Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (5. Kammer) - 5 A 16/12

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen die an die Feststellung ihrer begrenzten Dienstfähigkeit anknüpfende Herabsetzung ihrer Arbeitszeit.

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Die am … geborene Klägerin ist Beamtin des Landes Sachsen-Anhalt im Statusamt einer Oberstudiendirektorin (Bes.Gr. A 16 LBesO). Derzeit ist sie als Schulleiterin am Gymnasium in W. tätig. Im Jahr 2008 war die Klägerin mehrfach dienstunfähig erkrankt, darunter auch längere Zeiten, namentlich vom 6. Juni bis zum 31. August 2008 und vom 18. September 2008 bis Anfang November 2008. Daran schloss sich eine stufenweise Wiedereingliederung der Klägerin für die Zeit vom 10. November 2008 bis zum 16. Januar 2009 mit 15 Stunden in der Woche an. Die Maßnahme wurde mit einem Stundenvolumen von fünf Stunden pro Woche bis zum 25. Februar 2009 verlängert. Ab dem 26. Februar 2009 war die Klägerin erneut dienstunfähig erkrankt. Im Zeitraum vom 24. April 2009 bis zum 22. Mai 2009 führte sie eine Rehabilitationsmaßnahme durch. Unter dem 12. Juni 2009 veranlasste der Funktionsvorgänger des Beklagten, das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, eine Begutachtung der Klägerin auf ihre Dienstfähigkeit durch das Polizeiärztliche Zentrum (PÄZ) C-Stadt/Ärztlicher Gutachterdienst der Landesverwaltung.

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In ihrer Epikrise vom 17. November 2009 zum amtsärztlichen Gutachten zur Dienstfähigkeit der Klägerin führte Frau Medizinalrätin J. aus, die Klägerin leide an einer Schwindelsymptomatik, die seit März 2008 zu langen Dienstausfallzeiten geführt habe. Es sei mehrfach zu kurzen Ohnmachten gekommen. Ursache hierfür sei eine Regulationsstörung des Blutdrucks. Die Ohnmachten seien nach den Angaben der Klägerin seit dem letzten halben Jahr nicht mehr aufgetreten. Die Schwindelsymptomatik lasse sich auf eine Einengung der knöchernen Nervenleitstrukturen der Halswirbelsäule zurückführen, die auf Verschleißprozessen beruhe. Die Symptomatik habe sich im Rahmen einer seelischen Störung verstärkt, die zum Abbruch der am 10. November 2008 begonnenen Wiedereingliederung geführt habe. Eine adäquate fachärztliche Behandlung sei erfolgt. Die Schwindelsymptomatik und die Ohnmachten könnten effektiv mit konservativen Maßnahmen behandelt werden. Aus ärztlicher Sicht werde die Klägerin ihre volle Dienstfähigkeit als Schulleiterin innerhalb der nächsten sechs Monate wiedererlangen.

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Im Zeitraum vom 28. Juli 2009 bis zum 15. Dezember 2009 fand eine Wiedereingliederung der Klägerin mit einer stufenweisen Steigerung der Wochenstunden beginnend mit 15 von 25 Wochenstunden, später mit 20 Wochenstunden und ab dem 1. November 2009 mit 25 Wochenstunden statt. Ab dem 16. Dezember 2009 war die Klägerin erneut dienstunfähig erkrankt. Ein erneuter Wiedereingliederungsversuch mit 15 von 25 Wochenstunden fand ab dem 25. Mai 2010 statt. Während der Wiedereingliederung war die Klägerin im Zeitraum vom 22. Juni 2010 bis zum 27. August 2010 dienstunfähig krank.

