Beschluss vom Verwaltungsgericht Magdeburg (3. Kammer) - 3 B 68/18

Gründe

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Der mit Schriftsatz vom 12. Februar 2018 gestellte Antrag,

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der Antragsgegnerin die Abschiebung des Antragstellers bis zu einer Entscheidung des Gerichts über die in der Hauptsache erhobenen Klage vom 12. Januar 2018 (Az. 3 A 50/18 MD) gemäß § 123 VwGO im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen,

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ist im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers dahingehend auszulegen (vgl.
§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO), dass der Antragsteller nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 12. Januar 2018 erhobenen Klage gegen die Ablehnung seines Folgeantrags als unzulässig in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes (Bundesamt) vom 21. Dezember 2017 begehrt und sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO (hilfsweise) darauf gerichtet ist, der Antragsgegnerin aufzugeben, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig keine Abschiebung erfolgen darf.

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Die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylG stellt sich seit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I. S. 1939) der Sache nach als eigenständige der Bestandskraft fähige behördliche Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. Diese ist in der Hauptsache mit der Anfechtungsklage anzugreifen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, juris Rz. 15 ff.), der keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG). Hiervon ausgehend ist in den Fällen, in denen das Bundesamt anlässlich der Entscheidung über den Folgeantrag – wie hier – keine erneute Abschiebungsandrohung nach §§ 71 Abs. 4, 34 Abs. 1 AsylG erlässt, nunmehr vorläufiger Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines Folgeantrags über § 80 Abs. 5 VwGO nachzusuchen. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher der Antragsgegnerin aufgegeben wird, gegenüber der Ausländerbehörde zu erklären, dass entgegen der zunächst nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG ergangenen Mitteilung vorläufig keine Abschiebung erfolgen darf (so zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Integrationsgesetzes VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 13. September 2000 - 11 S 988/00 -, juris Rz. 7; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 16. März 1999 - 2 BvR 2131/95 -, juris Rz. 26), steht somit § 123 Abs. 5 VwGO entgegen, wonach im Anwendungsbereich des § 80 Abs. 5 VwGO die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes über § 123 Abs. 1 VwGO ausscheidet (wie hier VG Würzburg, Beschl. v. 10. Oktober 2017 - W 8 E 17.33482 -, juris Rz. 9; VG Dresden, Beschl. v. 11. September 2017 - 13 L 1004/17.A -, juris Rz. 20; VG München, Beschl. v. 8. Mai 2017 - M 2 E 17.37375 -, juris Rz. 14; anders dagegen VG Bayreuth, Beschl. v. 11. Juli 2017 - B 6 E 17.32344 -, juris Rz. 20; VG Augsburg, Beschl. v. 14. März 2017 - Au 5 E 17.31264 -, juris Rz. 18; VG Würzburg, Beschl. v. 19. Juni 2017 - W 1 S 17.32522 -, juris Rz. 9).

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Für vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO gegen die Vollziehung der mit der Ablehnung des Asylerstantrags verbundenen Abschiebungsandrohung, die bereits in Bestandskraft erwachsen ist, besteht auch kein rechtliches Bedürfnis. Wird dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage gegen die ohne erneute Abschiebungsandrohung erfolgte Ablehnung des Folgeantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprochen, dürfen aus der Ablehnung des Antrags auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens keine nachteiligen Folgen für den Antragsteller gezogen werden. Insbesondere scheidet eine Abschiebung des Antragstellers vorläufig aus. Denn mit dem gerichtlich angeordneten Eintritt der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage wird die Vollziehung des Verwaltungsaktes gehemmt, der Klagegegenstand ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 9. Dezember 1988 - 8 C 72.87 -, NVwZ-RR 1989, 497 [498 m. w. N.]). Dabei meint „Vollziehung“ nicht ausschließlich die verwaltungsbehördliche Vollstreckung des Regelungsinhalts des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die aufschiebende Wirkung greift also nicht nur dann Platz, wenn der Verwaltungsakt einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Ein derartiges Begriffsverständnis ließe außer Betracht, dass § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO die aufschiebende Wirkung unter anderem auf feststellende Verwaltungsakte erstreckt. Diese haben gerade keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs schließt daher jedenfalls Maßnahmen aus, die an den Erlass bzw. die Umsetzung der Regelung des angefochtenen Verwaltungsakts anknüpfen (ausführlich zum Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017,
§ 80 Rn. 90 ff. mit zahlreichen Nachweisen). Werden an die Ablehnung eines Antrags auf Erlass eines Verwaltungsaktes nach dem anzuwendenden materiellen Recht weitergehende Wirkungen geknüpft, die für den Antragsteller nachteilig sind, ist der Betroffene damit für die Dauer der aufschiebenden Wirkung so zu behandeln, als wenn über seinen Antrag noch nicht ablehnend entschieden worden wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 40).

