Urteil vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (1. Kammer) - 1 K 305/17.NW

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für heilpraktische Behandlungen.

2

Die Klägerin ist beihilfeberechtigte Beamtin (im hier maßgeblichen Zeitraum mit einem Beihilfesatz 70 v.H.) im Dienst des Beklagten. Im Jahr 2008 erkrankte sie an einem Mammakarzinom der linken Brust. Sie wurde brusterhaltend operiert; anschließend erfolgten eine zytostatische Behandlung, eine Strahlentherapie sowie eine Antihormontherapie. 2013 wurde ein Rezidiv diagnostiziert. Es erfolgte eine weitere Operation sowie eine Umstellung der Antihormontherapie. Dennoch kam es im Mai 2014 wiederum zu einem Rezidiv, das eine erneute Operation nach sich zog. Außerdem begab sich die Klägerin in die Behandlung des Heilpraktikers Dr. phil. O. X (Mannheim). Dieser führte lokalregionale Hyperthermie-Behandlungen sowie parallel antitumorale und zytotoxische Infusionstherapien durch.

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Die Aufwendungen für die Behandlung durch Dr. X machte die Klägerin mit mehreren Beihilfeanträgen geltend:

4

- Beihilfeantrag vom 5. Dezember 2014 in Höhe von 96,20 €. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 (in der Fassung des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015) erkannte der Beklagte 50 € als beihilfefähig an (= Kürzung 46,20 €).

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- Beihilfeantrag vom 12. Februar 2015 in Höhe von 2.280,35 €. Mit Bescheid vom 12. Februar 2015 (in der Fassung des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015) lehnte der Beklagte eine Erstattung ab (= Kürzung 2.280,35 €).

6

- Beihilfeantrag 3. März 2015 in Höhe von 434,72 €. Mit Bescheid vom 6. März 2015 erkannte der Beklagte 77 € als beihilfefähig an (= Kürzung 357,72 €).

7

- Beihilfeantrag vom 3. September 2015 in Höhe von 2.029,29 €. Mit Bescheid vom 14. September 2015 erkannte der Beklagte 553,49 € als beihilfefähig (= Kürzung 1.475,80 €).

8

- Beihilfeantrag vom 10. Dezember 2015 in Höhe von 817,10 €. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2015 (in der Fassung des Korrekturbescheids vom 29. Dezember 2016) erkannte der Beklagte 263,12 € als beihilfefähig an (= Kürzung 553,98 €).

9

- Beihilfeantrag vom 4. Januar 2016 in Höhe von 2.738 €. Mit Bescheid vom 13. Januar 2016 (in der Fassung der Korrekturbescheide vom 5. Februar 2016, vom 9. Juni 2016 und vom 17. Januar 2017) erkannte der Beklagte 814,48 € als beihilfefähig an (= Kürzung 1.923,52 €).

10

- Beihilfeantrag vom 2. Februar 2016 in Höhe von 820,95 €. Mit Bescheid vom 10. Februar 2016 (in der Gestalt der Korrekturbescheide vom 26. Februar 2016, 9. Juni 2016 und 17. Januar 2017) erkannte der Beklagte 263,12 € als beihilfefähig an (= Kürzung 557,83 €).

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Die im Einzelnen geltend gemachten Aufwendungen, die vorgenommenen Kürzungen, die Begründungen hierzu und die als beihilfefähig anerkannten Beträge können der Tabelle auf Blatt 4 bis 7 des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2017 entnommen werden.

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Zu den Kürzungen gab der Beklagte im Einzelnen an: Ab dem 1. Oktober 2014 seien ausschließlich die Leistungen nach der Anlage 5 zu § 8 der Beihilfenverordnung (BVO) beihilfefähig. Eine analoge Abrechnung anhand der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) sei demnach ausgeschlossen. Die in Anlage 5 aufgeführten Leistungen seien angemessen bis zu den dort genannten Beträgen. Die durch einen Heilpraktiker erbrachte Tiefenhyperthermie-Behandlung sei mangels Erwähnung in Anlage 5 zu § 8 BVO nicht beihilfefähig. Bei den Leistungen nach den Nummern 1, 2, 5, 25.3, 25.8 und 26.1 der Gebührenordnung für Heilpraktiker (GebüH) werde nur der Betrag anerkannt, der in der Anlage 5 zu § 8 BVO vorgesehen sei. Wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden, wie die Injektionen und Infusionen mit DCA und MitoMER ("Mitochondrien-Aktivität"), seien nicht beihilfefähig, weil es sich hierbei um eine Autohomologe Immuntherapie handele und damit um eine wissenschaftlich nicht allgemeine Behandlungsmethode, die vollständig von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sei.

13

Die Klägerin erhob gegen die Kürzungen bei der onkologischen Tiefentherapie Widerspruch und führte zur Begründung aus: Die Beihilfefähigkeit ergebe sich aus einer Stellungnahme des Dr. X vom 1. September 2014. Die Tiefenhyperthermie-Behandlung sei in ihrem Fall erfolgreich, was durch eine im November 2014 durchgeführte laborärztliche Untersuchung bestätigt werde. Da die Therapie kostenintensiv sei, sei die anteilige Kostenübernahme sehr wichtig. Zudem gebe es bereits Urteile, die die Beihilfefähigkeit dieser Therapie bejaht hätten. Sie leide unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe. Sofern für die durchgeführte Behandlung eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Erfolg bestehe, zumindest spürbar positiv auf den Krankheitsverlauf einzuwirken, müssten die Aufwendungen im Rahmen einer Einzelfallentscheidung im Sinne des § 33 der Bundesbeihilfenverordnung als beihilfefähig anerkannt werden. Hinsichtlich der Tiefenhyperthermie-Behandlung lägen mittlerweile zudem ausreichend Studien und Publikationen vor, die höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügten und einen signifikanten klinischen Vorteil in der Behandlung von Karzinomen belegten. Es handele sich somit um eine wissenschaftlich fundierte Vorgehensweise.

