Urteil vom Verwaltungsgericht Osnabrück (6. Kammer) - 6 A 210/09

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 29.1.2009 wird aufgehoben, soweit darin für das Jahr 2009 eine 659.- € übersteigende Hundesteuer festgesetzt ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 1/3. die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wehrt sich gegen die Festsetzung des erhöhten Hundesteuersatzes für gefährliche Hunde.

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Sie ist Halterin eines Hundes der Rasse American Staffordshire namens F. und eine nicht reinrassige Hündin namens G.; die sie - entsprechend der Impfpapiere der Hündin - als Kreuzung American Staffordshire-Terrier-Boxer-Mix ansieht.

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Die Gutachten vom 8.6.2001 (F.) und 18.2.2001 (G.) des Tierarztes Dr. H. (Tierärztliche Praxis - Verhaltenstherapie für Hunde, I.) hat die Klägerin in das Verfahren eingeführt; hierauf wird Bezug genommen. Das Gutachten zu F. stellt Hinweise auf inakzeptabel gesteigertes Aggressionsverhalten fest. Der Hund habe die Fähigkeit zu durchgehend sozialem Verhalten gegenüber Menschen nicht nachweisen können. Der Hund zeige gegenüber seiner Besitzerin eine unerwünschte Dominanz. Es rät von der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Haltungsverbot nach GefTVO aufgrund nicht bestandenen Wesenstests ab. Die Durchführung einer weitergehenden Erziehung mit Dominanzeinstellung sowie einer Verhaltenstherapie mit Umweltgewöhnung und Desensibilisierung zum Aggressionsabbau besonders bei sich schnell oder ataktisch bewegenden Personen sei dringend erforderlich; eine Kastration empfehlenswert. Bis zum Abschluss der Therapie sollte der Rüde immer mit kurzer Leine und Maulkorb geführt werden. Die als American Staffordshire-Terrier-Mix beschriebene Hündin G. wird im Gutachten als verspielte und freundliche Familienhündin bezeichnet. In Testsituationen habe G. keinerlei Aggression, insbesondere keinerlei Angriffsversuche, und durchgehend freundliches Sozialverhalten gezeigt. Hinweise auf gesteigertes Aggressionsverhalten hätten sich nicht ergeben. G. habe die Fähigkeit zur Kommunikation und zu sozialem Verhalten gegenüber Menschen nachweisen können. Soweit die Hündin Unsicherheit gezeigt habe, habe ihr Verhalten keine Angriffsintention aufgewiesen; das Verhalten könne als nachvollziehbar angesehen werden und nicht als übersteigert aggressiv. Der Gutachter empfiehlt die Erteilung der Ausnahmegenehmigung aufgrund bestandenen Wesenstests und aufgrund Unbeständigkeit und Unzuverlässigkeit im Gehorsam eine weitergehende Erziehung.

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Der Tierarzt Dr. J. bescheinigte unter dem 26.5.2009, dass G. in seiner Praxis als „Stafford-Boxer-Mix“ geführt werde und in ihrem Verhalten „nichts von Kampfhundblut zu sehen“ sei.

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Mit Hundesteuerbescheid vom 29.1.2009 setzte die Beklagte die Hundesteuer für diese Hunde auf 613.- € pro Hund, insgesamt 1226.- € fest.

