I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer LKW-Werkstatt mit Büro, zwei Betriebswohnungen und einer Lärmschutzwand; das Vorhaben soll der neue Standort des Fuhrunternehmens der Familie der Beigeladenen zu 1. werden.
Die Baugenehmigung bezieht sich auf das Grundstück FlNr. 2161, Gemarkung B. (i.F..: Vorhabengrundstück). Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 2180/2, Gemarkung H., das nordwestlich des Vorhabengrundstücks liegt, jenseits eines Verbindungswegs zwischen der D. Straße und der A. Straße. Das Vorhabengrundstück befindet sich im Bereich des Bebauungsplans Nr. 122 „Nördlich der A. Straße“, am 7. Juli 2017 in Kraft getreten (i.F.: Bebauungsplan), dessen Geltungsbereich sich nur auf das Vorhabengrundstück und auf einen Teilbereich der A. Straße erstreckt.
Direkt westlich des Vorhabengrundstücks und südlich des Grundstücks der Antragstellerin existiert eine größere Tankstelle mit Werkstatt und Verkaufsräumen. Laut unwidersprochener Antragserwiderung des Landratsamtes München (i.F.: Landratsamt) befinden sich im nordwestlich des Vorhabengrundstücks befindlichen Baugebiet auf den Grundstücken FlNrn. 2152, 2153 und 2154 eine landwirtschaftliche und weitere gewerbliche Nutzungen (nach Internetrecherche u.a. ein Reifenhändler). Östlich des Baugebiets in einer Entfernung von ca. 150 m befindet sich nach den Luftbildern eine weitere Hofstelle.
Die Beigeladene zu 2. erteilte zu dem unter dem 30. Mai 2017 gestellten Bauantrag mit Beschluss des Bauausschusses vom 28. Juni 2017 ihr gemeindliches Einvernehmen unter der Voraussetzung, dass die Erschließung des Bauvorhabens entsprechend dem Bebauungsplan und dem darauf beruhenden Erschließungsvertrag erfolgt und zum erforderlichen Zeitpunkt fertiggestellt ist.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 5. März 2018, Az. 4.1-0612/17/V, genehmigte das Landratsamt das Bauvorhaben entsprechend den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen unter Gewährung von Ausnahmen vom Anbauverbot für den Anbau an Staatsstraßen und von Festsetzungen des Bebauungsplans (Lage der Zufahrtsrampe außerhalb des Bauraumes und Errichtung von zwei Betriebswohnungen) und unter Festlegung diverser Auflagen. Nach den Gründen der Baugenehmigung waren die in der beiliegenden schalltechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros M. vom 9. März 2017, Bericht Nr. … (i.F.: Schalltechnische Untersuchung) enthaltenen Vorgaben und Regelungen Grundlage der planungsrechtlichen Prüfung und sind Voraussetzung für die Zulässigkeit des Bauvorhabens. Das gelte auch für die in der beiliegenden Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2017 und in den jeweiligen Ergänzungen vom 24. Juli 2017, vom 28. Juli 2017 und vom 26. Oktober 2017 enthaltenen Vorgaben.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat am 27. März 2018 namens und im Auftrag der Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erhoben. Vorliegend beantragt er, mit Schriftsatz vom 28. Mai 2018,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 5. März 2018 anzuordnen und mit Schriftsatz vom 26. Juni 2018 ausdrücklich den Erlass eines Schiebebeschlusses.