14

Der Beklagte beteiligte mit Schreiben vom 14. September 2016 die Amtsärztin der Kreisverwaltung Bad Dürkheim zu der Frage, ob die Behandlung mit DCA und MitoMER einer der in Anlage 1 zu § 8 BVO aufgeführten wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden zugerechnet werden könne. Falls dies nicht der Fall sei, bat er ergänzend um Mitteilung, ob die Behandlung wissenschaftlich allgemein anerkannt und im vorliegenden Fall medizinisch notwendig sei. Die Amtsärztin teilte am 14. Oktober 2016 mit, dass die Behandlung keiner der in Anlage 1 zu § 8 BVO aufgeführten Behandlungsmethoden zugerechnet werden könne. Die Behandlung sei jedoch wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt. Im Falle der Klägerin sei sie auch nicht medizinisch notwendig. Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Amtsärztin mit Schreiben vom 4. Januar 2017 - unter Vorlage von Stellungnahmen des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg - ergänzend mit, dass die Wirksamkeit von DCA gegen Krebs nicht durch klinische Studien belegt sei. Es handle sich um eine in der Europäischen Union nicht arzneimittelrechtlich geprüfte und laut aktuellem Kenntnisstand bisher nicht ausreichend wissenschaftlich geprüfte Substanz. Es bestehe zurzeit nicht die begründete Erwartung, dass Infusionen mit DCA und MitoMER nach einer medizinischen Erprobungsphase noch wissenschaftlich anerkannt würden. Von der Anwendung von MitoMER werde sogar explizit abgeraten.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2017 wies der Beklagte die Widersprüche mit folgender Begründung zurück: Zu den Aufwendungen für die alternative Behandlung des Mammakarzinoms könne der Klägerin über die bereits gewährte Beihilfe hinaus keine weitere Beihilfe gewährt werden. Die im vorliegenden Fall anwendbaren unterschiedlichen Fassungen der Beihilfenverordnung unterschieden sich hinsichtlich der relevanten Vorschriften nur bezüglich der Aufwendungen für die Leistungen eines Heilpraktikers. Aufwendungen seien beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen seien und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei (§ 8 Abs. 1 BVO). Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Behandlung beihilferechtlich nicht als Einheit zu betrachten, deren Kosten insgesamt als beihilfefähig anzuerkennen seien, sondern es werde für jede Behandlung die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen sowie die wissenschaftliche Anerkennung überprüft. Zum 1. Oktober 2014 sei die BVO auch hinsichtlich der Angemessenheit von heilpraktischen Leistungen geändert worden. Bereits am 23. September 2011 hätten verschiedene Heilpraktikerverbände und das Bundesministerium des Innern eine Vereinbarung über beihilfefähige Höchstbeträge heilpraktischer Leistungen abgeschlossen. In § 1 dieser Vereinbarungen sei ausdrücklich geregelt, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker den Beihilfeberechtigten keine anderen Leistungen und keine höheren als die in der Anlage aufgeführten Honorare berechnen sollten. Der Beklagte sei dieser Vereinbarung beigetreten (Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 14. November 2011, MinBI. vom 30. Dezember 2011, Seite 275). Würden von solchen Vereinbarungen erfasste Leistungen erbracht, beurteile sich die beihilferechtliche Angemessenheit der Aufwendungen insoweit nach den Vergütungsregelungen, die mit den Vereinbarungen getroffen seien (§ 8 Abs. 4 BVO). Andere als die in der Vereinbarung vom 23. September 2011 aufgeführten heilpraktischen Leistungen könnten nicht als beihilfefähig anerkannt werden. Mit Vereinbarung vom 31. Juli 2013 sei die bereits abgeschlossene Vereinbarung geringfügig hinsichtlich verschiedener Gebührenziffern geändert worden. Auch dieser Vereinbarung sei der Beklagte beigetreten (Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 5. August 2013, MinBI. vom 18. September 2013, Seite 342). Diese Vereinbarungen seien zunächst nur auf Leistungen von Heilpraktikern anzuwenden gewesen, die Mitglied in einem der an der Vereinbarung beteiligten Verbände seien. Dies habe jedoch zu einer Ungleichbehandlung von verbandsangehörigen Heilpraktikern gegenüber anderen Heilpraktikern geführt. Anlässlich der Änderung der BVO zum 1. Oktober 2014 seien daher die vereinbarten Leistungen und Höchstbeträge in die Anlage 5 der BVO übernommen worden und nun für die Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen von Heilpraktikerleistungen verbindlich (§§ 11 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 3 Satz 4 der ab dem 1. Oktober 2014 gültigen BVO). Der Beklagte trage insoweit auch dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2009 (Az.: 2 C 61.08) Rechnung, nach dem ein neuer Gebührenrahmen angesetzt werden sollte. Daraus folge, dass die nach den Ziffern 1, 2, 5, 25.3, 25.8 und 26.1 GebüH abgerechneten Gebühren nur bis zu den in Anlage 5 BVO aufgeführten Höchstbeträgen beihilfefähig seien. Da die Auflistung der beihilfefähigen heilpraktischen Leistungen auf den Vereinbarungen vom 23. September 2011 und 31. Juli 2013 beruhe und nach diesen Vereinbarungen ausdrücklich nur die genannten Leistungen berechnet werden sollten, seien auch nur diese Leistungen beihilfefähig. Da die onkologische locoregionale Tiefenhyperthermie und die moderate Ganzkörperhyperthermie dort nicht aufgeführt seien, seien die Aufwendungen hierfür (die zuvor in Anlehnung an Ziffern 5854A GOÄ und 5851A GOÄ teilweise als beihilfefähig anerkannt worden seien) ab dem 1. Oktober 2014 nicht mehr beihilfefähig. Die Frage, ob diese Behandlungen wissenschaftlich allgemein anerkannt seien, stelle sich daher nicht. Die Infusion mit Dichloracetat (DCA) und MitoMER stelle eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar. Bei den Aufwendungen für diese Behandlung werde die Notwendigkeit der Aufwendungen verneint. Zwar werde bei der Prüfung der Notwendigkeit regelmäßig der Beurteilung des behandelnden Arztes zu folgen sein. Eine Ausnahme gelte jedoch für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Gewährung von Beihilfe, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werde, gründe auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig sei und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie