Übrigen ist das vorläufige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers mit dem sinngemäßen Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 2 K 163/20 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 05. Dezember 2019 (Az.: 00-00/000000) wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
5zulässig, aber nicht begründet.
6Die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Vollziehungsanordnung genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsgegnerin hat das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung ausreichend schriftlich begründet, indem sie auf Blatt 6 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die konkreten auf den vorliegenden Einzelfall bezogenen Gründe angegeben hat – Privilegierung des Rechtsuntreuen, Entlastung des Verkehrsaufkommens im öffentlichen Straßenraum - die sie hier bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen. Mehr an Begründung wird von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht verlangt.
7Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht zu treffende Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, vorerst von der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 05. Dezember 2019 verschont zu bleiben und dem öffentlichen Interesse an deren sofortiger Vollziehung geht zu Lasten des Antragstellers aus.
81. Die streitgegenständliche Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 05. Dezember 2019 (Az.: 00-00/000000), wonach gemäß deren Ziffer I. dem Antragsteller die Nutzung des im beigefügten Plan rot markierten Grundstücks M. Straße 00-00 in D. -D1. , Gemarkung D1. , Flur 00, Flurstück 000, als Betriebsstätte des vom Antragsteller betriebenen Unternehmens ab sofort untersagt wird, erweist sich nach Auffassung der Kammer nach der hier gebotenen summarischen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig mit der Folge, dass die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
9Rechtsgrundlage von Ziffer I. der angefochtenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin ist § 82 Satz 2 BauO NRW 2018. Danach kann bei Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, diese Nutzung untersagt werden. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung in Nordrhein- Westfalen,
10vgl. nur zu § 61 BauO NRW 2000 OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2011 – 7 B 634/11 – juris; Beschluss vom 20. September 2010 – 7 B 985/10 -, Beschluss der Kammer vom 18. Dezember 2017 – 2 L 4485/17,
11ist die Bauaufsichtsbehörde in Ausübung des ihr eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens zur Wahrung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts berechtigt, sofort vollziehbare Nutzungsuntersagungen auszusprechen, wenn die ausgeübte Nutzung formell illegal ist, es sei denn, der erforderliche Bauantrag ist gestellt, nach Auffassung der Bauaufsichtsbehörde offensichtlich genehmigungsfähig und der Erteilung der beantragten Baugenehmigung steht auch sonst nichts im Wege.
12Gemessen an diesen auch für die Anwendung von § 82 Satz 2 BauO NRW 2018 geltenden Grundsätzen ist die Nutzungsuntersagung im vorliegenden Fall rechtmäßig. Für die derzeitige Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks Gemarkung D1. , Flur 00, Flurstück 000 liegt die nach § 60 Abs. 1 BauO NRW 2018 erforderliche Baugenehmigung nicht vor. Auf die daher vorliegende formelle Illegalität der Nutzung hat die Antragsgegnerin die angefochtene Nutzungsuntersagung rechtsfehlerfrei gestützt.
13Mit Bescheid vom 10. Oktober 1996 (Az.: 00000) genehmigte die Antragsgegnerin einem Rechtsvorgänger des Antragstellers die Errichtung eines Autoverkaufsplatzes auf dem streitbefangenen Grundstück M. Straße 00-00 in D. -D1. . Aus der mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Betriebsbeschreibung ergibt sich, dass ein Verkaufsplatz für Neu- und Gebrauchtwagen mit täglich freier Autoschau und Verkauf während der gesetzlichen Zeiten sowie nach Vereinbarung und ein Container für eine kurzzeitige Beratung genehmigt worden waren. Diese Baugenehmigung war auf zwei Jahre befristet bis zum 10. Oktober 1998. In der Folgezeit wurde diese Baugenehmigung jeweils um ein Jahr verlängert, zuletzt mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2008 bis zum 10. Oktober 2008. Weitergehende Verlängerungsbescheide sind ausweislich der vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Nach den eigenen Angaben des Antragstellers anlässlich einer Ortsbesichtigung durch Mitarbeiter der Antragsgegnerin am 20. Januar 2020 findet auf dem streitbefangenen Grundstück derzeit kein regulärer Gebrauchtwagenhandel statt, sondern der Unternehmensgegenstand liegt in der Verschiffung von Fahrzeugen. Diese gegenwärtige Nutzung des Betriebsgrundstücks dürfte höchstwahrscheinlich nicht mehr von der Variationsbreite der Baugenehmigung vom 10. Oktober 1996 gedeckt sein und es sich daher um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handeln. Da die Wirksamkeit der Baugenehmigung vom 10. Oktober 1996 jedoch mit Ablauf des 10. Oktober 2008 mangels weiterer Verlängerungen erloschen ist, kann dies jedoch letztlich offenbleiben, denn jedenfalls mangelt es an einer Baugenehmigung für die aktuelle Nutzung des streitbefangenen Grundstücks durch den Antragsteller. Die mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. März 2011 für einen vorherigen Nutzer des Grundstücks ausgesprochene (aktive) Duldung für die der ursprünglichen Baugenehmigung zugrundeliegende Grundstücksnutzung - Betrieb einer Verkaufsfläche für KFZ - aufgrund einer seit über 15 Jahren bauordnungsrechtlich nicht zu beanstandenden Nutzung ersetzt auch nicht die vorliegend fehlende Baugenehmigung. Ein Bauantrag zur nachträglichen Legalisierung ist seitens des Antragstellers bisher ebenfalls nicht gestellt worden.