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So verhält es sich im Fall der Ablehnung eines Folgeantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig, ohne dass eine erneute Abschiebungsandrohung ergeht. Zwar erfolgt die Abschiebung des Antragstellers in diesem Fall auf der Grundlage der Abschiebungsandrohung, die das Bundesamt im Zusammenhang mit der Ablehnung des Asylerstantrags erlassen hat und die aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft nicht mehr zulässiger Gegenstand eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO sein kann (vor diesem Hintergrund eine fehlende Vollziehbarkeit der Ablehnung des Folgeantrags annehmend VG Bayreuth, Beschl. v. 11. Juli 2017 - B 6 E 17.32344 -, juris Rz. 20). Indes werden erst durch die Behandlung des Folgeantrags als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG und die darüber erfolgende Mitteilung an die Ausländerbehörde die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebung auf der Grundlage der bereits bestehenden Abschiebungsandrohung endgültig geschaffen. Denn nach
§ 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG darf die Abschiebung erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden. Mit anderen Worten ist die Vollziehbarkeit der bestandskräftigen Abschiebungsandrohung unmittelbare materiell-rechtliche Folge der Mitteilung des Bundesamtes gegenüber der Ausländerbehörde, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, der Folgeantrag mithin nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig ist. Genau diese materiell-rechtliche Folge wird durch die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage gegen die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG vorläufig gesperrt. Das Bundesamt hat in einem derartigen Fall die Ausländerbehörde über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und die damit verbundenen Rechtsfolgen in Kenntnis zu setzen (vgl. im Einzelnen VG München, Beschl. v. 8. Mai 2017 - M 2 E 17.37375 -,
a. a. O. Rz. 14; VG Würzburg, Beschl. v. 10. Oktober 2017 - W 8 E 17.33482 -, juris Rz. 10). Sollte es in Einzelfällen dazu kommen, dass die aufschiebende Wirkung missachtet wird, kann der betroffene Ausländer Maßnahmen zur Sicherung seiner Rechte durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO erreichen (vgl. VG München, Beschl. v. 8. Mai 2017 - M 2 E 17.37375 -, a. a. O. Rz. 16).

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Soweit der Antragsteller sein Ersuchen um vorläufigen Rechtsschutz gegen drohende Abschiebungsmaßnahmen anlässlich der Ablehnung seines Folgeantrags darauf stützt, dass entgegen der unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 21. Dezember 2017 getroffenen Entscheidung nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, kommt dagegen allein eine – hilfsweise zu erstreitende – einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO in Betracht. Dies geht darauf zurück, dass das Bundesamt auch bei einer Unzulässigkeitsentscheidung im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG festzustellen hat, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG erfüllt sind. Aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG folgt, dass dies auch dann – und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bzw. § 51 Abs. 5 VwVfG i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG – gelten muss, wenn das Bundesamt – wie hier – bereits eine bestandskräftige frühere Entscheidung zum Vorliegen nationaler Abschiebeverbote getroffen hat (vgl. Schönenbroicher/Dickten, in: Kluth/Heusch, AuslR, § 71 AsylG Rn. 32 [m. w. N.]). Das Bundesamt hat sich anlässlich seiner Entscheidung über einen Folgeantrag somit zumindest insoweit sachlich mit dem Schutzbegehren zu befassen. Hiervon ausgehend hat auch das Gericht im Hauptsacheverfahren auf einen entsprechenden Hilfsantrag in der Sache zu prüfen, ob nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen und das Bundesamt ggf. zu einer entsprechenden Feststellung zu verpflichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, juris Rz. 20; Beschl. v. 3. April 2017 - 1 C 9.16 -, juris Rz. 10; Beschl. v. 27. April 2017 - 1 B 6.17 -, juris Rz. 6). Vorläufiger Rechtsschutz kann insoweit also mangels Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage nicht über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern allein über § 123 Abs. 1 VwGO erreicht werden. Zweck einer darauf gestützten einstweiligen Anordnung ist es, den in der Hauptsache verfolgten Anspruch des betroffenen Ausländers auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorläufig zu sichern. Zur Erreichung dieses Zweckes ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dem Bundesamt aufzugeben, gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde zu erklären, dass die Abschiebung des betroffenen Ausländers bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG im Hauptsacheverfahren vorläufig nicht vollzogen werden darf.

