Beschluss vom Verwaltungsgericht Mainz (3. Kammer) - 3 L 648/16.MZ

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin für die Dauer der Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Grundstück Flurstück ... (Flur ..., Gemarkung A.-H.) – einschließlich Abtransport von Material und Maschinen – vorläufig den Ausbau und das Überfahren der Grundstücke Flurstück .../... (Flur ..., Gemarkung A.-W.) und Flurstücke .../... sowie ... (Flur ..., Gemarkung A.-H.) mit Schwertransportern entsprechend § 2 Abs. 1 und 2, §§ 3 bis 5, § 13 und § 14 des von der Antragstellerin vorgeschlagenen Gestattungsvertrags vom 17. Februar 2014 zu erlauben.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Zulassung des Ausbaus und Überfahrens mit Schwertransportern auf den im Tenor genannten, im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Wegegrundstücken zur Errichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Windenergieanlage auf dem Flurstück ... (Flur ..., Gemarkung A.-W.) hat Erfolg. Der Sicherung der Interessen beider Beteiligter bei der vorläufigen befristeten Benutzung der Wegeparzellen dient die Inbezugnahme einiger grundlegender Regelungen des von der Antragstellerin vorgeschlagenen Gestattungsvertrags vom 17. Februar 2014, die auch vorliegend sachgerecht erscheinen und zu deren Erfüllung die Antragstellerin ihren Ausführungen zufolge auch bereit ist. Von daher sieht sich die Kammer nicht an die genaue Fassung des Eilantrags gebunden (vgl. § 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO).

2

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich nicht dazu führen darf, dass – wenn auch nur beschränkte Zeit und unter dem Vorbehalt des Ausgangs des Klageverfahrens – die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen wird. Für eine wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG ausnahmsweise denkbare Durchbrechung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache ist allenfalls dann Raum, wenn der Antragsteller nach Lage des Falls wirksamen Rechtsschutz im Klageverfahren nicht erlangen kann und ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung in schwerer und unzumutbarer Weise beeinträchtigt würde.

3

Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsanordnung sind im vorliegenden Fall gegeben.

4

Die Antragstellerin kann einen Anordnungsanspruch geltend machen. Sie hat aufgrund ihrer als Rechtsnachfolgerin übernommenen öffentlich-rechtlichen Berechtigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage eine aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitete subjektive Rechtsstellung auf Benutzung der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Wegeparzellen, die inhaltlich dem Notwegerecht gemäß § 917 BGB entspricht, aber öffentlich-rechtlich als unmittelbarer Anspruch auf Benutzung einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung ausgestaltet ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.10.2009 – 1 A 10481/09 –, LKRZ 2010, 34 und juris, Rn. 76 unter Verweis auf das Urteil vom 3.4.1986 – 1 A 142/84 –). Bei den streitgegenständlichen Fahrwegen handelt es sich um eine gemeindliche Einrichtung im Sinne von § 14 Abs. 2 GemO, deren Benutzung der Antragstellerin im notwendigen Umfang – wie im Tenor festgehalten – zu ermöglichen ist.

5

Nach der vorgenannten Rechtsprechung des 1. Senats des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz ist die Antragstellerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Wegeparzellen nicht bloßer Nutzungsinteressent. Ihr kommt als Anliegerin zu den Grundstücken wegen ihres ortsgebundenen und im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegierten Vorhabens des Betriebs einer Windenergieanlage eine besondere öffentlich-rechtliche, aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitete Stellung zu (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.10.2009 – 1 A 10481/09 –, a.a.O. und juris, Rn. 75 f. zu einem Sand- und Kiesabbau im Außenbereich). Diese beinhaltet eine subjektive Rechtsposition, die öffentlich-rechtlich einen unmittelbaren Anspruch auf Benutzung der Wegegrundstücke gewährt. Die Antragstellerin hat danach einen Anspruch darauf, dass die zuständige Behörde bei der Regelung der Anliegernutzung ihrem Interesse am ungehinderten Zugang zum Zweck der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres Grundstücks angemessen Rechnung trägt. Geschieht dies nicht, so kann Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sein und gegebenenfalls eine notwegeähnliche Benutzung der Wege rechtfertigen (vgl. OVG RP, Urteil vom 3.4.1986 – 1 A 142/84 –, S. 10 UA). Daraus folgt für das Wegenetz der Gemeinde eine Eigentumsinhaltsbeschränkung öffentlich-rechtlicher Qualität, die sich aus der Berechtigung der Antragstellerin zur Errichtung und zum Betrieb einer im Außenbereich privilegierten Windenergieanlage ergibt (vgl. OVG RP, wie vor).

