Urteil vom Verwaltungsgericht Mainz (1. Kammer) - 1 K 1082/18.MZ
Tenor
Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 23. August 2018 wird aufgehoben.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen hat.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Beanstandungsklage des Klägers richtet sich gegen einen Widerspruchsbescheid des Beklagten, wonach über einen Antrag der Beigeladenen auf Gewährung von Beihilfe für Umstrukturierungsmaßnahmen im Weinbau neu zu entscheiden ist.
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Das entsprechende Antragsverfahren wurde im Jahr 2016 geändert und ist seitdem zweistufig ausgestaltet. Der Antrag Teil 1, der im Jahr 2016 in der Zeit vom 1. Juli bis zum 15. August zu stellen war, dient der Anzeige der für die Umstrukturierung und Umstellung vorgesehenen Rebflächen. Die Förderbedingungen wurden in dem „Merkblatt zum Antrag Teil 1“ gültig für Antragsverfahren Teil 1 2016 und Pflanzung ab 2017 zusammengefasst, außerdem wurden Antragsformulare bei den zuständigen Kreisverwaltungen hinterlegt. Durch eine weitere Änderung der Förderbedingungen im Juni 2016 – allerdings erst nach Druck und Veröffentlichung der Antragsformblätter und des „Merkblatts zum Antrag Teil 1“ – wurde die Fördermöglichkeit auf bestimmte unbestockte Flächen ausgeweitet (vgl. „Ergänzung des Merkblatts zum Antrag Teil 1“ vom 16. Juni 2016). Im Juli 2016 wurde darüber hinaus die zunächst nur bis zum 31. Juli 2016 geltende Antragsfrist bis zum 15. August 2016 ausgeweitet (vgl. „Ergänzung des Merkblatts zum Antrag Teil 1“ vom 29. Juli 2016). Mit dem Antrag Teil 2 wird die Durchführung von Maßnahmen der Umstrukturierung und Umstellung der zuvor angezeigten Rebflächen beantragt. Dieser Antrag war in der Zeit vom 2. Januar bis zum 31. Januar 2017 zu stellen.
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Die Beigeladene, die in X. ein Weingut betreibt, stellte zunächst am 11. Juli 2016 den „Antrag Teil 1“ für fünf bestockte Flurstücke und zwar für das Flurstück XX in der Gemarkung G., das Flurstück XXX/1 in der Gemarkung N. sowie die Flurstücke XX/1, XX/2 und YY/2 in der Gemarkung I.
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Am 14. Januar 2017 stellte die Beigeladene sodann den zweiten Teil ihres Beihilfeantrags. Gegenstand des Antrags waren Umstrukturierungsmaßnahmen für 13 Grundstücke, die die Beigeladene als „Zielflächen“ in dem Antragsformular eingetragen hatte. Diese Grundstücke stimmten jedoch nicht mit den in Teil 1 des Antrags angezeigten Flurstücken überein; diese führte die Beigeladene im Antragsformular unter der Rubrik „Quellflächen“ auf. Mit der im Antrag Teil 2 beantragten Förderungsmaßnahme („Maßnahme 31“) soll die Bewirtschaftung der Rebfläche verbessert werden, indem eine moderne Drahtrahmenanlage in einer Flachlage erstellt wird, sodass sich die Rebsorte-/Unterlagenkombination an die sich verändernden Klimabedingungen anpasst (vgl. „Merkblatt zum Antrag Teil 1“ gültig für Antragsverfahren Teil 1 2016 und Pflanzung ab 2017, S. 6).
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Am 7. Juni 2017 meldete die Beigeladene die Fertigstellung der Maßnahme.
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Da 12 der 13 im Antrag Teil 2 für Umstrukturierungen vorgesehenen Rebflächen nicht bereits auf der ersten Antragsstufe angezeigt worden seien, lehnte der Landkreis B. mit Bescheid vom 30. September 2017 für 12 Rebflächen die Gewährung einer Umstrukturierungsbeihilfe ab. Nur für das Flurstück XX/9 der Gemarkung Q. wurde eine Beihilfe für Umstrukturierungsmaßnahmen in Höhe von 4.352 € bewilligt.