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Die so verstandenen Anträge des Antragstellers sind zulässig, aber unbegründet.

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Bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung des Folgeantrags des Antragstellers als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG legt das Gericht aufgrund der vollumfänglichen Verweisung des § 71 Abs. 4 AsylG auf § 36 AsylG den Prüfungsmaßstab aus § 36 Abs. 4 S. 1 AsylG zugrunde. Die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage ist daher nur dann anzuordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG bestehen. Dies ist der Fall, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die ablehnende Entscheidung des Bundesamtes einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, Urt. v. 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, BVerfGE 94, 166 (189 ff.)). So verhält es sich hier indes nicht. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) erweist sich die Ablehnung des Folgeantrags des Antragstellers nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes vom 21. Dezember 2017 als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller dadurch nicht in seinen Rechten (vgl.
§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO)

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Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Stellt ein Ausländer – wie hier der Antragsteller – nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), ist nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn sich die der Asylablehnung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert hat (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG), oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG).

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Eine Änderung der Sachlage i. S. v. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände so verändert haben, dass eine für ihn günstigere Entscheidung möglich erscheint (vgl. Schönenbroicher/Dickten, in: Kluth/Heusch, AuslR, § 71 AsylG Rn. 19). Neue Beweismittel i. S. v. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG sind solche, durch die bereits früher vorgetragene („alte“) Tatsachen nachträglich bewiesen werden sollen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. November 1984 - 9 C 67.84 -, juris Rz. 12). Hierzu zählen neben Beweismitteln, die während der Anhängigkeit des ersten Verfahrens noch nicht vorhanden waren, auch solche Beweismittel, die zum damaligen Zeitpunkt zwar schon existierten, vom Betroffenen aber nicht beigebracht werden konnten (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. Mai 1993 - 9 C 49.92 -, juris Rz. 8). Neue Beweismittel, die sich auf neue Tatsachen beziehen, sind dagegen im Zusammenhang mit dem Wiederaufnahmegrund nach §?51 Abs.?1 Nr.?1 VwVfG geltend zu machen (vgl. Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, § 71 AsylG Rn. 26).

12

Die Geeignetheit der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG genannten Umstände für eine dem Kläger günstigere Entscheidung muss von diesem schlüssig dargelegt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, juris Rz. 14; Urt. v. 25. November 2008 - 10 C 25.07 -, juris Rz. 11 [m. w. N.]). Insoweit genügt schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund schlüssig dargelegter Wiederaufnahmegründe (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 3. März 2000 - 2 BvR 39/98 - juris Rz. 32).

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Nach § 51 Abs. 2 VwVfG ist der Antrag zudem nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Nach § 51 Abs. 3 VwVfG muss der Antrag binnen drei Monaten ab dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat, gestellt werden. Diese Ausschlussfrist gilt nicht nur im Verfahren vor dem Bundesamt, sondern auch für bei Gericht neu vorgebrachte Wiederaufgreifensgründe (vgl. BVerwG, Urt. v. 9. Dezember 2010 - 10 C 13.09 -, juris Rz. 28). Einzelne neue Tatsachen, die zur Begründung nachgeschoben werden, brauchen – ausnahmsweise – allerdings nicht innerhalb dieser Frist vorgetragen zu werden, wenn sie lediglich einen bereits rechtzeitig geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund bestätigen, wiederholen, erläutern oder konkretisieren, also nicht aus dem Rahmen der bisher für das Wiederaufgreifen angeführten Umstände fallen und damit keinen neuen Wiederaufgreifensgrund darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Februar 1998 - 9 C 28.97 -, juris Rz. 15).

14

In Anwendung der vorstehenden Grundsätze sind die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Fall des Antragstellers nicht gegeben.

