Urteil vom Verwaltungsgericht Münster - 13 K 3418/13.O
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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verkündet am 4. September 2014 Kretschmann Verwaltungsgerichtsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts |
VERWALTUNGSGERICHT MÜNSTER
3IM NAMEN DES VOLKES
4URTEIL
5 6In dem Disziplinarverfahren
7w e g e n Disziplinarrechts
8hat die 1. Disziplinarkammer
9auf Grund der mündlichen Verhandlung
10vom 28. August 2014
11durch
12Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Bamberger,
13Richter am Verwaltungsgericht Prange,
14Oberstudienrätin Weidner
15für Recht erkannt:
16Die Klage wird abgewiesen.
17Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
18Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
19T a t b e s t a n d :
20Der Kläger war bis zum Jahr 0000 die von einem Privatverein gegründete Höhere Privatlehranstalt zu H. . Nach § 1 der Statuten des evangelischen Gymnasiums zu H. vom 00.00.0000 wurde er durch staatliche Anerkennung eine öffentliche Schule.
21Der am 00.00.0000 geborene Beklagte hat die Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe I und II in den Fächern Mathematik und Erdkunde. Seit dem 00.00.0000 unterrichtet er - zunächst im Angestelltenverhältnis - am Evangelisch Stiftischen Gymnasium in H. . Unter dem 00.00.0000 wurde ihm mit Wirkung vom selben Tag vom Kläger die Ernennungsurkunde zum Lehrer auf Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe überreicht. Unter dem 00.00.0000 überreichte ihm der Kläger mit Wirkung vom 00.00.0000 die Ernennungsurkunde zum Beamten auf Lebenszeit. Unter dem 00.00.0000 erhielt er mit Wirkung vom 00.00.0000 die Ernennungsurkunde zum Oberstudienrat. Die Urkunden waren jeweils vom damaligen Vorsitzenden des Kuratoriums sowie vom damaligen Schulleiter unterzeichnet. Diese handelten für das „Evangelisch Stiftische Gymnasium H. , Das Kuratorium“. Auf sonstigen Briefköpfen bezeichnet sich das Gymnasium als öffentliches Gymnasium in Trägerschaft eines Kuratoriums.
22Am 00.00.0000 stellte Frau H1. , Mutter der Schülerin F. -N. H1. , Strafanzeige gegen den Beklagten bei der Kreispolizeibehörde H. wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen gemäß § 174 StGB. Aufgrund der Vorwürfe verbot das Evangelisch Stiftische Gymnasium H. - das Kuratorium - dem Beklagten mit Verfügung vom 21. Februar 2011 gemäß § 39 BeamtStG die Führung der Dienstgeschäfte und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an.
23Durch Verfügung vom 00.00.0000 leitete das Kuratorium des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums H. gegen den Beklagten aufgrund des vorgenannten Vorwurfs, dessentwegen zu dem Zeitpunkt auch ein Strafverfahren anhängig war, gemäß § 17 Abs. 1 LDG NRW ein Disziplinarverfahren ein. Das Strafverfahren wurde am 00.00.0000 endgültig gemäß § 153a Abs. 2 StPO eingestellt, nachdem der Beklagte die ihm erteilten Auflagen (Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 2.500,00 Euro) erfüllt hatte.
24Mit der am 00.00.0000 bei Gericht eingegangenen Klage wirft der Kläger dem Beklagten vor, am 1. September 2010 in H. sexuelle Handlungen an einer Person unter 18 Jahren, die ihm zur Erziehung anvertraut gewesen sei, unter Missbrauch einer mit dem Erziehungsverhältnis verbundenen Abhängigkeit vorgenommen zu haben (Vergehen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB), indem er seine damals knapp 17-jährige Schülerin F. -N. H1. im Rahmen eines 45-minütigen Beratungsgespräches mehrfach unsittlich berührt habe.
25Der Kläger beantragt,
26den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Er stellt die Vorwürfe in Abrede.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Personalakte sowie der Disziplinarakte Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
32Die Klage ist unzulässig. Der Kläger ist nicht beteiligtenfähig (I.). Zudem ist der Kläger jedenfalls nicht der Dienstherr des Beklagten (II.).
33I.