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Unter dem 14. Juli 2010 veranlasste das Landesverwaltungsamt eine erneute amtsärztliche Begutachtung der Klägerin hinsichtlich ihrer Dienstfähigkeit. Mit amtsärztlicher Stellungnahme vom 15. November 2010 wurde ausgeführt, die Klägerin habe seit November 2009 an zunehmenden Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Zittern, depressiven Stimmungen, Ängsten und Selbstzweifeln gelitten. Da eine ausreichende psychische Stabilisierung nicht zu erreichen gewesen sei, habe die Klägerin zwischen dem 13. Januar und dem 30. April 2010 stationär in einem Fachkrankenhaus behandelt werden müssen. Es sei eine Medikamentenumstellung erfolgt. Eine ambulante nervenärztliche Behandlung werde weitergeführt. Die Klägerin habe die mit der am 25. Mai 2010 begonnenen Wiedereingliederung verbundene Belastungserprobung bisher gut toleriert, wobei es sich bisher um ausschließlich administrative Aufgaben gehandelt habe. Zum Untersuchungszeitpunkt am 20. und 27. September 2010 habe ein deutlich gebesserter psychischer Zustand bestanden. Auf Seiten der Klägerin bestünden noch Ängste und Unsicherheiten bezüglich der Unterrichtstätigkeit. Deshalb werde empfohlen, die Klägerin bis zum Erreichen ihrer vollen Wochenarbeitszeit vom Einsatz im Unterricht zu entbinden und sie ausschließlich Schulleitertätigkeiten ausüben zu lassen. Voraussichtlich mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres im Februar 2011 könne ein Einsatz im Unterricht mit allmählich ansteigender Stundenzahl erfolgen. Unter dieser Voraussetzung werde die Klägerin ihre volle Dienstfähigkeit binnen sechs Monaten wiedererlangen.

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Mit Schreiben vom 14. März 2011 veranlasste das Landesverwaltungsamt eine nochmalige amtsärztliche Begutachtung der Klägerin, da deren volle Dienstfähigkeit entgegen der amtsärztlichen Prognose vom 15. November 2010 nicht zum 1. Februar 2011 wiederhergestellt war. In der Epikrise vom 1. Juli 2011 führte Medizinaloberrätin J. aus, die psychische Symptomatik bei der Klägerin sei zum Untersuchungszeitpunkt weitgehend remittiert gewesen. Die Klägerin habe die Belastungserprobung bislang gut toleriert, wobei es sich bisher um ausschließlich administrative Aufgaben gehandelt habe. Die normale wöchentliche Stundenaufteilung für Schulleiter betrage nach Angaben der Klägerin 19 Stunden für Leitungstätigkeiten und sechs Unterrichtsstunden. Seitens der Klägerin bestünden noch Befürchtungen und Unsicherheiten bezüglich der Unterrichtstätigkeit. Dennoch solle eine Unterrichtserprobung unbedingt durchgeführt werden. Die Klägerin sei gesundheitlich in der Lage, fünf bis sechs Stunden pro Tag als Schulleiterin zu arbeiten. Nur durch eine Unterrichtserprobung könne eingeschätzt werden, ob die Klägerin den Belastungen der Unterrichtstätigkeit in der Praxis gewachsen sei. Die Unterrichtserprobung solle umgehend mit Beginn des neuen Schuljahres 2011/12 erfolgen. Ob die derzeit von der Klägerin geleisteten 25 Wochenstunden mit oder ohne Unterrichtstätigkeit einer vollen oder begrenzten Dienstfähigkeit einer Schulleiterin entsprächen, könne nicht beurteilt werden.

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In einem Personalgespräch am 6. September 2011 setzte der Funktionsvorgänger des Beklagten die Klägerin über das Ergebnis der amtsärztlichen Begutachtung in Kenntnis. Ausweislich der Niederschrift dieses Gesprächs vertrat die Klägerin hierbei den Standpunkt, sie verstehe das Gutachten so, dass sie danach zusätzlich zu den maximal sechs Stunden Schulleitertätigkeit noch Unterricht erteilen könne. Sie selbst sei allerdings davon ausgegangen, dass die Aufnahme des Unterrichts noch nicht so zeitig erfolge wie nun vorgesehen. Der Funktionsvorgänger des Beklagten stellte der Klägerin in Aussicht, die Aussagen des Gutachtens im Hinblick auf die konkrete Stundenbelastung unter Einbeziehung der Unterrichtstätigkeit abschließend durch schriftliche Nachfrage beim Ärztlichen Gutachterdienst zu klären. Die Aufnahme der Unterrichtstätigkeit werde mit Herrn S. (Anmerkung der Kammer: dem zuständigen schulfachlichen Referenten) abgestimmt. Die Belastungserprobung hänge weitgehend auch von der eigenen Einschätzung der Klägerin ab. Herr S. werde im Einzelfall den Unterricht begleiten.