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Hiergegen hat die Klägerin am 2.3.2009 Klage erhoben, zu deren Begründung sie geltend macht, die von der Satzung der Beklagten vorgenommene Rasseeinteilung sei nicht zulässig und berechtige diese nicht zur Erhebung einer höheren Steuer für sog. „gefährliche Hunde“. Wissenschaftliche Untersuchungen belegten, dass allein aufgrund der Rasse keine besondere Gefährlichkeit eines Hundes vorliege, sondern vielmehr die Haltung und Ausbildung einen Hund gefährlich mache. Eine abstrakte Gefahr könne in gleicher Weise von jedem Hund unabhängig von Größe und Rasse ausgehen. Die Beklagte habe es versäumt, ihre Satzung neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen. Die Regelungen zur Einteilung in Hunderassen/-typen sei willkürlich und verstoße gegen das Gleichheitsgebot. Der Widerspruch zwischen den Regelungen des NHundG und der Satzung verstoße gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, denn beide Regelungen beträfen einen gefahrrechtlichen Nebenzweck, die Eindämmung der Haltung von gefährlichen Hunden. Die Satzung verstoße auch gegen Art. 105 Abs. 2a GG, da die erhöhte Steuer nicht an die Leistungsfähigkeit des Hundehalters anknüpfe. Als gefährlich definierte Hunde seien weder in der Anschaffung noch in der Unterhaltung teurer als andere Hunde. Bei den Eltern des Hundes G. habe es sich bereits um Mischlinge gehandelt. Sie habe G. nicht von einem Züchter, sondern von privat gekauft. Nach den Impfpapieren handele es sich um einen Mischling; weitere Unterlagen lägen nicht vor.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 29.1.2009 insoweit aufzuheben, als darin ein Betrag von mehr als 115.- € erhoben wird.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte macht geltend, für die Besteuerung komme es auf den Wesenstest nicht an. Das Niedersächsische Hundegesetz berühre als ordnungsrechtliche Normierung ihre steuerrechtliche Gestaltungsfreiheit nicht. Der Landesgesetzgeber habe insoweit keine spezifischen Vorgaben erlassen. Mit der höheren Besteuerung gefährlicher Hunde werde das Lenkungsziel verfolgt, das Halten von Hunden mit einem erhöhten Gefährdungspotential durch höhere finanzielle Belastungen unattraktiv zu machen. Für den Steuertatbestand reiche es aus, auf das abstrakte Gefahrenpotential einer Rasse abzustellen. Ihre Hundesteuersatzung normiere gleichsam eine dahingehende gesetzliche Vermutung, für die dort genannten Rassen und ihre Kreuzungen untereinander sowie mit anderen Hunden. Die erhöhte Besteuerung habe vor Art. 3 GG Bestand, da tatsächlich von ihrer prinzipiell größeren Gefährlichkeit im Verhältnis zu anderen Hunderassen auszugehen sei. Auch sehe § 2 Abs. 1 S. 1 HundVerbrEinfG weiterhin ein Einfuhr und Verbringungsverbot für Hunde dieser Rassen vor. Die monatliche Mehrbelastung von 47,25 € habe keine erdrosselnde Wirkung. Die Regelung betreffe auch Kreuzungen der angeführten Rassen, so dass auch die Hündin G. erfasst sei. Ausschlaggebend sei nicht eine Abstammung der Hündin von einem American Staffordshire-Terrier in erster Generation, sondern die Beteiligung eines solchen Hundes in früherer Generation. Der Kreuzungsbegriff in § 2 Abs. 2 S. 2 ihrer Satzung stelle auf das Ergebnis einer Vermischung verschiedener Rassen ab. Gemeint sei der Mischlingshund, in dem sich Anteile der aufgeführten Hunderassen fänden, unabhängig davon, in welcher Generation es zu der Einmischung dieses Anteils gekommen sei. Anderenfalls wären Kreuzungen von Mischlingen, deren Elterngeneration aus Mischlingen der besonders aufgeführten Rassen bestand, nicht der höheren Steuer unterworfen, was verfassungsrechtlich bedenklich wäre. Der satzungsmäßige Begriff der Kreuzung sei somit im Sinn eines Mischlings mit Anteilen der als gefährlich eingestuften Hunderassen auszulegen. Bei G. handele es sich um einen Mischling mit Anteilen der Rasse „American Staffordshire-Terrier“, so dass die Veranlagung mit der erhöhten Steuer unumgänglich sei. Aufgrund des Lenkungszwecks, die Kampfhundepopulation in der Stadt zu begrenzen, sei auch der optische Eindruck des Hundes G. von Bedeutung.

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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Direktors des Instituts für Tierzucht und Vererbungsforschung der tierärztlichen Hochschule Hannover Prof. Dr. K.. Nach dem Gutachten beträgt die Zuordnungswahrscheinlichkeit der Hündin G. zur Rasse American Staffordshire Terrier 31,7 %. Auszuschließen sei die Rasse Boxer als Elternteil. Das Testergebnis lasse den Schluss zu, dass ein oder beide Elterntiere der Hündin Genanteile eines American Staffordshire Terriers haben. Die Elterntiere seien mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch nicht reinrassig gewesen, denn sonst wären ca. 50 % Genanteile für diese Rasse zu erwarten; dieser Wert sei eindeutig nicht annäherungsweise erreicht. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Elterntiere unterschiedlich hohe Genanteile vom American Staffordshire-Terrier besäßen. Diese Genanteile könnten von 0 % bis 60 % liegen, in der Summe beider Elterntiere jedoch ca. 60 % betragen. Ein direkter Rückschluss auf die Genanteile des jeweiligen Elterntieres sei nicht möglich.

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Die Beteiligten wurden zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter angehört. Die Kammer hat den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

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Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig. Sie ist hinsichtlich der Festsetzung der erhöhten Steuer bezüglich der Hündin G. begründet, bezüglich des Hundes F. unbegründet.