Zum Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird ausgeführt:
Die streitgegenständliche Baugenehmigung setze den Bebauungsplan um. Dieser sei unwirksam. Konkret sei die von der Beigeladenen zu 2. Im Bebauungsplan festgesetzte Immissionskontingentierung unzulässig. Mangels wirksamen Bebauungsplans handele es sich bei dem Bauvorhaben um ein nicht privilegiertes Außenbereichsvorhaben, das gemäß § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig sei. Der Bevollmächtigte verweist in diesem Zusammenhang auch auf seine Antragsbegründungen in Haupt- und Eilsache im Rahmen des vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan angestrengten Normenkontrollverfahrens (2 N 17.1795, 2 NE 18.1142). Aus der Unwirksamkeit des Bebauungsplans folge auch, dass die Baugenehmigung die Antragstellerin in eigenen Rechten verletze. Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans resultiere aus einer fehlerhaften Festsetzung von Immissionskontingenten. Diese Immissionskontingente sollten gerade auch das Wohneigentum der Klägerin schützen. Die im Bebauungsplan angelegte nachbarschützende Immissionskontingentierung stelle eine Norm dar, die gerade auch die Antragstellerin schütze. Da diese Immissionskontingentierung rechtswidrig sei, sei die Antragstellerin in eigenen Rechten verletzt. Daneben ergebe sich die Verletzung in eigenen Rechten auch aus § 1 Abs. 7 BauGB. Indem die Beigeladene zu 2. die Immissionsbetroffenheit der Antragstellerin als abwägungserheblichen Belang durch ein rechtswidriges Planungsinstrument – die fehlerhafte Emissionskontingentierung – habe bewältigen wollen, liege ein Abwägungsfehler vor, der auch in die Prüfung des Nachbarrechtsbehelfs Eingang finden müsse. Außerdem bestünden eine Vielzahl weiterer Gründe für die Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans, die weiteren Drittschutz vermittelten; es werde auf die auch in weiteren Punkten fehlerhafte Schalltechnische Untersuchung verwiesen, die fehlende Erforderlichkeit des Bebauungsplans und die rechtswidrige Überplanung von Wegeflächen.
Zum Antrag auf Erlass eines Schiebebeschlusses wird ausgeführt:
Sollte die Verwirklichung des Bauvorhabens weiter vorangetrieben werden, würden endgültige Tatsachen geschaffen, die der Antragstellerin die Möglichkeit des Rechtsschutzes entzögen.
Der Beklagte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das zugelassene Bauvorhaben Rechte der Antragstellerin, insbesondere das Rücksichtnahmegebot, verletze. Dies gelte unabhängig von einer Wirksamkeit des Bebauungsplans. Entscheidend sei, dass im Baugenehmigungsverfahren mittels Schalltechnischer Untersuchung der Nachweis erbracht worden sei, dass das Bauvorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen in der Umgebung auslöse. Das gelte auch für die im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans anzustellende Beurteilung der immissionsschutzfachlichen Verträglichkeit des Bauvorhabens nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm (i.F.: TA Lärm). Das Anwesen der Antragstellerin liege nicht in einem allgemeinen Wohngebiet (WA), sondern in einem Dorfgebiet, wie sich aus der bestehenden gewerblichen Vorbelastung im Umgriff ergebe. Somit sei der Immissionsrichtwert für ein Dorfgebiet, mithin 60 dB(A), maßgebend. Mit den in der Schalltechnischen Untersuchung ermittelten Beurteilungspegeln stehe fest, dass für das Bauvorhaben Nr. 3.2.1 TA Lärm greife und dass sich das Anwesen der Antragstellerin nicht einmal mehr im Einwirkungsbereich des streitgegenständlichen Vorhabens befinde, Nr. 2.2 TA Lärm.
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. beantragt mit Schriftsatz vom 14. Juni 2018 für diese, den Antrag abzulehnen.
Es könne nicht festgestellt werden, dass die Baugenehmigung subjektiv-öffentliche Rechte der Antragstellerin verletze. Dies gelte selbst für den Fall, dass die Emissionskontingentierung und der gesamte Bebauungsplan unwirksam wäre. Auch dann führe die Zulassung des streitgegenständlichen Bauvorhabens nicht dazu, dass es am Anwesen der Antragstellerin zu unzumutbaren Lärmeinwirkungen komme. Dies folge aus der im Baugenehmigungsbescheid in Bezug genommenen Schalltechnischen Untersuchung; die in allen untersuchten Betriebsszenarien sich ergebenden Beurteilungspegel an den Immissionsorten am Anwesen der Antragstellerin lägen danach durchgängig mindestens um mehr als 10 dB(A) unter den sich nach der TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerten. Das gelte unabhängig davon, ob man den Gebietstypus als Misch- bzw. Dorfgebiet oder – wie nicht – als Allgemeines Wohngebiet einordne. Nur vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass der Antragstellerin auch kein Gebietserhaltungsanspruch gegen das Bauvorhaben zustehe.
Die Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 2. hat sich für diese schriftsätzlich geäußert, aber keinen Antrag gestellt. Auf das Vorbringen wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.
