Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 B 32/21

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerinnen sind kolumbianische Staatsangehörige. Die am 11.05.2005 geborene Antragstellerin zu 2 ist die Tochter der Antragstellerin zu 1. Die Antragstellerin zu 1 heiratete am 31.10.2019 den deutschen Staatsangehörigen ... ... in Dänemark.

2

Am 29.12.2019 reisten die Antragstellerinnen mit einem Visum für touristische Zwecke in das Bundesgebiet ein, welches ihnen einen Aufenthalt von höchstens 90 Tagen pro 180 Tagen erlaubte. Sie verfügen über einen kolumbianischen Nationalpass.

3

Während des Aufenthalts in der Bundesrepublik entließ der Ehemann der Antragstellerin zu 1 die externen Pflegekräfte seiner Eltern. Zu diesem Zeitpunkt wies die Mutter des Ehemanns einen Pflegegrad von 5 und der Vater einen Pflegegrad von 3 auf. Der Ehemann der Antragstellerin zu 1 arbeitet in Vollzeit und kann seine Eltern daher nicht selbst pflegen. Die Pflege ihrer Schwiegereltern übernahm die Antragstellerin zu 1 daraufhin selbst. Dabei wusch sie die beiden, kleidete und entkleidete sie, schob ihre Rollstühle auf Spaziergängen, bereitete die Mahlzeiten seniorengerecht, fütterte sie und fuhr sie zu diversen Arztbesuchen. Die Pflegegrade der Schwiegereltern verlangen eine 24stündige Betreuung pro Tag. Die Antragstellerin zu 1 baute in dieser Zeit ein Vertrauensverhältnis zu ihren Schwiegereltern auf, so dass diese sich keine anderen Pflegekräfte mehr wünschen.

4

Mit Schreiben vom 11.01.2020 beantragten die Antragstellerinnen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und baten darum, von dem Erfordernis eines Visums abzusehen. Dies begründeten sie damit, dass die Pflege der Schwiegereltern der Antragstellerin zu 1 nicht unterbrochen werden könne. Diese würden andere Pflegekräfte nicht mehr akzeptieren.

5

Mit Schreiben vom 18.11.2020 wurde die beabsichtigte Ablehnung des Antrags von dem Antragsgegner angekündigt. Darin wurde den Antragstellerinnen die Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen.

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Mit Bescheid vom 09.03.2021 wurde der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Außerdem wurde den Antragstellerinnen eine Frist zur freiwilligen Ausreise bis zum 31.03.2021 gesetzt und im Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung nach Kolumbien angedroht. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass ein für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis notwendiges Visum nicht vorliege. Die Pflegebedürftigkeit der Schwiegereltern der Antragstellerin zu 1 bestehe bereits seit 2017 bzw. 2018. Es sei daher keine plötzliche Erkrankung oder Hilfsbedürftigkeit erkennbar und auf eine Abkehr vom Visumserfordernis bestehe kein Anspruch. Der Einreise im geregelten Verfahren komme ein hohes öffentliches Interesse zu, so dass das Ausnahmeermessen der Behörde eng auszulegen sei. Außerdem sei der Ehemann der Antragstellerin zu 1 mehrfach auf die Notwendigkeit der Einhaltung des ordentlichen Visumverfahrens zur Familienzusammenführung hingewiesen worden.

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Am 18.03.2021 beantragten die Antragstellerinnen eine Vorabzustimmung, um das Visumverfahren zu beschleunigen.

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Dieser Antrag wurde am 19.03.2021 abgelehnt.

9

Gegen den Bescheid vom 09.03.2021 legten die Antragstellerinnen am 26.03.2021 Widerspruch ein. Diesen begründeten sie damit, dass die Entscheidung ermessensfehlerhaft sei. Es sei den Schwiegereltern der Antragstellerin zu 1 unzumutbar ein Visumverfahren abzuwarten. Auch sei es aufgrund der Corona-Situation fraglich, ob die deutsche Botschaft in Kolumbien überhaupt geöffnet habe. Es sei aus Härtefallerwägungen von der Durchführung eines ordentlichen Visumverfahrens abzusehen.

