Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 B 85/18

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 18.06.2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11.06.2018 (Gz. ) wird angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

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Die Anträge,

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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO zu verpflichten, bis zu einer endgültigen Entscheidung über diese Angelegenheit von einer Abschiebung des Antragstellers abzusehen,

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hilfsweise,

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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11.06.2018 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,

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haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

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Der Hauptantrag ist unzulässig, da einstweiliger Rechtsschutz im vorliegenden Fall vorrangig nach §§ 123 Abs. 5, 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu gewähren ist. Denn die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis hat eine den Antragsteller belastende Rechtsfolge ausgelöst, die im Sinne von § 80 Abs. 5 VwGO durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung suspendierbar wäre. Dem Antragsteller käme im Grundsatz vor dem Erlass einer ablehnenden Entscheidung die Fortgeltungswirkung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zugute, die durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung fortdauern würde, da der Antragsteller im Besitz einer bis zum 20.06.2018 befristeten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG war, dessen Verlängerung er rechtzeitig vor Ablauf des Titels am 05.04.2018 beantragt hat. Wäre die ablehnende Entscheidung erst nach dem Ablauf der Befristung des Titels bekannt gegeben worden, hätte der Antragsteller bis zu diesem Zeitpunkt von der Fiktionswirkung profitiert. Die vorliegende Interessenlage unterscheidet sich nicht von der im Fall einer Ablehnung erst nach dem Ablauf des Titels, so dass es nicht sachgerecht wäre, in Konstellationen wie diesen die Statthaftigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO abzulehnen.

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Der Hilfsantrag ist zulässig und begründet.

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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist darauf gerichtet, dass der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die in dem Bescheid vom 11.06.2018 verfügte Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis begehrt.

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Bezüglich der Abschiebungsandrohung hat der Widerspruch zwar nach § 248 Abs. 1 Satz 2 LVwG als Maßnahme des Verwaltungsvollzuges kraft Gesetzes ebenfalls keine aufschiebende Wirkung. Das Begehren des Antragstellers, der sich im Eilverfahren wörtlich gegen den „Bescheid vom 11.06.2018“ wendet, ist indes gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Antrag auf die Ablehnungsentscheidung bezogen ist. Denn zum einen wird die Abschiebungsandrohung selbst vom Antragsteller inhaltlich nicht beanstandet. Zum anderen führt ein erfolgreicher Antrag gegen die Ablehnungsentscheidung ohnehin dazu, dass die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG entfällt, weshalb eine Abschiebung nicht erfolgen kann (Zeitler in: HTK-AuslR / § 81 AufenthG / zu Abs. 3 und 4, Stand: 26.06.2018, Rn. 40). Ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der isolierten Suspendierung der Abschiebungsandrohung bestünde demgemäß nicht.

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Die Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ergeht aufgrund einer Interessenabwägung. In diese Abwägung ist die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsbehelfs dann maßgeblich einzustellen, wenn sie in der einen oder anderen Richtung offensichtlich ist. An der Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht kein öffentliches Interesse. Ist der Bescheid hingegen offensichtlich rechtmäßig, ist ein Antrag auf Anordnung der kraft Gesetzes entfallenden Wirkung regelmäßig abzulehnen. Lässt sich nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, so ergeht die Entscheidung aufgrund einer weiteren Interessenabwägung, in der gegenüber zu stellen sind zum einen die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren aber erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall, dass es zunächst bei der vorläufigen Vollziehung des Verwaltungsaktes bleibt, sein Rechtsschutzbegehren im Hauptsacheverfahren dann jedoch Erfolg hat.

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Vorliegend ist entscheidend, dass der streitige Bescheid des Antragsgegners nicht als offensichtlich rechtmäßig anzusehen ist und die weitere Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers, zunächst von der Vollziehung des Verwaltungsakts verschont zu bleiben, überwiegt.

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Rechtsgrundlage für die begehrte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist §§ 8 Abs. 1 iVm 25 Abs. 5 AufenthG. Erteilungsvoraussetzung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist, dass die Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise iSd § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG wegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann im Hinblick auf die gesundheitliche Situation eines ausreisepflichtigen Ausländers dann bestehen, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen werden oder gemindert werden kann. Die Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung der Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche – außerhalb des Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn) (Zeitler in: HTK-AuslR / § 25 AufenthG / zu Abs. 5 - rechtliche Unmöglichkeit, Stand: 19.03.2018, Rn. 23). Zur Abgrenzung von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ist ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang erforderlich (OVG Schleswig, Beschluss vom 26. März 2018 – 4 MB 24/18 –, Rn. 3, juris).