biete. Diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz gestalte § 8 Abs. 8 BVO, der den Ausschluss von Aufwendungen für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methode zulasse, normativ aus und präzisiere somit den Begriff "notwendig". Die Fürsorgepflicht werde hierdurch nicht verletzt. Wissenschaftlich anerkannt in diesem Sinne seien nur solche Heilmethoden, die von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für die Behandlung der jeweiligen Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 2 C 15/94). Zu der Frage der wissenschaftlichen Anerkennung der Infusion mit DCA und MitoMER sei die Amtsärztin der Kreisverwaltung Bad Dürkheim, um Stellungnahme gebeten. Dies habe sie am 14. Oktober 2016 ausführlich getan. Es sei nicht ersichtlich, dass die amtsärztliche Stellungnahme auf unsachlichen Erwägungen beruhe oder unschlüssig sei. Es bestünden daher keine Bedenken, diese Stellungnahme der beihilferechtlichen Entscheidung über die Zuordnung zu Behandlungen nach Anlage 1 zu § 8 Abs. 8 BVO bzw. über die Notwendigkeit im Einzelfall zugrunde zu legen. Die durchgeführte Behandlung sei nach Aussage der Amtsärztin wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt. Sie sei allerdings keiner der Behandlungsmethoden zugeordnet, die in Anlage 1 zu § 8 Abs. 8 BVO ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Die medizinische Notwendigkeit sei deshalb im Einzelfall zu prüfen. Hierzu habe die Amtsärztin mitgeteilt, dass im vorliegenden Fall keine medizinische Notwendigkeit für die Anwendung der Therapie vorliege. Somit fehle es für die durchgeführten Infusionen mit DCA und MitoMER an einer medizinischen Notwendigkeit. Diese werde auch nicht dadurch begründet, dass die Anzahl der im Blut zirkulierenden, vitalen tumorverdächtigen Zellen laut Laborbefund abgefallen sei und die Behandlungen vermeintlich zu einem therapeutischen Erfolg geführt hätten. Eine derartige "Erfolgsabhängigkeit" sei dem Beihilferecht fremd (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015, a.a.O.). Zudem sei auch fraglich und für den Beklagten nicht überprüfbar, ob dieser "Erfolg" den Infusionen zuzurechnen sei. Die Klägerin berufe sich hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit der durchgeführten Therapien auf § 33 der Bundesbeihilfenverordnung. Danach sei der Dienstherr gehalten, einem Patienten, der an einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen Erkrankung leide, eine noch nicht anerkannte Behandlungsmethode zu erstatten, wenn für seine Erkrankung eine dem allgemein anerkannten medizinischen Stand entsprechende Behandlungsmethode nicht existiere. Weitere Voraussetzung sei, dass die gewählte Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspreche (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98). Die Klägerin verkenne jedoch, dass für die Gewährung von Beihilfen an Beihilfeberechtigte des Landes Rheinland-Pfalz einzig die BVO Rheinland-Pfalz maßgeblich sei, die eine entsprechende Ausnahmeregelung nicht explizit vorsehe. Eventuell abweichende Regelungen des Bundes oder anderer Bundesländer seien nicht maßgeblich. Allerdings habe das Bundesverwaltungsgericht diesen Rechtssatz mit demselben Inhalt generell für das Beihilferecht und damit auch für Rheinland-Pfalz aufgestellt (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995, a.a.O. sowie Beschluss vom 22. August 2007 - 2 B 37/07). Demnach könne die Fürsorgepflicht des Dienstherrn die Kostenerstattung für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nur dann gebieten, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für eine bestimmte Krankheit nicht herausgebildet habe, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden dürfe oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden sei. Darüber hinaus müsse für die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase, entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft, eine begründete Erwartung auf wissenschaftliche Anerkennung bestehen. Die bloße Möglichkeit einer solchen Anerkennung genüge nicht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1998 - 2 C 24.97, VG Koblenz, Urteil vom 30. September 1999 - 6 K 1166/99.KO). Zur Beantwortung dieser Fragen habe der Beklagte die Amtsärztin der Kreisverwaltung Bad Dürkheim noch einmal um Stellungnahme gebeten. Dieser Bitte sei die Amtsärztin mit Schreiben vom 4. Januar 2017 nachgekommen. Auch hier bestehe keine Veranlassung davon auszugehen, dass die amtsärztliche Stellungnahme auf unsachlichen Erwägungen beruhe oder unschlüssig sei. Es bestünden daher erneut keine Bedenken, die Stellungnahme der beihilferechtlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ob die Voraussetzungen nach den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichtes erfüllt seien. Bei der Anfrage an die Amtsärztin sei unterstellt worden, dass ein anerkanntes Heilverfahren bereits erfolglos eingesetzt worden und somit keine nach der Schulmedizin zur Verfügung stehende Behandlungsform mehr in Frage komme. Damit sei die erste Voraussetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts erfüllt. Die Amtsärztin habe jedoch nach eingehender Recherche mit Hilfe des Krebsinformationsdienstes des DKFZ Heidelberg bestätigt, dass nicht die begründete Erwartung bestehe, dass Infusionen mit DCA und MitoMER nach einer medizinischen Erprobungsphase noch wissenschaftlich anerkannt werden. Bezüglich des Produktes MitoMER werde von einigen Substanzen sogar explizit abgeraten. DCA sei in der Europäischen Union nicht arzneirechtlich und laut aktuellem Kenntnisstand bisher nicht ausreichend wissenschaftlich geprüft. Damit sei die zweite Voraussetzung nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erfüllt. Somit komme eine Anerkennung der Aufwendungen für die durchgeführte Infusionsbehandlung auch weiterhin, wegen fehlender Notwendigkeit, nicht in Betracht. Wenn sich die Klägerin - gegebenenfalls auf Empfehlung ihres behandelnden Heilpraktikers - für umstrittene Behandlungsmethoden entscheide, trage sie letztlich das Risiko, dass sich deren Notwendigkeit oder wissenschaftliche Anerkennung nicht erweisen lasse und sie die hierfür entstehenden Aufwendungen selbst tragen müsse.