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Mit Schreiben vom 14. September 2011 erbat der Funktionsvorgänger des Beklagten vom Ärztlichen Gutachterdienst eine abschließende Aussage über die maximale Stundenbelastung der Klägerin unter Einbeziehung der Unterrichtstätigkeit, da nur so eine begrenzte Dienstfähigkeit festgestellt werden könne. Hierbei solle von einer 40-Stunden-Woche ausgegangen werden. Die Tätigkeit einer Lehrkraft an einem Gymnasium belaufe sich auf 25 Unterrichtsstunden. Mit den Unterrichtszeiten werde die Gesamttätigkeit nicht erfasst. Hinzu kämen Vor- und Nacharbeitszeiten, Schüler- und Elterngespräche, Dienstberatungen, Fortbildungen etc. Die Gesamtarbeitszeit betrage 25 x 1,6 = 40 Zeitstunden. Der Klägerin würden als Schulleiterin bis zu 20 Unterrichtsstunden als Anrechnungsstunden gewährt. Auch die Schulleitungstätigkeit sei mit dem Faktor 1,6 zu multiplizieren. Hieraus ergebe sich für Schulleitungstätigkeiten eine Maximalbelastung in Höhe von 32 Stunden. Durch die mögliche Aufteilung der insgesamt auf das Gymnasium der Klägerin entfallenden 35 Anrechnungsstunden auf mehrere Schulleitungsmitglieder könne die Schulleitungstätigkeit der Klägerin im Stundenvolumen auch ohne Weiteres reduziert werden.

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In ihrer ergänzenden ärztlichen Stellungnahme vom 27. Oktober 2011 führte Frau Medizinaloberrätin J. aus, ausgehend von der Feststellung, dass die Klägerin in der Lage sei, maximal sechs Stunden pro Tag als Schulleiterin zu arbeiten, bestehe bei ihr bei Zugrundelegung einer 40-Stunden-Woche eine begrenzte Dienstfähigkeit im Umfang von 75 % der Regelarbeitszeit. Falls doch noch eine Unterrichtserprobung durchgeführt werden sollte, könne im Bedarfsfall eine erneute Begutachtung der Dienstfähigkeit eingeleitet werden.

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Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 stellte der Funktionsvorgänger des Beklagten nach Anhörung der Klägerin fest, dass die gesundheitliche Eignung der Klägerin für die Tätigkeit als Leiterin eines Gymnasiums zuzüglich einer Lehrtätigkeit in einem zeitlichen Umfang von 75 vom Hundert (v. H.) ihrer regelmäßigen Arbeitszeit bestehe, die Klägerin somit nur begrenzt dienstfähig sei. Infolgedessen setzte das Landesverwaltungsamt die Arbeitszeit der Klägerin auf 75 v. H. der regelmäßigen Arbeitszeit herab. Zur Begründung verwies der Funktionsvorgänger des Beklagten auf die amtsärztlichen Feststellungen vom 1. Juli 2011 und 27. Oktober 2011.

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Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 Widerspruch. Zu dessen Begründung führte sie aus, nach ihrer Einschätzung sei sie in der Lage, ihren Dienst in vollem Umfang auszuüben. Sie werde insoweit durch ihre erfolgreiche „Erprobung“ hinsichtlich einer erhöhten Arbeitszeit und die Einschätzung ihrer behandelnden Ärztin, Frau Dr. B., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, bestärkt.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die maßgeblichen amtsärztlichen Feststellungen vom 1. Juli 2011 und vom 27. Oktober bestätigten, dass die Klägerin für die Tätigkeit als Leiterin eines Gymnasiums nur in einem Umfang von 75 v. H. ihrer regelmäßigen Arbeitszeit gesundheitlich geeignet sei.