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Gegen den Bescheid erhob die Beigeladene mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 Widerspruch soweit die beantragte Beihilfe nicht bewilligt wurde. Bei den 12 Rebflächen, für die die Umstrukturierungsbeihilfe abgelehnt wurde, handele es sich um Flächen, bei denen eine Rodung nicht erforderlich gewesen sei und folglich keine Rodungserlaubnis im Rahmen des ersten Antragsschritts habe beantragt werden müssen: 4 Flächen seien Brachland (ehemaliges Ackerland) gewesen, 8 Flächen seien bereits im Jahr 2015 gerodet worden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2018 wurde dem Widerspruch stattgegeben. Der Beihilfebescheid wurde hinsichtlich seines ablehnenden Teils aufgehoben und der Widerspruchsgegner dazu verpflichtet insoweit neu über den Beihilfeantrag der Beigeladenen zu entscheiden.
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Am 23. Oktober 2018 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid, der bei ihm am 27. September 2018 eingegangen ist, Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass der Beigeladenen nicht weitere Beihilfen zu gewähren sei, weil insoweit die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt seien. Sämtliche Flächen, auf denen Umstrukturierungsmaßnahmen erfolgen und gefördert werden sollen, müssten bereits auf der ersten Antragsebene (Antrag Teil 1) angezeigt werden, damit vor Durchführung der Umstrukturierung und Bewilligung der Beihilfe die europarechtlich vorgeschriebene, flurstückbezogene Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt werden könne. Dies betreffe auch solche Flächen, die im Zeitpunkt der Antragstellung (Teil 1) bereits gerodet seien. Da auch das Flurstück XX/9 der Gemarkung Q. nicht im Antrag Teil 1 angezeigt worden ist, habe auch für dieses Flurstück keine Beihilfe gewährt werden dürfen.
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Der Kläger beantragt,
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den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 23. August 2018 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt der Beklagte vor, dass die Beigeladene bei Abgabe ihres Antrags Teil 1 am 11. Juli 2016 nicht habe wissen können, dass sie auch nicht bestockte Rebflächen habe anzeigen müssen. Die Vorgaben der Beihilfebewilligung seien während des Antragsverfahrens geändert worden. In einem solchen Fall müsse sichergestellt werden, dass alle Antragsteller über die Änderungen informiert würden, um ihre bereits gestellten Beihilfeanträge zu korrigieren. Die „Ergänzung des Merkblatts zum Antrag Teil 1“ vom 16. Juni 2016 sei dem Kreisrechtsausschuss bei seiner Entscheidungsfindung nicht bekannt gewesen.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie ist der Auffassung, dass die im Jahr 2017 umstrukturierten Flächen bereits im Jahr 2015 gerodet worden seien und im Zeitpunkt der Antragstellung (Teil 1) als Acker- bzw. Brachland keiner Rodungserlaubnis bedurft hätten. Weder eine Meldung noch eine Begutachtung der Flächen sei im Antragszeitpunkt möglich gewesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte (1 Band) der Beklagten Bezug genommen; diese lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten ist zulässig und begründet.
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1. Die Klage ist als Beanstandungsklage gemäß § 17 Abs. 1 des Landesgesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO – statthaft. Danach kann die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – bzw. im Falle des § 16 Abs. 7 Halbsatz 2 AGVwGO die andere obere Aufsichtsbehörde – gegen einen Widerspruchsbescheid gemäß § 16 Abs. 7 AGVwGO, dessen Rechtswidrigkeit sie geltend macht, Klage bei dem Verwaltungsgericht erheben, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält. Für dieses Verfahren ist sie Beteiligte im Sinne des § 61 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –. Es handelt sich dabei um ein gesetzliches, von dem Bestehen eigener Rechte losgelöstes Anfechtungsrecht unter Durchbrechung des Rechtsträgerprinzips.
