Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 A 229/18

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit

i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger steht als Universitätsprofessor im Dienst des Landes Schleswig-Holstein und begehrt die Anerkennung weiterer Vordienstzeiten als ruhegehaltsfähig.

2

In der Zeit vom 01.04... bis 30.09.... war er als Wissenschaftlicher Angestellter im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Internationales Finanzmanagement“ an der Universität D-Stadt beschäftigt. Ferner war er in der Zeit vom 01.01. bis 01.05...X als Wissenschaftlicher Angestellter im Rahmen des DFVLR-Projekts „Einsatz und Bewertung reflektometrischer Bestimmungsverfahren in der pädiatrisch-internistischen Akutdiagnostik“ an der Kinderklinik der Universität D-Stadt sowie in der Zeit vom 01.03. ... bis 31.05. ... als Wissenschaftlicher Angestellter am PC-Labor des Instituts für Betriebswirtschaftslehre der Universität D-Stadt beschäftigt. Im Zeitraum vom 01.06. ... bis 31.05. ... sowie vom 01.06. ... bis 31.03. ... war er im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages als Wissenschaftlicher Angestellter an der Forschungsstelle für betriebliche Datenverarbeitung der Universität D-Stadt tätig. Zeitlich parallel arbeitete der Kläger zudem in selbstständiger Tätigkeit unter anderem als Berater für private Unternehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf die tabellarische Darstellung der Vordienstzeiten des Klägers (Bl. 81 ff. der Beiakte A) verwiesen.

3

Nachdem der Kläger mit Wirkung zum 01.01. ... an der Fachhochschule D-Stadt zum Professor im Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von zwei Jahren ernannt wurde, steht er seit dem 01.09.1995 als Universitätsprofessor an der Universität C-Stadt im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Dienst des Landes Schleswig-Holstein.

4

Mit Bescheid vom 16.08.2017 stellte die Beklagte die ruhegehaltsfähigen Vordienstzeiten des Klägers fest, gegen den der Kläger unter dem 14.09.2017 Widerspruch erhob. Seine Vordienstzeiten als Wissenschaftlicher Angestellter an der Universität D-Stadt in der Zeit vom 01.04.... bis 30.09.... (DFG-Forschungsprojekt „Internationales Finanzmanagement), 01.09.1988 bis 31.05. ... (DFVLR-Projekt Kinderklinik), 01.03. ... bis 31.05. ... (PC3 Labor am Institut für BWL) und vom 01.06. ... bis 31.03. ... (Forschungsstelle für betriebliche Datenverarbeitung) seien gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Beamtenversorgungsgesetz Schleswig-Holstein (SHBeamtVG) ebenfalls als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit anzuerkennen, weil sie für seine Ernennung zum Universitätsprofessor förderlich und kausal gewesen seien. Dabei sei auch unschädlich, dass die beamtenrechtliche Ernennung nicht im unmittelbaren Anschluss an diese Vordiensttätigkeiten erfolgt sei.

5

Die Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 28.05.2018 hinsichtlich der Zeiten vom 01.06. ... bis 31.05. ... sowie vom 01.06. ... bis 31.03. ... (jeweils Forschungsstelle für betriebliche Datenverarbeitung) ab und wies ihn im Übrigen zurück. Die Beschäftigungsverhältnisse des Klägers vor Abschluss seiner Promotion seien nicht zu berücksichtigten, weil sie nicht zu seiner Ernennung geführt hätten, sondern erst seine Promotion den wissenschaftlichen Werdegang zu einer Professur eröffnet habe. Den Personalakten sei auch nicht zu entnehmen, dass diese Tätigkeiten einen wesentlichen Grund für seine spätere Ernennung dargestellt hätten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit an der Kinderklinik sowie dem PC-Labor des Instituts für Betriebswirtschaftslehre der Universität D-Stadt auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft tätig gewesen sei. Insoweit komme weder eine Anerkennung § 10 Abs. 1 noch nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 a) und § 78 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 SHBeamtVG in Betracht.