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Die Steuerfestsetzung für das Jahr 2009 ist hinsichtlich des Hundes F. mit 613.- € rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Gemäß § 3 Abs. 1 der Hundesteuersatzung beträgt die jährliche Hundesteuer für gefährliche Hunde 613.- €. Der Rechtsbegriff „gefährlicher Hund“ bestimmt sich nach § 3 Abs. 2 der Hundesteuersatzung. Nach dessen Satz 1 sind gefährliche Hunde solche Hunde, bei denen nach ihrer Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. Diese Voraussetzungen sind ausweislich des von der Klägerin vorgelegten tierärztlichen Gutachtens vom 8.6.2001 hinsichtlich des Hundes F. aufgrund dessen Aggressionsverhaltens und fehlenden sozialen Verhaltens gegenüber Menschen einhergehend mit einem Dominanzeinstellung gegenüber seiner Halterin zur Überzeugung des Gerichts gegeben. Auch die in Gesamtwürdigung seiner Feststellungen ausgesprochene Empfehlung des Tierarztes, keine Ausnahmegenehmigung vom Haltungsverbot zu erteilen und den Hund immer mit kurzer Leine und Maulkorb zu führen, verdeutlicht, dass bei F. aufgrund Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft eine erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht.

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Auch ist F. ein gefährlicher Hund im Sinn des § 3 Abs. 2 S. 2 der Hundesteuersatzung. Danach sind gefährliche Hunde jedenfalls Hunde der Rasse American Staffordshire-Terrier. F. ist - unstreitig - ein Hund dieser Rasse. Auch begegnet die sog. „Rasseliste“ insoweit keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Vielmehr ist in der Verwaltungsrechtsprechung geklärt, dass die kommunalen Satzungsgeber Hunde bestimmter Rassen als gefährliche Hunde einer erhöhten Besteuerung unterwerfen können; hierzu gehört insbesondere die Rasse American Staffordshire-Terrier (BVerwG, B. v. 25.3.2010 - 9 B 74/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 26.3.2009 - 2 S 1619/08 -, juris; OVG NRW, B. v. 11.3.2010 - 14 A 2480/09 -, juris). Diesbezüglich macht sich das Gericht auch die nachfolgend wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu eigen. Dieses hat im Urteil vom 19.1.2000 - 11 C 8/99 - (BVerwGE 110, 265; zitiert nach NVwZ 2000, 929) ausgeführt:

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„In bundesrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das BerGer. zunächst darauf abgestellt, dass die Hundesteuersatzung der Bekl. auf einer mit Art. GG Artikel 105 GG Artikel 105 Absatz IIa GG vereinbaren und hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage in § LSAKAG § 3 LSAKAG § 3 Absatz I SachsAnhKAG beruht. Ebenso lässt die Erwägung, die Bekl. sei im Grundsatz nicht gehindert, mit der Hundesteuer neben der Einnahmeerzielung auch im Sinne einer Eindämmung der Hundehaltung lenkend tätig zu werden, einen Fehler nicht erkennen. Eine nach Art. GG Artikel 105 GG Artikel 105 Absatz IIa GG i.V. mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nichtsteuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber - hier also die Bekl. als Satzungsgeber - ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein ... .

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Auch die zweite tragende Erwägung des Berufungsurteils erweist sich als unvereinbar mit dem Bundesrecht. Das OVG sieht den Grundsatz der Steuergerechtigkeit verletzt und meint, dies komme in drei Aspekten zum Ausdruck: Die Satzung der Bekl. erfasse mit dem erhöhten Steuersatz nicht Kreuzungen von Kampfhunderassen und Mischlinge, sie gelte mit der unwiderleglichen Vermutung in § 4 III 2 HStS nicht für gleich gefährliche Hunde anderer Rassen (z.B. Doggen, Dobermänner, Rottweiler, Schäferhunde), und sie sei zu weit gefasst, weil sie eine Entlastungsmöglichkeit für artgerecht gehaltene und friedfertige Kampfhunde nicht beinhalte. Dies steht mit dem Gestaltungsspielraum nicht im Einklang, der der Bekl. auch in Beachtung von Art. GG Artikel 3 GG Artikel 3 Absatz I GG als Satzungsgeber zusteht.

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1. Der Gleichheitssatz des Art. GG Artikel 3 GG Artikel 3 Absatz I GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Art. GG Artikel 3 GG Artikel 3 Absatz I GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht.