II.
Der Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 ist zulässig und begründet (1.), wohingegen der ausdrückliche Antrag auf einen Hänge- bzw. Schiebebeschluss bereits unzulässig ist (2.).
1. Nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen; dem steht der Fall der Aussetzung der Vollziehung, § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO gleich. Es trifft jeweils eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse des Bauherrn oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.
Die Drittanfechtungsklage gegen die Baugenehmigung in der jetzigen Fassung wird voraussichtlich Erfolg haben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin nach summarischer Prüfung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt werden (statt aller VG München, B.v. 26.10.2017 – M 9 S 17.3585 – juris m.w.N.).
Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften ist vorliegend insofern gegeben, als der Baugenehmigungsbescheid gegenwärtig für die Antragstellerin nicht gewährleistet, dass von dem Bauvorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen werden (a). Im Übrigen begegnet die Baugenehmigung keinen Bedenken (b).
a) Der Baugenehmigungsbescheid in der jetzigen Fassung gibt der Antragstellerin nicht die Möglichkeit, zweifelsfrei festzustellen, ob durch die Zulassung des Vorhabens schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen an ihrem Wohnhaus – und damit eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB – zu erwarten sind, was dazu führt, dass der Baugenehmigungsbescheid gegenwärtig in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt ist, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris; weiter auch BayVGH, B.v. 17.8.2010 – 15 CS 10.981 – juris).
Dies folgt daraus, dass der Baugenehmigungsbescheid eine sog. zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes gegenwärtig vermissen lässt.
Die ständige obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris; U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris; B.v. 17.8.2010 – 15 CS 10.981 – juris) und auch die ständige Rechtsprechung der Kammer (vgl. z.B. VG München, U.v. 29.11.2017 – M 9 K 16.377 – juris; U.v. 23.11.2016 – M 9 K 15.4614 – juris; U.v. 19.10.2016 – M 9 K 16.711 – juris) gehen davon aus, dass es grundsätzlich zulässig ist, den Lärmschutz in der Weise einer sog. zielorientierten Festlegung zu regeln. Dafür muss der Baugenehmigungsbescheid klare Festlegungen von Beurteilungspegeln enthalten, die an im Einzelnen aufgeführten – wohl auch noch zulässig: „an den nächstgelegenen“ – Immissionsorten nicht überschritten werden dürfen.
Fehlt es an einer Nebenbestimmung, die selbst eine solche Regelung enthält, so muss der Baugenehmigungsbescheid zumindest in einer vollziehbaren Auflage eine klare und konkrete Bezugnahme auf Grenzwerte in einer schalltechnischen Untersuchung enthalten (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 17), wenn ein solches Gutachten eingeholt wurde – was nach Ansicht der Kammer nur bei entsprechenden substantiierten Einwänden im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens (v.a. für gewerbliche Betriebe) nötig ist (wie hier, Bl. 95ff. d. Behördenakts). Letzteres gilt aber nur dann, wenn die Baugenehmigung die Immissionsgrenzwerte an den maßgeblichen Immissionsorten festlegt.
Vorliegend wurde zwar ein Gutachten eingeholt, eine ausreichende Bezugnahme darauf und/oder die Festlegung von Immissionsgrenzwerten an den maßgeblichen Immissionsorten aber sind unterblieben. Der Baugenehmigungsbescheid nimmt nur in den Gründen (S. 4 des Bescheids) auf „die Vorgaben und Regelungen“ der „beiliegenden“ Schalltechnischen Untersuchung Bezug. Das ist nicht ausreichend, um die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte sicherzustellen. Als Standort für die Aufnahme derartiger Vorgaben ist eine vollziehbare Auflage zu wählen. Weiter ist weder ersichtlich, dass die Schalltechnische Untersuchung dem Baugenehmigungsbescheid überhaupt beigegeben war – unter Anlagen, S. 1 des Bescheids, ist das Gutachten nicht aufgeführt – noch wird konkret auf die einschlägigen Passagen, v.a. auf die auf S. 8 der Schalltechnischen Untersuchung aufgeführten Immissionskontingente oder auf die Immissionsrichtwerte für die Immissionsorte 1 und 2 (i.F.: IO 1 und IO 2) verwiesen. Auch der Umstand, dass der bei den Behördenakten befindliche Hefter, in den das Gutachten gegeben wurde, mit „Schallgutachten zum Bebauungsplan“ kommentiert und nicht von der Baugenehmigungsbehörde gestempelt ist, führt dazu, dass diese Form der Bezugnahme nicht ausreichend ist.
