Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 A 990/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge.
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Er ist der Sohn der am ….02.2016 verstorbenen Versorgungsempfängerin Frau … . Diese hatte als Witwe des verstorbenen OStFw d. … seit dem 01.02.1998 Anspruch auf monatliche Hinterbliebenenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz.
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Für den Monat März 2016 wurden seitens der Beklagten Versorgungsbezüge iHv 1.285,63 € auf das Konto der Verstorbenen überwiesen. Aufgrund verspäteter Kenntnis war es der Beklagten nicht mehr möglich die maschinelle Zahlung der Versorgungsbezüge zu unterbinden. Auf die Überweisungsrückforderung an das kontoführende Kreditinstitut ( … ) vom 18.03.2016 erhielt die Beklagte die Mitteilung, dass der Rückforderungsbetrag nicht zurückgezahlt werden könne, da über die Versorgungsbezüge vor Eingang der Rückforderung verfügt worden sei. Weiter teilte das Kreditinstitut mit, dass das Konto aufgelöst worden sei und der Kläger der Empfänger des Restguthabens iHv 272,50 € sei.
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Mit Schreiben vom 18.03.2016 wurde der Kläger hinsichtlich der Überzahlung im Hinblick auf die Versorgung informiert und mit Schreiben vom 01.04.2016 forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung der auf das Konto der Verstorbenen überwiesenen Versorgungsbezüge iHv 1285,63 € auf. Eine Zahlung seitens des Klägers erfolgte nicht.
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Mit Bescheid vom 22.06.2016 forderte die Beklagte den Betrag in Höhe von 1285,63 € vom Kläger zurück. Er sei als Empfänger der Geldleistungen zur Erstattung der zu viel geleisteten Versorgungsbezüge verpflichtet.
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Er macht sinngemäß geltend, dass nicht nachgewiesen sei, wer Empfänger der Geldleistungen gewesen sei. Die … habe lediglich mitgeteilt, dass das Konto aufgelöst worden sei. Von wem dies veranlasst worden sei und wer vor der Auflösung über das Konto verfügt habe, sei nicht geklärt. Darüber hinaus sei er vor Erlass des Bescheides nicht angehört worden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2016 wies die Beklagte dieses Vorbringen zurück. Nach Auskunft der … seien im Zeitraum vom 29.02.2016 bis 02.03.2016 insgesamt vier Barabhebungen iHv 2 x 1000,00 €, 1 x 550,00 € und 1 x 10,00 € vom dem Konto der Verstorbenen vorgenommen worden. Die Auszahlungen seien jeweils am Geldautomaten unter Verwendung der EC-Karte und der PIN der Verstorbenen veranlasst worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Kläger und/ oder eine von ihm legitimierte Person, die Barabhebungen zu Lasten des Kontos der Verstorbenen vorgenommen habe. Er sei deshalb zur Erstattung des Betrages verpflichtet.
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Der Kläger hat am 18.09.2016 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Der Entscheidung der Beklagten lägen ersichtlich keine Tatsachen zugrunde, sondern unsubstantiierte bzw. sich widersprechende Spekulationen. Auch im Widerspruchsverfahren sei er nicht angehört worden. Bei dem ihm nach Auflösung des Kontos überwiesenen Betrag handele es sich nicht um einen Restbetrag des überwiesenen Versorgungsbetrages. Es handele sich vielmehr um den monatlichen Pflegegeldbetrag, der unmittelbar nach Auflösung des Kontos noch dort eingegangen und auf sein Konto bei der … weitergeleitet worden sei. Über die Witwenrente sei bereits vorher vollständig verfügt worden. Die von der … an die Beklagte übersandte „Übersicht aller relevanten Umsätze“ sei auch rechnerisch falsch. Nach Saldierung der Eingänge und Verfügungen habe kein positives Restguthaben mehr zur Verfügung stehen können.
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In der mündlichen Verhandlung erfolgten keine Einlassungen des Klägers, da er trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist.