14Die Antragsgegnerin hat ihr pflichtgemäßes Ermessen nach § 82 Satz 2 BauO NRW 2018 vorliegend auch ordnungsgemäß ausgeübt. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass sie im Rahmen ihrer Ermessensausübung ergänzende Ausführungen in Form von Hinweisen zur Frage der materiellen Illegalität der Nutzung – Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften und Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme - gemacht hat. Denn die Nutzungsuntersagung wird tragend eindeutig ausschließlich auf die formelle Illegalität gestützt (vgl. Blatt 4 der Ordnungsverfügung vom 05. Dezember 2019).
15Soweit der Antragsteller einwendet, es sei zwingend zu berücksichtigen, dass er nach Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung dafür Sorge getragen habe, die Autotransporter zukünftig auf seinem eigenen Betriebsgelände beladen zu können, ist dies rechtlich unerheblich. Die Antragsgegnerin hatte dem Antragsteller im Anhörungsschreiben vom 14. Oktober 2019 unter Fristsetzung von vier Wochen nach Zugang des Schreibens lediglich eine Duldung der derzeitigen Nutzung des streitbefangenen Grundstücks in Aussicht gestellt, wenn der Antragsteller innerhalb der Frist ein nachvollziehbares Konzept über die Regelung der Be- und Entladung der im Rahmen des Betriebs seines Unternehmens genutzten Autotransporter der Antragsgegnerin vorlegt. Ungeachtet der Tatsache, dass der Antragsteller diese eingeräumte Frist hat ungenutzt verstreichen lassen, führt die faktische Verlagerung der Ladevorgänge mit Autotransportern auf das Betriebsgrundstück des Antragstellers jedenfalls nicht dazu, dass nunmehr die aktuelle Nutzung des Grundstücks nicht mehr wegen Fehlens einer Baugenehmigung formell illegal ist.
16Soweit der Antragsteller seine Gewerbe-Anmeldung vom 07. April 2017 vorlegt, wonach unter anderem auch die Verschiffung von KFZ zu den angemeldeten gewerblichen Tätigkeiten auf dem streitbefangenen Grundstück gehört, ist dies ebenfalls unbeachtlich, da (auch) eine Gewerbe-Anmeldung eine fehlende baurechtliche Genehmigung nicht ersetzt.
172. Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,00 Euro in Ziffer II. der angefochtenen Ordnungsverfügung. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in § 63 VwVG NRW i. V. m. §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58 und 60 VwVG NRW. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung werden vom Antragsteller auch selbst nicht geltend gemacht.
18Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 11 a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des OVG NRW vom 22. Januar 2019 und Ziffer 3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 31. Mai/01. Juni 2012 und vom 18. Juli 2013 und entspricht der Hälfte des Streitwertes in der Hauptsache, vgl. Ziffer 14 a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des OVG NRW.
20Rechtsmittelbelehrung
21Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
22Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
23Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
24Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
25Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
26Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
27Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
28Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
29Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
- §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58 und 60 VwVG 4x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 155 1x
- § 61 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- § 63 VwVG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 55a 3x
- VwGO § 92 1x
- VwGO § 80 3x
- § 82 Satz 2 BauO 3x (nicht zugeordnet)
- § 60 Abs. 1 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 2 K 163/20 1x (nicht zugeordnet)
- 7 B 634/11 1x (nicht zugeordnet)
- 7 B 985/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2 L 4485/17 1x (nicht zugeordnet)