6

Der Kläger hat am 19.06.2018 Klage erhoben.

7

Er ist der Auffassung, dass seine Tätigkeiten im Angestelltenverhältnis an der Universität D-Stadt für die Ernennung zum Professor an der Fachhochschule D-Stadt im Fachbereich Wirtschaft förderlich und kausal gewesen seien. Insbesondere habe seine in der Zeit vom 01.04.... bis 30.09.... wahrgenommene Tätigkeit als Wissenschaftlicher Angestellter zu seiner Ernennung geführt. Insoweit genüge, dass sie wesentlich förderlich gewesen sei. Entscheidend sei nicht die Promotion selbst, sondern die für ihren Abschluss erforderliche und mit einem Vorbereitungsdienst vergleichbare Promotionsphase. Es müsse daher die gesamte wissenschaftliche Tätigkeit in den Blick genommen werden. Hieraus folge, dass seine Beschäftigung an der Universität D-Stadt durchweg auf die Vorbereitung seiner Habilitation ausgerichtet gewesen sei. Die Beschäftigung sei für seine Tätigkeit als Universitätsprofessor förderlich gewesen, da sich das Projekt mit dem internationalen Finanzmanagement befasst und mit seinem späteren Fachbereich überschnitten habe. Der Fachbereich Finanzwirtschaft sei als Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre auch Bestandteil seines Lehrauftrags gewesen. In diesem Rahmen habe er wissenschaftliche Dienstleistungen wie Lehraufgaben und die Betreuung von Studierenden ausgeübt. Ein funktioneller Zusammenhang könne auch nicht alleine deshalb ausgeschlossen werden, weil sich aus der Personalakte nicht ergebe, ob sich das Auswahlgremium hiervon habe beeinflussen lassen. Dies gelte gleichermaßen für seine in der Zeit vom 01.01. ... bis 31.05. ... ausgeübte Tätigkeit in der Kinderklinik der Universität D-Stadt, bei denen sich um wissenschaftliche Dienstleistungen in Forschung und Lehre gehandelt habe und die betriebswirtschaftliche Bezüge zu seiner späteren Lehrtätigkeit gehabt hätten. Auch habe er dort Tätigkeiten mit betriebswirtschaftlichem Charakter wahrgenommen und besondere Fachkenntnisse erworben, die für die spätere Ernennung förderlich gewesen seien. Dies treffe ebenfalls auf seine Tätigkeit im PC-Labor des Instituts für Betriebswirtschaftslehre in der Zeit vom 01.03. ... bis 31.05. ... zu. Insbesondere habe er hierdurch besondere Fachkenntnisse i.S.v. § 78 Abs. 2 S. 4 SHBeamtVG erlangt. Diese Tätigkeit habe sich auch nicht alleine auf technische Aspekte beschränkt, sondern durch die Zugehörigkeit zum Institut auch Bezüge zur betriebswirtschaftlichen Ausbildung aufgewiesen.

8

Er beantragt,

9

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16.08.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 zu verpflichten, über die Anerkennung der Vordienstzeiten des Klägers an der Universität D-Stadt vom 01.04.... bis 30.09...., vom 01.01. ... bis 01.05. ... und vom 01.03. ... bis 31.05. ... als ruhegehaltsfähig erneut und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden,

