Urteil vom Verwaltungsgericht Münster - 8 K 1807/15.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die Kläger sind kosovarische Staatsangehörige und zugehörig zum Volk der Roma. Sie reisten nach eigenen Angaben am 14. Oktober 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 20. Januar 2015 Asylanträge.
3Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 20. Juli 2015 gab der Kläger zu 1. im Wesentlichen an, sich seit dem Jahr 2000 als Angestellter der Gemeinde G. für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Angehörigen von Minderheiten eingesetzt zu haben. Die Gemeinde habe ihn hierbei nicht hinreichend unterstützt, weshalb er mit internationalen Organisationen zusammengearbeitet habe, die bei den Albanern nicht so beliebt gewesen seien. Von den Vorgesetzten oder Mitarbeitern der Gemeinde habe er deshalb jedoch nie direkten oder indirekten Druck erfahren. Um den 20. September 2014 herum seien sechs bis sieben, dem Kläger zu 1. unbekannte Personen zu diesem nach Hause gekommen, hätten ihn bedroht und aufgefordert, den Kosovo innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Der Kläger zu 1. habe an den Gesichtern der Personen gesehen, dass sie es ernst meinten. Er habe weder seiner Familie, noch seinem Arbeitgeber, noch der Polizei, noch internationalen Organisationen etwas von dem Vorfall erzählt. Noch am Tag der Bedrohung habe er mit seiner Familie den Kosovo verlassen. Für die Reise von Belgrad nach Deutschland habe er 4.000,00 Euro bezahlt. Das Geld hätten ihm teilweise zwei Töchter gegeben, die gearbeitet hätten, teilweise habe er etwas von seinem Gehalt zur Seite gelegt gehabt. Die Klägerin zu 2. sowie die Kläger zu 3., 4. und 5. beriefen sich bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 20. Juli 2015 auf die Gründe des Klägers zu 1. Die Klägerin zu 4. gab zudem an, im Kosovo einen guten Job gehabt und mit ihrem Leben ganz zufrieden gewesen zu sein. Ausgereist sei sie wegen ihres Vaters. Bei ihnen sei es Tradition, dass die Familie zusammenhalte. Der Klägerin zu 4. sei daher klar gewesen, dass sie ihrem Vater habe folgen müssen, ohne zu wissen, wo es hingehe.
4Durch Bescheide des Bundesamtes vom 31. Juli 2015 erkannte die Beklagte die Flüchtlingseigenschaft nicht zu, lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen und forderte die Kläger unter Abschiebungsandrohung auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen.
5Die Kläger haben am 19. August 2015 Klage erhoben. Zur Begründung berufen sie sich auf ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren und tragen ergänzend vor, der Kläger zu 1. sei erkrankt und benötige lebenslänglich Medikamente, die im Kosovo nicht erhältlich seien. Jedenfalls könne der Kläger zu 1. als Mitglied der Roma-Minderheit die Medikamente nicht finanzieren.
6Der Kläger zu 1. hat verschiedene ärztliche Atteste vorgelegt.
7Nach einem Attest der Klinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie des Universitätsklinikums N. vom 12. August 2015 wurde ihm wegen einer pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit) am 03. August 2015 ein femoropopliteraler Bypass angelegt, der am 06. August 2015 wegen eines Frühverschlusses neu angelegt wurde; der weitere Verlauf sei jedoch komplikationslos gewesen und der Kläger zu 1. sei am 12. August 2015 bei reizfreien trockenen Wundverhältnissen in die ambulante Weiterbehandlung entlassen worden. Nach einem Attest der S. -Klinik N. vom 23. August 2016 befand sich der Kläger zu 1. vom 16. bis zum 24. August 2016 wegen eines subakuten ST-Hebungsinfarktes der Vorwand bei 2-Gefäß-KHK (koronare Herzerkrankung) in stationärer Behandlung. Unter einer Koronarangiographie kam es zu einem passageren Gefäßverschluss durch thrombotisches Material. In diesem Rahmen wurden eine kardiopulmonale Reanimation sowie die passagere Anlage eines externen Schrittmachers notwendig und ein 2-fach-DE-Stenting im RIVA sowie ein 3-fach-DE-Stenting im RCX durchgeführt. Das Attest empfiehlt die engmaschige Anbindung des Klägers zu 1. an einen niedergelassenen Kardiologen und einen kompletten Nikotinstopp. Diagnostiziert wurden zudem ein arterieller Hypertonus sowie eine nicht insulinpflichtige Diabetes mellitus Typ II. Vom 15. bis zum 20. September 2016 wurde der Kläger zu 1. wegen fortdauernder AP-Beschwerden (Angina Pectoris/Brustenge) erneut stationär in die S. -Klinik aufgenommen. Durch eine erneute Koronarangiographie wurde eine In-Stent-Thrombose ausgeschlossen und der Kläger zu 1. in gutem Allgemeinzustand in die ambulante Weiterbehandlung entlassen.
