Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 7 K 445/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages leistet
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T a t b e s t a n d
2Der 1974 in Taschkent/Usbekistan geborene Kläger begehrt die Erteilung eines Aufnahmebescheids nach dem Bundesvertriebenengesetz - BVFG -.
3Im Jahr 1998 stellte der Kläger einen Aufnahmeantrag. Er gab an, sein Vater, der im April 1950 in Taschkent geborene F. C. , und dessen Vater, der 1905 in Fergana/Usbekistan geborene B1. T. , seien deutsche Volkszugehörige. B. T. sei zwischen 1942 und 1947 zur Trudarmee im Gebiet Swerdlowsk herangezogen worden und habe von 1947 bis 1949 in Kasachstan unter Kommandantur gestanden. Im Mai 1950 habe er mit der Großmutter des Klägers, der russischen Volkszugehörigen U. C1. , die Ehe geschlossen. Der Kläger legte einen 1997 ausgestellten Inlandspass mit deutschem Nationalitätseintrag vor. Seine Geburtsurkunde, die als seinen Vater den deutschen Volkszugehörigen F. C. ausweist, stammt vom 17.03.1998. Ein beigefügtes standesamtliches Dokument vom 00.04.1998 ist als Abschrift einer Akteneintragung über die Geburt des Klägers am 00.00.1974 bezeichnet. In diesem Formblatt ist F. C. ebenfalls als Deutscher erfasst. Die wiederholte Ausstellung einer Geburtsurkunde am 17.03.1998 ist darin vermerkt. Der Kläger gab an, die Neuausstellung sei nach einem Verlust der ursprünglichen Geburtsurkunde im Jahr 1995 notwendig gewesen. Bei einer Überprüfung seiner Deutschkenntnisse in der Botschaft der Beklagten in Taschkent war nach Einschätzung des Sprachtesters ein Gespräch in deutscher Sprache mit dem Kläger nicht möglich. Den Aufnahmeantrag lehnte das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 12.10.2001 ab. Dem Kläger sei die deutsche Sprache nicht ausreichend innerhalb der Familie vermittelt worden. Den Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2002 aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
4Im August 2015 beantragte der Kläger, sein Aufnahmeverfahren wieder aufzugreifen. Er erfülle die Voraussetzungen als Spätaussiedler nach dem zwischenzeitlich geänderten BVFG und bitte um erneute Einladung zum Sprachtest. Der Kläger legte eine 1997 ausgestellte Geburtsurkunde des F. C. vor, in der B. J. T. als sein Vater mit deutscher Nationalität eingetragen ist; die Geburt sei am 00.00.1950 standesamtlich registriert worden.
5Das Bundesverwaltungsamt griff das Aufnahmeverfahren wieder auf und lehnte den Aufnahmeantrag mit Bescheid vom 05.07.2017 ab. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er von einem deutschen Staatsangehörigen oder einem deutschen Volkszugehörigen abstamme. Die neu ausgestellten Geburtsurkunden des Klägers und seines Vaters stammten aus einer Zeit, in der die Behörden die Nationalität auf Wunsch des jeweiligen Antragstellers eingetragen hätten.
6Den dagegen gerichteten Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2017 zurück. Der Bescheid wurde am 15.12.2017 abgesandt.
7Der Kläger hat am 16.01.2018 Klage erhoben.
8Er meint, mit dem vorgelegten Auszug aus dem Geburtsregister sei der Abstammungsnachweis geführt. Ferner verweist er auf Kopien von Geburts- und Taufscheinen der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Taschkent aus dem Jahr 1912, die sich auf die Geschwister seines Großvaters bezögen. Die Dokumente betreffen P. W. und P1. K1. , die 1907 bzw. 1909 in Andischan/Gebiet Fergana als Kinder der Eheleute K1. T. und der B2. N. M. , geborene C2. , geboren wurden. P1. J. T. ist In einer Geburtsurkunde des 1956 in Taschkent geborenen M1. Q. mit deutscher Nationalität erfasst. Der Kläger hat eine im Mai 2019 ausgestellte Archivbescheinigung des Informationszentrums des russischen Innenministeriums vorgelegt. Dort ist ausgeführt, aus Personalakten des 1905 in Fergana geborenen B. J. T. ergebe sich, dass dieser deutscher Nationalität sei und seit 1935 in Moskau wohne.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 05.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2017 zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zu erteilen, hilfsweise, über den Antrag auf Aufnahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie meint ergänzend, hinsichtlich der Abstammung sei auf B. T. als Angehörigen der Erlebnisgeneration zurückzugreifen. Er habe sich nicht nachweislich bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertreibungsbeginns zum deutschen Volkstum bekannt. Es lägen keine zu seinen Lebzeiten ausgestellten Urkunden vor, die ihn als deutschen Volkszugehörigen auswiesen. Unabhängig davon sei schon die biologische Abstammung des Klägers von F. C. und B. T. nicht nachgewiesen. Die neuausgestellten Urkunden besäßen keine hinreichende Aussagekraft. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich zwischen der Erstausfertigung und der Neuausstellung der Geburtsurkunden Änderungen im Geburtsregister ergeben hätten. Ohne Angaben zu etwaigen Änderungen in dem zugrunde liegenden Register beschränke sich der Erklärungswert neuer Urkunden auf den Stand des Registers bei Ausstellung dieser Urkunden.
14Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Gericht mit Beschluss vom 09.05.2018 abgelehnt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die zulässige Klage ist nicht begründet.
18Der Kläger wird durch die Weigerung der Beklagten, ihm einen Aufnahmebescheid zu erteilen, nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
19Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Spätaussiedler im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 BVFG kann nur sein, wer deutscher Volkszugehöriger im Sinne des § 6 BVFG ist und von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt, der zu dem nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BVFG maßgeblichen Stichtag - mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten - gelebt hat,
20vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2019 - 1 C 43.18 -; VG Köln, Urteil vom 03.03.2020 - 7 K 5609/17 -.
21Der Kläger erfüllt nicht nachweislich die Voraussetzung einer Abstammung von einem deutschen Staatsangehörigen oder Volkszugehörigen, bei dem die Stichtagsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BVFG vorliegen.
22Als Person, die die Stichtagsvoraussetzungen erfüllt, kommt von vornherein nur B. T. in Betracht, der 1905 in Usbekistan geboren sein soll. F. C. war am 08.05.1945 (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BVFG) noch nicht geboren und hat auch nicht nach einer vorherigen Vertreibung im Sinne des § 1 Abs.1 oder 2 BVFG oder der Vertreibung eines Elternteils bis zum 31.03.1952 den Wohnsitz wieder in die Aussiedlungsgebiete verlegt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 BVFG). Von B. T. kann der Kläger eine deutsche Abstammung indessen nicht herleiten.
23In Frage steht zunächst, ob der Kläger biologisch von B. T. abstammt. Zweifel ergeben sich daraus, dass keine Geburtsurkunden vorliegen, die in zeitlicher Nähe zur Geburt des Klägers und des F. C. ausgestellt worden sind. Die vorgelegten Geburtsurkunden sind erst 1997 bzw. 1998 und damit mehrere Jahrzehnte nach dem jeweils beurkundeten Ereignis gefertigt worden. Gemäß § 98 VwGO in Verbindung mit § 438 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - ist in jedem Einzelfall zu ermessen, ob Urkunden, die von einer ausländischen Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person erstellt wurde, ohne näheren Nachweis als echt anzusehen sind. Im Fall der Echtheit kommt ihnen dieselbe Beweiskraft zu wie inländischen Urkunden. Sie sind nur dann nicht beweisgeeignet, wenn konkrete Anhaltspunkte gegen ihre Echtheit oder inhaltliche Richtigkeit sprechen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion die Beschaffung gefälschter oder inhaltlich unrichtiger Urkunden ohne weiteres möglich und auch in den beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren häufig zu beobachten ist,
24vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 03.07.2014 - 11 A 166/13 -, vom 22.02.2017 - 11 A 1298/15 - und vom 27.02.2019 - 19 A 1999/16 -; Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 14.08.2018 - 7 K 13697/18 -.
25Insbesondere das Abstammungsverhältnis zwischen F. C. und B. T. unterliegt erheblichen Zweifeln. Es fehlen jegliche amtliche Angaben zum ursprünglichen Eintrag der Eltern des F. C. im Geburtsregister und etwaigen Veränderungen bis zur Ausstellung der vorgelegten Geburtsurkunde in 1997. F. C. hat durchgängig den Nachnamen seiner Mutter geführt. Eine Heiratsurkunde der Großeltern, die nach der Geburt des F. C. die Ehe geschlossen haben sollen, hat der Kläger entgegen seiner Ankündigung nicht vorgelegt. Für eine zeitnah zur Geburt erfolgte Vaterschaftsanerkennung oder Vaterschaftsfeststellung ist nichts ersichtlich.