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Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (13. Februar 2017) hat die Klägerin am 13. März 2017 Klage erhoben.

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Sie trägt zur Begründung vor: Die Versagung der Beihilfegewährung zu den Aufwendungen für die hyperthermische Behandlung sei rechtswidrig. Die Behandlung der Klägerin sei notwendig im beihilferechtlichen Sinn. Die streitbefangene Hyperthermie-Behandlung durch den Heilpraktiker Dr. X habe positive Ergebnisse gezeitigt. Dies bestätige auch Prof. Dr. med. Y in seinem Schreiben vom 7. August 2015. Seit der wissenschaftlichen Methodenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss im Jahr 1995, bei der keine Einführung in die vertragsärztliche Untersuchung empfohlen worden sei, hätten langjährige klinische Erfahrungen den therapeutischen Nutzen dieser Behandlungsmethode belegt. Selbst bei einer fehlenden wissenschaftlichen Anerkennung der Hyperthermie lägen die Voraussetzungen für deren Beihilfefähigkeit vor. Gegebenenfalls könne die Beihilfefähigkeit mit der Fürsorgepflicht des Beklagten begründet werden, zumal die früheren Behandlungen der Klägerin nicht erfolgreich gewesen seien. Auch eine verfassungskonforme Auslegung des Beihilferechts gebiete die Gewährung weiterer Beihilfe im vorliegenden Fall. Alleine die geänderte Rechtslage zum Anlass zu nehmen, nunmehr die Beihilfefähigkeit der begonnenen Behandlung durch einen Heilpraktiker abzubrechen und der Klägerin einen Wechsel zu einem Arzt aufzuerlegen, sei dieser nicht zumutbar. Hier habe der Beklagte sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Letztlich genieße die Klägerin in Folge der früheren (Teil-)erstattung der angefallenen Aufwendungen durch die Beihilfe Vertrauensschutz auf die Weitergewährung von Beihilfe. Die streitbefangenen Injektionen seien auch ohne wissenschaftliche Anerkennung beihilfefähig.

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Die Klägerin beantragt wörtlich,

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den Beklagten zu verpflichten, ihr unter Abänderung der nachfolgenden Bescheide, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2017, weitere Beihilfe zu gewähren in Höhe von 32,44 € (Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 2014, in der Fassung des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015), 1.596,25 € (Bescheid vom 12. Februar 2015 in Gestalt des Korrekturbescheids vom 1. Dezember 2015), 250,40 € (Bescheid vom 6. März 2015), 1.033,03 € (Bescheid vom 14. September 2015), 387,79 € (Bescheid vom 16. Dezember 2015 in der Fassung des Korrekturbescheids vom 29. Dezember 2016), 1.346,46 € (Bescheid vom 13. Januar 2016, in der Fassung der Korrekturbescheide vom 5. Februar 2016, vom 9. Juli 2016 und vom 17. Januar 2017) sowie 390, 48 € (Bescheid vom 10. Februar 2016 in Gestalt der Korrekturbescheide vom 26. Februar 2016, 6. Juni 2016 und 17. Januar 2017).