34Der Kläger ist nicht beteiligtenfähig nach § 3 Abs. 1 Landesdisziplinargesetz (LDG) NRW i. V. m. § 61 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Kläger ist, wie sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ausdrücklich klargestellt hat, das Evangelisch Stiftische Gymnasium H. (im Folgenden: Gymnasium). Dieses wird durch das Kuratorium vertreten.
35Das Gymnasium ist ersichtlich keine natürliche Person (§ 61 Nr. 1 Var. 1 VwGO). Es ist auch keine Behörde; unabhängig hiervon sieht das Landesrecht Nordrhein-Westfalens nicht vor, dass Behörden beteiligtenfähig sind (§ 61 Nr. 3 VwGO). Es ist schließlich auch weder juristische Person noch eine teilrechtsfähige Vereinigung (§ 61 Nr. 1 Var. 2, Nr. 2 VwGO). Ihm kommt vielmehr keinerlei Rechtssubjektsqualität zu.
36Der Kläger ist als öffentliche Schule eine nichtrechtsfähige öffentliche Anstalt des Schulträgers (vgl. § 6 Schulverwaltungsgesetz vom 3. Juni 1958 - GV NRW S. 241 - (SchVG) bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW). Öffentliche Schule ist er, da gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 SchVG bzw. § 124 Abs. 4 Schulgesetz NRW (SchulG) Schulen, die nach bisherigem Recht öffentliche Schulen sind oder als öffentliche Schule gelten, insoweit ihre Rechtsstellung behalten.
37Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. März 2014 vom Kläger vertretenen Auffassung handelt es sich beim Gymnasium auch nicht um eine (rechtsfähige) Anstalt des öffentlichen Rechts, welche denselben Namen wie die Schule trägt, als Schulträger (des Gymnasiums) fungiert und durch das Kuratorium als Organ handelt.
38Schulträger des Gymnasiums ist nach den maßgeblichen Statuten nicht das Gymnasium selbst, sondern das Kuratorium (1.); unabhängig hiervon liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer rechtsfähigen Anstalt - neben der Schule selbst als nichtrechtsfähiger öffentlicher Anstalt - nicht vor (2.).
391. Schulträger ist, wer für die Errichtung, Organisation und Verwaltungsführung der einzelnen Schule rechtlich unmittelbar die Verantwortung trägt und zur Unterhaltung der Schule eigene Leistungen erbringt, wobei es sich um eine juristische oder natürliche Person handeln muss (vgl. § 2 SchVG).
40Das Kuratorium ist eine juristische Person des Privatrechts. Dies ergibt sich aus seiner Entstehungsgeschichte und Zusammensetzung. Das Kuratorium hat vereins- bzw. gesellschaftsrechtliche Züge. Es verwaltet sich selbst. Eine staatliche Einflussnahme auf die Zusammensetzung ist ausgeschlossen.
41In den Statuten des Gymnasiums werden sowohl die innerschulischen Angelegenheiten, d. h. Fragen des Unterrichts und der Erziehung geregelt; es werden aber auch über andere Fragen Bestimmungen getroffen, insbesondere über äußere Angelegenheiten.
42In § 2 der Statuten ist geregelt, dass Träger der Korporationsrechte ein aus Mitgliedern des in § 1 genannten Vereines bestehenden Kuratoriums ist, welches als das Schulkollegium im Sinne des § 55 des Allgemeinen Preußischen Landrechts anerkannt wird und welchem neben der Wahrnehmung der Korporationsrechte zugleich die Ausübung des Patronatsrechts zusteht. Beim Schulkollegium handelte es sich um die staatliche Schulbehörde, die für das Land als Dienstherr handelte. Dem Kuratorium wird in § 8 u. a. die Aufgabe zugewiesen, den Direktor und die Lehrer der Anstalt zu wählen, anzustellen und deren Führung und Verhalten zu überwachen. § 9 der Statuten sieht vor, dass die vom Kuratorium auf Lebenszeit berufenen Lehrer in ein Dienstverhältnis mittelbarer Staatsdiener eintreten. Nach § 16 kann das Kuratorium - allerdings gem. § 180 des Preußischen Allgemeinen Landrechts nur mit Genehmigung des Staates - auch die Auflösung der Anstalt beschließen. Dem Kuratorium wird zudem auch noch ausdrücklich (vgl. § 8 g) der Statuten) die Aufgabe übertragen, das Vermögen der Anstalt getreu und aufmerksam zu verwalten. Soweit es um die unter Abs. 4 der Statuten geregelten inneren Verhältnisse der Anstalt, mithin um innerschulische Angelegenheiten geht, ist § 15 zu entnehmen, dass der Vorstand, mithin der Leiter der Schule, befugt ist, über die Aufnahme und Entlassung der Schüler zu entscheiden, wobei das Kuratorium mit 2/3-Mehrheit auch zur Abänderung dieser Vorschrift befugt ist (vgl. § 18 der Statuten).