All dies gilt gerade auch dann, wenn ein Bebauungsplan – wie vorliegend – Emissionskontingente für ein Bauvorhaben festlegt (vgl. dezidiert BayVGH, B.v. 16.10.2007 – 1 CS 07.1848 – juris Rn. 6, 8 und 45ff.; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 18 und 25ff.). Das folgt schon daraus, dass Emissionskontingente – als Regelung zum Emissionsverhalten eines Vorhabens – erst über eine Ausbreitungsrechnung in Immissionskontingente und in Beurteilungspegel „umgesetzt“ werden müssen (Storr, Lärmbekämpfung Bd. 5 (2010) Nr. 5, 196, 200). Unabhängig davon sind im Einzelbaugenehmigungsbescheid die Immissionsrichtwerte oder Immissionsgrenzwerte, die eine rein rechtliche Festlegung darstellen und sich aus Nr. 6 TA Lärm ergeben, für die einzelnen Immissionsorte festzuschreiben (vgl. auch Versteyl u.a., Zeitschrift für Immissionsschutzrecht und Emissionshandel – I + E, 2011, 163, 167). Die Immissionsrichtwerte können aus dem Bebauungsplan, der zu Recht nur den Emissionsort überplant und sich zu den Immissionsorten nicht verhält, nicht bestimmt werden. Dementsprechend hält der Bebauungsplan in Ziff. A.10.1 a.E. fest: „Ein Vorhaben erfüllt auch dann die schalltechnischen Festsetzungen des Bebauungsplans, wenn der Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert an den maßgeblichen Immissionsorten um mindestens 15 dB unterschreitet (Relevanzgrenze)“. Was aber „der Immissionsrichtwert an den maßgeblichen Immissionsorten“ ist, muss eben im Baugenehmigungsverfahren geprüft und in der Baugenehmigung transparent und v.a. vollziehbar festgelegt sein (vgl. auch Versteyl u.a., I + E, 2011, 163f.; Storr, Lärmbekämpfung Bd. 5 (2010) Nr. 5, 196, 199ff.). Dass die Baugenehmigung auf die Festlegung von Immissionsgrenzwerten nicht verzichten kann, folgt schon daraus, dass bspw. der mit einem Vorhaben verbundene und ihm bei der Immissionsschutzbetrachtung zuzurechnende An- und Abfahrtverkehr (Nr. 7.4 TA Lärm) bei der Emissionskontingentierung im Bebauungsplan überhaupt nicht zu berücksichtigen ist (Fricke, UPR 2015, 92; Fischer/Tegeder, NVwZ 2005, 30).
Nur ergänzend wird klargestellt, dass all dies unabhängig davon gilt, dass der „Schallschutz“ im Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich nicht mehr geprüft wird, Art. 62 Abs. 4 Satz 1, Abs. 3 BayBO, § 12 BauVorlV (Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 113). Die Rechtsprechung zur zielorientierten Festlegung des Lärmschutzes stellt materielle Anforderungen an ein Vorhaben und betrifft keine Verfahrensfragen.
b) Hinsichtlich der Argumente der Antragsschrift wird auf Folgendes hingewiesen:
Für die Beurteilung, ob das Bauvorhaben vorliegend Nachbarrechte verletzt oder nicht, ist die Wirksamkeit des Bebauungsplans nach den Aussagen in Ziff. 1 lit. a dieses Beschlusses irrelevant (vgl. für entsprechende Fälle einer eventuell unwirksamen Festsetzung von Emissionskontingenten BayVGH, B.v. 16.10.2007 – 1 CS 07.1848 – juris; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris).