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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Er erwidert: Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Hyperthermie-Behandlung in den hier streitbefangenen Beihilfebescheiden entspreche der ab 1. Oktober 2014 geänderten Rechtslage in Rheinland-Pfalz. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 BVO seien Aufwendungen nur beihilfefähig für heilpraktische Leistungen nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BVO. Satz 4 sei neu aufgenommen worden. Danach seien Aufwendungen für heilpraktische Leistungen angemessen bis zu den in der Anlage 5 genannten Beträgen. Damit beschränke § 11 Abs. 1 Nr. 3 BVO zugleich die heilpraktischen Leistungen auf die in der Anlage genannten Maßnahmen. Dieser Ausschluss basiere darauf, dass Heilpraktiker, anders als Ärzte, solche Behandlungsmethoden nicht erbringen sollten. Dies ergebe sich daraus, dass eine GOÄ-Ziffer für die onkologische locoregionale Tiefenhyperthermie - wie auch für die moderate Ganzkörperhyperthermie nach der GOÄ - gegeben seien. Diese Leistungen seien jedoch zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Vereinbarung der Heilpraktiker-Verbände mit dem Bundesinnenministerium gewesen, dem das Land Rheinland-Pfalz beigetreten sei. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen basiere insoweit auf der Qualifikation des Leistungserbringers nach § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 b Landesbeamtengesetz (LBG). Die onkologische locoregionale Tiefenhyperthermie und die moderate Ganzkörperhyperthermie seien in der Anlage 5 nicht aufgeführt und somit nicht beihilfefähig. Die Ausführungen der Klägerin zur wissenschaftlichen Anerkennung der hyperthermischen Behandlung seien insoweit unerheblich. Die klägerischen Ausführungen seien im Grundsatz nur zu berücksichtigen für die Infusionen mit Dichloracetat (DCA) und MitoMER. Es handle sich insoweit um Aufwendungen für Injektionen, Dauertropfinfusionen und Sachkosten in den Anträgen vom 10. Februar, 3. März und 3. September 2015. Diese Behandlungen seien nicht wissenschaftlich anerkannt und unberücksichtigt geblieben. Der Ausschluss von der Beihilfefähigkeit finde in § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 d LBG seine gesetzliche Ermächtigung. Die Amtsärztin habe sich - wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt - mit der behandelnden Ärztin und dem Therapeuten in Verbindung gesetzt sowie eine Literaturrecherche beim Krebs-Informationsdienst des Deutschen Kernforschungszentrums Heidelberg in Auftrag gegeben. Danach sei die Infusionsbehandlung keiner Methode der Anlage 1 und 2 zu § 8 Abs. 8 BVO zuzuordnen. Es handle sich insoweit auch nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1998 (Az.: 2 C 24/97), wonach Aufwendungen auch für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden anzuerkennen seien, wenn sich eine solche für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet habe, ein solches anerkannte Verfahren nicht angewendet werden dürfe oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden sei und in absehbarer Zeit mit einer wissenschaftlichen Anerkennung zu rechnen sei, sei die Amtsärztin mit Schreiben vom 30. Dezember 2016 noch einmal um eine Stellungnahme gebeten worden. Der Antwort vom 4. Januar 2017 sowie der zugrunde gelegten Auskunft des Deutsche Krebsvorsorgezentrums vom 22. September 2016 sei zu entnehmen, dass Dichloracetat (DCA) als Substanz in der Grundlagenforschung und früheren klinischen Forschung im Einsatz gegen Krebs erforscht worden sei. Die Wirksamkeit gegen Krebs sei bisher nicht durch klinische Studien belegt. Dennoch verkauften Anbieter DCA in Pulver- oder Kapselform. Dies sei aber arzneirechtlich nicht geprüft und nach aktuellem Kenntnisstand bisher auch nicht ausreichend wissenschaftlich geprüft, so dass die Anwender die Substanz auf eigene Rechnung und Risiko einsetzten. Die Amtsärztin komme daher zu dem Schluss, dass keine begründete Erwartung bestehe, dass die frühere Forschung zu DCA nach einer medizinischen Erprobungsphase noch wissenschaftlich anerkannt werde, zumal die Wirksamkeit klinisch nicht belegt sei. Was das Präparat MitoMER angehe, so seien auch dessen Inhaltsstoffe bei der Anfrage angegeben worden. Nach Auskunft des Krebsforschungszentrums handle es sich hierbei um Nahrungsergänzungsmittel. Krebspatienten werde in keiner aktuellen Leitlinie empfohlen, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Sie seien weder zur Krebsvorbeugung, noch zur Krebstherapie oder Nachsorge zugelassen. Im Übrigen könnten sie zu Wechselwirkungen mit Arzneimitteln führen. Von einigen Substanzen des angegebenen Präparats rate die Arbeitsgemeinschaft gynäkologischer Onkologie explizit ab. Die S 3-Leitlinie zum Mammakarzinom enthalte ein Kapitel über komplementäre, alternative Therapien und betone, dass während der Behandlung Mikronährstoffe nur über die Nahrung zugeführt werden sollten. Der Einsatz von Antioxidantien könne die Wirkung der Chemo- oder Strahlentherapie beeinträchtigen. Somit könne mit einer wissenschaftlichen Anerkennung der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zur Behandlung der Krebserkrankung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Im Übrigen komme insoweit noch ein weiterer Ausschluss zum Tragen. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 d BVO seien Aufwendungen nicht beihilfefähig, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Hierzu gehörten insbesondere Nahrungsergänzungsmittel, worum es sich hierbei nach der Zusammensetzung auch handle. Da die Klägerin nur Ausführungen zur wissenschaftlichen Anerkennung der Tiefenhyperthermie mache, beschränke sich auch der Beklagte seinerseits auf Ausführungen zu den wesentlichen Punkten der Entscheidung und verweise im Übrigen auf den Widerspruchsbescheid.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 1 K 676/17.NW sowie der Verwaltungsakte verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Der vorliegenden Klage bleibt der Erfolg versagt.

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Die im Klageantrag bezeichneten Bescheide des Beklagten, in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2017, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung von weiteren Aufwendungen für die durch einen Heilpraktiker erbrachten Behandlungen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

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Der Beklagte hat die weitere Kostenerstattung auf die streitbefangenen Rechnungen des Heilpraktikers Dr. Phil. X zu Recht abgelehnt.

27

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 10. Februar 2017 verwiesen, denen sich die Kammer anschließt (§ 117 Abs. 5 VwGO).