6

Durchgreifende Zweifel an der erforderlichen öffentlich-rechtlichen Berechtigung der Antragstellerin – an der Inhaberschaft der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch deren Übernahme von der (teilweise auf Gesellschafterseite personenidentischen) ... mbH – bestehen entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht. Die Antragstellerin hat zum Beleg des Betreiberwechsels hinsichtlich der in Rede stehenden Windenergieanlage die entsprechende Anzeige an die Immissionsschutzbehörde vom 8. Juni 2016 vorgelegt (vgl. Anlage 4 zur Antragsschrift vom 6. Juli 2016). Ferner wurde der mit dem Eigentümer des Vorhabengrundstücks geschlossene Pachtvertrag auf die Antragstellerin übertragen (vgl. Übertragungsvertrag vom 7./8. April 2016, Anlage 15 zur Antragsschrift). Darüber hinaus ist zugunsten der Antragstellerin seit dem 20. Juni 2016 hinsichtlich des Vorhabengrundstücks eine den Eigentümer nach dem Pachtvertrag (§ 6) verpflichtende beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch zur Nutzung der Windenergieanlage eingetragen (vgl. Anlagen 13 und 14 zur Antragsschrift). Diese – im Wesentlichen dem allgemeinen Rechtsverkehr zuzuordnenden – jüngsten Umstände sprechen für den Übergang der öffentlich-rechtlichen Berechtigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage auf die Antragstellerin und lassen die Bedenken der Antragsgegnerin insoweit zurücktreten.

7

Die in Rede stehenden Wegegrundstücke sind auch der Benutzung durch die Antragstellerin zugänglich. Ungeachtet der Frage, ob die in Rede stehenden (nicht öffentlichen) Fahrwege als Wirtschaftswege gewidmet sind und wie ihre Entstehungsgeschichte im Einzelnen verlaufen ist, sind sie als öffentliche Einrichtung der Gemeinde nach § 14 Abs. 2 GemO anzusehen, denn sie dienen nach den tatsächlichen Verhältnissen auch hier ohne Zweifel der Daseinsvorsorge, indem sie den Eigentümern der dadurch erschlossenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke eine Zuwegung gewährt (vgl. OVG RP, Urteil vom 2.4.1986 – 1 A 142/84 –, S. 9 UA; Beschluss vom 13.10.1982 – 1 B 50/82 –, S. 4 BA; Urteil vom 21.10.2009 – 1 A 10481/09 –, a.a.O. und juris, Rn. 37 ff.). Hieraus folgt jedoch nicht, dass ihre Nutzung jedem – Eigentümer oder Pächter – eines hierüber erreichbaren Grundstücks im Außenbereich unbeschränkt offensteht. Aus dem Zweck einer öffentlichen Einrichtung können sich Beschränkungen hinsichtlich des zugelassenen Bevölkerungskreises und der zulässigen Benutzung ergeben. Bei Fahrwegen im Außenbereich bestehen sie regelmäßig in der Weise, dass diese nur zum Zwecke der Bewirtschaftung land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke genutzt werden dürfen, wobei es ohne Bedeutung ist, ob dies ausdrücklich in einer Satzung über die Benutzung der Wege geregelt ist, in einem Gemeinderatsbeschluss festgelegt ist oder sich lediglich aus den tatsächlichen Umständen ergibt (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.10.2009 – 1 A 10481/09 –, a.a.O. und juris, Rn. 74; Beschluss vom 13.10.1982 – 1 B 50/82 –, S. 4 BA). Jedenfalls Letzteres kann hier angenommen werden. Die in Rede stehenden Wegeparzellen werden in dem Grundbuch und nach dem Liegenschaftskataster als „Verkehrsfläche“, „Weg“ oder „Fahrweg“ ausgewiesen und grenzen an landwirtschaftliche Grundstücke im Außenbereich, denen sie nach den Verhältnissen in der Örtlichkeit (etwa zur Zuckerrübenernte, wie die Antragstellerin schildert) Zugang gewähren. Auch die Regelungen der Satzung der Antragsgegnerin über die Benutzung der Feld- und Waldwege in ihrer Gemarkung einschließlich der Stadtteile aus dem Jahr 1980 – ihre Geltung unterstellt – bekräftigen die Auffassung, dass es sich bei den in Rede stehenden Wegen um eine öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin im Sinne des § 14 Abs. 2 GemO handelt.