10

Am 02.04.2021 haben die Antragstellerinnen um einstweiligen Rechtschutz nachgesucht. Zur Begründung führen sie aus, dass die Rechte der Antragstellerinnen aus Art. 2, 8 EMRK und Art. 6 GG verletzt seien. Auch seien die Hinweise des BMI zur Corona Pandemie nicht berücksichtigt worden. Bei Kolumbien handele es sich um ein Hochinzidenzgebiet. Die Pflegebedürftigkeit der Schwiegereltern sei unberücksichtigt geblieben. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne vorherige Durchführung eines Visumverfahrens ergebe sich auch aus § 36 Abs. 2 AufenthG. Ein Fall einer außergewöhnlichen Härte liege hier vor.

11

Die Antragstellerinnen beantragen jeweils,

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1. den Antragsgegner anzuhalten, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu unterlassen und ihnen eine Duldung zu erteilen bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist

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2. den Antragsgegner zu verpflichten, umgehend ein Legitimationspapier auszustellen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

16

Dies begründet er damit, dass der Aufenthalt der Antragstellerinnen unerlaubt sei, da sie über kein erforderliches Visum verfügen. Der Anwendungsbereich des § 36 Abs. 2 AufenthG sei nicht eröffnet, da aufgrund der bewussten und vorsätzlichen Umgehung des Visumverfahrens ein Regelversagungsgrund vorliege. Eine freiwillige Ausreise der Antragstellerinnen sei möglich und auch zumutbar. Auch liege eine außergewöhnliche Härte nicht vor, da nicht die plötzliche Pflege des Ehemannes, sondern die langjährig bekannte Pflegebedürftigkeit der Eltern des Ehemannes als Begründung angeführt werde.

17

Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens verstarb die Schwiegermutter der Antragstellerin zu 1.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

19

Die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz sind zulässig, aber unbegründet.

20

Die jeweiligen Anträge der Antragstellerinnen sind als Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auszulegen, §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO.

21

Die Anträge sind auch statthaft, da weder ein Fall des § 81 Abs. 3 AufenthG, noch ein Fall des § 81 Abs. 4 AufenthG vorliegt. Die etwaige Anordnung der aufschiebenden Wirkung des am 26.03.2021 eingelegten Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO würde das Rechtschutzziel der Antragstellerinnen nicht erreichen, da sie auch ohne die Wirkung des ablehnenden Bescheids vom 09.03.2021 über keinen Aufenthaltstitel verfügen und daher ausreisepflichtig gemäß § 50 AufenthG wären.

22

Die Anträge sind jedoch unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch einen sicherungsfähigen Anspruch (Anordnungsanspruch) voraus. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO.

23

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung (vgl. Beschluss der Kammer vom 26.11.2019 - 11 B 129/19 -, juris Rn. 19; Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 16.01.2020 - 4 MB 98/19 -, juris Rn. 10 und vom 03.07.2018 - 1 MB 7/18 -, n.v.; Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Auflage 2019, § 123 Rn. 27, m.w.N.). Da es sich bei der Entscheidung im Verfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO um eine eigene Ermessensentscheidung des Gerichts handelt und nicht etwa um eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle, ist maßgebend auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Die besondere Pflegebedürftigkeit der Schwiegermutter der Antragstellerin zu 1 muss daher unberücksichtigt bleiben.

24

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe haben die Antragstellerinnen keinen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 3 i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.

25

Ein Anordnungsanspruch der Antragstellerinnen bezüglich des Antrages zu 1 setzt voraus, dass diesen ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zusteht.

26

Die Ablehnung des jeweiligen Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 09.03.2021 beruht auf § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG. Hiernach setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist. Ein solches Visum gemäß § 6 AufenthG liegt bei den Antragstellerinnen unstreitig nicht vor. Demnach fehlt es an der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, der die Einhaltung des Visumsverfahrens als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung gewährleisten soll (vgl. BVerwG, Urteil v. 11.01.2011 – 1 C 23.09 – juris Rn. 20 unter Verweis auf BTDrucks. 15/420 S.70).