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Die nachfolgenden Ausführungen dienen lediglich der Zusammenfassung und geringfügigen Ergänzung der Ausführungen im Widerspruchsbescheid:

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1) Maßgeblich für die Beurteilung eines Beihilfeanspruchs ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 2 BVO, wonach maßgeblich der Zeitpunkt der Leistungserbringung sein soll). Ob und wann indessen das Datum der Arztrechnung (OVG RP, Urteil vom 29. Juni 2016 - 2 A 10634/15) oder der Tag der Rechnungstellung (BVerwG, Urteil vom 2. April 2014 - 5 C 40/12) heranzuziehen ist, bedarf hier mangels Entscheidungserheblichkeit keiner weiteren Darlegungen. Für Aufwendungen, die ab dem 1. Oktober 2014 entstanden sind, findet die BVO vom 22. Juni 2011 in der Fassung der Ersten Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 23. Juli 2014 (GVBI. S. 147), für Aufwendungen, die ab dem 1. Januar 2015 entstanden sind, die BVO vom 22. Juni 2011 in der Fassung der Vorgriffsregelung zur Änderung von Teil 3 der BVO vom 8. Januar 2015 (MinBI. 2015, S. 16), für Aufwendungen, die ab dem 18. August 2015 entstanden sind, die BVO vom 22. Juni 2011 (GVBI. S. 199) in der Fassung des Artikels 9 des Landesgesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung 2015/2016 vom 18. August 2015 (GVBI. S. 201), Anwendung.

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2) § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BVO - zuvor § 8 Abs. 3 Satz 4 BVO in der Fassung der Ersten Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung Rheinland-Pfalz - statuiert die grundsätzliche Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für bestimmte heilpraktische Leistungen. Diese Norm bringt damit zum Ausdruck, dass heilpraktische Leistungen - bei Vorliegen der entsprechenden medizinischen Voraussetzungen - grundsätzlich als notwendig anzusehen sind, sofern diese in Anlage 5 BVO angeführt sind. Zudem bestimmt Anlage 5 BVO Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für heilpraktische Leistungen.

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3. Anlage 5 BVO enthält keinen Tatbestand, der die Beihilfefähigkeit für eine heilpraktisch angewandte Tiefenhyperthermie anführt.

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a) Die Beihilferegelungen finden insoweit ihre rechtliche Grundlage in § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 b LBG. Danach kann durch die Rechtsverordnung - hier die BVO - die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen begrenzt werden; insbesondere kann die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen von bestimmten Qualifikationen der Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer abhängig gemacht werden.

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b) Zwar rechtfertigt § 66 Abs. 5 Satz 3 LBG keinen Ausschluss medizinisch notwendiger und angemessener Aufwendungen (OVG RP, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 2 A 10510/16).

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c) Allerdings erfolgt durch die Regelung in § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2b BVO kein solcher Ausschluss von der Beihilfe für die hier streitbefangene Behandlung. Denn die Aufzählung erstattungsfähiger heilpraktischer Leistungen in Anlage 5 hat nicht zur Folge, dass für die Klägerin eine tiefenhyperthermische Behandlung versagt bliebe. Vielmehr hat der Ausschluss von der Erstattungsfähigkeit lediglich zur Konsequenz, dass eine Beihilfefähigkeit nur im Falle einer ärztlichen Anwendung gegeben ist. Dies bestätigt Nr. 2 Anlage 1 BVO, wonach eine Hyperthermie-Behandlung bei Geschwulstbehandlung - auch ein Tumor ist im medizinischen Sinne ein Geschwulst (https://de.wikipedia.org/wiki/Tumor) - beihilfefähig ist.

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d) Die Differenzierung der Beihilfefähigkeit in Anlehnung an eine bestimmte (berufliche) Qualifikation des Leistungserbringers stellt ein sachgerechtes Kriterium dar, das - auch unter Berücksichtigung des Art 3 Grundgesetz (GG) - eine differenzierte Ausgestaltung beihilferechtlicher Vorschriften zulässt. Denn die berufliche Qualifikation eines Arztes unterscheidet sich erheblich von derjenigen eines Heilpraktikers. Dies bedarf in Anbetracht der Ausgestaltung der ärztlichen Approbationsvorgaben einerseits sowie des Heilpraktikergesetzes andererseits keiner vertieften Ausführungen. Damit bestehen zwischen der Ausbildung der Ärzte und der Heilpraktiker "typische Unterschiede" (BVerwG, Urteil vom 12. November 2009 - 2 C 61/08). Bei dieser Differenzierung im Bereich des Beihilferechts bedarf es keiner Einzelfallbetrachtung etwa dergestalt, dass die individuelle Qualifizierung für die Durchführung einer konkreten Behandlung maßgeblich wäre. Denn ein Beihilfeausschluss, wie er hier hinsichtlich einiger heilpraktischer Anwendungen erfolgt, kann unter Beachtung des Art. 3 GG durchaus pauschalierend und typisierend ausgestaltet werden, um die Praktikabilität der verwaltungstechnischen Umsetzung der verordnungsrechtlichen Vorgaben zu wahren (so allgemein: OVG RP, Beschluss vom 18. Januar 2017 - 2 A 11195/16.OVG und Beschluss vom 11. Januar 2017 - 2 A 11072/16.OVG).