8

Hiernach hat die Antragstellerin – grundsätzlich – einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin, die streitgegenständlichen Wegeparzellen zur Anbindung des Vorhabengrundstücks an das öffentliche Straßennetz (K 7, L 409) nutzen zu dürfen, auch wenn es ihr dabei nicht um einen land-/forstwirtschaftlichen Betrieb, sondern um die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage geht. Das ortsgebundene Vorhaben zur Energiegewinnung bringt das Vorhabengrundstück in eine „Notwegeabhängigkeit“, weil es zur ordnungsgemäßen Nutzung auf schwere Transportfahrzeuge angewiesen ist. Die durch das Fehlen einer anderweitigen geeigneten Verbindung nach außen hervorgerufene Notlage des Vorhabengrundstücks würde, wenn der Wirtschaftsweg nicht gleichzeitig öffentliche Einrichtung im Sinne von § 14 Abs. 2 GemO wäre, ohne weiteres ein Notwegerecht nach § 917 BGB rechtfertigen. Dann kann aber nichts anderes gelten, wenn es sich bei der in Rede stehenden Benutzung um eine notwegeähnliche öffentlich-rechtliche Anliegernutzung handelt (vgl. OVG RP, Urteil vom 3.4.1986 – 1 A 142/84 –, S. 11 UA). Es ist dabei ferner ohne rechtliche Relevanz, dass die Antragstellerin auch um die Nutzung von Teilflächen der Wegeparzellen nachsucht, die derzeit nicht unmittelbare Wegeflächen, sondern an diese angrenzende Teilflächen darstellen. Es handelt sich insoweit um mit den Wegen in Zusammenhang stehende Teilflächen zu den angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücken. Die hier zur Nutzung beanspruchten Flächen sind daher weder mit Privatwegen noch mit sonstigem im Fiskalvermögen der Antragsgegnerin stehendem Grundvermögen gleichzusetzen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 13.10.1982 – 1 B 50/82 –, S. 4 BA), das anderen – nämlich zivilrechtlichen – Grundsätzen unterliegt.

9

Die Art und das Ausmaß der zulässigen Nutzung fremder gemeindlicher Grundstücke hängen im Einzelfall von der ordnungsgemäßen Nutzung des verbindungslosen Grundstücks ab, hier also der Errichtung und dem Betrieb einer Windenergieanlage. Jedenfalls für die Errichtung dieser Anlage (nur diese ist Gegenstand des Eilrechtsgesuchs) ist – wie die Antragstellerin nachvollziehbar und unwidersprochen näher dargestellt hat – teilweise ein Ausbau bzw. eine Verbreiterung der vorhandenen Wege erforderlich, um den Schwertransportern mit den schweren, großteiligen Bauelementen einer Windenergieanlage die Fahrt von überörtlichen Straßen zu dem Vorhabengrundstück zu ermöglichen. Es handelt sich insoweit um ein schützenswertes Nutzungsinteresse der Antragstellerin an den Fahrwegen und ihren angrenzenden Grundstücksteilen, der die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort derzeit nicht genügen können. Die ordnungsgemäße Nutzung des Vorhabengrundstücks als Windenergiestandort macht den entsprechenden Ausbau der Fahrwegeparzellen erforderlich mit der Folge, dass die Nutzungsgrenze der derzeitigen tatsächlichen Beschaffenheit und Eignung der Wege zum Schutz der aus Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Eigentumsposition der Antragstellerin ausnahmsweise überschritten werden darf (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.10.2009 – 1 A 10481/09 –, a.a.O. und juris, Rn. 81).