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Der Kläger ist durch § 17 Abs. 1 AGVwGO auch klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Abweichend von der allgemeinen Regelung dieser Vorschrift ist eine Anfechtungsklage ohne Rücksicht auf eine Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten zulässig, wenn ein formelles Bundes- oder Landesgesetz ein Klagerecht unabhängig von der Betroffenheit in eigenen Rechten ausdrücklich vorsieht oder eine dahingehende Regelung jedenfalls aus dem Zusammenhang einer Vorschrift, insbesondere ihrem Zweck, ersichtlich ist. Eine solche abweichende Regelung stellt § 17 Abs. 1 AGVwGO dar.
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Die Beanstandungsklage ist dabei das erforderliche Instrument, um in Bezug auf die Entscheidungen der Rechtsausschüsse die im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes – GG – und Art. 77 Abs. 2 der Landesverfassung notwendige Einbindung in die innere Verwaltung sicherzustellen und die parlamentarische Verantwortung des Ressortministers zu gewährleisten. Beides kann bei derartigen Entscheidungen angesichts deren in § 7 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AGVwGO verankerter Weisungsfreiheit gerade nicht wie in „normalen“ Verwaltungsverfahren durch Weisungen übergeordneter Behörden gesichert werden. Damit kommt es nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO grundsätzlich allein darauf an, dass die klagende Behörde die Klage im öffentlichen Interesse für geboten hält (vgl. OVG RP, Urteile vom 30. November 2015 – 1 A 10317/15 –, juris, Rn. 23 und vom 4. Juni 2002 – 7 A 11631/01.OVG –, juris, Rn. 20).
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2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Widerspruchsbescheid vom 23. August 2018 ist rechtswidrig. Der Kreisrechtsausschuss des Beklagten hätte dem Widerspruch der Beigeladenen den Erfolg versagen müssen. Die Kreisverwaltung hat die Gewährung einer Beihilfe in Höhe von weiteren 27.631 € zu Recht mit Bescheid vom 30. September 2017 abgelehnt.
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a) Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe liegen für die im Antrag Teil 2 aufgeführten Rebflächen nicht vor, da es insofern an einem entsprechenden, zwingend erforderlichen vorherigen Antrag Teil 1 fehlt.
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Die Gewährung der von der Beigeladenen in den Jahren 2016/2017 beantragten Beihilfe für Umstrukturierungsmaßnahmen im Weinbau erfolgt maßgeblich auf Grundlage der Landesverordnung über die Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen vom 21. Dezember 2009 (zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Juli 2016 [GVBl. S. 304]) – RebflUmstV RP 2009 –. Gemäß § 1 der RebflUmstV RP 2009 können Erzeuger, die Rebflächen in Rheinland-Pfalz bewirtschaften, zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit Unterstützung für die Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen nach Artikel 46 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. EU Nr. L 347 S. 671) in Verbindung mit Titel II Kapitel II Abschnitt 2 der Verordnung (EG) Nr. 555/2008 der Kommission vom 27. Juni 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Wein hinsichtlich der Stützungsprogramme, des Handels mit Drittländern, des Produktionspotenzials und der Kontrollen im Weinsektor (ABl. EU Nr. L 170 S. 1; 2009 Nr. L 114 S. 23; 2009 Nr. L 164 S. 66) in ihrer jeweils geltenden Fassung auf der Grundlage des nationalen Stützungsprogramms nach Teil II Titel I Kapitel IV Abschnitt IV b Unterabschnitt II der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 erhalten.
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Vorliegend ist zwischen den Beteiligten allein streitig, ob die Beigeladene die Anträge auf Bewilligung einer Beihilfe für Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen gemäß § 7 Abs. 2 der RebflUmstV RP 2009 in der seit dem 1. Juli 2016 geltenden Fassung gestellt hat. Die Beigeladene hat in ihrem Antrag Teil 1 andere Rebflächen für Umstrukturierungsmaßnahmen angezeigt, als sie in ihrem Antrag Teil 2 unter „Zielflächen“, auf denen die Fördermaßnahmen durchgeführt werden sollen, benannt hat: In ihrem Antrag Teil 1 hat sie Flurstück XX (G.), Flurstück XXX/1 (N.) und die Flurstücke XX/1, XX/2 und YY/2 (I.) aufgeführt. Mit Antrag Teil 2 hat sie sodann die Durchführung von Maßnahmen auf den Flurstücken XXX/2, XXX/1, YYY, ZZZ in B., auf den Flurstücken XXX, YYY und ZZZ in I., auf den Flurstücken XXX und YYY in P., auf den Flurstücken XX und YY in R. und auf den Flurstücken XX/9 und YY/12 in Q. beantragt.