Die im Rahmen des gebietsübergreifenden Nachbarschutzes allein entscheidende Frage (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – juris), ob zu erwarten ist, dass das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, d.h. ob es im Regelbetrieb unzulässige Immissionen am Immissionsort der Antragstellerin (vgl. Nr. 2.3 TA Lärm) verursachen wird, richtet sich nicht nach der Wirksamkeit des Bebauungsplans, sondern ist bzw. wäre anhand von festgelegten Immissionsgrenzwerten und anhand der vorgelegten Schalltechnischen Untersuchung zu beantworten. Auf den Standort des Bauvorhabens als emittierenden Betrieb – und auf dessen etwaige Lage in einem Bebauungsplangebiet oder im Außenbereich – kommt es dabei nicht an, sondern auf die Situierung des Grundstücks der Antragstellerin als maßgeblichen Immissionsort. Der Vorhabenstandort spielt nur insofern eine Rolle, als dass damit „nominell“ festgelegt wird, aus welchen Normen das Gebot der Rücksichtnahme zu entnehmen ist, entweder aus § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (bei Wirksamkeit des Bebauungsplans) oder aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans); die inhaltlichen Maßstäbe für die Prüfung der Verletzung von Nachbarrechten aber verändern sich dadurch nicht (statt aller BayVGH, B.v. 12.9.2017 – 1 ZB 15.126 – juris; B.v. 14.10.2015 – 15 ZB 15.1404 – juris; B.v. 17.6.2010 – 15 ZB 09.2132 – juris; U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 – juris).
Es wird darauf hingewiesen, dass sich der Antragsgegner und der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. mit ihren – der Baugenehmigung nachfolgenden – Stellungnahmen auf dieser Linie befinden. Dort wurde zur Einordnung des Gebiets, in welchem das Grundstück der Antragstellerin liegt, ausführlich Stellung genommen und es wurde die Irrelevanz der Wirksamkeit der Bebauungsplanfestsetzungen betont. Diese Argumentation ist aber nur für den Fall korrekt, dass der Baugenehmigungsbescheid die notwendigen Aussagen trifft.
Die Einordnung des Landratsamtes und der Beigeladenen zu 1., dass der IO 1 und der IO 2 im Dorf- bzw. Mischgebiet liegen, ist nach Lage der Akten nicht zu beanstanden. Eine Internetrecherche und die Einsicht über Google Maps und über BayernAtlas-Plus abrufbarer Luftbilder bestätigen diese Einschätzung. Der D. Straße, die das nördlich des Vorhabengrundstück gelegene Baugebiet durchzieht, kommt demnach keine trennende Wirkung zu; neben der Tankstelle mit Werkstatt und Verkaufsräumen auf FlNr. 2160, Gemarkung H. sind also auch die landwirtschaftliche und weitere gewerbliche Nutzungen (nach Internetrecherche u.a. ein Reifenhändler) auf den Grundstücken FlNrn. 2152, 2153 und 2154, jeweils Gemarkung H., in die Betrachtung einzubeziehen.
Werden die Immissionsgrenzwerte in der Baugenehmigung aufgeführt und die Bezugnahmen korrekt ausgestaltet, bestehen gegen das Bauvorhaben nach alledem keine Bedenken, v.a. nicht aus immissionsschutzrechtlicher Sicht. Das Gericht stützt sich für diese Einschätzung auf die Schalltechnische Untersuchung vom 9. März 2017 und macht sich diese zu eigen. Die vom Antragstellerbevollmächtigten vorgelegte Plausibilitätsprüfung der Fa. h. Ingenieure vom 20. Dezember 2017 (Bl. 46ff. d. Gerichtsakts) beschäftigt sich nur mit dem Schalltechnischen Gutachten der Fa. M. zum Bebauungsplan (vom 26. Oktober 2015); eine Stellungnahme zu der hier maßgeblichen Schalltechnischen Untersuchung vom 9. März 2017 findet sich nicht. Diesbezügliche Mängel sind auch nicht erkennbar. Aus der Schalltechnischen Untersuchung vom 9. März 2017 geht hervor, dass die Immissionsgrenzwerte am IO 1 und IO 2 auch bei einer in der Plausibilitätsprüfung für notwendig gehaltenen Verdoppelung des LKW-Verkehrs bei weitem eingehalten werden können.