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e) Nach den vorstehenden Ausführungen kann dahinstehen, ob die locoregionale Tiefenhyperthermie eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode darstellt (verneinend: Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485; Zusammenfassender Bericht vom 15. Juni 2005 des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie, dort Nr. 8.15 zum Hyperthermie-Behandlungsverfahren bei Mammakarzinom; verneinend OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 1 A 2861/09, zur Hyperthermie-Behandlung ohne vorausgegangene erfolglose wissenschaftlich anerkannte Chemo- oder Strahlentherapie; verneinend VG Bremen, Urteil vom 22. Mai 2015 - 2 K 2156/08; verneinend VG Sigmaringen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 3 K 634/12, jedenfalls bei isolierter Anwendung und bei fortgeschrittenem Erkrankungsstadium bei bestimmten Krebsarten; verneinend VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. November 2016 - 3 K 4291/14; offengelassen bei additiver Behandlung z.B. mit Chemotherapie: VG Karlsruhe, Urteil vom 20. Oktober 2011 - 9 K 1098/10). Auch die aktualisierte Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung, zuletzt geändert am 15. Juni 2017 (BAnz AT 29.8.2017 B5), bezeichnet die Hyperthermie - auch in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie - nach wie vor als Methode, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden darf (S. 52, Nr. 42). Auch kann offen bleiben, ob die Rechtsauffassung der Klägerin zutrifft, wonach für die Erstattungsfähigkeit einer Behandlungsmethode nicht die medizinische Wirksamkeit sondern deren tatsächlicher Verbreitungsgrad maßgeblich sein soll. Denn die Anerkennung der Beihilfefähigkeit dieser Behandlungsform bei ärztlicher Anwendung in Nr. 2 Anlage 1 BVO macht die Klärung dieser Fragen obsolet, solange der Klägerin - wie hier - eine Behandlung durch einen Arzt zumutbar ist. Da unstreitig eine Tiefenhyperthermie auch an der Universitätsklinik Heidelberg verfügbar ist, bedarf es unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten keiner Beihilfefähigkeit bei der heilpraktischen Anwendung dieser Behandlungsform. Die Klägerin muss hierfür keineswegs eine laufende Behandlung unterbrechen. Denn durch die Vorlage der Unterlagen über die bisherigen Behandlungen und Erkenntnisse des Heilpraktikers im Zusammenhang mit der Behandlung der Klägerin, wird der behandelnde Arzt in die Lage versetzt, die Tiefenhyperthermie an die bisherigen heilpraktischen Anwendungen anknüpfend, fortzusetzen. Nur der Vollständigkeit halber sei hier auf den Vortrag der Klägerin hin noch angemerkt, dass nach den vorgelegten Unterlagen während der Änderung der maßgeblichen Vorschriften über die Beihilfefähigkeit heilpraktischer Leistungen zum 1. Oktober 2014 keine Tiefenhyperthermie-Behandlung lief. Vielmehr wurde vor der Änderung der Beihilfenverordnung am 15. August 2014 und danach wieder am 9. Dezember 2014 eine Tiefenhyperthermie-Behandlung angewandt.

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f) Die Versagung von Beihilfeleistungen für heilpraktische Behandlungen und die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf die Erbringung dieser Leistungen durch Ärzte verstößt auch nicht gegen die Fürsorgepflicht des Beklagten. Auf den verfassungsrechtlich nach Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) vorgegebenen Grundsatz der Fürsorge kann ein Anspruch nur gestützt werden, wenn die Fürsorgepflicht des Dienstherrn anderenfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Februar 2008 – 2 BvR 613/06; OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017 - 2 A 11072.OVG). Die Beihilfe muss allein sicherstellen, dass die Beamtin nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die für sie unabwendbar sind, denen sie sich also nicht entziehen kann und die sie nicht in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten kann (vgl. zur Eigenbeteiligung BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. September 2011 – 2 BvR 86/11; zur beihilferechtlichen Begrenzung von Kosten bei stationären Sanatoriumsbehandlungen: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Juni 2015 – 2 A 11181/14.OVG; zusammenfassend: OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da - wie oben bereits dargelegt - die Beihilfefähigkeit der bei der Klägerin angewandten Behandlung bei ärztlicher Anwendung gegeben ist. Damit kann sich die Klägerin dem mit einer Inanspruchnahme heilpraktischer Leistungen verbundenen finanziellen Aufwand im Rechtssinne entziehen. Diese Aufwendungen sind für die Klägerin nicht unabwendbar. Die Fürsorgepflicht gebietet es indessen nicht, die Behandlung in einer von der Beihilfeberechtigten gewählten Behandlungsvariante für diese kostenneutral zu ermöglichen (OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017, a.a.O., dort zu höheren Fahrtkosten bei Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen an einem weiter entfernten Krankenhaus). Daher darf der Verordnungsgeber bestimmen, inwieweit er eine spezifische Behandlung nur im Falle ihrer Anwendung durch Ärzte der Beihilfefähigkeit unterstellt und festlegen in welchem Umfang er für dieselbe Behandlungsform auch die Beihilfefähigkeit im Falle der Anwendung durch einen Heilpraktiker bejaht. Ob in diesem Zusammenhang selbst ein vollständiger Ausschluss beihilferechtlicher Ansprüche für Behandlungen durch Heilpraktiker möglich wäre (so VG Bremen, Urteil vom 22. Mai 2015 - 2 K 2156/08, m.w.N.), kann hier offen bleiben. Schließlich sind die ärztlichen Leistungen für die Klägerin in der Uniklinik Mannheim/Heidelberg auch erreichbar.

38

g) Ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe kann im vorliegenden Fall auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98) entwickelten und vom Bundesverwaltungsgericht auf das Beihilferecht übertragenen (BVerwG, Beschluss vom 22. August 2007 - 2 B 37/07) Grundsätzen zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet werden. Zum einen befasst sich das BVerfG zuvörderst mit der Beihilfefähigkeit ärztlich angewandter Behandlungsmethoden. Zum anderen gebietet es Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zwar, Beihilfe auch für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden unter anderem dann zu gewähren, wenn zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gerade keine allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Therapien zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen liegen hier aber schon deshalb nicht vor, weil der Beklagte Beihilfe bei einer ärztlich angewandten Tiefenhyperthermie-Behandlung gewährt.