27

Von den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG kann ausnahmeweise abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen.

28

Die Antragstellerinnen sind nicht nach den Regelungen der §§ 39 ff. AufenthV ausnahmsweise berechtigt, den Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einzuholen und damit von dem Visumerfordernis befreit. Für die Antragstellerinnen kommt lediglich § 39 Nr. 3 AufenthV in Betracht. Allerdings sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht erst nach der Einreise entstanden. Einreise meint dabei die letzte Einreise in das Bundesgebiet (BVerwG, Urteil vom 11.01.2011 - 1 C 23.09 - juris). Die Eheschließung in Dänemark erfolgte vor der letzten und damit maßgeblichen Einreise ins Bundesgebiet.

29

Es kann auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vom Visumserfordernis abgesehen werden. Dafür müssen besondere Umstände vorliegen, die es den Antragstellerinnen unzumutbar erscheinen lassen, das Bundesgebiet vorübergehend zur Nachholung des Visumsverfahrens zu verlassen. Als Ausnahmebestimmung ist die Vorschrift eng auszulegen (vgl. BVerwG, Urteil v. 10.12.2014 – 1 C 15.14 – juris; BVerwG, Urteil v. 11.01.2011 – 1 C 23.09 -, juris). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Nachholung des Visumverfahrens stets mit Unannehmlichkeiten verbunden ist (Zeitler in: HTK-AuslR / § 5 AufenthG / zu Abs. 2 Satz 2, Stand: 17.05.2021, Rn. 25).

30

Die Frage, ob die Nachholung eines Visumverfahrens zumutbar ist oder nicht, ist eine Rechtsfrage, die der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Unzumutbarkeit ist die Tatbestandsvoraussetzung der Ausnahmeregelung: wenn die Nachholung unzumutbar ist, dann kann die Behörde nach Ermessen entscheiden, ob sie die Aufenthaltserlaubnis trotz Nichtbeachtens der Einreisebestimmungen erteilen soll (Zeitler in: HTK-AuslR / § 5 AufenthG / zu Abs. 2 Satz 2, Stand: 17.05.2021, Rn. 23). Das Ermessen der Behörde ist also erst dann eröffnet, wenn eine Unzumutbarkeit in vorliegendem Fall anzunehmen ist.

31

Selbst unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes der Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK liegt hier keine Unzumutbarkeit vor. Die mit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis eintretenden Schwierigkeiten für den Erhalt der Familiengemeinschaft müssen nach ihrer Art und Schwere so ungewöhnlich und groß sein, dass im Hinblick auf den Zweck der Nachzugsvorschriften, die Herstellung und Wahrung der Familieneinheit zu schützen, die Ablehnung der Erlaubnis schlechthin unvertretbar ist (VG Düsseldorf, Beschluss v. 30.08.2013 - 8 L 1466/13 – juris Rn. 26).

32

Das Gericht ist nicht überzeugt davon, dass die Schwierigkeiten für den Erhalt der Familiengemeinschaft hier so groß sind, dass die Ablehnung der Erlaubnis unvertretbar ist.

33

Zwar ist die Antragstellerin zu 1 für die Lebensführung ihres Schwiegervaters von besonderer Wichtigkeit. Die generelle Pflegebedürftigkeit der Schwiegereltern lag bereits vor der Einreise der Antragstellerinnen vor. Die Pflegebedürftigkeit ist im Jahr 2020 nochmals erheblich gestiegen. Im Rahmen der Pflege beider Schwiegereltern durch die Antragstellerin zu 1 wusch sie beide, kleidete und entkleidete sie, schob ihre Rollstühle auf Spaziergängen, bereitete die Mahlzeiten seniorengerecht, fütterte sie und fuhr sie zu diversen Arztbesuchen.

