Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 B 18/17

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid des Antragsgegners vom 15. Mai 2017 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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Mit Bescheid vom 17.05.2017 zog der Antragsgegner den Antragsteller zur Bodennutzungshaupterhebung 2017 heran. In dem Bescheid wurde er darauf hingewiesen, dass er als Inhaber bzw. Leiter eines landwirtschaftlichen Betriebes nach den Vorgaben des Agrarstatistik- und Bundesstatistikgesetzes dazu verpflichtet sei, Meldungen auf elektronischem Weg zu übermitteln. Dazu seien die von den statistischen Ämtern zur Verfügung gestellten Online-Meldeverfahren zu nutzen. Gleichzeitig teilte der Antragsgegner dem Antragsteller die Zugangsdaten für das Meldeverfahren IDEV-Online mit (Benutzerkennung und Passwort). Für den Fall, dass die angeforderten Daten nicht bis zum 31.05.2017 übermittelt würden, setzte der Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro gegen den Antragsteller bedingt fest.

2

Mit Schreiben vom 26.05.2017 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Heranziehungsbescheid ein und kündigte an, einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellen. Den Widerspruch begründete der Antragsteller nicht. Eine Meldung gab der Antragsteller in der Folge nicht ab.

3

Am 27.05.2017 hat der Antragsteller beim hiesigen Verwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17.05.2017 anzuordnen. Zur Begründung verwies der Antragsteller auf Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Datenerhebung.

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Der Antragsgegner ist dem Antrag unter Übersendung der Verwaltungsvorgänge sowie von Informationen zu den rechtlichen Grundlagen und Zielen der Bodennutzungshaupterhebung entgegengetreten.

II.

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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO zulässig und statthaft. Gemäß § 29 Abs. 1, 1. Halbs. des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (HmbVwVG) vom 04. Dezember 2012 (HmbGVBl. 2012, S. 510) haben Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsakte keine aufschiebende Wirkung. Bei der Zwangsgeldfestsetzung handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung. Die Anwendbarkeit des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Satz 3 des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung eines gemeinsamen Statistischen Amtes als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts vom 27. August 2003 (GVOBl. SH 2003 S. 551), wonach für Errichtung und Betrieb der Anstalt hamburgisches Landesrecht gilt, soweit im Staatsvertrag nichts anderes bestimmt ist.

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Der Antrag ist jedoch unbegründet.

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Das gesetzlich angeordnete öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides überwiegt gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers, von einem Vollzug des mit dem Widerspruch angegriffenen Bescheides bis zu einer endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren verschont zu bleiben. Denn die vom Statistischen Amt verfügte bedingte Festsetzung stellt sich bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig dar. Weder die Festsetzung noch der mit der Festsetzung durchzusetzende Bescheid des Antragstellers begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

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Die bedingte Festsetzung des Zwangsgeldes erweist sich als offensichtlich rechtmäßig. In dem Bescheid vom 17. Mai 2017 war dem Antragsteller aufgegeben worden, bis zum 31.05.2017 die Auskünfte für die Bodennutzungshaupterhebung 2017 zu erteilen. Für den Fall, dass dieser Termin nicht eingehalten werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro bedingt festgesetzt. Der eine Pflicht zur Auskunftserteilung für die Zwecke der Bodennutzungshaupterhebung 2017 auferlegende Bescheid vom 17. Mai 2017 stellt einen vollstreckbaren Titel im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 3 HmbVwVG dar, da gegen die Heranziehung zur Bodennutzungshaupterhebung der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, § 15 Abs. 7 Bundesstatistikgesetz (BStatG). Das Zwangsgeld kann gemäß § 14 Abs. 2 HmbVwVG zugleich mit dem durchzusetzenden Verwaltungsakt festgesetzt werden. Gegen die Höhe des Zwangsgeldes bestehen keine rechtlichen Bedenken.

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Auch die durchzusetzende Heranziehung zur Teilnahme an der Bodennutzungshaupterhebung erweist sich als offensichtlich rechtmäßig. Soweit der Antragsteller abstrakt an der Sinnhaftigkeit der Erhebung zweifelt, ist nichts ersichtlich, was die Rechtmäßigkeit der Anwendung des Agrarstatistikgesetzes (AgrStatG) durch den Antragsgegner im hiesigen Verfahren in Frage stellen könnte. Zweck der Bodennutzungshaupterhebung nach dem AgrStatG ist die Darstellung der Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Agrarsektor. Die Statistik umfasst jährliche Erhebungen, die die Nutzung der Flächen nach Hauptnutzungsarten und Nutzungszweck, Kulturarten, Pflanzengruppen, Pflanzenarten und Kulturformen, auch nach Züchtungsmethode, sowie der Zwischenfruchtanbau nach der Pflanzengruppe und dem Nutzungszweck jeweils nach der Fläche, umfasst (§ 8 Abs. 1 AgrStatG). Sie wird in der Zeit von Januar bis Mai (§ 7 Abs. 1 AgrStatG) bei Betrieben mit mindestens fünf Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (§§ 6 Nr. 1, 91 Absatz 1a Nummer 1 AgrStatG) durchgeführt. Der Antragsteller ist Leiter eines solchen Betriebs.