43Die Statuten sehen somit keine unterschiedlichen Vertretungsbefugnisse vor. Das Kuratorium hat vielmehr eine dominierende Stellung. Lediglich bestimmte innerschulische Angelegenheiten sind dem Leiter der Schule widerruflich übertragen. Im Übrigen, d. h. insbesondere bei den äußeren Angelegenheiten, kommt die Vertretungsbefugnis ausschließlich dem Kuratorium als dem Träger der Korporationsrechte zu.
44Im Übrigen sind sowohl der Kläger als auch das Kuratorium selbst bislang davon ausgegangen, dass das Kuratorium und nicht das Gymnasium Schulträger ist. Sowohl auf der Homepage des Gymnasiums als auch im Briefkopf wird betont, dass das Evangelisch Stiftische Gymnasium H. ein Öffentliches Gymnasium in Trägerschaft eines Kuratoriums sei. Das Kuratorium selbst war z. B. Vertragspartei bei dem mit dem Beklagten am 00.00.0000 abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Noch in der Klagebegründung wurde die Auffassung vertreten, dass es sich beim Kläger um ein öffentliches Gymnasium in Trägerschaft eines Kuratoriums handelt. Die gleiche Auffassung vertritt der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen in seinen Erlassen vom 21. März 1984 und vom 13. August 1984 (III A 6 37-7 Nr. 86/84). Im letztgenannten Erlass wird zudem betont, dass der öffentlich-rechtliche Charakter der Schule nicht dadurch berührt werde, dass das Kuratorium zivilrechtlichen Charakter habe. Erst nach der Stellungnahme des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. März 2014 nimmt nunmehr der Kläger, das Gymnasium, die Schulträgerschaft für sich in Anspruch.
452. Unabhängig hiervon erfüllt das Gymnasium nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts.
46Ausgehend vom klassischen Anstaltsbegriff von Otto Maier (Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. II, 3. Auflage 1924, S. 268) ist eine Anstalt ein „Bestand von Mitteln, sächlichen und persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einen besonderen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind“. Kennzeichnend für eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist u. a., dass sie der dauerhaften Verfolgung eines bestimmten Verwaltungszweckes des Anstaltsträgers dient. Anstaltsträger ist diejenige Hoheitsperson, welche die Anstalt errichtet hat. Mithin kommt der Wille des Anstaltsträgers, dessen Aufgaben die Anstalt wahrnimmt, durch sie und in ihr zur Geltung. Die Anstalt ist Organ oder Glied des Anstaltsträgers, welcher selbst oder durch sein hierfür zuständiges Organ in der Regel ständigen Einfluss auf die Anstalt ausübt. Das Verhältnis zum Schöpfer unterscheidet die Anstalt auch von der Stiftung. Die Stiftungen erhalten ihren Daseinszweck und ihre materielle Daseinsgrundlage auf Grund eines einmaligen Schöpfungsaktes des Stifters, der danach in der Regel im Wesentlichen aus ihrem „Leben“ ausscheidet. Eine Stiftung liegt hier erkennbar nicht vor, schon allein weil es an einer rechtlich verselbstständigten Vermögensmasse fehlt; selbständiges Rechtssubjekt war bei Anerkennung daher auch die Schule als Lehranstalt in ihrer Gesamtheit und nicht als Vermögensmasse. Anstalten hingegen unterliegen der laufenden Fürsorge des Anstaltsträgers. Errichtet, verändert und aufgelöst wird eine Anstalt als rechtsfähiger Verwaltungsträger durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch den Anstaltsträger. Das Vorhandensein eines Anstaltsträgers ist mithin konstitutiv für eine Anstalt.
