Beschluss vom Verwaltungsgericht München - M 22 E 18.3506

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

Der (erneute) Antrag des Antragstellers, ihm und Frau A.Z. eine gemeinsame kostenlose Wohnung in einem Clearinghaus zur Verfügung zu stellen, hat keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus sonstigen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der jeweilige Antragsteller sowohl den aus dem streitigen Rechtsverhältnis abgeleiteten Anspruch, bezüglich dessen die vorläufige Regelung getroffen werden soll (Anordnungsanspruch), wie auch die Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Maßgeblich für die Beurteilung sind dabei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

Dies zugrunde gelegt hat der Antragsteller vorliegend einen Anordnungsanspruch sowie einen Anordnungsgrund (erneut) nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller wird von der Antragsgegnerin seit der im Mai 2014 erfolgten Räumung seiner 1-Zimmer-Mietwohnung in städtischen Clearinghäusern und privaten Beherbergungsbetrieben obdachlosen- bzw. satzungsrechtlich untergebracht. Seit 6. Juni 2017 bewohnt er auf der Grundlage einer Unterbringungsverfügung der Antragsgegnerin ein Notquartier in der S…straße 33 in M. Frau A.Z., mit der der Antragsteller seinen Angaben zufolge nach islamischem Recht verheiratet ist, ist unterbrechungslos seit dem 1. Dezember 2014 in der C…-Straße in M. gemeldet. Obwohl das Fehlen eines Unterbringungsgesuchs ihrerseits im Rahmen diverser vom Antragsteller betriebener Gerichtsverfahren thematisiert wurde, hat Frau Z. bei der Antragsgegnerin bislang auch nicht um eine obdachlosenrechtliche Unterbringung nachgesucht.

Angesichts dessen ist weder die für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erforderliche Dringlichkeit noch das für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs erforderliche Fehlen einer Unterkunftsmöglichkeit vom Antragsteller hinreichend glaubhaft gemacht: Für eine Wohnungslosigkeit der Frau Z. liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Einer etwaig gegenüber dem Antragsteller bestehenden Verpflichtung auf obdachlosenrechtliche Unterbringung ist die Antragsgegnerin mit der Einweisung in die Unterkunft in die S.straße bereits hinreichend nachgekommen. Dessen Obdachlosigkeit ist damit hinreichend beseitigt. Eine darüber hinausgehende Unterbringung in einer Wohnung in einem einer besonderen Zweckbestimmung unterliegendem Clearinghaus kann der Antragsteller nicht verlangen, denn die Obdachlosenfürsorge, die ihre Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG findet, dient nicht der „wohnungsmäßigen Versorgung“, sondern der Verschaffung einer vorübergehenden Unterkunft einfacher Art. Auch unter Berücksichtigung der humanitären Zielsetzung des Grundgesetzes ist es daher - bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein sicherheitsrechtliches Einschreiten - ausreichend, wenn obdachlosen Personen eine Unterkunft zugewiesen wird, die vorrübergehend Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet und Raum für die notwendigen Lebensbedürfnisse lässt. Ein Auswahlrecht unter mehreren diesen Voraussetzungen genügenden Unterkünften oder gar ein Anspruch der Obdach suchenden Person auf eine nach Lage, Größe oder sonstigen Kriterien bestimmte Unterkunft besteht grundsätzlich nicht. Es liegt vielmehr im sehr weiten Ermessen der Antragsgegnerin, wie sie den durch Obdachlosigkeit bewirkten Gefahren begegnen will (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Sept. 2015, Art. 7 Rn. 190). Die zugewiesene Unterkunft muss insbesondere nicht allen Unterbringungs- und Sorgebedürfnissen, die eine Person hat, gerecht werden. Obdachlose Personen müssen, weil ihre Unterbringung nur eine Notlösung sein kann, eine weitgehende Einschränkung ihrer Wohnansprüche hinnehmen, wobei die Grenze zumutbarer Einschränkungen dort liegt, wo die Anforderungen an eine menschenwürdige, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit achtende Unterbringung nicht mehr eingehalten wird (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2010 - 4 C 09.3073 mit Verweis auf BayVGH, B.v. 10.10.2008 - 4 CE 08.2647 m.w.N.; VG Würzburg; B.v. 5.3.2009 - W5 K 09.2289; VG München, B.v. 24.4.2008 - M 22 K 07.5316).

Gemessen an diesem Maßstab ist die dem Antragsteller gegenüber bisher ergangenen Zuweisungsentscheidung durch die Antragsgegnerin nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte, aufgrund derer das weite Unterbringungsermessen der Beklagten vorliegend auf eine Unterbringung des Antragstellers (und von Frau Z.) in einer Wohnung in einem Clearinghaus reduziert wäre, sind unter keinem in Betracht kommenden Aspekt ersichtlich und wurden vom Antragsteller auch in Bezug auf seine aktuelle Unterkunft nicht vorgetragen. Auf die Ausführungen in den bisher in den Verfahren M 22 K 16.122, M 22 E 16.291, M 22 E 15.56 und M 22 S 14.5231 sowie M 22 E 14.3756 ergangenen Entscheidungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend verwiesen. Angesichts der Höhe der Rentenbezüge des Antragstellers entbehrt insbesondere auch der Wunsch des Antragstellers nach einer kostenlosen Zurverfügungstellung einer Wohnung jeder Grundlage.

Dem Antragsteller bleibt es weiterhin unbenommen sich - gegebenenfalls mit Unterstützung der Sozialleistungsträger - bei der Antragsgegnerin um die Berücksichtigung bei der Vergabe öffentlich geförderter, entgeltpflichtiger Wohnungen zu bemühen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Nr. 1.5 und 35.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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