Urteil vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (3. Kammer) - 3 K 1019/14.NW, 3 K 1019/14.NW (PKH)

Tenor

Auf den Antrag des Klägers wird der Beschluss der Urkundsbeamtin des Gerichts vom 25. Juni 2018 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Gründe

1

Der Antrag des Klägers auf gerichtliche Entscheidung gegen die mit Beschluss der Urkundsbeamtin vom 25. Juni 2018 ausgesprochene Aufhebung der Gewährung von Prozesskostenhilfe in dem Beschluss vom 26. Januar 2015 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere wurde der Antrag fristgerecht gestellt (§§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).

2

Der Antrag ist begründet. Nach § 166 VwGO i.V.m. § 120a Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung – ZPO – soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Nach Satz 3 der Vorschrift hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Das Gericht soll die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120a Abs.1 Satz 3 ZPO nicht abgegeben hat. Diese Voraussetzungen für die Aufhebung des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 26. Januar 2015 liegen bereits deshalb nicht vor, weil das Überprüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

3

Nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. In Rheinland-Pfalz ist nach § 166 Abs. 3 VwGO der Urkundsbeamte für die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den § 120a und § 124 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 ZPO zuständig, da das Land von der Befugnis des § 166 Abs. 7 VwGO, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind, keinen Gebrauch gemacht hat.

4

Bevor die Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann, ist stets erforderlich, dass das Gericht – hier der Urkundsbeamte des Gerichts – nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO die Partei aufgefordert hat, innerhalb einer bestimmten Frist zu erklären, inwieweit sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe geändert haben. Die im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren danach erforderliche gerichtliche Aufforderung nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO bedarf gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO der Zustellung (vgl. OVG HH, Beschluss vom 18. November 2011 – 2 So 106/11 –, juris, Rn. 2; vgl. auch § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Denn nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO sind Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, zuzustellen. Bei einer nach § 120a Abs. 1 Satz 3 VwGO gesetzten Frist handelt es sich um eine Frist im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO, da sie bewirkt, dass erst nach deren fruchtlosen Ablaufs die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 – 18 E 976/12 –, juris, Rn. 3 m.w.N.).

5

Die Zustellung einer solchen Aufforderung hat gemäß § 56 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 172 Abs. 1 ZPO auch an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser den Kläger im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat, denn das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehört ungeachtet des formellen Abschlusses des Hauptsacheverfahrens zum Rechtszug im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - XII ZB 38/09 -, juris, Rn. 18; BAG, Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 AZB 18/06 -, juris; OVG NRW, a.a.O., Rn. 6; Reichling in BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 28. Edition, Stand: 1. März 2018, § 120a ZPO Rn. 28; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO 39. Aufl. 2018, § 120a, Rn. 1).

6

Die an den Kläger gerichteten Aufforderungen vom 18. April 2018 und 16. Mai 2018, binnen drei und zwei Wochen ab Zugang des Schreibens unter Verwendung des hierzu mitübersandten Formulars die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mitzuteilen, genügen diesen Anforderungen nicht. Die Schreiben wurden nicht an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt, obwohl dieser den Kläger bereits in dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vertreten hatte. Denn der Bevollmächtigte hatte mit Schriftsatz vom 22. November 2014 den Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Ungeachtet des formellen Abschlusses des Hauptsacheverfahrens zum Rechtszug im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO hat die Zustellung nach § 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 172 Abs. 1 ZPO daher an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen.

7

Ist das Überprüfungsverfahren durch die Urkundsbeamtin indessen fehlerhaft, so durfte die nicht rechtzeitige Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe sanktioniert werden.

8

Im Übrigen ist nach den im Überprüfungsverfahren nach § 120a ZPO zwischenzeitlich vorgelegten Unterlagen keine wesentliche Änderung der dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugrundeliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers eingetreten (§ 120a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

10

Gerichtskosten mit Ausnahme der Auslagen werden nicht erhoben (Olbertz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 165 Rn. 13 und Vorbemerkung zu § 154 Rn. 17).

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