47Vgl. ausführlich Wolf/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 3, 5. Auflage 2004, § 88; Reuter, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 89 Rn. 10 f.
48Ein hoheitlicher Anstaltsträger ist hier jedoch nicht ersichtlich. Die Geschicke des Gymnasiums werden durch das privatrechtlich organisierte Kuratorium bestimmt. Das Kuratorium agiert unbeaufsichtigt, verwaltet sich selbst und wählt seine Mitglieder selbst. Die Zusammensetzung des Kuratoriums kann durch staatliche Stellen nicht beeinflusst werden. Außerhalb der Schulaufsicht - insoweit unterliegt die Schule der gleichen Aufsicht wie die Ersatzschulen, bezeichnenderweise wird das Gymnasium bei der Bezirksregierung Detmold auch als Ersatzschule geführt und entsprechend refinanziert - haben staatliche Stellen keine Möglichkeit, auf die inhaltliche Tätigkeit des Kuratoriums bzw. der Schule Einfluss zu nehmen. Wie auch der Kultusminister in seinem Erlass vom 13. August 1984 betont, besteht keine Beteiligung des Landes an der Trägerschaft und ist das Land im Kuratorium nicht vertreten. Das Kuratorium kann seine Statuten selbst abändern und bei Einstimmigkeit selbst die Auflösung der Schule beschließen.
49All dies steht der Annahme einer Anstalt des öffentlichen Rechts als Schulträger entgegen. Bei solchen Anstalten handelt es sich um mittelbare Staatsverwaltung; dies setzt zwingend voraus, dass ein Anstaltsträger entsprechende Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten hat. Schon allein weil dies nicht der Fall ist, kann hier nicht vom Konstrukt einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts als Schulträger, welches durch das Organ des Kuratoriums handelt, ausgegangen werden. Dies wird durch die Überlegung bestätigt, dass es - wollte man das privatrechtliche Kuratorium als Träger einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ansehen - jedenfalls an dessen demokratischer Legitimation (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG) fehlen würde; zudem kann das Kuratorium nicht Organ und Träger zugleich sein.
50II.
51Überdies ist die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Münster für das Begehren des Klägers – die Entlassung des Beklagten aus dem Dienst gemäß § 10 LDG NRW – sachlich unzuständig (§ 45 Abs. 1 LDG NRW). Der Kläger ist kein zur Disziplinarklageerhebung befugter Dienstherr (1.); jedenfalls ist der Beklagte nicht (sein) Beamter (2.).
521. Der Kläger ist kein Dienstherr.
53a) Nach § 121 Nr. 2 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) - nunmehr §§ 1 und 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) - besitzen das Recht, Beamte zu haben, außer dem Bund, den Ländern, den Gemeinden und den Gemeindeverbänden sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die dieses Recht im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes besitzen oder denen es nach diesem Zeitpunkt durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung verliehen wird.
54Diese Aufzählung beschränkt die Dienstherrnfähigkeit nicht auf bestimmte Typen juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Es gibt keine Rechtsnormen, die die Wesensmerkmale von Typen verbindlich festlegen. Das öffentliche Verwaltungsorganisationsrecht kennt weder einen Typenzwang für rechtsfähige juristische Personen noch einen numerus clausus der Organisationsformen. Vielmehr steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum für die Gestaltung ihrer Organisation zu, der auch eine Kombination der Merkmale verschiedener Typen deckt.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2009 - 2 C 15.08 -, BVerwGE 135, 286 = juris, Rn. 16.
56Hiermit hat der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (vgl. heute Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 Grundgesetz (GG)) in abschließender Weise Gebrauch gemacht.
57Vgl. zur vorhergehenden Rahmenkompetenz BVerwG, Urteil vom 26. November 2009 - 2 C 15.08 -, BVerwGE 135, 286 = juris, Rn. 13.
58Das Landesbeamtengesetz knüpft an die bundesrechtlichen Vorgaben an. Gemäß § 1 LBG NRW gilt das Landesbeamtengesetz für die Beamtinnen und Beamten des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit das Beamtenstatusgesetz - wie oben ausgeführt - keine anderweitige Regelung enthält. Konsequenterweise gilt schließlich gemäß § 1 Abs. 1 LDG NRW das Landesdisziplinargesetz nur für Beamte sowie Ruhestandsbeamte im Sinne des Landesbeamtengesetzes.