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Bei der Frage, ob ein rechtliches Abschiebungshindernis in diesem Sinne vorliegt, wird gemäß § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, ist durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft zu machen, § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen enthalten, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Die oben beschriebenen Gefahren können sich auch aus einer festgestellten psychischen Erkrankung ergeben (OVG Schleswig, Beschluss vom 26. März 2018 – 4 MB 24/18 –, Rn. 3, juris; Beschluss vom 9. Dezember 2011 – 4 MB 63/11; Bayr. VGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 – 19 CE 17.657 -, Rn. 20, juris; jeweils m.w.N.).

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Im Zusammenhang mit einer möglichen Suizidgefahr kann im Einzelfall ein rechtliches Abschiebungshindernis vorliegen, sofern schlüssig und nachvollziehbar glaubhaft gemacht worden ist, dass die Suiziddrohungen Krankheitswert aufweisen und dass hinreichend gewichtige und konkrete Anhaltspunkte dafür dargelegt und festgestellt sind, es werde krankheitsbedingt mit Rücksicht auf die angekündigte Abschiebung oder während derselben zu einem Suizidversuch kommen können. Nur dann gebietet die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierende Schutzpflicht des Staates von der Abschiebung abzusehen. Wenn lediglich ein Suizidversuch noch nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, führt dies nicht zwangsläufig zu einer Unzulässigkeit der Abschiebung (vgl. zum Ganzen: Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, April 2017, § 60a AufenthG, Rn. 144).

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Im Hinblick auf die Beachtung der in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Rechtsgüter ist es darüber hinaus nicht zu beanstanden, kumulativ zum Vorliegen einer solchen konkreten Gefahr der wesentlichen oder gar lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands zu verlangen, dass diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder effektiv gemindert werden kann (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, Rn. 11, juris). Sofern im konkreten Einzelfall eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung möglich ist, sind die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Februar 1998 – 2 BvR 185/98 –, Rn. 4, juris). Gerade weil es sich bei psychischen Erkrankungen, in deren Zusammenhang eine Suizidgefahr nicht auszuschließen ist, regelmäßig um nur vorübergehend hindernde Umstände handelt (OVG Schleswig, Beschluss vom 26. März 2018 – 4 MB 24/18 –, Rn. 5, juris), liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor, wenn die Abschiebung – also der gesamte Abschiebungsvorgang, einschließlich der Ankunft im Zielstaat und einer etwaigen Empfangnahme – von der Ausländerbehörde so gestaltet werden kann, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (Bayr. VGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 – 19 CE 17.657 -, Rn. 29, juris; OVG Saarlouis, Beschluss vom 14. Februar 2018 – 2 B 21/18 –, Rn. 14, juris). Ob dies hinreichend sichergestellt ist, kann allerdings nicht abstrakt, sondern nur unter Würdigung der Einzelfallumstände beantwortet werden (OVG Magdeburg, Beschluss vom 06.09.2017 – 2 M 83/17 –, Rn. 3, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 26. März 2018 – 4 MB 24/18 –, Rn. 5, juris).

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Ist indes eine die Abschiebung beeinträchtigende Erkrankung nicht durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht und die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit damit nicht widerlegt, kommt eine Aussetzung der Abschiebung in der Regel nicht in Betracht. Eine Ermittlungspflicht der Ausländerbehörde besteht in diesem Fall grundsätzlich nicht (vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 21. Juni 2016 – 2 M 16/16 –, Rn. 21, juris). Etwas anderes gilt dann, wenn aufgrund der Gesamtschau unter Einbeziehung aller Erkenntnisse anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ausländer an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung leidet, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde (OVG Schleswig, Beschluss vom 26. März 2018 – 4 MB 24/18 –, Rn. 10, juris; OVG Magdeburg, Beschluss vom 06. September 2017 – 2 M 83/17 –, Rn. 6, juris).