8Der aktuellste Medikamentenplan des Klägers zu 1. sieht folgende Medikamente vor (Medikamtenplan der Dr.es med. F. /T. /N1. vom 06. Oktober 2016): Pantoprazol 40 mg, ASS (Acetylsalicylsäure) 100 mg, Clopidogrel 75 mg, Metformin 1000 mg, Metoprolol 23,75 mg, Phenprocoumon (Marcumar) 3 mg, Ramipril 2,5 mg, Simvastatin 40 mg und Spironolacton 50 mg. Der Kläger zu 1. hat schließlich eine augenärztliche Bescheinigung vorgelegt, ausweislich derer er am 16. Dezember 2016 und am 25. Januar 2017 Termine für eine ambulante Operation am Auge unter Vollnarkose hat. Eine Diagnose enthält diese Bescheinigung nicht.
9Die Klägerin zu 2. hat ein Attest des Arztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. N2. vom 13. Oktober 2016 vorgelegt, wonach bei ihr ein kombiniertes chronisches Kopfschmerzsyndrom mit Spannungs- und medikamenteninduziertem Kopfschmerz mit der Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung, eine erhebliche Anpassungsstörung mit Angst und schwer ausgeprägter Depression diagnostiziert wurden. Bei einer Rückführung in den Kosovo sei wegen der dortigen psychosozialen Belastungsfaktoren mit einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes, insbesondere mit akuter Suizidgefahr zu rechnen.
10Die Kläger beantragen sinngemäß,
11die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 31. Juli 2015 zu verpflichten,
12ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
13hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihnen subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen,
14weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt.
15Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
16die Klage abzuweisen.
17Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Wegen der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2016 und der Befragung der Kläger zu 1., 2. und 3. durch das Gericht wird auf die hierüber gefertigte Sitzungsniederschrift verwiesen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die zulässige Klage ist unbegründet.
21Der Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 bis 3e AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG), weil sie nicht wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt oder bedroht sind.
22Das Bundesamt hat die hierauf gerichteten Anträge der Kläger zu Recht abgelehnt. Dies ergibt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) jedenfalls aus § 29a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 S. 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
23Die Kläger stammen aus der Republik Kosovo und damit aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II zum AsylG, zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 35 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015, BGBl. I S. 1722, 1725). Sie haben auch nicht im Sinne des Art. 16a Abs. 3 S. 2 GG, § 29a Abs. 1 AsylG Tatsachen oder Beweismittel angegebenen, welche die Annahme begründen, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Kosovo politische Verfolgung droht.
24Die Vermutung, dass ein Asylsuchender aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht verfolgt wird, kann nur durch ein Vorbringen ausgeräumt werden, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers stützt, welches seine Wurzel allerdings auch in allgemeinen Verhältnissen haben kann. Erforderlich ist ein schlüssiger und substantiierter Vortrag, der vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft ist. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
25BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 1508/93 –, BVerfGE 94, 115, 147.
26Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Kläger nicht. Bei der geltend gemachten einmaligen Bedrohung durch unbekannte Personen fehlt es schon an einem Akteur, von dem Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes ausgehen kann (vgl. § 3c AsylG).
27Die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG und Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG stehen den Klägern ebenfalls nicht zu. Es ist nicht feststellbar, dass ihnen Gefahren im Sinne dieser Vorschriften drohen. Eine für die Kläger im Kosovo bestehende erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergibt sich insbesondere nicht aus dem Vortrag des Klägers zu 1., um den 20. September 2014 herum seien sechs bis sieben, ihm unbekannte Personen zu ihm nach Hause gekommen, hätten ihn bedroht und aufgefordert, den Kosovo innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Dieser Vortrag ist unglaubhaft. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger zu 1. – und mit ihm die übrigen, von dem Vorfall in Unkenntnis gelassenen Kläger – wegen einer einmaligen Bedrohung durch unbekannte Personen noch am selben Tag den Kosovo verlassen haben will, ohne die Gemeinde, für die er engagiert tätig war, die Polizei oder internationale Organisationen, mit denen er ständig zusammenarbeitete, in die Situation einzubeziehen. Selbst wenn dieser Vortrag zutreffen sollte, wären die Kläger gehalten, gegen die Bedrohung die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen. Die innere Sicherheit wird in der Republik Kosovo über die Kosovo Police hinaus durch internationale EULEX-Polizeikräfte gewährleistet. Zudem verfügt jede regionale Dienststelle der Kosovo Police über Polizeibeamte, die ausschließlich für die Belange der Minderheiten zuständig und meist selbst Angehörige einer Minderheit sind.
28Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo/Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 9. Dezember 2015, S. 5, 7, 16.
29Auch gesundheitsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG zugunsten des Klägers zu 1. oder der Klägerin zu 2. bestehen nicht.
30Nach den durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390, 392) eingefügten Sätzen 2 bis 4 des § 60 Abs. 7 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
31Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach bei der Prüfung eines gesundheitsbedingten Abschiebungsverbotes für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderlich aber auch ausreichend ist, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht,
32vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18/05 –, juris Rn. 15; Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58.96 – DVBl. 1998, 284 ff.
33Diese Anforderungen sind bezüglich der Kläger zu 1. und 2. nicht erfüllt.
34Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sich die Herzerkrankung, die periphere arterielle Verschlusskrankheit oder die Diabetes mellitus Typ II des Klägers zu 1. oder die psychische Erkrankung der Klägerin zu 2. alsbald nach einer Rückkehr der Kläger in den Kosovo infolge dortiger unzureichender Behandlungsmöglichkeiten wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern werden. Denn die genannten Erkrankungen sind im Kosovo behandelbar und diese Behandlungsmöglichkeiten sind den Klägern zugänglich.
35Kontrolluntersuchungen bei Herzerkrankungen sind im öffentlichen Gesundheitssystem des Kosovo in der Universitätsklinik Priština möglich, soweit kein kardiochirurgischer Eingriff indiziert ist. Kardiochirurgische Operationen können im privaten Gesundheitswesen durchgeführt werden. Die ethnische Zugehörigkeit des Klägers zu 1. zur Volksgruppe der Roma ist weder für seine medizinische Behandlung im öffentlichen noch im privaten Gesundheitswesen von Bedeutung. Der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština ist kein einziger Fall bekannt, in dem die medizinische Behandlung eines Patienten wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe abgelehnt worden wäre.
36Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština an das Verwaltungsgericht Freiburg vom 27. Juni 2011, Gz.: RK 516.80 – E 84/10; Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 17. September 2011, Gz.: RK-516.80-E 98/11.
37Aus den vom Kläger zu 1. vorgelegten ärztlichen Attesten geht nicht hervor, dass ein (weiterer) kardiochirurgischer Eingriff indiziert ist. Dies hat der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Medikamente, mit denen seine Herzerkrankung und seine pAVK nach dem aktuellsten Medikamentenplan der Dr.es med. F. /T. /N1. vom 06. Oktober 2016 behandelt werden, sind im Kosovo verfügbar.
38Die Medikamente ASS (Acetylsalicylsäure), Metoprolol und Metformin befinden sich auf der Medikamentenliste/Essential Drug List des kosovarischen Gesundheitsministeriums,
39Kosovo / Gesundheitsministerium, Medikamentenliste vom 01. Januar 2012, Nummern 73, 77 und 115.
40Dies bedeutet, dass sie vom öffentlichen Gesundheitssystem kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Von etwaigen Zuzahlungspflichten ist der Kläger zu 1. befreit, weil seine Erkrankungen chronisch sind.
41Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština an das Verwaltungsgericht Freiburg vom 27. Juni 2011, Gz.: RK 516.80 – E 84/10.
42Zwar kann es bei der Versorgung der Bevölkerung mit Basismedikamenten zu Engpässen kommen, wenn durch das Gesundheitsministerium bestellte Medikamente nicht rechtzeitig geliefert werden oder die für das jeweilige Jahr angeschafften Medikamente bereits verbraucht sind. In den Apotheken des Kosovo sind die Medikamente in einem solchen Fall aber weiterhin – gegen private Zahlung des regulären Verkaufspreises – beschaffbar.
43Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 14. März 2011, Gz.: RK 516.80 – E 23/11; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Kosovo - Aktuelle Entwicklung, Medizinische Versorgung, Migration / Berichtszeitraum Januar-August 2015.
44Auch die übrigen vom Kläger zu 1. benötigten Medikamente sind in den Apotheken des Kosovo erhältlich. Da es sich nicht um Basismedikamente handelt, muss der Kläger zu 1. sie selbst bezahlen.