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aa) In § 7 Abs. 2 Satz 1 der RebflUmstV RP 2009 in der Fassung vom 10. Januar 2012, die bis zum 30. Juni 2016 galt, war geregelt, dass die Anträge grundsätzlich zwischen dem 2. Januar und dem 31. Januar eines Jahres auf den von der Kreisverwaltung vorrätig gehaltenen Formblättern zu stellen sind. Dieses – einstufige – Antragsverfahren wurde durch Änderung der Regelung in § 7 Abs. 2 der RebflUmstV RP 2009 durch Verordnung vom 14. Juli 2016 (GVBl. S. 304) von einem zweistufigen Antragsverfahren abgelöst: Nach dieser seit dem 1. Juli 2016 geltenden – und damit hier anzuwendenden – Fassung des § 7 Abs. 2 der RebflUmstV RP 2009 gilt, dass in einem ersten Antragsschritt die für die Umstrukturierung und Umstellung vorgesehenen Rebflächen zwischen dem 1. Juli und dem 15. August eines Jahres für das folgende Kalenderjahr auf den amtlich vorrätig gehaltenen Formblättern angezeigt werden müssen. Im zweiten Antragsschritt müssen zwischen dem 2. Januar und dem 31. Januar des Folgejahres die jeweils geplanten Maßnahmen der Umstrukturierung und Umstellung auf den zuvor angezeigten Rebflächen benannt werden.
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Insofern bestimmt der eindeutige Wortlaut des § 7 Abs. 2 RebflUmstV RP 2009, dass die im Antrag Teil 1 anzuzeigenden Rebflächen mit jenen, für die in Antrag Teil 2 konkrete Umstrukturierungsmaßnahmen zu bezeichnen und weitere Angaben zu machen sind, übereinstimmen müssen. Schließlich verweist § 7 Abs. 2 Satz 2 RebflUmstV RP 2009 hinsichtlich des „anschließend“ zu stellenden Antrags Teil 2 auf die zuvor bereits in Antrag Teil 1 „nach Satz 1 angezeigten Rebflächen“, auf denen bestimmte Maßnahmen durchgeführt werden sollen.
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Die Änderung des Antragsverfahrens mit einhergehender Aufteilung in zwei Antragsschritte liegt darin begründet, dass vor der finalen Entscheidung über den Beihilfeantrag aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben eine zweifache Vor-Ort-Kontrolle der zu fördernden Rebflächen stattfinden muss. Nach Art. 42 Abs. 3 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1150 der Kommission vom 15. April 2016 müssen Flächen, für die Vorhaben zur Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen unterstützt werden, vor und nach der Durchführung der Vorhaben systematisch kontrolliert werden. Die Kontrolle bezieht sich auf die Parzellen, für die ein Stützungsantrag gestellt wurde. Bei der Kontrolle vor Durchführung der Vorhaben werden unter anderem das Vorhandensein der betreffenden Rebfläche, die gemäß Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1150 der Kommission bestimmte bepflanzte Fläche und der Ausschluss der normalen Erneuerung der Rebflächen im Sinne von Art. 46 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 überprüft. Somit spricht auch der Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 Satz 1 RebflUmstV RP 2009 in der seit dem 1. Juli 2016 geltenden Fassung dafür, dass kein Wechsel der zu fördernden Flächen zwischen der Stellung des Antrags Teil 1 und des Antrags Teil 2 vorgenommen werden darf. Die erforderliche Vor-Ort-Kontrolle kann nicht durchgeführt werden, wenn die jeweilige Fläche nicht bereits im Antrag Teil 1 angezeigt worden ist.