15

Der Asylerstantrag des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben, weil das Bundesamt in seinem Bescheid vom 17. Oktober 2016 die Schilderungen Antragstellers von den Geschehnissen in seinem Heimatland nicht als glaubhaft angesehen hat. Auch das beschließende Gericht hat in dem sich daran anschließenden Klageverfahren dem Vortrag des Antragstellers, er habe im Rahmen seiner Unternehmertätigkeit für einen politisch aktiven Freund regierungskritische Flugblätter gedruckt, weshalb er und seine damalige Ehefrau durch die russischen Behörden verhört worden seien und im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland mit einer Inhaftierung rechnen müssten, nicht mit dem notwendigen Grad an Überzeugungsgewissheit Glauben zu schenken vermocht (vgl. Urteil vom 15. August 2017, Az. 3 A 271/16 MD). Mit diesem Ablehnungsgrund hat der Antragsteller sich im Folgeantragsverfahren nicht hinreichend auseinandergesetzt. Dadurch fehlt es an einer schlüssigen Darlegung, dass und inwieweit sein Vorbringen geeignet ist, die der Ablehnung seines Asylantrags und der Abweisung seiner früheren Klage zugrunde liegenden Zweifel des Bundesamtes sowie des Gerichts an seinen früheren Angaben auszuräumen. Der Antragsteller hat zur Begründung seines Folgeantrags vom 21. Dezember 2017 lediglich angegeben, vor kurzem seien zwei Cousins angegriffen und nach seinem Aufenthaltsort gefragt worden. Auch seine zwischenzeitlich von ihm geschiedene Frau sei angegriffen und befragt worden. Seine Eltern müssten sich verstecken. Dieses Vorbringen enthält keine näheren zusammenhängenden Angaben zu den angeblichen jüngsten Geschehnissen, sondern erschöpft sich in pauschalen Ausführungen. Es bleibt gänzlich offen, wann, wo und mit welchem konkreten Inhalt die beiden Cousins des Antragstellers sowie die von ihm geschiedene Frau befragt worden sein sollen. Auch einen konkreten Bezug zu den vom Antragsteller behaupteten früheren Ereignissen, aus denen er seine Verfolgungsfurcht abzuleiten sucht, lassen diese Angaben gänzlich vermissen. Hiervon ausgehend fehlen hinreichend substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller entgegen der Einschätzung des Bundesamtes und des Gerichts im Asylerstantragsverfahren doch eine für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderliche begründete Furcht vor Verfolgung i. S. v. § 3 Abs. 1 AsylG oder einen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes notwendigen drohenden ernsthaften Schaden i. S. d. § 4 Abs. 1 AsylG glaubhaft machen kann. Die vom Antragsteller zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen, namentlich die Niederschrift der Anhörung beim Bundesamt vom 2. Februar 2016 und eine an den Antragsteller gerichtete Ladung sowie ein Protokoll über die Durchsuchung der Geschäftsräume am 30. März 2015, jeweils in russischer Sprache, haben dem Gericht bereits im Klageverfahren vorgelegen, ohne zu dessen Überzeugung von der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Antragstellers zu führen. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid des Bundesamtes, die das Gericht sich zu Eigen macht (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG).

16

Hinsichtlich des Bestehens nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hat der Antragsteller weder im behördlichen noch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren etwas vorgetragen, so dass es in Bezug auf den insoweit (hilfsweise) begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO bereits an der notwendigen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) fehlt. Im Übrigen wird zum Fehlen der Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes vom 21. Dezember 2017 Bezug genommen, denen das Gericht vollumfänglich folgt. Diese Erwägungen stehen zwar im Zusammenhang mit der vom Bundesamt in dem angegriffenen Bescheid vorgenommenen Prüfung, ob der bestandskräftige Ablehnungsbescheid vom 17. Oktober 2016 in Bezug auf die dortige Feststellung des Nichtbestehens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nach Ermessen auf der Grundlage des § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG,
d. h. also unabhängig vom Fehlen eines Wiederaufgreifensgrundes i. S. d. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, geändert werden soll. Da das Bundesamt – wie bereits dargestellt – seit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes, mit dem § 29 AsylG umfangreich geändert und § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG entsprechend angepasst worden ist, bei einer Unzulässigkeitsentscheidung im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ohnehin gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG festzustellen hat, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, dürfte für eine solche Ermessensentscheidung kein Raum mehr sein. Der Sache nach hat das Bundesamt im Rahmen seiner auf § 51 Abs. 5 i. V. m.
§§ 48, 49 VwVfG gestützten Entscheidung das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG aber vollumfänglich geprüft. Hiervon ausgehend kann das Gericht sich diese Ausführungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylG bei seiner Entscheidung über den Hilfsantrag auch zu Eigen machen.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.

18

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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