10

Der erforderliche Ausbau der Wegeparzellen setzt jedoch das Vorliegen eines zumutbaren Angebots des Nutzungsberechtigten an die Gemeinde über die Ertüchtigung der in Anspruch zu nehmenden Grundstücke für den beabsichtigten Schwerlastverkehr voraus (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.10.2009 – 1 A 10481/09 –, a.a.O. und juris, Rn. 80, 82 f.). Hierzu führt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Einzelnen aus:

11

„Die hier in Rede stehende notwegeähnliche öffentlich-rechtliche Eigentumsinhaltsbeschränkung bezüglich dieser Wirtschaftswegeteilstrecken ist indessen lediglich eine Duldungspflicht und keine Handlungspflicht der Beklagten im Sinne einer Verpflichtung zur Herstellung des Notweges in der Art, wie er als Erschließung der hierauf angewiesenen Grundstücke beschaffen sein muss, damit diese Grundstücke ordnungsgemäß genutzt werden können. Vielmehr obliegt die Herstellung, wie auch die nachfolgende Unterhaltung des Notweges in dem für die Bewirtschaftung des Grundstücks erforderlichen Umfang dem Nutzungsberechtigten, hier also der Klägerin (vgl. Roth in Staudinger, BGB – Neubearbeitung 2002, § 917 Rn. 35; Bamberger/Roth, Beckscher online Kommentar, § 917 BGB Rn. 27 jeweils m.w.N.). Diesen Gedanken hat der Landesgesetzgeber im Landesstraßengesetz auch in § 41 LStrG bezüglich der darin geregelten Sondernutzung, also der Nutzung der Straße über den Allgemeingebrauch hinaus, geregelt. Dabei erschöpft sich diese Verpflichtung des Nutzungsberechtigten nicht allein in der Herstellung und der laufenden Unterhaltung. Ihm obliegt vielmehr auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nach Beendigung der Notwegebenutzung. Denn der hierdurch belastete Grundstückseigentümer muss zwar die Nutzung als Notweg dulden, ist jedoch nicht verpflichtet, wenn die Notwendigkeit hierzu nicht mehr besteht, eine fortdauernde Veränderung seines Grundstücks hinzunehmen. Die sie demnach treffenden Pflichten stellt die Klägerin auch ersichtlich nicht in Abrede.

12

Allerdings muss die Beklagte nicht schlechthin jedes diesbezügliche Konzept der Klägerin hinnehmen. Vielmehr ist von den Grundsätzen auszugehen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bezüglich der ausreichenden Erschließung von im Außenbereich geplanten, privilegierten Vorhaben entwickelt hat (vgl. Urteile vom 30. August 1985, NVwZ 1986, 38 ff. und vom 7. Februar 1986, BVerwGE 74, 19 ff. jeweils m.w.N.). Es muss sich danach um ein der Gemeinde zumutbares Angebot handeln, das sicherstellt, dass ihr nach dem Ausbau des Weges durch den Nutzungsberechtigten keine weiteren unwirtschaftlichen Aufwendungen entstehen. … “