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Entsprechend wurden die Antragsteller auch in dem „Merkblatt zum Antrag Teil 1“ darauf hingewiesen, dass nur solche Rebflächen im später zu stellenden Antrag Teil 2 berücksichtigt und folglich gefördert werden können, die bereits im Antrag Teil 1 angezeigt wurden. Es heißt in dem Merkblatt ausdrücklich:
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„Flächen, die in Teil 1 des Antrages nicht berücksichtigt sind, können in Teil 2 nicht mehr aufgenommen werden.“
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Auch der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz machte im Rahmen seines Infodienstes (Bl. 26 der Gerichtsakte) am 17. Juni 2016 auf die Verfahrensänderung aufmerksam und klärte darüber auf, dass im Antrag Teil 2 Beihilfen nur für solche Flächen beantragt werden können, die schon in Teil 1 aufgeführt wurden. Ein „Nachmelden“ sei nicht möglich.
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bb) Da die Beigeladene die Beihilfen für die unter „Zielflächen“ genannten Rebflächen in ihrem Antrag Teil 2 beantragt hat, die sie jedoch nicht in ihrem Antrag Teil 1 angezeigt hat, fehlt es an der gebotenen Übereinstimmung der zu fördernden Rebflächen in den Anträgen Teil 1 und Teil 2 und insbesondere an einer Vor-Ort-Kontrolle der zu fördernden Rebfläche.
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Zwar hat die Beigeladene unter der Rubrik „Quellflächen“ in ihrem Antrag Teil 2 auch diejenigen Grundstücke aufgeführt, die sie mit ihrem Antrag Teil 1 angezeigt hat. Die von ihr bezeichneten Quell- und Zielflächen betreffen aber jeweils unterschiedliche Rebflächen in verschiedenen Gemarkungen. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass aufgrund der Rodungen auf den „Quellflurstücken“ eine Genehmigung zur Wiederbepflanzung von Rebflächen auf den Zielflurstücken erteilt wurde und verwies auf den entsprechenden Bescheid der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz vom 2. März 2017.
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Mit den in Anlage 1 zu Antrag Teil 2 anzugebenden „Quell- und Zielflächen“ ist jedoch anderes gemeint: Quellflächen müssen in der Anlage 1 zu Antrag Teil 2 nur dann mitgeteilt werden, wenn die Flurstücknummer des (neu) zu pflanzenden Flurstücks von der in Antrag Teil 1 beantragten Flurstücknummer abweicht. Darauf wird auch in der Richtlinie für die Gewährung einer Unterstützung für die Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen nach der Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (gültig für Antragsverfahren Teil 2, Pflanzung 2017) hingewiesen. Darin heißt es bei der Anleitung zum Ausfüllen der Anlage 1 für Antrag Teil 2 auf Seite 12:
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„Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer aus Teil 1: Nur ausfüllen, wenn die Flurstücksnummer des zu pflanzenden Flurstücks von der in Teil 1 beantragten Flurstücksnummer abweicht (z.B. Flurbereinigung). Für eine Zielfläche kann es mehrere Quellflurstücke geben. Diese dann bitte in weitere Zeilen eintragen.“
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Beide Flurstücknummern müssen somit jeweils dasselbe Grundstück betreffen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine Flurbereinigung durchgeführt wurde und sich die Flurstückbezeichnungen geändert haben. Ein Austausch bzw. eine Änderung von Grundstücken während des Antragsverfahrens – zum Beispiel wegen eines „Verschiebens“ von Pflanzrechten – kann durch die Eintragung von verschiedenen Grundstücken als Ziel- bzw. als Quellfläche hingegen nicht vollzogen werden. Ein Austausch ist nicht zulässig, da jede Rebfläche, die gefördert werden soll, im Teil 1 des Antrags im Sommer 2016 angezeigt worden sein muss, sodass hier – wie ausgeführt – die gebotene Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt werden kann (vgl. insofern auch S. 5, 7, 9 der Richtlinie für die Gewährung einer Unterstützung für die Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen nach der Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, gültig für Antragsverfahren Teil 2, Pflanzung 2017). Eine Vor-Ort-Kontrolle an dem Grundstück, von dem etwaige Pflanzrechte möglicherweise stammen, wo aber die geförderten Umstrukturierungsmaßnahmen gar nicht durchgeführt werden sollen, wäre hingegen wirkungslos. Kontrolliert werden soll vielmehr das Grundstück, auf dem die subventionierten Maßnahmen umgesetzt werden.