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Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie trägt zur Begründung vor, dass die Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 01.04.... bis 30.09.... nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 SHBeamtVG anerkannt werden könne, weil insoweit ein kausaler bzw. funktioneller Zusammenhang fehle. Insbesondere lasse sich seiner Personalakte nicht entnehmen, dass es sich bei seiner Tätigkeit um einen wesentlichen Grund für seine spätere Ernennung gehandelt habe. Alleine die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen im Sinne einer bloßen Nützlichkeit für die spätere Dienstausübung genüge diesen Anforderungen nicht. Er sei vielmehr erst aufgrund seiner Promotion erstmalig in ein Beamtenverhältnis eingetreten, hinter der seine Tätigkeit als Wissenschaftlicher Angestellter zurückgetreten sei. Es sei auch weder ersichtlich, was für besondere Fachkenntnisse er erworben habe noch inwiefern seine Tätigkeit an der Universität D-Stadt auf seine nicht vorhandene Habilitation ausgerichtet gewesen sei. Auch sei er erst 15 Monate nach dieser Tätigkeit wieder in den öffentlichen Dienst eingetreten. Eine Anrechenbarkeit folge auch nicht aus § 11 Abs. 1 Nr. 3 a) SHBeamtVG, da eine Beschäftigung als Wissenschaftlicher Angestellter keine notwendige Voraussetzung für die spätere Ernennung gewesen sei. Entsprechendes gelte für die Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 01.01. ... bis 01.05. .... Insbesondere habe er in dieser Zeit keine besonderen Fachkenntnisse i.S.v. § 78 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 SHBeamtVG erworben. Auch sei nicht zu erkennen, inwieweit die Tätigkeit des Klägers im PC-Labor in der Zeit vom 01.03. ... bis 31.05. ... zu seiner Ernennung geführt oder ihm besondere Fachkenntnisse vermittelt habe. Zudem handele es sich hierbei lediglich um nebenberufliche Tätigkeiten.

13

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 06.10.2021 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

14

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A – E) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

15

Die Klage hat keinen Erfolg.

16

Sie ist zulässig, aber unbegründet.

17

Der Bescheid vom 16.08.2017 und der Widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, über die Anerkennung der Zeiten vom 01.04.... bis 30.09...., vom 01.01. ... bis 01.05. ... und vom 01.03. ... bis 31.05. ... als ruhegehaltsfähige Vordienstzeiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 S. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).

18

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Tätigkeit in der Zeit vom 01.04.... bis 30.09.... als Wissenschaftlicher Angestellter im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Internationales Finanzmanagement“ an der Universität D-Stadt als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit.

19

a) Ein Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SHBeamtVG. Danach sollen als ruhegehaltfähig auch Zeiten einer für die Laufbahn des Beamten förderlichen Tätigkeit berücksichtigt werden, in denen ein Beamter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn ohne von dem Beamten zu vertretende Unterbrechung tätig war, sofern diese Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt hat. Der Zweck der Berücksichtigungsvorschriften nach §§ 10 bis 12 SHBeamtVG besteht darin, den Beamten mit berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten diejenige Altersversorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die vordienstlichen Tätigkeiten im Beamtenverhältnis erbracht hätten (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.2015 – 2 C 22/14 –, Rn. 15, juris).