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Die mit der Typisierungsbefugnis einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Gesetzgeber allerdings sachgerecht ausüben. Eine vom Gesetz vorgenommene ungleiche Behandlung muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt wird (vgl. BVerfGE 75, BVERFGE Jahr 75 Seite 108 [BVERFGE Jahr 75 Seite 157] = NJW 1987, NJW Jahr 1987 Seite 3115; BVerfGE 90, BVERFGE Jahr 90 Seite 145 [BVERFGE Jahr 90 Seite 196] = NJW 1984, NJW Jahr 1984 Seite 1466 = NVwZ 1995, NVWZ Jahr 1995 Seite 677 L; BVerfGE 93, BVERFGE Jahr 93 Seite 319 [BVERFGE Jahr 93 Seite 348f.] = NVwZ 1996, NVWZ Jahr 1996 Seite 469).

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2. Werden diese Maßstäbe angelegt, so kann entgegen dem Berufungsurteil nicht festgestellt werden, dass die Bekl. mit den Festlegungen in § 4 I lit. d und e und § 4 III HStS die zulässigen Grenzen überschritten hat. Auch die vom OVG als Mängel gerügten Aspekte (Handhabung von Kreuzungen/Mischlingen, Nichterfassung von Doggen etc., Fehlen einer Entlastungsmöglichkeit) lassen sich willkürfrei rechtfertigen und führen nicht zu einem Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit.

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a) Die Hundesteuersatzung verwendet in ihrem § 4 III HStS eine abstrakte Definition der Kampfhunde (Satz 1), die mit einer Liste konkretisiert ist, in der Hunde mit ihrem handelsüblichen Namen aufgeführt sind, die als Kampfhunde gelten sollen; die Kampfhundeigenschaft der aufgelisteten Hunde wird vom Satzungsgeber unwiderleglich vermutet. Ob die in der Liste erfassten Tiere mit dem Begriff „Kampfhund” kynologisch-fachwissenschaftlich korrekt erfasst sind, ist rechtlich unerheblich. Dem Satzungsgeber steht die Wahl seiner Terminologie frei. Der Senat geht ferner davon aus, dass die abstrakte Umschreibung in Satz 1 mit den Begriffsmerkmalen „besondere Veranlagung, Erziehung, Charaktereigenschaft” den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine ausreichende Normenklarheit noch entspricht und damit dem Gebot Genüge getan ist, dass steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast erkennen kann (vgl.z.B. BVerfGE 49, BVERFGE Jahr 49 Seite 343 [BVERFGE Jahr 49 Seite 362] = NJW 1979, NJW Jahr 1979 Seite 859). Auch wenn damit gewisse Anforderungen an seine Steuerehrlichkeit gestellt werden, wird - als Beispiel - der Halter eines bissigen Schäferhundes oder Mischlingshundes unschwer erkennen können, dass sein Hund dem § 4 III 1 HStS unterfällt. In jedem Fall erscheint gewährleistet, dass die Halter solcher Hunde dem erhöhten Steuersatz unterworfen werden, wenn ihr Hund in der Öffentlichkeit als erhöhte Gefahr aufgefallen ist. Das Gleichheitsproblem reduziert sich mithin auf die Frage, ob es vom Gestaltungsspielraum gedeckt ist, manche Hunde automatisch und unwiderleglich, andere aber nur unter besonderen Umständen höher zu besteuern.

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b) Die demnach entscheidende Frage, ob es einen sachlichen Grund dafür gibt, die in § 4 III 2 HStS aufgeführten Hunde ausnahmslos als Kampfhunde einzustufen, ist im Gegensatz zur Auffassung des BerGer. (ebenso VGH Mannheim, NVwZ 1992, NVWZ Jahr 1992 Seite 1105 und NVwZ 1999, NVWZ Jahr 1999 Seite 1016; OVG Bremen, DÖV 1993, DÖV Jahr 1993 Seite 576; OVG Saarlouis, OVGE 24, OVGE Band 24 Seite 412) zu bejahen (im Ergebnis ebenso BayVerfGH, BayVBl 1995, BAYVBL Jahr 1995 Seite 76; VGH München, NVwZ 1997, NVWZ Jahr 1997 Seite 819; OVG Lüneburg, NVwZ 1997, NVWZ Jahr 1997 Seite 816). Die in der Vorschrift genannte Liste enthält - unter im Tierhandel gebräuchlichen Bezeichnungen - nur solche Hunde, denen wegen ihres Gewichts oder ihrer Beißkraft eine abstrakte Gefährlichkeit zugesprochen werden muss. …

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Danach ist es „unbestritten, dass die aufgelisteten Hundegruppen ein Potenzial zur Erzeugung des ‚gefährlichen’ Hundes darstellen, die einen wegen ihrer Masse, die anderen ihres Mutes wegen” (vgl. Dr. Helga Eichelberger in der vom BerGer. zitierten Broschüre des Verbandes für das Deutsche Hundewesen e.V. „Kampfhunde? Gefährliche Hunde?”, 4. Aufl. [1999], S. 7; vgl. auch Prof. Dr. Unshelm, „Kampfhunde? Gefährliche Hunde?”, S. 22, wonach bestimmte Hunderassen weitgehend unabhängig von der Einstellung des Hundehalters wegen ihrer gesteigerten Aggressivität auffallen).