45Auskünfte der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 29. Januar 2010, Gz.: RK 516.80 – E 04/10 (Clopidogrel: 28 Tabletten für 30 Euro); vom 23. Juli 2012, Gz.: RK 516.80 – E 35-12 (Ramipril: 28 Tabletten für 7 Euro; Pantoprazol: 14 Tabletten für 6,50 Euro; Simvastatin: 28 Tabletten für 9 Euro) und vom 07. August 2012, Gz.: RK 516.80 – E 52/12 (Marcumar nicht erhältlich, aber wirkungsgleiches Ersatzmedikament Acenokumarol [Sintrom-Novartis]: 20 Tabletten für 2,50 Euro); Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština an das Verwaltungsgericht Freiburg vom 27. Juni 2011, Gz.: RK 516.80 – E 84/10 (Spironolacton: 20 Tabletten für 2,50 Euro).
46Es ist davon auszugehen, dass der Kläger zu 1. das Geld für seine regelmäßige Versorgung mit den von ihm benötigten Medikamenten aufbringen können wird. Er wird dank seiner langjährigen Berufserfahrung und seiner Beziehungen zu u.a. internationalen Organisationen bei einer Rückkehr in den Kosovo wieder Arbeit finden. Auch wird er in einem engen Familienverbund, nämlich mit den weiteren Klägern dieses Verfahrens, in den Kosovo zurückkehren. Insbesondere die Klägerinnen zu 3. und 4., zwei erwachsene Töchter des Klägers zu 1., haben schon vor ihrer Ausreise aus dem Kosovo im Oktober 2014 für die dortige KFOR (Kosovo Force) bzw. in einem Restaurant gearbeitet. Es ist davon auszugehen, dass auch sie wieder Arbeit finden und den Kläger zu 1. bei der Finanzierung seiner Medikamente unterstützen werden. In der Familie der Kläger besteht nach deren eigenen Angaben ein enger Zusammenhalt, der sich auch in der gemeinsamen Ausreise manifestiert hat. Die Familie des Klägers zu 1. ist ihm nach Deutschland gefolgt, ohne den Grund der Ausreise oder deren Ziel zu kennen.
47Die Diabetes mellitus Typ II des Klägers zu 1. ist im Kosovo ebenfalls behandelbar,
48Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Priština an das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Februar 2013, Gz.: RK 516.80 E-113-12.
49Hinsichtlich der bevorstehenden Augenoperationen des Klägers zu 1. ist schon nicht dargelegt, um welche Erkrankung es sich handelt.
50Die psychische Erkrankung der Klägerin zu 2. ist im Kosovo sowohl medikamentös als auch psychologisch behandelbar.
51Die Behandlung von psychischen Erkrankungen wird im öffentlichen Gesundheitssystem in neun regionalen Gesundheitszentren durchgeführt, die sich in den Städten Peja/Pec, Prizren, G. /Urosevac, Gjilan/Gnjilane, Gjakova/Djakovica, Mitrovica (Süd), Skenderaj/Srebica, Podujevo und Pristina befinden. Patienten, die einer stationären Behandlung bedürfen, werden in den vier Regionalkrankenhäusern Gjilan/Gnjilane, Peja/Pec, Prizren und Gjakova/Djakovica in den Abteilungen für stationäre Psychiatrie sowie in der Psychiatrischen Klinik der Universitätsklinik Pristina behandelt. In diesen Regionalkrankenhäusern stehen ausreichende Bettenkapazitäten zur Verfügung. Sie verfügen zudem jeweils über eine angeschlossene psychiatrische Ambulanz mit ambulanter fachärztlicher Betreuung.
52Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo/Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 9. Dezember 2015, S. 25 f.
53Freiwillige Rückkehrer sowie Zurückgeführte aus Deutschland können bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung/Traumatisierung unmittelbar nach ihrer Ankunft kostenlos die Hilfs- und Unterstützungsleistungen des Kosovo-Rückkehrer-Projekts URA II in Anspruch nehmen. Psychologen, die in Deutschland im Rahmen des Projektes URA II zu Trauma-Spezialisten geschult worden sind, bieten eine professionelle Behandlung für psychisch erkrankte Rückkehrer an und/oder sind bei der Vermittlung von qualifizierten Behandlungsplätzen behilflich.
54Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo/Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 9. Dezember 2015, S. 26, 29.
55Die Abschiebungsandrohung rechtfertigt sich aus § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 AufenthG.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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