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Mit Schreiben vom 3. Februar 2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, aufgrund der vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen ihrer Hausärztin, Frau Dr. B., werde eine nochmalige Vorstellung beim Gutachterdienst der Landesverwaltung veranlasst. Unter dem 3. Mai 2012 beauftragte der Beklagte den Ärztlichen Gutachterdienst der Landesverwaltung, die Klägerin erneut hinsichtlich ihrer Dienstfähigkeit zu untersuchen.

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Mit Schreiben vom 1. Juni 2012 teilte die Klägerin dem Beklagten Bezug nehmend auf ein zuvor mit dem schulfachlichen Referenten S. geführtes Telefonat mit, sie habe im Oktober, Dezember, Februar und März spontan Vertretungsstunden im Fach Mathematik für erkrankte Kollegen übernommen. Ein planmäßiger Einsatz im Unterricht sei bisher nicht erfolgt, auch deshalb, weil sie seit dem 6. September 2011 auch die Aufgaben des stellvertretenden Schulleiters erledige. Ab 5. Juni 2012 werde sie planmäßig im Vertretungsunterricht für eine Kollegin eingesetzt, die eine Reha-Maßnahme durchführe.

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Mit Schreiben vom 13. Juni 2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, der Bereichsleiter des Ärztlichen Gutachterdienstes, Medizinaldirektor S., habe am 29. Mai 2012 in Bezug auf den Untersuchungsauftrag vom 3. Mai 2012 telefonisch mitgeteilt, eine erneute Begutachtung der Klägerin könne erst nach einer mindestens sechsmonatigen erfolgreichen Unterrichtserprobung eingeleitet werden, um eine Aussage hinsichtlich der uneingeschränkten Dienstfähigkeit der Klägerin treffen zu können. Hierzu habe Herr S. auf die entsprechenden Ausführungen in der Epikrise vom 1. Juli 2011 verwiesen, die durch die ergänzende Stellungnahme vom 27. Oktober 2011 bestätigt würden.

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Bereits am 6. Februar 2012 hat die Klägerin bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben.

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Zur Begründung trägt sie vor, das vom Beklagten in Bezug genommene amtsärztliche Gutachten sei nicht geeignet, die Annahme einer Teildienstfähigkeit im Umfang von 75 v. H. zu begründen. Das Gutachten treffe gerade keine konkrete Aussage zum Umfang ihrer Belastbarkeit mit der Unterrichtstätigkeit, die ebenfalls zu den Aufgaben einer Schulleiterin gehöre. Ob sie den Belastungen der Unterrichtstätigkeit in der Praxis gewachsen und daher uneingeschränkt dienstfähig sei, könne, was auch die Amtsärztin ausführe, nur durch eine Unterrichtserprobung festgestellt werden. Eine solche sei jedoch nicht durchgeführt worden. Sie sei vom Beklagten auch nicht, was möglich gewesen wäre, angewiesen worden, im Rahmen einer Unterrichtserprobung Unterrichtsstunden zu übernehmen. Die angegriffene Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit beruhe daher auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 13. Januar 2012 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er tritt der Klage mit der seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid ergänzenden Begründung entgegen, er habe auf der Grundlage des ärztlichen Gutachtens über die weitere Verwendung der Klägerin entscheiden müssen. Eine Unterrichtserprobung habe er nicht abwarten dürfen. Das ärztliche Gutachten vom 1. Juli 2011 lege sich auf eine begrenzte Dienstfähigkeit von 75 v. H. fest. Die Amtsärztin habe für die Klägerin eine Maximalbelastbarkeit im Umfang von sechs Stunden pro Tag festgestellt, wobei nicht nach der Art der Tätigkeit differenziert worden sei, da die Teilaufgabe Unterricht Bestandteil der Gesamtbetrachtung des Gutachtens gewesen sei. Die ergänzende amtsärztliche Stellungnahme vom 27. Oktober 2011 treffe eine klare Aussage, dass unabhängig vom konkreten Einsatz der Klägerin eine Dienstfähigkeit von 75 v. H. der Regelarbeitszeit bestehe. Anknüpfungspunkt hierfür sei die allgemein für Beamte festgelegte wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden. Diese bilde den Rahmen für die Pflichtstundenregelung für Lehrer. Die Pflichtstundenregelung sei sachlich durch den Umstand gerechtfertigt, dass die Arbeitszeit der Lehrkräfte nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden genau messbar sei, während die übrige für Vor- und Nachbereitungen etc. aufzuwendende Arbeitszeit nur grob pauschalierend geschätzt werden könne.