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Aus diesen Veröffentlichungen ergibt sich zwar auch, dass nicht bei allen individuellen Exemplaren dieser Züchtungen a priori auf Grund ihrer Merkmale von einer gesteigerten Gefährlichkeit auszugehen ist; denn das aggressive Verhalten eines individuellen Hundes hängt von mehreren Faktoren ab, wie seiner Veranlagung, seiner Aufzucht und den Verhaltensweisen seines Halters. Wenn das BerGer. hieraus allerdings den Schluss zieht, der Steuertatbestand sei unter Verletzung des Gleichheitssatzes zu weit gefasst, weil er auch im Einzelfall ungefährliche Hunde der erhöhten Steuer unterwerfe, verkennt es den von der Bekl. verfolgten Lenkungszweck und den ihr dabei zustehenden Gestaltungs- und Typisierungsspielraum. Mit dem als unwiderlegliche Vermutung ausgestalteten Steuertatbestand für Kampfhunde in § 4 III 2 HStS verfolgt die Bekl. nicht in erster Linie oder gar ausschließlich einen im engeren Sinn „polizeilichen” Zweck der aktuellen und konkreten Gefahrenabwehr. Das Lenkungsziel besteht vielmehr - zulässigerweise - auch darin, ganz generell und langfristig im Gebiet der Bekl. solche Hunde zurückzudrängen, die auf Grund ihres Züchtungspotenzials in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren. Die unwiderlegliche Vermutung in § 4 III 2 HStS ist in besonderer Weise geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Müssten nämlich in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von der höheren Besteuerung gewährt werden, so würde das dem steuerlichen Lenkungszweck, den Bestand an potenziell gefährlicheren Hunden möglichst gering zu halten, zuwiderlaufen. Da aus der nur potenziellen Gefährlichkeit - wie ausgeführt - bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine akute Gefährlichkeit erwachsen kann, ist es sachgerecht, bereits an dem abstrakten Gefahrenpotenzial anzuknüpfen.

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Unabhängig davon ist die in § 4 III 2 HStS verankerte unwiderlegliche Vermutung und die darin liegende Typisierung auch durch Praktikabilitätsgesichtspunkte gedeckt. Eine Untersuchung, ob Kampfhunde im Einzelfall so gehalten werden, dass sich ihre potenzielle Gefährlichkeit nicht auswirkt, stößt wegen der teilweisen Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens (vgl. BGHZ 67, BGHZ Band 67 Seite 129 [BGHZ Band 67 Seite 132f.] = NJW 1976, NJW Jahr 1976 Seite 2130 = LM § 833 BGB Nr. 9) schon objektiv auf Schwierigkeiten. Zumindest kann es nicht als Überschreitung des bestehenden Gestaltungsspielraums angesehen werden, wenn der Satzungsgeber wegen der erheblichen Anforderungen an die von ihm erwartete Zuverlässigkeit des „Entlastungsnachweises” und wegen des damit verbundenen Aufwands zu dem gesetzestechnisch gebräuchlichen Mittel einer unwiderleglichen Vermutung greift. …

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Dass auch andere Züchtungen Hunderassen hervorgebracht haben, die mit einem nicht zu unterschätzenden Aggressionspotenzial ausgestattet sind, hat der Satzungsgeber rechtsfehlerfrei dadurch berücksichtigt, dass er sonstige gefährliche Hunde über § 4 III 1 HStS ebenfalls mit einer erhöhten Hundesteuer belegt. Dass diese Rassen nicht ausnahmslos als Kampfhunde erfasst sind, ist eine Privilegierung, die sachgerechte Gründe hat. Zu Gunsten der Halter dieser Hunde wirkt sich die größere soziale Akzeptanz aus, die so genannte Wach- und Gebrauchshunde in der Bevölkerung genießen. Dieses positive „Vorurteil” ist auch nicht völlig unberechtigt. Die Bevölkerung ist mit diesen Hunden vertraut und billigt deren Verwendung bei der Polizei und anderen Ordnungsdiensten sowie als Wach-, Such- und Blindenhunde. Bei Züchtern und Haltern dieser Hunde besteht zudem eine größere Erfahrung bezüglich der Eigenschaften dieser Hunde, deren Gefährlichkeit dadurch eher beherrschbar erscheint (vgl. BayVerfGH, BayVBl 1995, BAYVBL Jahr 1995 Seite 76).