13

Ein solches zumutbares Angebot hat die Antragstellerin hier der Antragsgegnerin jedenfalls mit dem Vorschlag unterbreitet, einen inhaltlich zum Gestattungsvertrag zur Nutzung von Wegen vom 17. Februar 2014 (seinerzeit zwischen der ... mbH und der Antragsgegnerin für einen anderen Windenergiestandort in E.-B. geschlossenen) gleichlautenden Vertrag auch für das streitgegenständliche Vorhabengrundstück zu schließen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Annahme dieses Angebots und der nochmalige Abschluss des früheren (ggfls. in einzelnen Punkten anzupassenden) Gestattungsvertrags unzumutbar wären, etwa weil es zu mit den Vertragsregelungen zusammenhängenden Störungen in der genannten Vertragsbeziehung gekommen wäre. Derartiges hat die Antrags-gegnerin nicht darlegen können. Ihr Hinweis darauf, dass die ... mbH sich mit einem weiteren Windenergieunternehmen im Jahr 2011 auch ihre gegenüber schriftlich „verpflichtet“ habe, eine zwischen diesen „abgestimmte Planung“ für die Errichtung von Windenergieanlagen im Sinne eines „einheitlichen Standortkonzepts“ in dem nach dem Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe ausgewiesenen Vorranggebiet „im Einvernehmen mit den angrenzenden Kommunen umzusetzen“, der Genehmigungsantrag indes für die in Rede stehende Anlage ohne Zustimmung der Antragsgegnerin gestellt worden sei, vermag Unzumutbarkeitsgesichtspunkte hinsichtlich des Angebots der Antragstellerin zur Ertüchtigung und Nutzung der Wegeparzellen nicht zu begründen. Letzteres soll im Kern (nur) verhindern, dass der Gemeinde nach dem Ausbau der der Daseinsvorsoge dienenden Anlagen weitere unwirtschaftliche Aufwendungen entstehen. Ein unmittelbarer inhaltlicher Zusammenhang zu der genannten „Verpflichtung“, ein (unter Dritten) erarbeitetes Konzept zu Windenergiestandorten in dem Vorranggebiet (zumal nur) „im Einvernehmen“ mit der Antragsgegnerin „umzusetzen“, lässt sich danach nicht feststellen. Gewichtiger wiegt aber, dass die Antragsgegnerin die naheliegende Möglichkeit ungenutzt gelassen und zur Geltendmachung der von ihr als Verpflichtung verstandenen Erklärung nicht die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung der in Rede stehenden Windenergieanlage – einem nach der Anlage zur Verpflichtungserklärung nicht vorgesehenen Standort – angefochten hat; die Genehmigung ist bestandskräftig geworden. Sie hat nach Erhalt des Nachweises über den Betreiberwechsel gegenüber der Bevollmächtigten der Antragstellerin sogar angegeben, nicht grundsätzlich eine Vereinbarung einer Gestattung abzulehnen (vgl. Schreiben vom 27. Juni 2016). Es ergeben sich nicht zuletzt auch erhebliche Unsicherheiten über Inhalt, Fortwirkung angesichts veränderter Verhältnisse und Bindungsgehalt der Erklärung aus dem Jahr 2011, die jedenfalls die Antragstellerin – trotz teilweiser Personenidentität mit der ... mbH – nicht unterzeichnet hat. Es liegen also keine ausreichenden Gesichtspunkte, die auf die Zumutbarkeit des Angebots durchschlagen oder gar die Annahme eines venire contra factum proprium rechtfertigen können. Für die Kammer ergeben sich auch keine sonstigen Anhaltspunkte für ein unzumutbares Angebot von Seiten der Antragstellerin, zumal die hier ebenfalls relevante Parzelle .../... (Flur ..., Gemarkung A.-W.) schon seinerzeit Gegenstand des Gestattungsvertrags vom 17. Februar 2014 gewesen ist, bereits ausgebaut ist und seit Jahren auch von anderen Windenergieanlagenbetreibern genutzt wird. Es ist hier auch nicht maßgeblich, dass die Antragsgegnerin gegen den alternativ von der Antragstellerin vorgelegten die Zuwegung und darüber hinaus die Verlegung von elektronischen Versorgungs- und Anschlussleitungen umfassenden einheitlichen Vertragsentwurf zahlreiche Bedenken geäußert hat, die dem Abschluss dieses Vertrags aus ihrer Sicht entgegen stehen. Die Antragstellerin hat hier ein einstweiliges Regelungsinteresse für die Zuwegung allein zur Errichtung der Anlage geltend gemacht, zu der sie ein der Antragsgegnerin zumutbares Vertragsangebot in Gestalt des Gestattungsvertrags aus dem Jahr 2014 vorgelegt hat.