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Im Übrigen weise das Gutachten darauf hin, dass nur eine Unterrichtserprobung klären könne, ob die Klägerin den Belastungen der Unterrichtstätigkeit gewachsen sei. Die Klägerin könne den Ausführungen des Amtsarztes damit nicht entnehmen, dass sie von ihrer Pflichtaufgabe zur Unterrichtserteilung befreit sei, zumal das Ausgangsgutachten vom 1. Juli 2011 ausdrücklich von einem umgehenden Beginn der Unterrichtserprobung ausgehe. Dies sei der Klägerin auch im Personalgespräch am 6. September 2011 mitgeteilt worden. Eine mindestens sechsmonatige Unterrichtserprobung habe aber bisher nicht stattgefunden. Dabei habe es die Klägerin als Schulleiterin selbst in der Hand sich Unterrichtsstunden zuzuweisen. Die krankheitsbedingte Langzeitabwesenheit ihres Stellvertreters stehe einer planmäßigen Unterrichtstätigkeit der Klägerin nicht entgegen. Die Klägerin habe andere Lehrkräfte mit einigen Aufgaben ihres Stellvertreters betraut, nehme also nur einen Teil seiner Aufgaben wahr. Die Klägerin könne auch noch weitere Aufgaben des Stellvertreters abgeben. Im Übrigen müsse die Klägerin nur mindestens vier Stunden pro Woche unterrichten.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

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Der Bescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 13. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Rechtlicher Anknüpfungspunkt für eine an die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit anknüpfende Herabsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit eines Beamten ist § 27 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG. Danach ist die Arbeitszeit eines Beamten entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabzusetzen. Wann von einer begrenzten Dienstfähigkeit auszugehen ist, ergibt sich aus § 27 Abs. 1 BeamtStG. Danach soll von einer Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn der Beamte unter Beibehaltung seines Amtes seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit). Dem Wortlaut der Norm nach setzt die begrenzte Dienstfähigkeit mithin eine Dienstunfähigkeit des Beamten voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 - 2 C 82/10 -, NVwZ-RR 2012, 328 [m. w. N.] zu dem wortlautgleichen § 56 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 13. Oktober 2005 [Nds. GVBl. S. 296]). Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist dienstunfähig, wer wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Maßstab ist dabei das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es kommt mithin darauf an, ob der Beamte vollumfänglich für den mit diesem Amt verbundenen Aufgabenbereich einsatzfähig ist. Reicht die vorhandene Arbeitskraft des Beamte nicht aus, um seine Dienstpflichten auf Dauer in vollem zeitlichen Umfang zu erfüllen, ist er aber gesundheitlich noch in der Lage, die mit seinem Amt verbundenen Dienstpflichten mindestens während der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zu erfüllen, soll er nach dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Frühpensionierung" unter Berücksichtigung seines eingeschränkten Leistungsvermögens im aktiven Dienst gehalten werden. Das Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit ist damit Ausdruck des hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums, dass der Beamte seine volle Arbeitskraft, soweit vorhanden, zur Verfügung zu stellen hat. Mit der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit und der daran anknüpfenden Herabsetzung der Arbeitszeit des Beamten wird ein Teilzeitstatus besonderer Art begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 - 2 C 82/10 -, a. a. O.).

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Gemäß § 46 Abs. 2 i. V. m. den §§ 45 Abs. 3 Satz 1, 49 Abs. 1, 10 Abs. 1 LBG LSA stellt der Dienstvorgesetzte die beschränkte Dienstfähigkeit auf der Grundlage eines Gutachtens der zentralen ärztlichen Untersuchungsstelle – hier des Polizeiärztlichen Zentrums/Ärztlicher Gutachterdienst der Landesverwaltung – fest.