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Dass die Bekl. nicht auch alle Kreuzungen der in der Liste aufgeführten Hunde sowie alle oder bestimmte Mischlinge aufgeführter und nicht genannter Hunde in die Liste aufgenommen hat, ist danach gleichfalls von ihrer Gestaltungsfreiheit gedeckt. Denn eine Erfassung jener Hunde würde gerade unter Gleichheitsgesichtspunkten eine sachlich vertretbare Zuordnung solcher Kreuzungen und Mischlinge und damit weitergehende kynologische Überlegungen und Festlegungen erfordern, zu denen die Bekl. jedenfalls rechtlich nicht verpflichtet war. Es zeigt sich hierin der bereits angesprochene „experimentelle” Charakter der Satzung, der hingenommen werden muss. Die daraus resultierende Privilegierung der Halter von Mischlingen ist für den Satzungsgeber ein unerwünschter Nebeneffekt, der keinen Handlungsbedarf erzeugt, solange im Gemeindegebiet diese Hunde nicht oder nicht nachteilig in Erscheinung treten.“

30

Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 10.10.2001 - 9 BN 2/01 - (NVwZ-RR 2002, 140) wie folgt fortgeführt:

31

„Das angefochtene Urteil nimmt Bezug auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (a.a.O.), in dem Dr. E. mit der Äußerung zitiert wird, es sei "unbestritten, dass die aufgelisteten Hundegruppen ein Potential zur Erzeugung des gefährlichen Hundes darstellen, die einen wegen ihrer Masse, die anderen ihres Mutes wegen" (vgl. E. in der Broschüre des Verbandes für das Deutsche Hundewesen e.V. "Kampfhunde? Gefährliche Hunde?", 5. Auflage 2000, S. 7). In ihrem, dem Oberverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung in Kopie überreichten Schreiben an den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. November 2000 kritisiert Dr. E. diese Zitierweise und macht geltend, das Zitat sei aus dem Zusammenhang genommen und erwecke den Anschein, als befürworte sie die Auflistung von Rassen, die insgesamt und a priori ein Gefahrenpotential darstellten. Genau das Gegenteil sei der Fall. Aus zoologischer Sichtweise sei nochmals darauf hinzuweisen, dass allein die Rassezugehörigkeit eines Hundes eine Aussage über seine individuelle Gefährlichkeit nicht zulasse.

32

Eine solche Aussage haben allerdings weder das Bundesverwaltungsgericht noch die Vorinstanz in dem angefochtenen Urteil gemacht. Damit wird deutlich, dass der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen den vom Bundesverwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht verwendeten Begriff der abstrakten Gefährlichkeit verkennt. Anknüpfungspunkt für die erhöhte Hundesteuer bei den in der Hunderassenliste aufgeführten Tieren ist nicht eine festgestellte oder vermutete individuelle Gefährlichkeit des einzelnen Hundes, sondern ein genetisches Potential, welches bei dem Hinzutreten weiterer Umstände die aufgelisteten Hunde zu einer Gefahr werden lassen kann. Ob dieser Gesichtspunkt in einer Hundesteuersatzung aufgegriffen und in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 1 GG als Differenzierungsmerkmal verwendet werden darf, ist danach eine - reine - Rechtsfrage, deren Beantwortung vorliegend nicht von einer aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung beeinflusst ist.“

33

Somit greifen die von der Klägerin gegen die Erhebung eines erhöhten Steuersatzes unter Einordnung der Rasse der American Staffordshire-Terrier als gefährliche Hunde erhobenen Einwendungen nicht durch. Vielmehr ist auch nach gegenwärtiger Erkenntnislage davon auszugehen, dass (auch) diese Hunderasse eine „abstrakt Gefährlichkeit“ im vorstehenden Sinn eines genetischen Potentials aufweist, das Hunde dieser Rasse bei Hinzutreten weiterer Umstände zu einer Gefahr werden lassen kann. Insoweit ist es ein zulässiges Lenkungsziel der Hundesteuersatzung der Beklagten, in ihrem Gebiet solche Hunde zurückzudrängen, weil diese aufgrund ihres Züchtungspotentials in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln.

34

Demgegenüber ist die Klage hinsichtlich der Festsetzung eines erhöhten Steuersatzes auch für G. begründet. Insoweit ist der angefochtene Steuerbescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

35

Ausweislich des tierärztlichen Gutachtens vom 18.2.2001 ist G. kein gefährlicher Hund im Sinn des § 3 Abs. 2 S. 1 der Hundesteuersatzung; auch im Übrigen gibt es hierfür keine Anhaltspunkte. Vielmehr wird G. bei festgestellten Erziehungsmängeln als verspielte und freundliche Familienhündin bewertet, die keinerlei zu beanstandendes Aggressionsverhalten gezeigt hat. Ihr wird auch ein freundliches Sozialverhalten und die Fähigkeit zur Kommunikation und zu sozialem Verhalten gegenüber Menschen attestiert. Entsprechend ist nichts dafür ersichtlich, dass G. bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen wäre, so dass sie auch nicht nach § 3 Abs. 2 S. 3 der Hundesteuersatzung als gefährlicher Hund einzustufen ist.