20

Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers als Wissenschaftlicher Angestellter an der Universität D-Stadt nach dieser Maßgabe um ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichem Dienstherrn. Diese Tätigkeit mag für seine spätere Verwendung als Professor im Fachbereich Finanzwirtschaft auch förderlich i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SHBeamtVG gewesen sein, weil eine förderliche Tätigkeit hiernach bereits anzunehmen ist, wenn sie für die (spätere) Dienstausübung des Beamten nützlich ist, diese demnach entweder erst aufgrund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht wurde oder sie jedenfalls erleichtert und verbessert hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.03.2002 – 2 C 4/01 –, Rn. 13, juris). Dies kann jedoch unbeantwortet bleiben, weil nicht zu erkennen ist, dass die vorbezeichnete Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt hat. Unter dem Tatbestandsmerkmal der Ernennung i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 1 SHBeamtVG ist die erstmalige Ernennung in Form der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Probe zu verstehen (VGH Mannheim, Urt. v. 28.01.2008 – 4 S 444/06 –, Rn. 24, juris). Erst in einem solchen Beamtenverhältnis nimmt der Beamte dienstliche Aufgaben wahr, für deren Erledigung ihm die Kenntnisse und Erfahrungen zugutekommen, die er durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat (BVerwG, Beschl. v. 05.12.2011 – 2 B 103/11 –, Rn. 9, juris). Voraussetzung dafür, dass die vordienstliche Tätigkeit zur Ernennung geführt hat, ist, dass zwischen der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis und der Ernennung ein funktioneller Zusammenhang besteht. Dieser ist gegeben, wenn die Ernennung wesentlich auf die Fähigkeiten und Erfahrungen zurückzuführen ist, die der Beamte durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat. Diese Tätigkeit stellt einen wesentlichen Grund für die Ernennung dar, wenn sie die spätere Dienstausübung als Beamter entweder ermöglicht oder doch erleichtert und verbessert hat. Das Erfordernis des funktionellen Zusammenhangs zwischen vordienstlicher Tätigkeit und Ernennung umfasst die weitere gesetzliche Voraussetzung, dass es sich dabei um eine für die Laufbahn des Beamten förderliche Tätigkeit gehandelt haben muss (BVerwG, Beschl. v. 05.12.2011 – 2 B 103/11 –, Rn. 8, juris). Vor diesem Hintergrund ist nicht jede Erleichterung der Dienstausübung durch die Vortätigkeit ausreichend. Für eine Anerkennung als ruhegehaltfähige Dienstzeit ist daher weiterhin zu fordern ist, dass die Vordiensttätigkeit – auch wenn sie von Nutzen gewesen ist – darüber hinaus ein wesentlicher Grund für die Ernennung war, insoweit also ein Zusammenhang in zeitlicher und funktioneller Hinsicht zwischen der früheren und der neuen Verwendung besteht (BVerwG, Urt. v. 19.02.1998 – 2 C 12/97 –, Rn. 12; OVG Lüneburg, Urt. v. 20.03.2012 – 5 LB 198/10 –, Rn. 53, jeweils juris). Ausgehend von dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 S. 1 SHBeamtVG ist aus dem Tatbestandsmerkmal „zur Ernennung geführt“ das Erfordernis einer Kausalität der Vortätigkeit für die Ernennung abzuleiten, welches nicht bereits dann erfüllt ist, wenn eine Förderlichkeit der Vortätigkeit zu bejahen ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 28.01.2008 – 4 S 444/06 –, Rn. 19; OVG Münster, Beschl. v. 09.08.2006 – 1 A 53/05 –, Rn. 5; OVG Lüneburg, Urt. v. 20.03.2012 – 5 LB 198/10 –, Rn. 53, jeweils juris). Die Vortätigkeit muss demnach ein wesentlicher, wenn auch nicht notwendig ausschlaggebender Grund für die Übernahme in das Beamtenverhältnis und damit zumindest mitursächlich für die spätere Ernennung gewesen sein, weshalb dem daneben bestehenden gesetzlichen Merkmal der Förderlichkeit kaum eine eigenständige Bedeutung zukommt (BVerwG, Urt. v. 14.03.2002 – 2 C 4/01 –, Rn. 14, juris). Dass der Dienstherr von den mit der Vortätigkeit erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen im späteren Dienst profitiert hat und diese dem Beamten nützlich waren, reicht daher als Nachweis des funktionellen Zusammenhangs nicht aus (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 16.07.2009 – 1 A 826/09.Z –, Rn. 3; VGH Mannheim, Urt. v. 28.01.2008 – 4 S 444/06 –, Rn. 19; OVG Lüneburg, Urt. v. 20.03.2012 – 5 LB 198/10 –, Rn. 53, jeweils juris).

21

Ob die Vortätigkeit für die spätere Ernennung mitursächlich gewesen ist, bemisst sich dabei alleine nach dem erkennbar gewordenen Willen des für die Einstellung zuständigen Gremiums. Denn die Klärung der Frage, ob die Vordienstzeit in einem inneren Zusammenhang mit der Ernennung gestanden hat, ist alleine anhand der Beweggründe möglich, die die entsprechende Entscheidung der für die Ernennung zuständigen Stelle getragen haben und diese diesbezüglich auch nach außen dokumentiert hat (VGH München, Beschl. v. 24.05.2007 – 14 ZB 07.559 –, Rn. 11; VG Minden, Urt. v. 06.05.2014 – 10 K 3217/13 –, Rn. 34, jeweils juris; Schachel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: 01/2014, § 10 BeamtVG Rn. 19).