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7) Schließlich stehen auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder Treu und Glauben einer Versagung der Beihilfe im vorliegenden Fall nicht entgegen. Zwar ermöglichte die vor dem 1. Oktober 2014 geltende Rechtslage auch die Gewährung von Beihilfe bei der Anwendung der Tiefenhyperthermie durch einen Heilpraktiker. Diese Rechtslage wurde aber für später durchgeführte Behandlungen durch die Anlage 5 BVO geändert. Eine Beihilfe unter analoger Anwendung von Nr. 5854 GOÄ scheidet damit ebenfalls aus. Die frühere Bewilligung der Beihilfe auf der Basis einer damals geltenden Fassung der BVO begründet nach Änderung der BVO auch keinen Vertrauensschutz auf Weitergewährung der beihilferechtlichen Leistungen oder gar eine keine Zusage der Bewilligung auch für zukünftige Behandlungen (OVG RP, Beschluss vom 11. Januar 2017 - 2 A 11072/16.OVG).

40

4. Soweit der Beklagte die Aufwendungen für Infusionen mit Dichloracetat (DCA) und MitoMER nicht als beihilfefähig anerkannt hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken.

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a) Beide Infusionsarten stellen eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dar. Der Ausschluss solcher Behandlungsmethoden von der Beihilfefähigkeit ist durch § § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 Buchst. d LBG i. V. m. § 8 Abs. 7 BVO (zuvor § 8 Abs. 8 BVO a.F.) gedeckt (OVG RP, Beschluss vom 21. Dezember 2015 - 2 A 10438/15.OVG). So findet DCA zwar Anwendung bei angeborenen Formen der Laktatazidose. Dessen Vertrieb als "bester neuer Ansatz in der Tumortherapie seit Jahren" wurde freilich 2007 von der amerikanischen Gesundheitsbehörde gesperrt; kontrollierte klinische Studien zur Anwendung von DCA bei Tumorpatienten stehen nicht zur Verfügung; Eine Phase-I-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von DCA mit sieben Patientinnen erbrachte keine Anhaltspunkte für eine klinisch relevante Wirkung von DCA gegen Mammakarzinome. (Quelle: www.onkopedia.com). Für eine kommerzielle Vermarktung liegen bisher keine ausreichenden Belege für die klinische Wirksamkeit und Sicherheit vor (Quelle: de.wikipedia.org). Experten raten von einer Einnahme von DCA ab (Quelle: www.spiegel.de, 30. März 2007). Der Beklagte hat zur Abklärung der wissenschaftlichen Anerkennung die zuständige Amtsärztin eingeschaltet, die ihrerseits nach Rücksprache mit der behandelnden Ärztin, mit dem behandelnden Heilpraktiker und mit dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrum die wissenschaftliche Anerkennung verneint hat. Zudem hat sie nach erneuter Rückfrage des Beklagten auch die begründete Erwartung verneint, dass eine wissenschaftliche Anerkennung bevorsteht. Hieran zu zweifeln, besteht in Anbetracht der Ausführungen im Widerspruchsbescheid kein Anlass. Dies gilt umso mehr, als die amtsärztliche Einschätzung Vorrang vor derjenigen privater Ärzte genießt (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22/13; OVG RP, Urteil vom 9. Dezember 2014 - 2 A 10395/13.OVG).

42

b) Schließlich hat der Beklagte zu Recht festgestellt, dass eine ausnahmsweise Anerkennung wegen kurz bevorstehender wissenschaftlicher Anerkennung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur voraussetzt, dass die Methode im Einzelfall wirksam sein kann, sondern auch, dass eine Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden nicht oder nicht mehr möglich ist, weil diese entweder nicht existieren oder im Einzelfall erfolglos ausgeschöpft wurden, und dass zusätzlich die Methode nach ernst zu nehmender Auffassung Aussicht auf Erfolg bietet. Dafür muss nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Erwartung, nicht nur die Möglichkeit einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss des vom 19. Januar 2011 - 2 B 76.10). An diesen Voraussetzungen fehlt es nach den vorausgegangenen Darlegungen.

43

c) Ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe kann im vorliegenden Fall auch nicht aus den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, a.a.O.) entwickelten und vom Bundesverwaltungsgericht auf das Beihilferecht übertragenen (BVerwG, Beschluss vom 22. August 2007, a.a.O.) Grundsätzen zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet werden. Zum einen befasst sich das BVerfG zuvörderst mit der Beihilfefähigkeit ärztlich angewandter Behandlungsmethoden. Zum anderen gebietet es Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zwar, Beihilfe auch für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden unter anderem dann zu gewähren, wenn zur Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gerade keine allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Therapien zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf versprechen die beiden streitbefangenen Infusionen nicht. In Gestalt der "klassischen" Chemo- oder Strahlentherapie bestehen zum einen medizinische Standardbehandlungen. Weiter gewährt der Beklagte - wie dargelegt - selbst auf die wissenschaftlich nicht anerkannte Tiefenhyperthermie Beihilfe, wenn diese Behandlung durch einen Arzt erbracht wird. Darüber hinaus ist der Beklagte nicht verpflichtet, Beihilfe auch auf heilpraktischen Anwendungen zu gewähren, bei denen jegliche Wirksamkeit gegen Krebs bisher nicht durch klinische Studien in Aussicht steht und die zumindest eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf derzeit nicht versprechen. Hinzukommt, dass einige Substanzen bei der MitoMer-Behandlung bei der Krebsbehandlung sogar als kontraindiziert gelten. Sollte die Behauptung des Beklagten zutreffen, dass hier lediglich Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz kämen, bliebe die Beihilfefähigkeit auch mit Blick auf § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1d BVO versagt.

44

5. Soweit der Beklagte bei den Leistungen nach den Nummern 1, 2, 5, 25.3, 25.8 und 26.1 GebüH Aufwendungen nur im Rahmen der in der Anlage 5 zu § 8 BVO vorgesehenen Höchstbeträge anerkennt, ist dies aus den vorstehenden Gründen rechtlich unbedenklich.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den § 167 VwGO, 708 ff. Zivilprozessordnung.

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