36

G. unterfällt auch nicht der Regelung zur „Rasseliste“ in § 3 Abs. 2 S. 2 der Satzung. Insoweit kommt allein ihre Zuordnung zur Rasse der American Staffordshire-Terrier in Betracht. Nach der Satzungsregelung sind gefährliche Hunde jedenfalls Hunde der aufgeführten Rassen „sowie deren Kreuzungen untereinander und mit anderen Hunden“.

37

G. ist nach Lage der Akten stets als Mischling und nicht wie F. als ein Hund der Rasse American Staffordshire-Terrier angesehen worden. Dies belegt auch das vom Gericht eingeholte Gutachten, wonach das genetische Material L. nur zu ca. 30 % dem Erbgut dieser Rasse zuzurechnen ist. Somit gehört G. nicht im Sinn der ersten Alternative in § 3 Abs. 2 S. 2 der Satzung der Rasse American Staffordshire-Terrier an.

38

G. ist auch nicht aus einer Kreuzung zweier Hunde der aufgeführten Rassen im Sinn der zweiten Tatbestandsalternative „deren Kreuzungen untereinander“ hervorgegangen. Hierfür ist kein Anhaltspunkt gegeben. Von den aufgeführten Rassen ist ausschließlich hinsichtlich des Genmaterials der American Staffordshire-Terrier anzunehmen, dass G. Erbgut dieser Rasse - und zwar zu ca. 30 % - aufweist. Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen gehörte auch kein Elterntier L. der Rasse American Staffordshire-Terrier an. Vielmehr ist nach Lage der Dinge davon auszugehen, dass beide Elterntiere Mischlinge waren. Bereits die Frage, ob das der Rasse American Staffordshire-Terrier zugehörige Genmaterial beiden oder nur einem Elterntier entstammt, lässt sich ausweislich des Gutachtens nicht beantworten. Insoweit lässt der Sachverständige mit der Angabe von 0 % bis 60 % offen, welches Elterntier in welchem Umfang hierzu beigetragen hat.

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G. unterfällt indes auch nicht der dritten Tatbestandsalternative. Danach sind auch Kreuzungen von Hunden der aufgeführten Rassen „mit anderen Hunde“ als gefährlich eingestuft. Wortlaut und Grammatik der Regelung setzen voraus, dass ein Elterntier des zu beurteilenden Hundes ein Hund einer der aufgeführten Rassen, d.h. - wie der Regelungszusammenhang erhellt - „reinrassig“ sein muss. Ist dies der Fall, so kommt es auf das weitere Elterntier und dessen Rassezugehörigkeit nicht an. Damit erfasst die Satzungsregelung neben den Rassehunden und den Nachfahren aus Kreuzungen von Rassehunden untereinander die erste Generation von Nachkommen aller „reinrassigen“ Hunde der aufgeführten Rassen. Diese Grenzziehung dürfte rechtlichen Maßstäben hinsichtlich der Einbeziehung von Kreuzungen von Hunden Rechnung tragen. Ob eine Erfassung dieser ersten Generation solcher Kreuzungen auch unter Gleichheitsgesichtspunkten indes eine sachlich vertretbare Zuordnung von Mischlingen und damit weitergehenden kynologischen Überlegungen und Festlegungen genügt - vgl. BVerwG, U. v. 19.1.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O. - kann hier letztlich offen bleiben. Zu diesen Hunden gehört G. jedenfalls nicht, da ausweislich der eingeholten gutachtlichen Bewertung keines ihrer Elterntier der Rasse der American Staffordshire-Terrier angehört.