22

In Anwendung dieser Grundsätze ist zwischen der Tätigkeit als Wissenschaftlicher Angestellter an der Universität D-Stadt in der Zeit vom 01.04.... bis 30.09.... und der Ernennung zum Professor an der Fachhochschule D-Stadt zum 01.01. ... kein funktioneller Zusammenhang festzustellen, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Tätigkeit für seine Ernennung mitursächlich gewesen wäre. Zwar enthält die Personalakte den der Tätigkeit zugrundeliegenden Arbeitsvertrag einschließlich der Änderungs- bzw. Verlängerungsverträge (Bl. 21 ff. der Beiakte A). Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass sie Einfluss auf die Auswahlentscheidung zur Berufung und der damit verbundenen Ernennung als Professor an der Fachhochschule D-Stadt gehabt hätte. Dies lässt sich auch nicht den zugehörigen Unterlagen des Besetzungsverfahrens (Beiakte D, nicht paginiert) entnehmen. Gegen die Annahme einer Mitursächlichkeit spricht dabei insbesondere der Vermerk des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein vom 07.12. ... (Beiakte D, nicht paginiert bzw. Bl. 66 f. der Beiakte A), indem die dreijährige Berufstätigkeit des Klägers außerhalb des Hochschulbereichs aufgeführt wird, die für die Übertragung einer Professur an einer Fachhochschule nach § 94 Abs. 4 Hochschulgesetz (HSG) a.F. erforderlich war. Waren diese Tätigkeiten demnach für die Besetzungsentscheidung maßgeblich, folgt im Umkehrschluss aus der fehlenden Dokumentation etwaiger auswahlrelevanter Erwägungen zu der streitgegenständlichen Vordienstzeit, dass diese keinen wesentlichen Einfluss auf die Auswahlentscheidung hatte. Nichts anderes folgt aus dem Gutachten von Prof. Dr. Jürgen Hauschildt vom 08.09. ... (Bl. 134 ff. der Beiakte A), welches sich mit der Eignung des Klägers zur Übernahme eines Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre befasst. Denn dieses enthält weder konkrete Angaben zu seiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Angestellter noch zu der Tätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum, sondern stützt sich im Wesentlichen auf die im Rahmen seiner Promotion gewonnenen Fachkenntnisse. Weitergehende Anhaltspunkte, die eine Mitursächlichkeit dieser Vordienstzeit für die Ernennung des Klägers zumindest naheliegend erscheinen ließen, bestehen nicht. Lässt sich der funktionelle Zusammenhang zwischen der Vordiensttätigkeit und der späteren Ernennung somit nicht zur Gewissheit des Gerichts feststellen, wirkt sich dies nach den allgemeinen Grundsätzen zulasten des Klägers aus.

23

Entgegen der von ihm vertretenen Auffassung kommt dem Fehlen einer entsprechenden Dokumentation auch eine hohe Aussagekraft zu. Denn eine Personalakte umfasst nach der Legaldefinition in § 50 S. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) alle Unterlagen, die den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen. Dies betrifft alle Unterlagen, die für den Status des Beamten von Bedeutung sind. Dementsprechend folgt die Personalaktenführung den Grundsätzen der Transparenz und der Richtigkeit, weshalb zu einer Personalakte alle Daten gehören, die in der Lage sind, neben einem Persönlichkeitsbild des Beamten ein lückenloses Bild von der Entstehung und Entwicklung des Dienstverhältnisses als historischem Geschehensablauf zu vermitteln. Hierzu zählen insbesondere solche Unterlagen, die den Einstellungsvorgang des Beamten betreffen (Schwarz, in: BeckOK Beamtenrecht Bund, 23. Ed. 08/2021, § 50 BeamtStG Rn. 4 m.w.N.; Coenen, in: Seeck u.a., LBG, Stand: 11/2020, § 85 Rn. 2.2.1).