14

Des Weiteren ist auch die erforderliche Dringlichkeit der Sache (Anordnungsgrund) von der Antragstellerin glaubhaft gemacht worden. Es ist nämlich zu besorgen, dass ihre Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden oder dass ihr wesentliche Nachteile drohen, wenn die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird. Die Antragstellerin hat im Einzelnen dargelegt, dass sie an zeitliche Vorgaben der Herstellerfirma der Windenergieanlage gebunden ist und es schon bei der Errichtung der Anlage zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen kommen wird, wenn der für Mitte Juli 2016 vorgesehene Beginn der Maßnahme – zunächst die Zuwegung zu dem Vorhabengrundstück – nicht von statten gehen kann. Es träten auf ihrer Seite insbesondere nicht unerhebliche finanzielle Schäden ein (eine Abschlagszahlung an die Herstellerfirma sei bereits geleistet worden), weil die Windenergieanlage sodann erst im Jahr 2017 ans Netz gehen könne und sich in dessen Folge die erzielbaren Netzeinspeisevergütungen reduzieren würden. Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin mit dem vorliegenden Eilantrag einen dem Umfang (es sind lediglich insgesamt ca. 110 m Wegstrecke betroffen) und der Dauer (bis voraussichtlich Ende dieses Jahres) nach begrenzten Ausbau und ein ebenso beschränktes Überfahren begehrt, wiegen das grundrechtlich geschützte Interesse der Antragstellerin an einer zeitnahen Zuwegung zu ihrem Vorhabengrundstück schwerer als das Interesse der Antragsgegnerin, auch vorläufig von der Inanspruchnahme ihrer Wegeparzellen verschont zu bleiben, die teilweise bereits von Windenergie-anlagenbetreibern genutzt werden. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin die Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung auch nicht allein zu verantworten. Ersichtlich liefen die Vorhabenplanungen der Rechtsvorgängerin, als es zu einem Betreiberwechsel gekommen ist. Ein solcher (im Wirtschaftsverkehr durchaus üblicher) Rechteübergang steht der Dringlichkeit der Anordnung nicht entgegen. Die Betreiberseite ist (angesichts einer bereits bestehenden Gestattungsbeziehung) ferner zeitgerecht wegen eines Ausbaus/Überfahrens der Wegeparzellen zur Erreichung des Vorhabenstandorts auf die Antragsgegnerin zugegangen (mit Schreiben vom 13. Mai 2016). Von Anfang an waren – entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin – auch die Wegeparzellen bekannt, um die es hinsichtlich des Ausbaus und des Befahrens mit Schwertransportern geht. Die Grundstücke sind in dem als Anlage 1 zu dem Schreiben der Antragstellerin vom 13. Mai 2016 beigefügten Entwurf eines Gestattungsvertrags genannt (vgl. dort insbesondere § 2 Abs. 1). Die Sache ist nach alledem als dringlich anzusehen, auch weil die Antragsgegnerin dem Abschluss eines Gestattungsvertrags nicht konkret näher treten möchte.

15

Schließlich liegt auch keine ungerechtfertigte Vorwegnahme der Hauptsache vor, die im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen in Betracht kommt. Die Durchsetzung ihres Benutzungsrechts für die Errichtungsphase der Windenergieanlage im Hauptsacheverfahren wäre – wie sich aus den Ausführungen zu der Dringlichkeit der einstweiligen Anordnung ergibt – für die Antragstellerin mit erheblichen, ggfls. dauerhaften finanziellen Nachteilen verbunden. Demgegenüber ist die vorläufige Gestattung der Nutzung nur von zeitlich beschränkter Dauer und hinterlässt zudem keine bleibenden oder unzumutbaren Folgen auf Seiten der Antragsgegnerin (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.1.2011 – 7 ME 20/11 –, juris, Rn. 2). Die Antragstellerin hat sich auch bereit erklärt, auf Wunsch der Antragsgegnerin den Ausbau der Wegeparzellen rückgängig zu machen (vgl. auch § 14 Satz 2 des vorge-schlagenen Gestattungsvertrags zur Nutzung von Wegen vom 17. Februar 2014). Das vorliegende Eilrechtsgesuch bleibt auch hinter weiteren Interessen der Antragstellerin zurück, die sie gegenüber der Antragsgegnerin verfolgt. Ihr geht es vorliegend nämlich nicht um die Gestattung der Nutzung der Wegeparzellen zum rund 20-jährigen Betrieb der Windenergieanlage oder um die Nutzung der Wegeparzellen zur Kabelverlegung, gegebenenfalls jeweils zusätzlicher dinglicher Sicherungen. Vor diesem Hintergrund ist die tatsächlich nur geringfügige Vorwegnahme der Hauptsache zum Ausbau und Überfahren der in Rede stehenden Wegeparzellen zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes angezeigt.

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

17

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52, 53 GKG. Der Streitwert orientiert sich mangels anderweitiger konkreter Anhaltspunkte an dem von der Antragstellerin genannten Rückbauaufwand für den Ausbau der Wegeparzellen von 10.000,-- €, reduziert um die Hälfte im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Ein zusätzliches Nutzungsentgelt für den hier lediglich in Rede stehenden Errichtungszeitraum von rund 6 Monaten erscheint vernachlässigbar (vgl. insoweit § 7 des Gestattungsvertrags zur Nutzung von Wegen vom 17. Februar 2014).

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