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Datenschutzrechtliche Bedenken greifen ebenfalls nicht durch. Die mit der Durchführung einer Bundesstatistik amtlich betrauten Stellen und Personen dürfen zu einer Auskunftserteilung auffordern, wenn die die Bundesstatistik anordnende Rechtsvorschrift eine Auskunftspflicht festlegt (§ 15 Abs. 1 und 2 BStatG). Dies ist hier der Fall. Rechtsgrundlage für die Auskunftspflicht des Antragstellers zur Bodennutzungshaupterhebung sind die §§ 1, 6, 91 und 93 AgrStatG in Verbindung mit §§ 11a Abs. 2 S. 1, 15 BStatG. Ein dadurch bewirkter unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Antragstellers liegt nicht vor. Die Vorgaben des AgrStatG stellen Voraussetzungen und den Umfang der Datenerhebung in klarer und erkennbarer Weise dar. Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Datenerhebung bestehen nicht (zum Maßstab vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 –, juris Rn. 151). Die einzelnen Vorgaben des AgrStatG lassen insoweit nicht erkennen, dass die Anforderungen des § 9 Abs. 1 BstatG hinsichtlich Erhebungsmerkmalen, Art der Erhebung, Berichtszeitraum oder Berichtszeitpunkt, Periodizität und Kreis der zu Befragenden überschritten würden oder an sich unverhältnismäßig in das das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Eine Weitergabe der erhobenen Daten an Dritte erfolgt nicht, die erhobenen Einzelangaben unterliegen nach § 16 BStatG einer Geheimhaltungspflicht und es besteht ein Verbot der Reidentifizierung im Wege einer Zusammenführungen von Einzelangaben aus Bundesstatistiken mit anderen Angaben (§ 21 BStatG).

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Die konkrete Auswahl des Antragstellers verstößt auch nicht gegen die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien hinsichtlich Qualität, repräsentativer Aussagefähigkeit und gleichmäßiger Verteilung der Heranziehung (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 – 8 C 6/16 –, juris). Der Antragsgegner hat insoweit dargestellt, dass im Wege eines geschichteten Auswahlverfahrens sichergestellt wird, dass jeder Betrieb nur einmal pro Schicht vorhanden ist. Das so angewandte Stichprobenmodell sorgt aufgrund seiner Unterteilung dafür, so dass insgesamt weniger Einheiten befragt werden und so die Belastung für die Auskunftspflichtigen reduziert wird. Tatsachen, die dafür sprechen, dass der Antragsgegner seinen fachwissenschaftlichen Einschätzungsspielraum dahingehend überschritten hat, dass auch eine weniger belastende Auskunftseinholung bei trotzdem hinreichender Qualität der repräsentativen statistischen Ergebnisse möglich ist, sind im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht ersichtlich.

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Der Antragsteller ist auch verpflichtet, die für die Dienstleistungsstatistik zu erhebenden Daten elektronisch zu übermitteln (§ 11a Abs. 2 Satz 1 BStatG). Mit der elektronischen Übertragung wird das legitime Ziel verfolgt, die Verwaltung zu modernisieren und die Bürokratie abzubauen (OVG Münster Beschl. v. 22.12.2016 – 4 B 1001/16, BeckRS 2016, 111358, Rn. 11). Soweit sich die nicht näher begründeten Bedenken des Antragstellers hinsichtlich des Datenschutzes auf den Übermittlungsweg beziehen sollten, überzeugen diese nicht. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sind die Voraussetzungen für eine sichere Datenübertragung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben. Auf der Internetseite der statistischen Ämter des Bundes und der Länder finden sich unter der Adresse „https://erhebungsportal.estatistik.de/Erhebungsportal/#rKNC6yF83i/schutz-der-daten“ Hinweise zum Datenschutz. Danach erfolgt die Übermittlung der statistischen Daten mit IDEV und eSTATISTIK.core immer in verschlüsselter Form via Internet an die Dateneingangsserver der Statistischen Ämter. Das dabei seit Dezember 2016 verwendete technische Verfahren TLS 1.2 ist ein allgemein anerkanntes Verfahren zur verschlüsselten Datenübertragung und Serverauthentifizierung, durch das sichergestellt wird, dass die Daten während der Übertragung von Unbefugten nicht eingesehen, verändert oder umgeleitet werden können (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 22. Juli 2015 – 12 B 46/15 –, nicht veröffentlicht).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.


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