24

Maßgeblich für die Ernennung des Klägers zum Professor an der Fachhochschule D-Stadt war demnach gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 3 HSG insbesondere seine erfolgreiche Promotion am 27.02. .... Soweit der Kläger vorträgt, es seien bei der Bewertung seiner Vordienstzeiten auch seine weitere wissenschaftliche Tätigkeit in den Blick zu nehmen, hat die Beklagte dem bereits Rechnung getragen, indem sie seine Beschäftigung als Wissenschaftlicher Angestellter in der Forschungsstelle für betriebliche Datenverarbeitung am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität D-Stadt in der Zeit vom 01.06. ... bis 31.05. ... und vom 01.06. ... bis 31.03. ... als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit anerkannt hat. Demgegenüber treten die dieser Beschäftigung und seiner Promotion vorangegangenen Tätigkeiten in den Hintergrund. Anders als der Kläger meint, sind diese Zeiträume als Wissenschaftlicher Angestellter auch nicht einem Vorbereitungsdienst gleichzustellen, weil die Wahrnehmung dieser Tätigkeiten – anders als bei der Zulassung zu einer Laufbahn – weder eine notwendige Voraussetzung für die Promotion noch für die Ernennung zum Professor darstellt. Davon unabhängig besteht für eine weitergehende Anerkennung dieser Zeiten als ruhegehaltsfähig auch deshalb kein Bedarf, weil die Zeit einer Promotion nach § 78 Abs. 2 S. 2 SHBeamtVG im Umfang von bis zu Jahren von Amts wegen – hier durch das Dienstleistungszentrum Personal des Landes Schleswig-Holstein – als ruhegehaltsfähig festzusetzen ist, wodurch die auf diesen Zeitraum entfallenden promotionsbezogenen Tätigkeiten bereits in hinreichender Weise versorgungsrechtlich berücksichtigt werden.

25

Unschädlich ist zudem auch, dass der Kläger an der Fachhochschule D-Stadt zunächst lediglich in ein Beamtenverhältnis auf Zeit und nicht in ein solches auf Probe berufen wurde. Denn diese Ernennung und die ihr nachfolgende Verwendung zielte – wie ein Probebeamtenverhältnis – auf die Feststellung seiner pädagogischen Eignung und damit auf die Feststellung der Bewährung für ein Lebenszeitbeamtenverhältnis ab (vgl. das Begleitschreiben zur Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit, Bl. 68 f. der Beiakte A).

26

Im Übrigen ist eine über die dargelegten Grundsätze hinausgehende Auslegung des § 10 Abs. 1 S. 1 SHBeamtVG im Sinne des Klägers unter versorgungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht geboten. Denn die Regelungen über die Anerkennung von Vordienstzeiten besitzen Ausnahmecharakter gegenüber dem Grundsatz, dass nur die Zeiten ruhegehaltfähig sind, die tatsächlich im Beamtenverhältnis verrichtet wurden. Als Ausnahmevorschriften sind sie eng auszulegen; sie sollen und dürfen nicht dazu führen, dass möglichst viele der Beamten, die – unabhängig davon, ob es sich um persönliche oder dienstlich bedingte Gründe handelte – nicht unmittelbar nach der Absolvierung des Vorbereitungsdienstes ernannt wurden, eine gleich hohe Versorgung wie diejenigen Beamten erhalten, die keine Beschäftigungszeiten außerhalb des Beamtenverhältnisses aufweisen können (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 28.01.2008 – 4 S 444/06 –, Rn. 21; VG Aachen, Urt. v. 30.10.2008 – 1 K 118/08 –, Rn. 37, jeweils juris).