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Der Kläger beantragt (sinngemäß),
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den Rückforderungsbescheid vom 22.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2016 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist im Wesentlichen auf die Begründung der streitgegenständlichen Bescheide. Der Kläger habe nicht substantiiert bestritten, dass die streitgegenständliche Summe ihm zugeflossen sei. Es spiele keine Rolle, ob der Kläger persönlich oder eine Person, die er mit Karte und PIN versehen habe, das Geld abgehoben habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Bescheid vom 22.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Voraussetzungen für die Rückforderung des Betrages von 1285,63 € liegen vor.
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Die Rückforderung richtet sich nach § 49 Abs. 4 SVG (Soldatenversorgungsgesetz) iVm § 118 Abs. 4 SGB VI (Sozialgesetzbucht Sechstes Buch).
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Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Träger der Rentenversicherung hat Erstattungsansprüche durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Dies gilt gem. § 49 Abs. 4 SVG entsprechend im Falle eines Versorgungsempfängers bzw. einer Versorgungsempfängerin
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Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor. Die Beklagte hat die Witwenrente für März 2016 zu Unrecht erbracht, da die Versorgungsempfängerin bereits im Februar 2016 verstorben war (vgl. § 59 Abs. 1 Nr. 1 SVG). Der Kläger hat über diese zu viel gezahlte Versorgung nach Überzeugung des Gerichts verfügt und ist damit auch zur Rückzahlung verpflichtet. Der Kläger ist dem Vortrag der Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten. Sein Vortrag ist als bloße Schutzbehauptung zu werten. Es steht nach Auffassung des Gerichtes fest, dass der Kläger selbst über das Guthaben verfügt hat bzw. eine dritte Person im Auftrag oder unter ausdrücklicher Duldung durch den Kläger die Verfügungen vorgenommen hat. Bei lebensnaher Betrachtungsweise erscheint es ausgeschlossen, dass durch einen unbekannten Dritten in der erfolgten Form über das auf dem Konto der Verstorbenen befindliche Guthaben verfügt worden ist. Wäre dies der Fall gewesen, wäre vielmehr anzunehmen gewesen, dass weitere Geldmittel unter Ausnutzung des Dispositionskreditrahmens abgehoben worden wären. Weiterhin wäre anzunehmen gewesen, dass der Kläger strafrechtliche Schritte aufgrund der unberechtigten Verfügung eingeleitet hätte. Darüber hinaus hat die verstorbene Mutter des Klägers ausweislich des Verwaltungsvorganges (Bl. 164 d. Beiakte B) zumindest ab dem 18.02.2009 in gemeinsamem Haushalt mit dem Kläger gelebt. Insoweit ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass Dritte Zugriff auf EC-Karte und PIN der Verstorbenen hätten nehmen können.
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Dem Erstattungsanspruch gegen den Kläger steht auch nicht der vorrangig geltend zu machende Rücküberweisungsanspruch gegen die Bank in ihrer Funktion als Zahlungsmittlerin nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI entgegen. Der Träger der Versorgung kann und darf nämlich gegen Dritte nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI erst und nur dann vorgehen, wenn die Geldleistung - berechtigt - nicht nach Abs. 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Die kontoführende Bank war hier aber berechtigt, die Versorgung nicht zurück zu überweisen. Dies ergibt sich aus § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI. Über den Rückforderungsbetrag war bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig durch den Kläger oder einen Dritten verfügt worden. Dass die ehemals kontoführende Bank zum Zeitpunkt der Verfügungen bereits Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin hatte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass der Auszahlungseinwand auch aus diesem Grund nicht ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 24. Februar 2016 – B 13 R 22/15 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4-2600 § 118 Nr 14).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 113 1x
- SVG § 49 2x
- § 118 Abs. 4 SGB VI 1x (nicht zugeordnet)
- SVG § 59 1x
- § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI 1x (nicht zugeordnet)
- § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI 1x (nicht zugeordnet)
- § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 13 R 22/15 1x (nicht zugeordnet)