Weiter ist klarzustellen, dass die Frage, ob das Vorhaben, wäre der Bebauungsplan unwirksam und würde es damit nach den Luftbildern im Außenbereich ausgeführt, nach § 35 BauGB zugelassen werden könnte oder nicht, bereits deshalb ohne Belang ist, weil es keinen allgemeinen Abwehranspruch gegen im Außenbereich unzulässige Nachbarvorhaben gibt; ein etwaiger objektiv-rechtlicher Verstoß der Baugenehmigung gegen § 35 Abs. 2, Abs. 3 BauGB führt nicht zu einer Nachbarrechtsverletzung (statt aller BayVGH, B.v. 21.3.2018 – 9 ZB 16.2081 – juris; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris, jeweils m.w.N.).
2. Der Antrag auf Erlass eines Hänge- bzw. Schiebebeschlusses ist bereits unzulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis für eine derartige „Zwischenentscheidung“ erkennbar ist. Dies folgt bereits ohne weiteres daraus, dass die Entscheidungsreife für die „reguläre“ Entscheidung nach den § 80f. VwGO gegeben ist (v.a. wurden die Behördenakten bereits vorgelegt). Dann bedarf es einer derartigen Zwischenentscheidung von vorn herein nicht (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 111).
Unabhängig davon verstellt die Verwendung von Schlagworten – „Schaffung vollendeter Tatsachen“ – grundsätzlich den Blick auf die Spezifika der jeweiligen Situation bzw. des jeweiligen Rechtsgebiets (hier: öffentliches Baurecht). Derjenige, der ein Bauvorhaben ausführt, handelt dabei stets auf eigenes Risiko. Effektiver Rechtsschutz ist auch dann sichergestellt, falls über den Eilantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO erst dann entschieden würde, wenn das Bauvorhaben bereits vollständig verwirklicht wäre (die Verwirklichung des Bauvorhabens führt wegen der Wirkungen des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auch nicht zur Erledigung des Eilverfahrens, vgl. § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es werden dann von Amts wegen oder auf Rechtsbehelf des Nachbarn hin für Teile des Bauvorhabens oder für das gesamte Bauvorhaben Nutzungsuntersagungen oder Beseitigungsanordnungen erlassen werden, Art. 76 BayBO, je nachdem, wie weit die Rechtsverletzung des Nachbarn reicht. In diesem Ausmaß (Beeinträchtigung der drittschützenden Rechtsposition) kommt Art. 14 Abs. 1 GG ermessensreduzierende Wirkung zu (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.2000 – 4 B 11.00 – juris; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 5295). Irreparable Zustände können demnach rechtlich und auch praktisch im Baurecht nicht eintreten (vgl. andererseits BVerfG, B.v. 11.10.2013 – 1 BvR 2616/13 – juris für einen Ausnahmefall, in dem ein Hängebeschluss notwendig war: Behördlich erzwungene Abgabe einer Vermögensauskunft würde zu irreparablen Folgen für die Kreditwürdigkeit des Beschwerdeführers führen).
Dementsprechend ist auch der Ansatz, die Frage, ob eine derartige Zwischenentscheidung entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 123 VwGO oder unmittelbar auf Art. 19 Abs. 4 GG gestützt (vgl. dazu Barczak, JA 2013, 937), notwendig ist/wird oder nicht, von einem bestimmten Baufortschritt abhängig zu machen (dazu Guckelberger, NVwZ 2001, 275), nicht nachvollziehbar. Das System des Eilrechtsschutzes sieht, jedenfalls für den Fall eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung, selbst genügend Möglichkeiten vor, die einen sog. Hänge- oder Schiebebeschluss unnötig machen, vgl. nur § 80 Abs. 8 VwGO oder § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO („Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten“). Dementsprechend verzichten die Obergerichte regelmäßig in Gänze auf eine Entscheidung über derartige Anträge (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris).
Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, Abs. 3 Halbs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene zu 1. hat einen Antrag gestellt und sich damit in ein Kostenrisiko begeben. Die Beigeladene zu 2. dagegen hat darauf verzichtet und trägt deshalb nur ihre außergerichtlichen Kosten. Die Festlegung eines Kostenanteils für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses war nicht veranlasst, da dieses Verfahren kein selbstständiges Nebenverfahren darstellt (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris). Wollte man dies anders sehen, wäre hierfür § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zur Anwendung zu bringen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Streitwertkatalog.