26Im Ergebnis kann jedoch offenbleiben, ob der Kläger biologisch von B. T. abstammt. Es lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass B. T. deutscher Staatsangehöriger oder Volkszugehöriger gewesen ist.
27Für den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit fehlen jegliche Anhaltspunkte.
28Ob die Bezugsperson, von der die Abstammung hergeleitet wird, als deutscher Volkszugehöriger anzusehen ist, richtet sich nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Geburt des Aufnahmebewerbers,
29- vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2019 - 1 C 43.18 -.
30Nach der bei Geburt des Klägers im Jahr 1974 geltenden Fassung des § 6 BVFG ist deutscher Volkszugehöriger, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung und Kultur bestätigt wird. Die Regelung legt die Anforderungen an die deutsche Volkszugehörigkeit für die sogenannte Erlebnisgeneration fest. Für sie wird ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum gefordert, das jedoch nur bis zum Beginn der allgemeinen, gegen die deutsche Volksgruppe gerichteten Vertreibungsmaßnahmen abgegeben worden sein muss. Das Bekenntnis konnte durch eine ausdrückliche Erklärung oder durch ein schlüssiges Gesamtverhalten erfolgen, wobei auch das Vorliegen der genannten Bestätigungsmerkmale eine Bedeutung als Indiz für ein Bekenntnis hat. Hierbei war das Gesamtverhalten im Verhältnis zu den sowjetischen Behörden maßgebend. Diese mussten den Betroffenen im maßgeblichen Zeitraum als Angehörigen der deutschen Volksgruppe ansehen,
31vgl. von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Kommentar, Stand: Februar 2020, § 6 BVFG n.F., Randnummer 13 ff.
32Für die in der früheren Sowjetunion ansässige Erlebnisgeneration ist grundsätzlich maßgebend die Zeit bis zum Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen der Überfall deutscher Truppen auf die Sowjetunion am 22.06.1941.
33Das Gericht hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass B. T. sich im maßgeblichen Zeitraum zum deutschen Volkstum bekannt hat. Bereits seine Identität und Herkunft bleiben im Ungewissen. Daran ändert es nichts, dass der Kläger Geburtsbescheinigungen für P. und P1. T. vorgelegt hat. Ein verwandtschaftliches Verhältnis dieser Personen zu B. T. ist unbelegt. Für B. T. selbst fehlen jegliche Personenstandsurkunden. Weder seine Geburt, noch eine angebliche Eheschließung noch sein Tod sind amtlich dokumentiert. Belastbare Anhaltspunkte für die Annahme eines volkstumsmäßigen Bekenntnisses sind ebenfalls nicht dargetan. Über seine Lebensumstände vor Vertreibungsbeginn ist nichts bekannt, was einen verlässlichen Hinweis auf ein entsprechendes Bekenntnisverhalten gibt. Es gibt keine behördliche Bestätigung – etwa in Form der üblichen Rehabilitierungsbescheinigungen – oder sonstige aussagekräftige Anhaltspunkte dafür, dass B. T. das Schicksal der Volksdeutschen in der UdSSR erlitten hat, die in die Trudarmee eingegliedert wurden bzw. aus ihren angestammten Gebieten nach Sibirien und Kasachstan deportiert wurden und in den Verbannungsorten der Kommandanturaufsicht unterstanden. Sie durften ihren Wohnort nicht verlassen. Ihr rechtloser Zustand wurde 1948 durch ein Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets „auf ewige Zeiten“ festgeschrieben. Dessen Dekret vom 13.12.1955, mit dem die Sondersiedlungen aufgehoben wurden, änderte nichts daran, dass ihnen die Rückkehr in ihre angestammten Gebiete weiter versagt wurde. Mit Blick darauf vermag die bloße Behauptung des Klägers, B. T. sei in der Trudarmee und (nur) bis 1949 unter Kommandantur in Kasachstan gewesen, das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass er sich bis Juni 1941 als deutscher Volkszugehöriger zu erkennen gegeben hat.
34Keine Schlussfolgerungen in Bezug auf ein Bekenntnis des B. T. bis 1941 lassen sich aus den Nationalitätseinträgen in den vorgelegten Geburtsurkunden ableiten.
35Die Umstände, unter denen die Nationalität des B. T. in der 1997 ausgestellten Geburtsurkunde des F. C. eingetragen wurde, sind nicht bekannt. Unterlagen, die Aufschluss über den ursprünglichen Nationalitätseintrag im Geburtsregister geben, liegen nicht vor, so dass etwaige Veränderungen nicht auszuschließen sind. Der Kläger hat auch keinen Grund für die Neuausstellung dieser Urkunde genannt.