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Dies zugrunde gelegt sind hier die Voraussetzungen für die Feststellung einer – nur noch – beschränkten Dienstfähigkeit der Klägerin nicht gegeben. Dem angegriffenen Bescheid liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür zugrunde, dass die Klägerin gesundheitlich dauerhaft nicht in der Lage ist, den Aufgaben der Schulleiterin eines Gymnasiums vollumfänglich nachzukommen. Die vom Beklagten in Bezug genommene amtsärztliche Epikrise des PÄZ/Ärztlichen Gutachterdienstes der Landesverwaltung vom 1. Juli 2011 und die ergänzende polizeiärztliche Stellungnahme vom 27. Oktober 2011 treffen ausschließlich Aussagen dazu, in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin gesundheitlich in der Lage ist, den administrativen Aufgaben der Schulleitertätigkeit nachzugehen. Die Klägerin hat als Schulleiterin aber auch eine Unterrichtsverpflichtung. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 1 der auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 63 Abs. 1 Satz 2 LBG LSA erlassenen Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen – ArbZVO-Lehr – in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. September 2001 (GVBl. LSA S. 376), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Oktober 2007 (GVBl. LSA S. 354), haben vollbeschäftigte Lehrkräfte an Gymnasien im Durchschnitt wöchentlich 25 Unterrichtsstunden zu erteilen (sog. Regelstundenzahl). Nach § 4 Abs. 1 ArbZVO-Lehr ergibt sich die jeweilige Unterrichtsverpflichtung einer Lehrkraft aus der Regelstundenzahl abzüglich zu gewährender Ermäßigungen und Anrechnungen. Die Anrechnungen für Aufgaben der Schulleitung ergeben sich aus den Anlagen 1 und 2 (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 ArbZVO-Lehr). Nach den Angaben des Beklagten entfallen danach auf das Gymnasium, dessen Schulleiterin die Klägerin ist, 35 Anrechnungsstunden, über deren Verteilung die Klägerin als Schulleiterin entscheidet (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 ArbZVO-Lehr). Nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Klägerin beziehen sich 19 Anrechnungsstunden auf ihre Schulleitungstätigkeit. Hieraus ergibt sich für sie nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 3 ArbZVO-Lehr eine Unterrichtsverpflichtung im Umfang von sechs Unterrichtsstunden. Nach § 15 ArbZVO-Lehr muss die Klägerin als Schulleiterin mindestens vier Unterrichtsstunden erteilen.

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Zu der gesundheitlichen Eignung der Klägerin für die Wahrnehmung der Unterrichtstätigkeit als zwingendem Teil ihres Aufgabenbereiches liegen keine nachvollziehbaren amtsärztlichen Feststellungen vor. Die Epikrise vom 1. Juli 2011 klammert diesen Gesichtspunkt vielmehr ausdrücklich aus und macht eine Aussage dazu, ob die Klägerin den Belastungen der Unterrichtstätigkeit in der Praxis gewachsen ist, von der vorherigen Durchführung einer Unterrichtserprobung abhängig. Gleiches ergibt sich aus der telefonischen Einschätzung des Medizinaldirektors Schneemilch vom 29. Mai 2012 in Bezug auf den erneuten Begutachtungsauftrag des Beklagten vom 1. Juni 2012. Eine solche Unterrichtserprobung hat aber unstreitig nicht stattgefunden. Hiervon ausgehend konnte der Beklagte über die Frage der (begrenzten) Dienstfähigkeit der Klägerin mangels vollständiger Tatsachengrundlage noch keine Entscheidung treffen.