59b) Der Kläger ist kein Dienstherr nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften. Er ist - wie oben ausgeführt - weder Land, Gemeinde oder Gemeindeverband noch sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts; er ist - unabhängig von einer Typenbestimmung - bereits nicht rechtsfähig.
602. Selbst unterstellt, der Kläger wäre Dienstherr, ist der Beklagte jedenfalls nicht wirksam von ihm zu einem seiner Beamten ernannt worden.
61Die Ernennung erfolgt als hoheitlicher Akt auf der Grundlage gesetzlicher Bestimmungen (vgl. §§ 15 ff. LBG NRW) durch den Dienstherrn. Die Beamten der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden von den nach Gesetz, Verordnung oder Satzung hierfür zuständigen Stellen ernannt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 LBG NRW).
62Der Beklagte ist nach dieser Maßgabe nicht wirksam zum Beamten des Klägers ernannt worden. Der Beklagte sollte ausweislich der in der Personalakte enthaltenen Ernennungsurkunden vom 00.00.0000 und 00.00.0000 zum Beamten des Kuratoriums und nicht des Klägers ernannt werden. Hierfür sprechen zahlreiche Umstände: Zunächst tragen die Urkunden den Briefkopf „Evangelisch Stiftisches Gymnasium H. , Das Kuratorium“. Sie sind unterzeichnet durch den Vorsitzenden des Kuratoriums und dessen Geschäftsführer. Auch auf sonstigen Briefköpfen bezeichnet sich das Gymnasium selbst als öffentliches Gymnasium in Trägerschaft eines Kuratoriums. Die Ausführungen des Ministeriums vom 8. März 1960 und aus August 1984 gehen ebenfalls von der Dienstherrnfähigkeit des Kuratoriums aus. In dieser Weise hat sich im Übrigen auch das Kuratorium über viele Jahre hinweg selbst verstanden. Mit Schreiben vom 00.00.0000 hat es „als Ihr Dienstherr“ dem Beklagten eine Nebentätigkeit genehmigt. Noch mit Schreiben vom 00.00.0000 hat es gegenüber der Staatsanwaltschaft C. angegeben, es sei Dienstherr. Selbst in der Klageschrift vom 00.00.0000 wurde das Kuratorium als Dienstherr bezeichnet.
63Hiernach fehlt es sowohl nach dem subjektiven wie objektiven Erklärungsinhalt der Ernennungen als auch nach den allen Beteiligten bekannten und für sie erkennbaren inneren und äußeren Umständen an einer Ernennung des Beklagten zum Beamten des Klägers. Der Wille aller Beteiligten ging dahin, den Beklagten zu einem Beamten des Kuratoriums zu ernennen. Dies ist auch im Nachhinein keiner Umdeutung zugänglich. Vor allem handelt es sich nicht um unschädliche Falschbezeichnungen. Dem steht schon die Formenstrenge des Beamtenrechts entgegen (vgl. z. B. § 11 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG).
64Ungeachtet dessen führt die nunmehr aufgestellte Argumentation des Klägers, das Kuratorium habe als sein Organ den Beklagten zu seinem Beamten ernannt, ebenfalls nicht weiter. Beim Kuratorium handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um einen Zusammenschluss mehrerer Personen auf zivilrechtlicher Grundlage. Eine solche privatrechtliche Vereinigung hat mangels gesetzlicher Beleihung jedoch keine Hoheitsbefugnisse. Sie ist nicht in der Lage, hoheitliche Gewalt auszuüben, und kann daher auch keine Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW, welche beamtenrechtliche Ernennungen darstellen, erlassen. Ernennt eine solche Vereinigung - selbst unterstellt: als Organ eines Hoheitsträgers - einen Beamten, stellt dies einen sog. Nicht-Akt dar.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 LDG i. V. m. § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
66Rechtsmittelbelehrung
67Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster) einzulegen und zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
68Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte - außer im Prozesskostenhilfeverfahren - durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
69Dr. Bamberger Prange
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Referenzen
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- StPO § 153a Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
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