36Der deutsche Nationalitätseintrag für F. C. in der 1998 ausgestellten Geburtsurkunde des Klägers und der weiteren standesamtlichen Bescheinigung rechtfertigen es ebenfalls nicht, mittelbar den Rückschluss auf ein Bekenntnisverhalten des B. T. im maßgeblichen Zeitraum zu ziehen. Auch hier lässt sich der Grund für die Neuausstellung nicht zweifelsfrei nachvollziehen. Die Umstände des angeblichen Verlusts dieser Geburtsurkunde im Jahr 1995 sind nicht näher substantiiert und unbelegt. Nicht erläutert ist auch, weshalb der Kläger noch mehrere Jahre gewartet haben will, um den Verlust der Urkunde zu ersetzen. Das standesamtliche Dokument von April 1998 bestätigt den Eintrag der deutschen Nationalität des F. C. in den Akten und die Neuausstellung der Geburtsurkunde am 17.03.1998, ohne zu erwähnen, ob und ggfs. welche Änderungen der Eintragungen im Geburtsregister vorgenommen wurden und aus welchem Anlass die Geburtsurkunde neu ausgestellt wurde. Dies unterscheidet die vorgelegte Bescheinigung von einem vollständigen Auszug aus dem Geburtsregister.
37Vor diesem Hintergrund legt die Tatsache, dass die Geburtsurkunden in zeitlichem Zusammenhang mit dem Aufnahmeantrag ausgestellt worden ist, nahe, dass der Kläger den deutschen Nationalitätseintrag jeweils nachträglich erwirkt hat, um eine Aufnahme zu erreichen.
38Die 2019 ausgestellte Bescheinigung des Informationszentrums des russischen Innenministeriums, wonach B. T. 1935 als deutscher Volkszugehöriger geführt worden sei, vermag das Gericht gleichfalls nicht davon zu überzeugen, dass er sich bis kurz vor Beginn der Vertreibungsmaßnahmen zum deutschen Volkstum bekannt hat. Es fehlt jeder glaubhafte Hinweis, worauf die Behörde die Angabe zur Nationalität stützt. Gäbe es tatsächlich eine „Personalakte“, die ihn 1935 als deutschen Volkszugehörigen erfasst hat, hätte diese Informationen über seinen Werdegang ab Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges enthalten müssen. Abgesehen von dem Umstand, dass der Kläger selbst zwischenzeitlich seinen Wohnsitz nach Russland verlegt hat, fehlt nach dem bisherigen Vorbringen zur Geschichte seiner Familie jeder Bezugspunkt dafür, dass dem russische Innenministerium Unterlagen aus einem Vorkriegsaufenthalt des B. T. in Russland vorliegen könnten.
39Das Gericht schließt nicht aus, dass der Kläger sich hinsichtlich der Frage der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen in einem Darlegungs- und Beweisnotstand befindet. Zwar lässt ein unverschuldeter Beweisnotstand auf dem Gebiet des Vertriebenen- und Spätaussiedlerrechts es zu, auch Tatsachen festzustellen, die ein Antragsteller lediglich vorträgt. Gleichwohl darf eine anspruchsbegründende Tatsache nur festgestellt werden, wenn die entscheidende Stelle zu der Überzeugung gelangt, dass sie vorliegt,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 16.02.1993 - 9 C 25.92 -.
41Die Überzeugung, dass B. T. sich im relevanten Zeitraum zum deutschen Volkstum bekannt hat, hat das Gericht nicht gewinnen können.
42Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht vorliegen, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Neubescheidung seines Aufnahmeantrags zu.
43Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
45Rechtsmittelbelehrung
46Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 49
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 50
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 51
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
54Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
55Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
56Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
57Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
58Beschluss
59Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
605.000,00 €
61festgesetzt.
62Gründe
63Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
64Rechtsmittelbelehrung
65Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
66Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
67Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
68Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
69Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
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- 7 K 13697/18 1x (nicht zugeordnet)
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- 19 A 1999/16 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 11 A 166/13 1x
- BVFG § 4 Spätaussiedler 5x
- 11 A 1298/15 1x (nicht zugeordnet)
- BVFG § 1 Vertriebener 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 98 1x
- 7 K 5609/17 1x (nicht zugeordnet)
- § 52 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 55a 1x