27

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung dieses Zeitraums als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit aus § 11 Abs. 1. S. 1 Nr. 3 a) SHBeamtVG. Danach kann die Zeit, während der ein Beamter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis u.a. auf wissenschaftlichem Gebiet besondere Fachkenntnisse erworben hat, die die notwendige Voraussetzung für die Wahrnehmung seines Amtes bilden, als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Unter besonderen Fachkenntnissen sind dabei nur solche Kenntnisse zu verstehen, die deutlich über das Maß der an wissenschaftlichen Hochschulen oder Fachschulen vermittelten allgemeinen oder weiterbildenden Kenntnisse hinausgehen und nicht nur den Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen für den Eingang in die Laufbahn genügen. Sie sind für die Wahrnehmung eines Amts nur dann notwendige Voraussetzung, wenn dem Beamten ohne sie ein Aufgabengebiet besonderer Fachrichtung auf Grund von Rechtsvorschriften oder Verwaltungsvorschriften oder nach der Verwaltungsübung nicht übertragen und er deshalb nicht in das Beamtenverhältnis berufen worden wäre (BVerwG, Urt. v. 26.05.1966 – II C 43.63 –, Rn. 28; BVerwG, Urt. v. 14.02.1963 – VI C 54.61 –, Ls. 1, jeweils juris).

28

Dies trifft auf die im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Vortätigkeit erworbenen Kenntnisse des Klägers jedoch aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu, weil diese Tätigkeit nach § 61 Abs. 1 HSG gerade keine notwendige Voraussetzung für die Ernennung zum Professor unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe bildete. Denn nach dieser Vorschrift wird die besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit in der Regel durch die gute Qualität einer Promotion nachgewiesen, weshalb es in diesem Zusammenhang auf anderweitige Vortätigkeiten nicht ankommt. Davon unabhängig ist auch nicht zu erkennen, auf welche besonderen Fachkenntnisse i.S.v. § 11 Abs. 1. S. 1 Nr. 3 a) SHBeamtVG sich der Kläger stützt. Die insoweit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen mögen zwar für die spätere Dienstausübung nützlich und auch für seinen Dienstherrn bzw. die Fachhochschule D-Stadt von Vorteil gewesen sein. Dass diese Erkenntnisse jedoch deutlich über das Maß seiner universitären Aus-und Weiterbildung hinausgingen und überdies eine notwendige Voraussetzung für die Übertragung seines Amtes bildeten, hat der Kläger weder konkret dargelegt noch ist dies sonst zu erkennen. Etwas anderes folgt dabei auch nicht aus dem ebenfalls in Bezug genommenen § 61 Abs. 1 Nr. 5 c) Hochschulgesetz (HSG), wonach je nach Anforderungen der Stelle ergänzend besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis, von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen. Denn diese Vorschrift stellt lediglich eine konstitutive Einstellungsvoraussetzung dar, die die Beklagte in der seinerzeit maßgeblichen Fassung des § 94 Abs. 4 HSG a.F. auch vor der Ernennung des Klägers geprüft hat (vgl. Beiakte D, nicht paginiert).

29

c) Vor diesem Hintergrund führt auch § 78 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 SHBeamtVG zu keinem anderen Ergebnis. Nach dieser Vorschrift sind bzw. im Fall des § 61 Abs. 1 Nr. 5 c) HSG sollen die nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums vor der Ernennung zum Professor liegende Zeit einer hauptberuflichen Tätigkeit, in der besondere Fachkenntnisse erworben wurden, die für die Wahrnehmung des Amtes förderlich sind als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden; im Übrigen kann sie bis zu fünf Jahren in vollem Umfang, darüber hinaus bis zur Hälfte als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden. Dass der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum besondere Fachkenntnisse im vorbezeichneten Sinne erworben hat, ist aus den bereits dargelegten Gründen jedoch nicht ersichtlich.