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Gemessen an diesen Maßstäben kann aufgrund der Gesamtbetrachtung der vorliegenden ärztlichen Berichte und Begutachtungen – ohne eine tiefergehende Ermittlung des Sachverhalts – nicht von einer Reisefähigkeit ausgegangen werden. Zwar wird dem Antragsteller unter Auflagen die Transportfähigkeit, also die Reisefähigkeit im engeren Sinne, attestiert. Gleichzeitig müsse nach Einschätzung von Dr. C. vom 24.05.2018 „jedoch damit gerechnet werden, dass die Rahmenbedingungen einer geplanten Rückführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei Herrn A. zur krisenhaften und dramatischen Verschlechterung der psychischen Situation mit dem hohen Risiko von Fehlhandlungen bis hin zum Suizid führen können. Eine geplante Rückführung kann daher aus aktueller ärztlich gutachterlicher Sicht nicht befürwortet werden.“ Diese Formulierung legt nahe, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abschiebung erfolgen wird, jedenfalls sind die knappen Ausführungen zumindest nach ihrem Wortlaut nicht lediglich auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (z.B. Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat etc.) beschränkt. Die Krankheitsgeschichte des Antragstellers seit dem stationären Aufenthalt im Jahr 2013 in der Ameos Klinik in Neustadt i.H. wegen der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 ICD 10) hat die Antragsgegnerin zunächst im Rahmen des Verfahrens zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zutreffend dahingehend gewürdigt, dass eine weitere amtsärztliche Untersuchung erforderlich war. Denn ausweislich der zuvor erfolgten amtsärztlichen Untersuchungen (seit 2013 insgesamt vier verschiedene Untersuchungen/Begutachtungen durch drei verschiedene Ärzte: Dr. C., Herr Oglu, Dr. Dittrich) wurde dem Antragsteller durchgängig attestiert, dass bei Belastungssituationen eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes drohe, mit der Gefahr konkreter Umsetzung suizidaler Absichten. Das zuletzt in Auftrag gegebene Gutachten vom 24.05.2018 knüpft an die bisherigen Gutachten sowie an weitere fremdanamnetische Berichte an. Eine Verbesserung des Gesundheitszustands ist daraus nicht ersichtlich („Da eine chronische und seit vielen Jahren im Wesentlichen gleichbleibend schlechte Krankheitssituation vorliegt, ist mit einer relevanten Verbesserung der psychischen Befindlichkeit Herrn Beqirajs nicht zu rechnen,…“). Vielmehr wird erstmals entgegen der zuvor attestierten Flug- und Reiseunfähigkeit zwischen der Transportfähigkeit und der Reisefähigkeit im weiteren Sinne differenziert. Auch wenn das Gutachten vom 24.05.2018 die Soll-Vorschriften des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG nicht erfüllt, ist die gesetzliche Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG jedenfalls erschüttert, so dass derzeit eine Reisefähigkeit nicht hinreichend gesichert angenommen werden kann. Sofern man unterstellt, dass die letzte Stellungnahme von Dr. C. nicht ausreicht, um eine Reiseunfähigkeit als erwiesen anzusehen, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass für die Ausländerbehörde kein weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Sie ist gemäß § 83 LVwG-SH dazu verpflichtet, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären, wenn und soweit sich aus den ärztlichen oder psychologischen Äußerungen, dem Vortrag des Ausländers oder aus sonstigen Erkenntnisquellen ausreichende Indizien für eine Reiseunfähigkeit ergeben. Die Ausführungen von Dr. C. bieten in der Gesamtschau mit den bisherigen (amts-)ärztlichen Berichten ausreichende Indizien.

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Auch ist der Antragsgegner selbst seit 2013 von einer fehlenden Reisefähigkeit ausgegangen, die Sachlage hat sich – wie bereits dargestellt – nicht verändert, der Amtsarzt hat lediglich ausdrücklich zur Transportfähigkeit Stellung genommen. Zudem ist aus dem Verwaltungsvorgang nicht ersichtlich, ob der Antragsgegner geprüft hat, dass die zur Herstellung der Transportfähigkeit notwendigen Maßnahmen durch die Vollzugsbehörde erfolgen werden. Auch lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen, dass die Maßnahmen auch die die Reisefähigkeit im weiteren Sinne herbeiführen können.

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Dementsprechend ist der Bescheid jedenfalls nicht offensichtlich rechtmäßig. Wegen der im Raum stehenden Rechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) überwiegen die Interessen des Antragstellers, von einer vorläufigen Vollziehung verschont zu bleiben. Im Rahmen des anhängigen Widerspruchsverfahrens besteht weiterhin die Möglichkeit des Antragsgegners, im Rahmen der Amtsermittlungspflicht ein dezidierteres Gutachten bei seinem Fachdienst Gesundheit oder eine ergänzende (fach-)ärztliche Stellungnahme anzufordern.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Trotz Ablehnung des Hauptantrags hat der Antragsgegner die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen, da beide Anträge denselben Streitgegenstand betreffen (Olbertz in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 155, Rn. 4).

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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO iVm §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 117 Abs. 2 ZPO mangels Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen keinen Erfolg. Der Antragsteller hat – trotz Ankündigung in der Antragsschrift –die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Einkommensnachweises nicht nachgereicht. Dies ist auch nicht auf die gerichtliche Aufforderung in der Eingangsverfügung vom 20.06.2018 erfolgt.

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Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Auffangstreitwert war nur einfach festzusetzen, da dem Haupt- und dem Hilfsantrag dasselbe Begehren des Antragstellers zu Grunde liegen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).


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