34

Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum der Schwiegervater für einen überschaubaren Zeitraum nicht wieder von Pflegekräften gepflegt werden könnte. Wenn eingewandt wird, es wären keine ambulanten Pflegekräfte in dem ländlichen Wohnbereich verfügbar, so wäre auch die Unterbringung in einem Pflegeheim für einen kurzen Zeitraum hinnehmbar. Zusätzlich besteht noch die Möglichkeit, dass der Ehemann der Antragstellerin zu 1 seinen Jahresurlaub einsetzen könnte, um sich zumindest über einen gewissen Zeitraum um dessen Vater kümmern zu können. Die Pflegebedürftigkeit des Schwiegervaters der Antragstellerin zu 1 ist auch nicht so hoch wie die der bereits verstorbenen Schwiegermutter.

35

Eine erhebliche Verzögerung des Visumverfahrens ist auch nicht zu erwarten. Was die derzeitige Corona-Situation betrifft, so hat sich der Berichterstatter auf der Internetseite der Deutschen Botschaft in Bogota erkundigt und war bereits ca. einen Monat im Voraus in der Lage, einen Termin zur Beantragung eines Visums zum Zweck der Familienzusammenführung zu buchen (Stand: 31.05.2021).

36

Auch die Ausreise in ein Hochinzidenzgebiet macht die Nachholung eines Visumverfahrens nicht unzumutbar. Denn Tatbestandsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist, dass der Ausländer sich in einer Ausnahmesituation befindet, die sich deutlich von der Lage vergleichbarer Ausländer unterscheidet (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.03.2006 – 11 S 1797/05 -, juris Rn. 17; Bayerischer VGH, Beschluss v. 22.08.2007 - 24 CS 07.1495 -, juris Rn. 19). Die Folgen der Corona-Pandemie treffen jedoch alle Ausländer gleichermaßen, so dass eine individuelle Unzumutbarkeit auf diese Weise nicht begründet werden kann (Sächsisches OVG, Beschluss v. 14.04.2021 – 3 B 123/21 – juris Rn. 15).

37

Der Anspruch der Antragstellerinnen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis folgt auch nicht aus § 36 Abs. 2 AufenthG. Danach kann sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist.

38

Die Antragstellerin zu 1 ist schon keine sonstige Familienangehörige ihres Ehemannes. Sie ist die Ehegattin des ... ... und fällt daher bereits unter den Tatbestand des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.

39

Ob die Antragstellerin zu 2 eine sonstige Familienangehörige des ... ... ist, kann offenbleiben. Es fehlt nämlich an den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Die Antragstellerin zu 2 ist nicht mit dem erforderlichen Visum eingereist.

40

Soweit die Antragstellerinnen sich auf die Rechte aus Art. 20 AEUV berufen, geht dieser Einwand fehl. Die Antragstellerinnen sind nicht Staatsbürger eines Mitgliedstaates der europäischen Union und besitzen daher auch keine Unionsbürgerschaft.

41

Der Antrag zu 2 auf Ausstellung eines Legitimationspapiers wird ausgelegt in einen Antrag auf Ausstellung einer Grenzübertrittsbescheinigung (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO). Soweit die Antragstellerinnen ein anderes Legitimationspapier begehren, so ist es bereits fraglich, um welche Art von Dokument es sich dabei handeln soll und aus welcher Rechtsgrundlage sich ein solcher Anspruch ergeben könnte. Der Vortrag der Antragstellerinnen nimmt hierzu auch keine Stellung.

42

Der so ausgelegte Antrag hat keinen Erfolg.

43

Ein nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlicher Anspruch auf Ausstellung einer Grenzübertrittsbescheinigung ist nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht ersichtlich, welche Rechtsgrundlage einen solchen Anspruch tragen sollte (vgl. Beschluss der Kammer vom 12.01.2021 – 11 B 100/20 – juris, Rn. 36). Bei einer Grenzübertrittsbescheinigung handelt es sich weder um ein Ausweisdokument noch um eine Aufenthaltsbescheinigung. Sie stellt lediglich eine Bescheinigung über die Frist dar, die für die freiwillige Ausreise gewährt wird (BayVGH, Beschluss vom 20.05.2019 – 10 CE 19.829 – juris, Rn. 17).

44

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.


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