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Der Beklagte kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf zurückziehen, dass es Sache der Klägerin sei, die erforderliche Unterrichtserprobung durchzuführen. Nach § 45 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 46 Abs. 2 Satz 1 LBG LSA stellt der Dienstvorgesetzte aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens die Dienstunfähigkeit der Beamtin oder des Beamten fest. Es ist also ausschließlich die Aufgabe des Beklagten festzustellen, ob die Klägerin ihrer bestehenden Unterrichtsverpflichtung nachkommen kann. Dementsprechend muss er auch eine vollständige Tatsachengrundlage schaffen, um hierüber eine Entscheidung treffen zu können. Die Klägerin hat insoweit – lediglich – eine Mitwirkungspflicht. Der Beklagte hat die von amtsärztlicher Seite vor einer Aussage zur uneingeschränkten Dienstfähigkeit der Klägerin für notwendig erachtete Unterrichtserprobung aber in keinster Weise veranlasst, was etwa durch eine entsprechende Weisung an die seiner Dienstaufsicht unterworfene Klägerin und Kontrolle durch den zuständigen schulfachlichen Referenten möglich gewesen wäre. Die Klägerin hat im Übrigen auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie sich einer Unterrichtserprobung verschließen würde.

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Ohne Erfolg verweist der Beklagte darauf, die mit der Begutachtung der Dienstfähigkeit der Klägerin befasste Polizeiärztin habe in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 27. Oktober 2011 klargestellt, dass die Klägerin ausgehend von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden lediglich im Umfang von 75 v. H. dienstfähig sei. Die Amtsärztin geht in ihrer ergänzenden Stellungnahme in Übereinstimmung mit ihren Ausführungen in der Epikrise vom 1. Juli 2011 davon aus, dass die Klägerin in der Lage sei, bis zu sechs Stunden am Tag als Schulleiterin zu arbeiten. Daraus ergibt sich eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden. Legt man – wie die Amtsärztin auf Veranlassung des Beklagten im Schreiben vom 14. September 2011 – eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zugrunde, ergibt sich hieraus ein Arbeitszeitanteil von 75 v. H. (30/40). Damit wird aber nicht der Besonderheit Rechnung getragen, dass Lehrkräfte nur während ihrer Unterrichtsstunden und weiteren anlassbezogenen Dienstpflichten (wie Teilnahme an Klassenkonferenzen, Gespräche mit Eltern, Pausenaufsicht u.a.) zur Anwesenheit in der Schule verpflichtet sind. Dagegen bleibt es ihnen überlassen, wo und wann sie die Dienstpflichten der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts einschließlich der Korrektur von Klassenarbeiten erfüllen. Die allgemein für Beamte angeordnete regelmäßige Arbeitszeit ist lediglich ein Orientierungsrahmen, den der Normgeber bei der Festlegung der Unterrichtsverpflichtung im Blick haben muss, um die Arbeitszeitregelung für Lehrkräfte nicht von der allgemein für Beamte geltenden Arbeitszeitregelung loszulösen. Die in der ArbZVO-Lehr festgelegten Regelstundenzahlen sind demnach so zu betrachten, dass sie einem Gesamtzeitaufwand von durchschnittlich 40 Wochenstunden entsprechen. Hiervon geht letztlich auch der Beklagte zutreffend aus, wenn er ausführt, zur Ermittlung der Gesamtarbeitszeit einer Gymnasiallehrkraft sei deren Regelstundenzahl mit dem Faktor 1,6 zu multiplizieren (25 x 1,6 = 40). Diese Betrachtung darf allerdings nicht dazu führen, bei der Frage nach der Dienstfähigkeit der Klägerin die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zugrunde zu legen. Wie bereits ausgeführt, ist Maßstab hierfür das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Für den Umfang der Dienstpflicht von Lehrern ist daher die Regelstundenzahl nach den Bestimmungen der ArbZVO-Lehr maßgeblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2012, a. a. O. [m. w. N.]). Legt man folglich die amtsärztlichen Feststellungen in der Epikrise und der ergänzenden Stellungnahme zugrunde, wonach die Klägerin fünf bis sechs Stunden am Tag als Schulleiterin arbeiten kann, erreicht oder übertrifft die Klägerin ohne Weiteres die in § 3 Abs. 2 Nr. 3 ArbZVO-Lehr festgelegte Regelstundenzahl, wobei sie beim höchstmöglichen Ansatz von Anrechnungsstunden für ihre Schulleitungsaufgaben aber jedenfalls mindestens vier Unterrichtsstunden wöchentlich erteilen müsste. Ob sie hierzu in der Lage ist, wurde aber gerade – wie bereits ausgeführt – nicht geprüft.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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