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Dass es einer hinreichend bestimmten und für Rechtsanwender und Steuerschuldner ausreichend „vorhersehbaren“ Grenzziehung bedarf, es jedenfalls nicht unerheblich ist - wie die Beklagte meint - in welcher Generationsfolge ein Hund der aufgeführten Rasse in der Ahnenreihe des zu beurteilenden Hundes sein Erbgut eingebracht hat, folgt aus der den verfolgten Lenkungszweck der Eindämmung als gefährlich erachteter Hunde tragenden Gesichtspunkt der „abstrakten Gefährlichkeit“ dieser anhand einer „Rasseliste“ bestimmten Hunde. Ist nämlich nicht eine festgestellte oder vermutete individuelle Gefährlichkeit des einzelnen Hundes, sondern ein genetisches Potential, welches bei dem Hinzutreten weiterer Umstände die aufgelisteten Hunde zu einer Gefahr werden lassen kann, maßgebend, so liegt es in der Logik dieses Gedankens, dass sich eine so begründete abstrakte Gefährlichkeit mit fortschreitender Abnahme dieses genetischen Potentials (vgl. BVerwG, 10.10.2001 - 9 BN 2/01 -, a.a.O.) durch wiederholte Kreuzungen „mit anderen Hunden“ im Zuge der Generationen zunehmend verflüchtigt. Fortschreitend in der Generationenfolge weisen die nachgeborenen Hunde immer weniger das Züchtungspotential auf, aufgrund dessen ein Vorfahr die Eignung aufgewiesen hat, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln (vgl. BVerwG, U. v. 19.1.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O.).

41

Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht durchgreifend auf das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.6.2004 - 14 A 953/02 - (www.justiz.nrw.de) berufen. Bereits die dieser Entscheidung zugrunde liegende Satzungsbestimmung erfasste als „Kampfhunde“ - anders als die Satzung der Beklagten - ausdrücklich auch Kreuzungen von Rassehunden und Mischlingen. Darüber hinaus überzeugen die im Wesentlichen an die Auslegung des Begriffs der „Kreuzung“ anknüpfenden Ausführungen das erkennende Gericht nicht. Vielmehr sind die tatbestandlichen Alternativen unter Einbeziehung der die Fallgruppen von Kreuzungen maßgeblich bestimmenden weiteren Begrifflichkeit im Kontext der Regelung auszulegen, wobei die bloße Begriffsbestimmung nicht entscheidend hilft. Im Übrigen stellt auch diese Entscheidung hinsichtlich der Mischlinge aus Hunden der gelisteten Rassen fest, dass „bei solchen Mischlingen nicht erkennbar“ sei, „dass die genetischen Vorgaben, aus denen die potentielle Gefährlichkeit von Hunden der in der Satzung aufgezählten Rassen hergeleitet wird“, sich bei ihnen relevant von denen reinrassiger „Kampfhunde“ unterscheide, ohne dass sich die Entscheidung indes dazu verhält, wie diese Frage hinsichtlich der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Kreuzung mit Mischlingen bzw. von Mischlingen zu beantworten ist.

42

Auch lässt sich § 3 Abs. 2 S. 2 der Satzung nicht im Licht vorstehend genannten Urteils des OVG NRW dahingehend verstehen, dass vom Satzungsgeber im Sinn eines bloßen äußeren Erscheinungsbildes auf den „Phänotyp“ der aufgeführten Rassen abgehoben werde. Hierfür geben an den Rasse- und Kreuzungsbegriff anknüpfender Wortlaut und Regelungszusammenhang nichts her. Auch das OVG NRW hat sich insoweit nicht zu der von ihm zu beurteilenden Satzungsbestimmung, sondern in einer Parallelwertung zu den Regelungen des LHundG NRW geäußert.

43

Dem kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegen halten, ihr könne nicht zugemutet werden, in jedem Einzelfall ein Gutachten einzuholen, wie es vom Gericht im vorliegenden Verfahren in Auftrag gegeben wurde. Auf eine solche Ausgestaltungsmöglichkeit ihrer Satzung ist die Beklagte nicht verwiesen. Vielmehr steht es ihr frei, ihren Gestaltungsspielraum zu nutzen. Dabei wird sie ihr Lenkungsziel und dessen vom Bundesverwaltungsgericht dargelegten sachlichen Anknüpfungspunkt nicht aus dem Auge verlieren dürfen.

44

Aufgrund dessen braucht vorliegend nicht mehr der Frage nachgegangen zu werden, ob die Beklagte im vorliegenden Fall hinsichtlich L. gehalten war, nach §§ 222, 223, 227 AO steuerliche Abhilfe zu gewähren (vgl. BVerwG, U. v. 19.1.2000 - 11 C 8/99 -, a.a.O.).

45

Demgemäß beträgt für das Jahr 2009 die Hundesteuer für die Hündin G. gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 a) der Hundesteuersatzung 46.- €, für den Hund F. gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 d) 613.- €, insgesamt somit 659.- €. Da es an einer Satzungsbestimmung fehlt, welcher der beiden Hunde als „erster“ Hund im Sinn der gestaffelten Steuersätze anzusehen ist, greift diese für die steuerpflichtige Klägerin günstigere Bemessung.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Zulassung der Berufung für die Beklagte erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124 Abs. 3 Nr. 2 VwGO im Hinblick auf die Auslegung des § 3 Abs. 2 S. 2 der Hundesteuersatzung.

 


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