30

2. Er hat auch gleichermaßen keinen Anspruch auf Anerkennung seiner in der Zeit vom 01.01. ... bis 01.05. ... ausgeübten Tätigkeit als Wissenschaftlicher Angestellter im Rahmen des DFVLR-Projekts „Einsatz und Bewertung reflektometrischer Bestimmungsverfahren in der pädiatrisch-internistischen Akutdiagnostik“ an der Kinderklinik der Universität D-Stadt als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit. Auch insoweit ist nicht zu erkennen, dass dieser Tätigkeit eine Mitursächlichkeit für die erstmalige Ernennung des Klägers i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SHBeamtVG beizumessen wäre. Sofern er vorträgt, es sei nicht ersichtlich, warum eine Tätigkeit im Rahmen eines Projektes der Allgemeinen Pädiatrie nicht einen finanzwirtschaftlichen Einschlag haben könne, die sich günstig auf die künftige Dienstausübung auszuwirken vermöge, lässt sich hieraus schon in Ermangelung entsprechender Anhaltspunkte kein funktioneller Zusammenhang im Sinne einer Mitursächlichkeit zwischen der Tätigkeit und der Ernennung ableiten; die bloße Nützlichkeit genügt auch insoweit nicht. Ebenfalls bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser Tätigkeit der Erwerb besonderer Fachkenntnisse i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a) SHBeamtVG bzw. § 78 Abs. 2 S. 4 SHBeamtVG verbunden gewesen wäre. Auch diesbezüglich hat der Kläger nicht vorgetragen, um welche Kenntnisse es sich hierbei handeln soll. Sofern er vorträgt, dass „eine Tätigkeit im Rahmen eines Projekts in der Allgemeinen Pädiatrie […] einen finanzwirtschaftlichen Einschlag haben kann“, ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorschriften tätigkeitsbezogen sind und damit alleine auf die tatsächlich erlangten besonderen Fachkenntnisse abzielen, weshalb die abstrakte Möglichkeit eines fachlichen Bezugs – der im Fall des Klägers unter Berücksichtigung der Projektbezeichnung auch nicht naheliegend ist – nicht ausreicht. Dass diese nicht näher dargelegten besonderen Fachkenntnisse zudem für die Übertragung seines Amts jedenfalls mitursächlich gewesen wären, ist aus den bereits genannten Gründen nicht zu erkennen. Im Übrigen genügt der bloße Verweis darauf, dass ihm Rahmen der ausgeübten Tätigkeit auch soziale Fähigkeiten und praktische Erfahrungen erlangt worden seien, diesen Anforderungen auch deshalb nicht, weil derartige Nebeneffekte mit nahezu jeder (neuen) Tätigkeit verbunden sind. Die Anerkennung ruhegehaltsfähiger Vordienstzeiten stellt demgegenüber allerdings einen restriktiv auszulegenden Ausnahmetatbestand dar, der gerade nicht die Berücksichtigung bloß nützlicher Beschäftigungen ermöglichen soll (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 28.01.2008 – 4 S 444/06 –, Rn. 21, juris).

31

3. Schließlich besteht aus diesen Gründen auch kein Anspruch des Klägers auf Anerkennung seiner in der Zeit vom 01.03. ... bis 31.05. ... ausgeübten Tätigkeit als Wissenschaftlicher Angestellter am PC-Labor des Instituts für Betriebswirtschaftslehre der Universität D-Stadt als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit. Dass diese Tätigkeit zu seiner Ernennung i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SHBeamtVG geführt hat, ist ebenso wenig zu erkennen wie, dass diese Beschäftigung ihm besondere Fachkenntnisse i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a) SHBeamtVG bzw. § 78 Abs. 2 S. 4 SHBeamtVG vermittelt hat. Seine dortige Beschäftigung mag zwar einen – unter Berücksichtigung der Stellenbeschreibung allenfalls vereinzelten – wirtschaftswissenschaftlichen Bezug aufgewiesen haben. Allerdings lässt bei der gebotenen restriktiven Auslegung weder hieraus noch aus den „in technischer Hinsicht für die spätere Promotion nützlichen“ Erkenntnissen ableiten, dass es sich dabei um besondere Fachkenntnisse im vorbezeichneten Sinne gehandelt hat.

II.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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