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cc) Der Regelung in § 7 Abs. 2 RebflUmstV RP 2009 in der seit dem 1. Juli 2016 geltenden Fassung kann auch nicht entnommen werden, dass in Antrag Teil 1 eine Anzeige von bereits gerodeten Rebflächen oder sonstigen Brachflächen entbehrlich gewesen wäre und nur solche Rebflächen anzuzeigen waren, die noch gerodet werden mussten. § 7 Abs. 2 Satz 1 RebflUmstV RP 2009 trifft insofern keine Differenzierung: Der dahingehend weitgefasste Wortlaut geht von „für die Umstrukturierung und Umstellung vorgesehenen Rebflächen“ aus, sodass grundsätzlich alle Rebflächen in Antrag Teil 1 angezeigt werden müssen, für die eine Beihilfe beantragt wird.
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Die Beigeladene kann auch nicht mit Erfolg behaupten, dass nicht bekannt gewesen sei, dass gerodete Rebflächen im Antrag Teil 1 anzuzeigen sind, sofern für sie eine Fördermaßnahme beantragt wird. Entgegen der im Widerspruchsbescheid geäußerten Auffassung des Beklagten enthielt das „Merkblatt zum Antrag Teil 1“ nur deshalb keinen Hinweis darauf, dass auch gerodete Flächen im Antrag Teil 1 anzuzeigen sind, weil bei Veröffentlichung des Merkblatts gerodete Flächen noch gar nicht förderfähig waren. Hierauf wies das „Merkblatt zum Antrag Teil 1“ ausdrücklich hin:
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„4. Nicht förderfähig sind folgende Maßnahmen:
- 39
- Förderung unbestockter Rebflächen, d.h. Flächen, die bereits gerodet sind.“
- 40
Eine Ausweitung der Förderbedingungen erfolgte im Juni 2016, was in einer „Ergänzung des Merkblatts zum Antrag Teil 1“ zusammengefasst wurde:
- 41
„Für das anstehende Pflanzjahr 2017 sind folgende Sachverhalte förderfähig:
- 42
-Bestockte Rebflächen können beantragt, gerodet und wiederbestockt werden.
- 43
- Gerodete und nicht bestockte Flächen können mit Genehmigungen von umgewandelten Pflanzrechten (aus der Zeit vor 31.12.2015) bepflanzt und gefördert werden, sofern die zu bestockende Fläche in einer Vor-Ort-Kontrolle kontrolliert wird.
- 44
Pflanzungen aufgrund Genehmigungen von Wiederbepflanzungen aus Rodungen seit dem 1.1.2016 ohne vorherige Vor-Ort-Kontrolle der bestockten Quellfläche können in der Umstrukturierung nicht gefördert werden.“
- 45
Danach konnten Beihilfen – ausnahmsweise – auch für im Antragszeitpunkt (Teil 1) bereits gerodete Flächen beantragt werden, wenn bestimmte Fördervoraussetzungen beachtet waren. Insbesondere war es erforderlich, dass für die vor dem 31. Dezember 2015 gerodeten und nun „zu bestockenden Flächen“ nicht nur eine Genehmigung von umgewandelten Pflanzrechten vorlag, sondern diese Flächen auch in einer Vor-Ort-Kontrolle überprüft werden. Dies setzt jedoch voraus, dass diese Flächen bereits im Antrag Teil 1 angezeigt wurden. Auch in der „Ergänzung des Merkblatts zum Antrag Teil 1“ in der Fassung vom 16. Juni 2016, die auf die Einbeziehung bestimmter gerodeter Flächen in das Förderprogramm hinweist, wird erläutert, dass alle Rebflächen, auf denen die zu fördernden Umstrukturierungsmaßnahmen erfolgen sollen, in Antrag Teil 1 angezeigt werden müssen, damit eine Vor-Ort-Kontrolle erfolgen kann:
- 46
„Um die Anforderungen zu erfüllen, ist ab dem Pflanzjahr 2017 zusätzlich eine Vor-Ort-Kontrolle der beantragten Fläche vor Beginn der Maßnahme erforderlich. (...)´“
- 47
In der „Ergänzung des Merkblatts zum Antrag Teil 1“ in der Fassung vom 29. Juli 2016 wird dies noch weitergehend präzisiert:
- 48
„Dem Antragsverfahren im Januar des Pflanzjahres wird ein Teilantragsverfahren (Teil 1) im Juli des Vorjahres vorangestellt (...). Die dort eingetragenen Flächen können in 2017 und 2018 bepflanzt werden, wobei im jeweiligen Pflanzjahr ein Antrag Teil 2 gestellt werden muss.“ [Hervorhebungen und Auslassungen nicht im Original]
- 49
Die Flächen, die die Beigeladene als „Zielflächen“ in Antrag Teil 2 angegeben hat, weil hier die zu fördernden Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen, wurden im Herbst 2015 gerodet. Unabhängig davon, dass für diese Rebflächen möglicherweise im Antragszeitpunkt auch die erforderliche Genehmigung von umgewandelten Pflanzrechten fehlte (erst im März 2017 wurde eine Genehmigung zur Wiederbepflanzung von Rebflächen erteilt, Bl. 85 der Verwaltungsakte), hat hier jedenfalls die erforderliche Vor-Ort-Kontrolle auf den zu bestockenden Rebflächen nicht stattgefunden. Sofern die Beigeladene eine Förderung für im Antragszeitpunkt bereits gerodeter Flächen beansprucht, ist davon auszugehen, dass sie die – nach Veröffentlichung des Merkblatts erfolgte – Ausweitung der Beihilfe für gerodete Flächen sowie die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen – Anzeige der zu fördernden Flächen in Antrag Teil 1 – jedenfalls aufgrund der eindeutigen Regelung in § 7 Abs. 2 RebflUmstV RP 2009 in der seit dem 1. Juli 2016 geltenden Fassung kannte oder zumindest kennen musste.
- 50
Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dem Passus in der „Ergänzung des Merkblatts zum Antrag Teil 1“, wonach Pflanzungen aufgrund Genehmigungen von Wiederbepflanzungen aus Rodungen seit dem 1. Januar 2016 ohne vorherige Vor-Ort-Kontrolle der bestockten Quellfläche nicht gefördert werden, um eine Klarstellung, dass seit dem 1. Januar 2016 alle Rebflächen grundsätzlich im bestockten Zustand – also vor der Rodung – der Vor-Ort-Kontrolle unterliegen. Hierdurch sollen wohl „vorschnelle“ Rodungen von Flächen vermieden werden, bei denen sich bereits aufgrund der Vor-Ort-Kontrolle herausstellt, dass sie nicht förderfähig sind (vgl. § 7 Abs. 4 RebflUmstV RP 2009).
- 51
Nach alledem war der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid aufzuheben.
- 52
b) Dahinstehen kann, ob die Gewährung von Beihilfe in Höhe von 4.352,00 € für das Flurstück XX/9 in der Gemarkung Q. durch die Kreisverwaltung mit Bescheid vom 30. September 2017 rechtmäßig erfolgt ist. Da die Beigeladene ihren Widerspruch nur auf die Ablehnung der Beihilfe hinsichtlich der übrigen 12 Grundstücke (weitere Beihilfe in Höhe von 27.631 €) bezogen hat, ist hinsichtlich des sie begünstigenden Teils des Bescheids vom 30. September 2017 Bestandskraft eingetreten. Der Widerspruchsbescheid enthält daher in Bezug auf die Bewilligung einer Beihilfe für das Flurstück XX/9 (Gemarkung Q.) keine Regelung und kann insoweit von der Klägerin nicht angefochten werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO.
- 54
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO –.
Beschluss der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 8. August 2019
- 55
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 27.631,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1, 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz – GKG –).
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